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Glaube für übermorgen

am 3.7.2016
Gottesdienst Plus

Ort:
Betberg


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Kennen sie Asterix und Obelix? Im Oktober letzten Jahres kam der neue Band „Der Papyrus des Cäsar“ heraus. Zentraler Bestandteil aller Geschichten ist ein Zaubertrank der vom Druiden gebraut und dann an die Männer des Dorfes verteilt wird. Dieser Trank macht sie unbesieg- und unverwundbar, allerdings hält seine Wirkung nur für eine gewisse Zeit, dann verfliegt sie wieder. Aber für eine siegreiche Rauferei mit den Römern oder den Piraten reicht sie allemal. Nur bei einem ist das anders, bei Obelix: Er ist als Kind in den Kessel mit Zaubertrank gefallen und seither hält die wundersame Wirkung ohne nachzulassen an.

In meinen ersten Überlegungen zum heutigen Predigttext ist mir Obelix eingefallen. Wünschen wir uns in unserem Christ sein manchmal nicht auch so einen Zaubertrank? So eine Portion Glauben, nicht nur für heute sondern Glauben für übermorgen. Aber gibt es das: Glaube für Übermorgen? Kann ich Glauben konservieren und nach Bedarf mal wieder eine Tube aufmachen wenn mir danach ist oder ich mal wieder welchen benötige? Sind sie vielleicht in den Gottesdienst gekommen um sich eine kleine Dose für die kommende Woche abzuholen? Für die beruflichen Entscheidungen oder für die anstehenden Klassenarbeiten in der Schule? Können wir zum Pfarrer oder der Pfarrerin gehen und sagen: Hast Du mal ne Dose Glauben für mich, ich hätte mal wieder eine Portion nötig?

Im Predigttext für diesen Sonntag geht es auch um einen, der eine Portion Glauben nötig hat – obwohl er eine erstaunliche Glaubenserfahrung gemacht hatte.

- Text lesen: 1. Könige 19, 1 – 13a –

„Da packte Elia die Angst. Er rannte um sein Leben und floh bis Beerscheba“1. Soweit so gut denken sie, würden wir wohl alle machen wenn uns jemand so nach dem Leben trachten würde. Bis dahin ja, und nun die Vorgeschichte.

„Wie lange hinkt ihr auf beiden Seiten? Wenn der HERR der wahre Gott ist dann folgt IHM nach; wenn aber der Baal (eine Gottheit der Nachbarvölker Israels) dann folgt diesem nach.“ Mit diesen Worten war Elia vor das Volk Israel getreten. Wie klärt man eine solche Frage am besten? Durch einen Gottesbeweis. Den fordert Elia und bestellt 450 Baalspriester auf den Berg Karmel. Hier sollen sie ihre Macht bzw. diejenige ihres Gottes beweisen und damit die Frage klären, wer der wahre Gott ist. Die Prüfung: Feuer vom Himmel erbitten und einen Opferalter entzünden. Die Baalspriester versuchen es – ohne Erfolg. Dann Elia und zu allem lässt er noch ausgiebig Wasser auf Opfer und Feuerholz gießen und dann geht es los. Elia rief den Gott Israels an und es fiel Feuer vom Himmel das alles verzehrte.

Trotz dieser unglaublichen Gotteserfahrung gerät Elia in eine Lebenskrise in der er sich seinen Glauben nicht verfügbar machen kann. Er sieht seinem Leben von Isebel, der Frau des Königs Ahab, bedroht. Auch wenn uns vermutlich niemand nach dem Leben trachtet so kennen wir sicherlich die Erfahrung des Elia von Lebenskrisen. Und manchmal werden aus solchen Lebenskrisen auch Glaubenskrisen, dann wenn wir nicht auf unseren Glauben, auf unsere Gottesbeziehung zurückgreifen können oder unsere Gottesvorstellungen nicht in die augenblickliche Lebenslage zu passen scheinen. Dann sehen wir uns auf uns alleine gestellt. Am Beispiel der Erfahrungen des Elia mache ich drei Kennzeichen oder vielleicht besser Phasen solcher Lebenskrisen aus:

  • Flucht und Rückzug
  • Gottes Fürsorge und Zuwendung
  • Gottes-begegnung
  • 1. Flucht – eine menschliche Regung

    Elia will nur noch eines: sterben. Er hat genug, er ist müde, abgekämpft, perspektivlos. Gegen Isebel kommt er nicht an. Scheinbar unbeeindruckt von den Ereignissen am Karmel und seiner Gottesbeziehung schwört sie Elia Rache bis aufs Blut.

    So bitter und schwer es für Elia in dieser Situation ist, so ist er mir in seiner Reaktion sympathisch. Dass er eben kein unüberwindbarer Obelix ist der einmal in den Zauberkessel des Glaubens gefallen unanfechtbar war. So finde ich mich in ihm wieder, in seiner Angst, Sorge, dem Gefühl der Gottverlassenheit. Da gibt es Situationen und Stationen in meinem Leben, da war der Glaube ebenso gefährdet oder ist mir gar abhanden gekommen. Da hing die Beziehung zu Gott an einem seidenen Faden, da gab es nichts mehr als der Schrei jenes Vaters zu Jesus (Mk 9,24) „Herr hilf meinem Unglauben!“ oder wie Jona die Flucht unter den Ginsterbusch (Rizinusstrauch).

    Hier wünscht sich einer das Lebensende, der Gott in einzigartiger Weise erlebt hat. Unerschrocken ist er vor die 450 Baalspriester getreten und hat sie herausgefordert. Glaubensstark hat er darauf vertraut, dass sich Gott als der wahre Gott erweisen wird. Und so ist es gekommen und dem Volk blieb nichts anderes übrig als zu bekennen: „Der HERR, er ist Gott. Der HERR, er ist Gott.“ Was für eine Demonstration der Größe und Macht Gottes.

    Und dann rennt er einfach um sein Leben. Weil er der Drohung der Isebel nichts entgegenstellen kann. Ihm schlottern die Knie. Zunächst war ich versucht diesen Punkt zu überschreiben mit „Elias Unglaube“. Aber stimmt das? Ist das Unglaube? Vielmehr denke ich dass Elia seinen Glauben in dieser Situation für sich nicht nutzbar machen, nicht umsetzen konnte. Sein Glaube, sein Gottvertrauen hatte auf die Bewertung seiner Lage keinen Einfluss. Und das ist sicherlich eine der spannendsten Fragen: Wie kann ich meinen Glauben nutzbar machen? So, dass dieser meine Denken, fühlen, reden, handeln bestimmten und prägen kann? Auch und vor allem in Lebenskrisen.

    Wenn mir das nicht gelingt, dann bleiben mir nur ganz menschliche Verhaltensweisen und in diesem Fall das wegrennen. Was wäre die Alternative gewesen? Dass Gott noch einmal so ein Wunder wie am Karmel tut? Oder für Gott und seine Nachfolge in den Tod gehen, zum Märtyrer werden?

    Gott will unsere Beziehung, unser Vertrauen nicht weil er seine Macht demonstriert hat, sondern weil wir erkennen und verstehen, dass ER uns liebt, bedingungslos! Es geht um eine vertrauensvolle Gottesbeziehung die immer auch anfechtbar und bedroht ist. Darum muss sie wie jede andere gute Beziehung gepflegt, gestärkt und gelebt werden.

    2. Fürsorge - Gottes Zuwendung

    Elia rannte, raus aus Israel, ans andere Ende nach Berscheba. Hier ließ er seinen Diener zurück und ging nochmals einen Tag weiter in die Wüste, wo er sich unter einen Ginsterbusch (Luther Wacholder) verkroch. Die Wüste – ein wüster, ein öder Ort. Ein Ort zum sterben, denken wir. Aber: Wüste ist ein Ort der Reinigung, der Läuterung, der Versuchung. Wüste ein Ort der Neuausrichtung, ein Ort der Visionen, der Gottesbegegnung und der Gottesbeziehung. Ganz schön was los in der Wüste.2

    Elia ist fertig, will nur noch sterben und legt sich hin und schläft. Kennen sie das? Nur noch die Decke über den Kopf ziehen und in Ruhe gelassen werden? Und Gott lässt ihn schlafen, gesteht ihm diese Ruhephase und Zeit zum erholen zu. Elia erhält in dieser Zeit die zu Leben und überleben nötigen Dinge. Ruhe, Nahrung und Trinken. Es ist spannend zu sehen was der Engel Gottes getan hat. Und ebenso spannend und bezeichnend ist es zu sehen was er nicht getan hat.3 Elia bekommt keine frommen Sprüche und Durchhalteparolen zu hören, wird nicht an frühere Glaubens- und Gotteserfahrungen erinnert, er wird nicht getadelt. Nichts von alledem. Der Engel ist ihm einfach beigestanden und als Elia sich wieder hingelegt hat um weiterzuschlafen, hat er ihn nicht daran gehindert. Der Engel ist einfach da geblieben, hat Elia Beistand geleistet, hat ihn ausgehalten.

    Die Zeichen Gottes in der Wüste waren einfach, unspektakulär. Da ist nichts von dem zu erkennen was auf dem Karmel geschehen ist. Er gibt Elia das, was er jetzt benötigt und was zum (über)Leben erforderlich ist: Wasser und Brot. Und Elia bekommt Schlaf, kann sich ausruhen und vielleicht auch in den Träumen der Nacht die Ereignisse und sein eigenes Ergehen zu Verarbeiten und wieder zur Ruhe zu kommen.

    Mir ist dies ein Hinweis dass Gott Geduld und Zeit hat. Denn meist sind es wir die meinen, einen ganz bestimmten Zeitplan einhalten zu müssen. Dabei stellen wir meist zu große Ansprüche an uns, andere, an Gott.

    3. Gott begegnen

    Nachdem Elia die Zuwendung Gottes erfahren hat, er gestärkt ist, die Lebensgeister wieder erwacht sind wird sein Blick zuerst auf Gott gelenkt. Er muss neu erkennen wer Gott ist, wer Gott für ihn ist.

    40 Tage und 40 Nächte begibt sich Elia erneut auf eine Wanderung. Elia bleibt in der Öde, bleibt bei sich, wird nicht abgelenkt, aber er bleibt nicht am Boden liegen.4 Elia wandert zum Horeb, dem Berg der Gottesoffenbarung. Dort gelingt es Elia sich neu auf Gott auszurichten und Gott schenkt ihm eine erneute Begegnung. Ich frage: Wo sind unsere Berge der Gottesbegegnungen? Wo sind unsere Orte, an denen wir uns unseren Glauben wieder nutzbar machen können? Erwarten wir überhaupt noch, Gott zu begegnen? Und wenn ja, was sind dann unsere Erwartungen wie uns Gott begegnen wird? Sind wir offen oder nur auf ein bestimmtes Ereignis, eine bestimmte Antwort fixiert? Auch hier kann uns ein Blick auf Elia eine Hilfe sein.

    Ich muss Gott in den Blick bekommen, dann bekomme ich eine neue Perspektive. Aber Gott macht das nicht in der Art, dass er ihm seine Großtaten vor Augen führt. Er erinnert Elia auch nicht an das Vergangene und die Ereignisse vom Karmel. Das war gestern. Nun geht es ums heute, ums jetzt. Elia erfährt Gott in dem unscheinbaren. In dem stillen, sanften Sausen des Windes erkennt er Gott. Er lässt sich nicht beirren durch gewaltige Naturereignisse, lässt sich nicht täuschen durch Feuer, Sturm und Erdbeben.5 Unzweifelhaft erkennt er Gott im Unscheinbaren, Unspektakulären, Alltäglichen, weil er bereit ist, Gott zu begegnen. Elia klammert Gott aus seiner Lebenssituation nicht aus.

    In der Gottesoffenbarung erfährt nicht nur Elia Gott, auch wir erfahren etwas über diesen Gott: ER ist nicht im Sturm der alles hinwegfegt. Gott ist auch nicht im Erdbeben das alles ohne Differenzierung niederreißt. Auch nicht im Feuer das alles verbrennt. Gott ist in der Stimme eines feinen Schweigens (so der hebräische Grundtext). Das bedeutet: Gott ist kein lärmender und lauter Gott! Wenn wir Gott erkennen, erfahren wollen müssen auch wir die Stille, das Schweigen, Wüstenzeiten aushalten!

    Schluss

    Ich komme nochmals auf Obelix zurück. Obwohl er für sein ganzes Leben mit der Wirkung des Zaubertrankes rechnen kann, versucht er immer wieder etwas von dem Zaubertrank zu bekommen, sehnt sich danach, an dem Ritual das den Männern des Dorfes vorbehalten ist, wenn sie vom Druiden den Zaubertrank bekommen, teilzuhaben. Dabei geht es ihm nicht um den Zaubertrank als solchen, seine Wirkung, sondern eben die Teilhabe an dem Ritual.

    Das möchte ich auf Elia und uns, auf unsere Gottesbegegnungen übertragen: Das Leben ist spannend, auch deswegen weil wir immer herausgefordert sind, Gott zu suchen und IHM zu begegnen. Und vielfach müssen wir um unsere Gottesbeziehung kämpfen, da ist Leben drin!

    Bei Elia sind wir Zeugen zweier Gottesbegegnungen und dazwischen die Wüste. Dies scheint ein Sinnbild auch für unser Leben zu sein. Wir fallen nicht einmal in die Zuber mit Glauben und Gotteserfahrungen und können dann ein ganzes Leben davon zehren. Nein, wir wandern von einer Gotteserfahrung und -erkenntnis zu anderen und dazwischen gilt es immer wieder ödes Land zu durchqueren. Da gibt es Zeiten der Stille, Zeiten in denen Gott scheinbar verschwunden ist. Dann geht es darum, dass wir uns unsere Offenheit und Sensibilität zu bewahren, wie Gott uns begegnen wird und was wir von IHM bekommen werden Denn Gott ist da, versorgt uns unspektakulär mit dem was wir zum Leben brauchen. Und was uns Gott gibt, reicht damit wir das, damit wir sein Ziel für uns– und sei es auch nur die nächste Gottesbegegnung - erreichen!

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

    1 nach Hoffnung für Alle
    2 QUITTKAT Sven; in: Zuversicht und Stärke. Februar -März 2008. 6. Reihe - Heft 2. Seite 33
    3 derselbe a.a.O. S 39
    4 derselbe a.a.O. S 39
    5 Das hat mich an Mt 24,24 erinnert wo Jesus seine Jünger vor falschen Christussen und Propheten warnt, die zwar spektakuläre Dinge tun aber nicht von Gott sind sondern die Menschen verführen wollen.

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