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Predigt über 2. Moser 34, 4 - 10

am 26.10.2014
19. Sonntag nach Trinitatis

Ort:
Tüllingen


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Wer von uns hat nicht schon einmal darüber nachgedacht und sich gewünscht eine zweite Chance zu bekommen. Noch einmal von vorne zu beginnen oder zumindest an eine bestimmte Weggabelung zurückgehen zu können und dann die andere Abzweigung zu nehmen, in der Hoffnung dass es dann anders, besser wird. Dabei denken wir, dass die Entscheidung mit dem Wissen von heute richtiger ausfallen würde. Im täglichen miteinander ergeben sich viele Situationen und Begegnungen in denen wir Fehler machen, im beruflichen Umfeld wie in persönlichen Begegnungen jemanden verletzten. Da wäre es doch toll, wenn dies wieder rückgängig gemacht werden könnte.

Vielleicht hat der eine oder die andere von uns in ihrem Leben tatsächlich diese Erfahrung machen können, noch einmal von vorne beginnen zu können. Bei allem Neuanfang nehmen dennoch wir die bisherigen Erfahrungen mit. Da kann nicht einfach die Reset Taste gedrückt, die Festplatte neu formatiert oder eine neue Leinwand auf den Rahmen aufgezogen werden, es bleibt etwas zurück. Wie dem auch sei: So ein Neuanfang wäre schon etwas - oder?

Hören wir mal auf den Predigttext von heute:

- Text lesen: 2 Mos 34, 4 – 10 -

Diesen Bericht kennen wir, oder? Mose hieb zwei steinerne Tafeln zurecht wie die ersten? Wie die ersten? Ja sind die denn verloren oder kaputt gegangen? Braucht es eine zweite Ersatzgarnitur? Warum muss Mose nochmals zwei Tafeln hauen?

In unserem Abschnitt befinden wir uns nicht in dem Bericht über die zehn Gebote und vom Empfang der beiden Gesetzestafeln aus Kapitel 20 des 2. Buches Mose sondern 14 Kapitel später. Was ist diesen Versen vorausgegangen?

1. Die Sehnsucht nach einem Gott.

Erinnern wir uns: Mose hatte von Gott die Gesetzestafeln bekommen die von Gott selbst gemacht und beschrieben wurden (31,18). Dann war er von Gott zu seinem Volk ins Tal geschickt worden. Dieses hatte Sorge, dass Mose nicht mehr kommen würde. Und aus lauter Sorge war einiges in Gang gekommen.

Da ihnen der Mittler zu Gott aus den Augen gekommen war, suchten sie nach einer Lösung für ihr Problem. Bevor wir keinen Mittler mehr zwischen uns und Gott haben, hier versauern machen wir uns doch lieber einen Gott den wir sehen und anfassen können, dann brauchen wir keinen Mittler mehr. War das Volk nicht in der Lage, sich ihrem Gott selbst zuzuwenden, den Kontakt, die Gemeinschaft mit ihm selbst zu pflegen? Braucht es einen Mittler?

Das wartende Volk geriet in Panik und so bedrängten sie Aaron ihnen Götter zu machen, die sie anbeten konnten. Sie wollten einen Gott der vor ihnen herziehe. So ließ Aaron ein goldenes Kalb gießen. Kommt da möglicherweise so etwas wie eine Grundsehnsucht von uns Menschen zum Ausdruck? Wollen wir nicht alle Götter die wir anfassen, sehen können, die vor uns herziehen? Dieses Kalb wurde nicht deswegen gemacht weil das Volk ein Problem mit Gott hatte, sondern weil Mose nicht mehr zurückkam. Sie fürchteten den Kontakt mit Gott zu verlieren und plötzlich gott-los dazustehen.

Das Volk wollte Götter die vor ihm herzogen. Wollte es damit auch einen Gott der ihnen die Verantwortung für ihre Entscheidungen abnahm? Ich frage mich: Wozu brauchen wir einen Gott? Als Lückenbüßer? Weil wir uns in unseren Entscheidungen selbst nicht trauen? Benötigen wir nur eine höhere Instanz um unsere Entscheidungen abzusichern?

Von all diesen Geschehnissen weiß Mose zu diesem Zeitpunkt noch nichts. Nachdem Mose die beiden Tafeln erhalten hatte, schickt Gott Mose hinunter zum Volk das vom ihm abgewichen ist. Gott droht an, das Volk zu vernichten und allein Mose zu einem großen Volk zu machen. Als Mose dies hört leistet er Fürbitte für sein Volk. Und er macht das ganz geschickt in dem er Gott an sein Versprechen, an seinen Bund erinnert und quasi wie nebenbei erwähnt was wohl die anderen Völker denken, wenn sich Gott von seinem Volk abwenden würde. Mich erstaunt, wie Mose, wie wir mit Gott reden können. Das ist doch ein Gegenüber, da wird etwas von unserer Ebenbildlichkeit erkennbar. So können wir Gott begegnen, unsere Beziehung zu ihm gestalten.

Ohne dass Mose weiß dass Gott gereute seinem Volk Unheil anzutun, macht er sich auf den Weg hinab vom Berg. Als er aber mit den beiden Tafeln an den Ort des Geschehens kommt und das Treiben sieht packt ihn der Zorn und er zerschmetterte die beiden Tafeln Kap 32,19. Die Tafeln die Gott gemacht und mit seinem Finger beschrieben hat zerschmettert Mose am Berg. Mose wendet sich an das Volk und konfrontiert es mit dessen Sünde und verlangt ein Bekenntnis für Gott (Kap 32,26). Schließlich beschließt Mose sich erneut zu Gott zu gehen um Sühnung für das Volk zu erwirken. Was die erneute Fürbitte bewirkt, haben wir im Predigttext gehört. Gott erneuert seinen Bund und zum Zeichen dafür muss Mose zwei neue Tafeln machen.

Für mich sind diese Tafeln unter anderem Zeichen, dass sich Gott immer wieder den Menschen, sich uns zuwendet. Er gibt sich nicht damit ab, dass wir uns von ihm abwenden, unsere eigene Wege gehen. Er hält an seinem Bund fest.

2. Ein verlässlicher Gott als Bundespartner

Wir begegnen einem Gott der Mose und auch seinem Volk eine neue Chance gibt. Dabei wird die Sünde nicht ausgelöscht und so getan als sei nichts geschehen. Damit ein Neuanfang möglich ist bedarf es der Einsicht, dass in der Vergangenheit etwas schief gelaufen ist, dass etwas zerbrochen ist und dass es nun Heilung und Erneuerung braucht. Beides schafft und wirkt Gott und deswegen braucht es uns auch nicht weiter zu belasten sondern wir dürfen nach vorne schauen. Basis ist nicht das Vergangene sondern das Zukünftige. Wir dürfen sicher sein, dass Gott uns unser Versagen, unsere Schuld und Sünde nicht immer wieder vorhalten wird (Mich 7,19). Gott hätte ja auch sagen können: Gut Mose, da hast du völlig richtig gehandelt als du die Tafeln zerbrochen hast. Jetzt sollen sie mal sehen was sie davon haben.

Es wäre jetzt sicherlich ein Einfaches selbstgerecht auf die Menschen damals zu blicken und zu denken, ach das kann uns doch nicht passieren. Was kann uns nicht passieren? Dass wir uns ein goldenes Kalb machen und darum tanzen? Das würde ich auch als eher unwahrscheinlich ansehen, aber zu hundert Prozent ausschließen würde ich es nicht. Ich frage mich, was die Menschen dazu gebracht hat. Sie hatten Angst dass Mose nicht mehr kommt und dass das Projekt mit diesem Gott nicht mehr weitergeht. Und vielleicht hatten sie ihre Gottesbeziehung nur aus zweiter Hand gelebt. Waren jeder für sich zu weit weg von diesem Gott und sie verließen sich da ganz auf Mose. Und dann ist es einfach etwas anders gekommen als sie erwartet hatten und schon brauchten sie einen anderen Gott. Und das könnte uns durchaus auch passieren. Denn geht es uns manchmal nicht auch so? Werden wir des Wartens und Handelns Gottes nicht auch überdrüssig? Wie nah, wie wirklich ist uns unser Gott? Wie wirklich ist unser Glaube? Wo und wie verwirklicht er sich in unserem Alltag? Und nun nochmals die Frage: Kann das uns wirklich nicht passieren? Was machen wir, wenn sich unser Gott so ganz anders verhält als wie wir meinen? Und was machen wir dann? Wie lange bleiben wir dabei? Was kann uns bei der Stange halten? Das, was diesen Gott ausmacht: seine Treue, Barmherzigkeit und Liebe (34,6ff).

Gott gibt sich mit dem Versagen seiner Leute nicht zufrieden. Und das war nicht nur das Fußvolk, da war auch Aaron mit dabei. Gott wendet sich den Menschen die sich von ihm abgewandt haben wieder zu, gibt ihnen eine neue Chance. Dies zieht sich durch das Alte Testament und gipfelt in der Botschaft des neuen Testaments. Das Neue Testament ist eine große Einladung immer wieder zu diesem Gott umzukehren. Ich denke da nur an das Gleichnis vom verlorenen Sohn, an Petrus. Auch wenn wir Gott verlasen, er verlässt uns nicht.

Dieser Gott gibt sein Volk, er gibt uns, sie und mich nicht auf. Er lässt sich darauf ein, dass Mose Fürbitte leistet für dieses Volk. Spannend finde ich, dass dabei nicht um den heißen Brei herumgeredet wird, sondern das, was falsch gelaufen ist, wo das Volk schuldig geworden ist auch benannt wird. Nur dann kann auch Vergebung und Umkehr erfolgen. Ich muss wissen wo ich mich ändern, was ich künftig anders machen muss. Nur dann kann ich mich auf diesen neuen Weg begeben, nur dann kann ich nochmals neu anfangen und nicht einfach nur beim Alten anknüpfen.

Schluss

Vergebung gibt es in dieser Geschichte und in unserem Leben nicht so einfach. Mose wird einiges abverlangt. Zu Beginn eines jeden Vergebungsprozesses steht die Erkenntnis dass ich Vergebung brauche, dass etwas in meinem Leben falsche gelaufen ist. Das muss ich mir eingestehen und mich dann auf den Weg machen. Für Christen heißt dies sich auf den Weg zu dem gekreuzigten und auferstandenen Christus zu machen.

Am Beginn dieses Weges steht die Zusage Gottes es mit uns erneut zu versuchen, uns einzubinden in den neuen Bund. Zeichen des neuen Bundes ist die Taufe und das Bundesfest ist das Abendmahl. Es ist an uns, uns auf den Weg zu machen.

Amen.

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Obertüllingen 107
79539 Lörrach-Tüllingen
07621/9153229
eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

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