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Predigt über Matthäus 5, 13-16

am 20.07.1997
8. Sonntag nach Trinitatis

Ort: Münstertal


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder

Einleitung

"Ein Mensch erblickt das Licht der Welt - Doch oft hat sich herausgestellt - Nach manchem trüb verbrachten Jahr, daß dies der einzige Lichtblick war."1 Lichtblicke, davon ist in unseren Tagen wieder häufiger die Rede und vielleicht hofft auch der eine oder andere von ihnen darauf, daß Politikern und Wirtschaftsführern unserer Tage doch endlich ein Licht aufgeht, damit sie Arbeitslosigkeit reduzieren und Haushaltslöcher stopfen können. Perestroika und Glasnost, der Fall der Mauer und die Wiedervereinigung, oder die Abschaffung der Apartheid, das wahren die politischen Lichtblicke in den vergangenen Jahren und brachte Licht in die dunkle Situation vieler Menschen. Wenn wir in unsere Geschichtsbücher blicken, dann finden wir immer wieder solche Glanzlichter. Erstaunlich ist für mich immer wieder, daß viele dieser "Highlights" ganz unbedeutend angefangen haben und langsam gewachsen sind.

Vielleicht fragen sie sich auch, wie es in unserer Welt wieder Licht werden kann, und das nicht nur wegen offener Haushaltslöcher. Vor fast 2000 Jahren stand ein Mann auf irgendeinem Berg im nahen Osten und sprach zu einem Haufen bunt zusammengewürfelter Männer darüber, wie es in der Welt Licht werden kann. Und die Menschen, zu denen er sprach, das waren keine Nobelpreisträger und Wirtschaftsbosse, keine Universitätsprofessoren und Politiker die nach unserer Vorstellung wenigstens etwas bewegen hätten können. Es waren einfache Menschen. Und umso erstaunlicher klingt es, was dieser Mann, Jesus zu ihnen gesagt hatte

- Text lesen: Mt 5,13-16 -

Haben sie die Situation noch vor Augen: Das waren einfache Männer zu denen Jesus sprach, Fischer und vielleicht ein paar Handwerker. Und die waren erst eine kurze Zeit mit Jesus zusammen, standen noch ganz am Anfang ihrer Gefolgschaft und keiner von ihnen wußte, was alles auf sie zukommen würde. Obwohl sie noch keine geistlichen Glanzlichter vollbracht hatten, redete Jesus so mit ihnen. Und aus dem was Jesus zu ihnen gesagt hat, sind es drei Dinge, die auch für uns, hier in Münstertal und für uns heute wichtig sind:

Dreierlei möchte ich aus diesem Text unterstreichen

    1. Die Feststellung, was wir sind

    2. Orientierungspunkte in der Welt

    3. Ein Leben mit neuem Blickwinkel

1. Die Feststellung was wir sind

"Ihr seid das Salz der Erde! Ihr seid das Licht der Welt!" Es ist für mich bedeutsam, daß Jesus diese Aussagen, diese Feststellungen einfach so in den Raum stellt, noch bevor irgendwelche Erklärungen kommen. Und ich stelle mir diese Gruppe von Männern vor an die Jesus diese Worte gerichtet hat. "Wer? Wie bitte? Was hat er da gesagt? Wen hat er da gemeint? Uns?"

Ich weiß nicht wie es ihnen bei hören dieser Sätze ergangen ist, aber ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, daß man zunächst einmal innerlich zusammenzuckt und in Deckung geht. Da hebt man sämtliche zur Verfügung stehenden Hände um das von sich zu weisen, denn wir hören diese Worte nicht als Feststellung sondern als Aufforderung und fühlen uns unter Druck gesetzt. "Ich soll Salz sein oder gar Licht?" Wenn schon Licht, dann wohl am ehesten ein Schlußlicht. Aus diesen Sätzen hören wir, daß wir in die Gänge kommen und Licht werden sollen. Aber das hat Jesus nicht gesagt. Es geht nicht darum, daß wir Lichter werden, sondern, daß wir Lichter, daß wir Salz sind.

Kann das denn wirklich sein, daß wir, daß ich Licht in dieser Welt bin? Ich komme mir doch eher wie eine trübe Funzel vor, deren Energie kaum noch ausreicht, den Glühfaden in der Birne zum leuchten zu bringen. Aber denken sie nochmals daran, zu wem und in welcher Situation Jesus diese Sätze gesagt hat. Es waren einfache Menschen die ganz am Anfang ihres Lebens als Christen standen. Und so wie diese Feststellung jenen Männern auf dem Berg galt, so gelten diese Worte auch uns: Wir, sind Salz und Licht dieser Welt! Wir sind es, nicht weil wir so gut drauf sind, sondern weil Gott uns so sieht.

2. Orientierungspunkte in der Welt

"Eine Stadt, die auf dem Berge liegt, kann nicht verborgen sein" so sagt es Jesus in unserem Abschnitt. Und das Licht, wenn es leuchtet, es kann nicht verborgen sein, es sei denn, man verbirgt es willentlich. Es ist einfach eine Tatsache - Licht wird wahrgenommen, es ist seine ureigentste Sache, daß man Licht sieht.

Im nachdenken darüber habe ich mich gefragt, was beiden gemeinsam ist, dem Licht und der Stadt auf dem Berge. Vielleicht sind sie hin und wieder zu Fuß unterwegs. Bei solchen, etwas ausgedehnteren Touren zum Beispiel im Gebirge oder auch in ebenerem Gelände, braucht man Orientierungspunkte. Punkte, die sich vom übrigen Gelände abheben. Beispiel Pyrenäen: als Orientierungspunkte dienen dort im Gelände kleine Steinhaufen, die zum Teil mit dem bloßen Auge erkennbar sind. An diesen Steinhaufen ist der Weg, die Route durch den Berg zu erkennen. Und auch die Stadt auf dem Berg, die deutlich über viele Kilometer zu erkennen ist, dient als solcher Orientierungspunkt. Und erst recht das Licht. Wer schon des Nachts unterwegs war, zu Fuß oder mit dem Auto, der kennt die Erfahrung wie schwer es ist, sich bei Nacht zu orientieren.

Und das ist es, was diesen beiden Beispielen gemeinsam ist: es geht um Orientierungspunkt und Orientierungshilfen. Und solche Orientierungspunkte sind wir Christen - in dieser Welt und in dieser Zeit. Das können wir nicht nur sein, das sind wir, wenn wir uns an Christus binden, ihn in unser Leben aufnehmen und ihm nachfolgen. Und das beginnt nicht erst dann, wenn wir perfekt sind und schon alles können, sondern dann, wenn wir anfangen das in unserem Leben und Alltag umzusetzen, was wir aus Gottes Wort erkannt und verstanden haben. Wichtig ist, das wir aus unserem Leben ausräumen und in Ordnung bringen, was uns in den Schatten stellt, die Dinge, die uns von Christus trennen. Licht fängt da an, wo wir zum Beispiel das umsetzen, was wir von Vergebung verstanden haben. Wer selbst Vergebung erfahren hat, der ist auch in der Lage, anderen zu vergeben. Wenn Jesus in unser Leben hineinwirkt, dann wirkt sich das aus, dann wird es Licht ohne das wir alle Register ziehen um kräftig Licht zu machen!

3. Leben mit einem neuen Blickwinkel

Ich habe es doch gewußt, jetzt kommt es doch noch: ich muß doch etwas tun! Das ist vielleicht die schwierigste Passage in diesen Versen, die Frage nach unseren guten Werken. Da hören wir Protestanten sofort das Stichwort Werkgerechtigkeit heraus. Und das wissen wir von Martin Luther, daß es darum doch nicht gehen kann und dennoch stehen diese Sätze so im Evangelium - "damit sie euren guten Werke sehen". Also doch: gute Werke tun!? Ja - wir sollen gute Werke tun, aber nicht um unserer selbst willen, sondern um unseres Herrn Jesus und unseres Vaters im Himmel willen. Im griechischen Grundtext steht an dieser Stelle ein Wort das darauf hinweist, daß mit "gut"2 noch etwas anderes als eine reine Qualitätsaussage gemeint ist. Mit gut ist etwas anziehendes, gewinnendes gemeint, Dinge also, die andere Menschen dazu einladen, sich mit dem Gott auseinanderzusetzen, an den wir glauben und den wir bekennen. Es geht nicht um ein Tun das aus unserem Vermögen und können erwächst, sondern um ein Tun, das aus der Gemeinschaft

und der Verbindung mit dem auferstandenen Sohn Gottes Motivation und Nährstoff bekommt.

Als Orientierungspunkt für uns dienen da diese Männer, zu denen Jesus gesprochen hat. Wenn man sie gefragt hätte, sie hätten es wohl kaum für möglich gehalten, daß 2000 Jahre später noch über sie gesprochen wird und sie der Grund sind, warum wir uns heute morgen hier versammelt haben. Wenn es an ihnen gelägen hätte, an ihrem Vermögen und Können, dann säßen wir wahrscheinlich heute morgen nicht hier zusammen. Sie haben das scheinbar wenige getan was sie von Jesus gehört und verstanden hatten und sind in kleine Schritten vorwärts gegangen. Sie sind gegangen, weil es nicht um sie ging, sie nicht auf sich vertraut haben sondern auf das, was Jesus ihnen auf jenem Berg gesagt hatte. Deswegen sind wir hier zusammen und sind Menschen unterwegs, um das Evangelium zu verkünden.

Schluß

Die Schar der Jünger war klein, und wenn man sich den Anfang von Reich Gottes betrachtet, hält man es nicht für möglich, was daraus erwachsen ist. Aber genau dieser Blickwinkel soll uns ermutigen nicht in Minderwertigkeitsgefühlen zu schwelgen und auf der Stelle zu treten sondern uns Mut machen, mit dem zu rechnen, der in unser Leben gekommen ist und der uns zusagt, heute zusagt: "Ihr seid das Licht der Welt und es kann die Stadt auf dem Berge nicht verborgen sein!

Ich wünsche Ihnen den Mut, sich auf diese Verheißung einzulassen und als Orientierungspunkt in unserer Welt zu leben.

Amen.

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Belchenring 20
D-79219 Staufen
07633/500781
eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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