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Predigt über 5. Mose 6, 4 - 9

am 22.6.2014
1. Sonntag nach Trinitatis

Ort:
Tüllingen


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Einer meiner Freunde arbeitet für die Christoffel-Blindenmission in Südamerika. In einem Gespräch erzählte er mir einmal, dass es eine Art Rangliste gibt in der dargestellt wird, wie sich Behinderungen auf das Zusammenleben von Menschen auswirken. In dieser Liste der Einschränkungen wird Gehörlosigkeit noch vor dem Blindsein eingestuft. Der Grund dafür ist, dass ein Mensch durch Gehörlosigkeit weit mehr von der Kommunikation mit anderen Menschen abgeschnitten ist als durch Blindheit.

Unsere nahezu ganze Anteilnahme am Leben, auf jeden Fall unsere Kommunikation ist auf das hören abgestimmt. Es ist immer ein Bestandteil unserer Kommunikation. Aus diesem Grund werden auch keine Stummfilme mehr produziert. Wie mühsam es ist wenn wir nichts hören erleben wir dann, wenn wir z.B. einen Film in einer anderen Sprache anzuschauen der nur mit einem deutschen Untertitel unterlegt ist. Auch die Gebärdensprache kann das sprechen und hören nur bedingt ersetzen. Es fehlt einfach der Tonfall, die Sprachmelodie über die viel an Inhalten transportiert wird. Denn hören ist weit mehr als nur das wahrnehmen von Worten und Sätzen. Da geht es ja vielfach, wie man sagt, um den Ton der die Musik macht. Hier stoßen die Hilfsmittel an ihre Grenzen.

An dieses Gespräch musste ich denken, als ich die Verse des heutigen Predigttextes gelesen habe.

- Text lesen: 5. Mose 6, 4 – 9 -

Höre Israel: Der Herr ist unser Gott, Der Herr alleine! So spricht Mose das Volk Israel an bevor es in das von Gott verheißene Land zieht. Die Frage die ich mir gestellt habe: Sind auch wir Christen damit angesprochen? Und wenn ja warum? Wir sind keine Juden, wir ziehen nicht ins gelobte Land und so frage ich mich, was haben uns diese Verse zu sagen? Wo und warum ist an diesem Sonntag über dies Verse zu predigen? Maßen wir uns etwas an was uns nicht zusteht?

Wenn wir diese Worte hören spricht Gott auch uns an, sind wir zum hören aufgefordert. Gewiss sind wir nicht das auserwählte Volk Israel, gewiss ziehen wir wenn wir aus dieser Kirche gehen nicht in das gelobte Land sondern in unseren Alltag. Aber durch Jesus sind wir hineingenommen in das Reden und Wirken Gottes, das vielfältig geschieht, auch heute.

So ist es legitim wenn auch wir hineinnehmen lassen in diese Predigt des Mose aus der ich drei Aussagen für uns aufgreifen möchte:

  • Höre und bekenne
  • bekenne und liebe
  • liebe und lebe
  • 1. Höre und bekenne

    Hören meint zunächst das akustische wahrnehmen mit unseren Ohren was jemand sagt, zu uns sagt. So ist mein hören, hinhören meine Reaktion darauf, dass ich angesprochen werde. Jemand wendet sich mir zu, fordert meine Aufmerksamkeit, ich muss mich auf das gesagte konzentrieren. Damit eng verbunden ist das andere: das verstehen und die Reaktionen auf das was ich gehört habe. Und dieses verstehen ist der zweite Aspekt der im hören steckt.

    Höre Israel, hört ihr Menschen hier in der Ottilienkirche am 1. Sonntag nach Trinitatis. Ich bin der Herr Dein Gott! Dieser Gott ist ein persönlicher Gott, einer der sich zu erkennen gibt und einer der uns kennt. Einer der uns Nahe sein will und der mit uns durchs Leben gehen will. Er ist ein Gott für jetzt. Kein gestriger Gott, keiner der auf sich warten lässt. Er will jetzt, in dieser Stunde unser Gott sein. Wenn Gott uns anspricht dann wendet er sich uns ganz und bedingungslos zu, d.h. wir müssen nicht erst eine Bedingung erfüllen. Und so wie sich dieser Gott uns ganz zugewandt hat, sich ganz für uns gegeben hat so ist es auch nur konsequent, wenn wir in der Folge des Hörens und der Gottesbegegnung, uns diesem Gott ganz zuwenden.

    Und es ist EIN Gott – nicht viele verschiedene. Damit grenzt sich Israel schon ab von den Völkern rings herum. Schon damals war es unschick nur einem Gott zu dienen. Für jede Lebenslage, für jedes Problem einen anderen Gott zu haben war das Maß der Dinge. Nicht so Israel. Israel soll sich zu diesem einen Gott bekennen und damit ausdrücken, so wie sich dieser Gott zu uns stellt, sich mit uns verbündet so wollen auch wir uns mit diesem Gott verbinden, an ihn binden.

    Obwohl dieses Volk erstaunliches erlebt hatte so waren diese Erfahrungen kein Freibrief für einen unerschütterlichen und unangefochtenen Glauben und Gottesbeziehung. Vielmehr mussten einzelne Männer aus diesem Volk immer wieder darum kämpfen dass dieses Volk hört, auf seinen Gott hört und sich zu diesem Gott bekennt. Mit dem Bekenntnis zu dem einen und einzigen Gott nahm Israel in der damaligen Welt eine Sonderstellung ein, das war ungewöhnlich.

    Auch in unseren Tagen, in unserer pluralistischen Gesellschaft ist es ist vollkommen out, uncool wie es auf Neudeutsch heißt, sich insbesondere in religiösen Fragen, Themen einseitig festzulegen. Insbesondere dann, wenn man damit gegen die gesellschaftliche Meinung Stellung bezieht. Man wird als intolerant abgestempelt und wird vielfach mit religiösen Fanatikern und Extremisten in einen Topf geworfen. Aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Das ergibt sich aus dem oben zitierten Aussage Jesu, den nächsten zu lieben wie mich selbst.

    2. Bekenne und liebe

    Dieses Bekenntnis zu dem einen Gott wird dadurch unterstrichen, dass wir diesen Gott lieben sollen. Im Grundtext macht die Wortwahl in diesen Versen die zentrale Bedeutung dieses Bekenntnisses und der verbundenen Aufforderung deutlich.

    Mit Herz, Verstand und Kraft – das bedeutet mit all dem was uns, sie und mich als Menschen ausmacht, mit all dem was uns als Menschen zu eigen ist um Beziehungen zu gestalten. Wir neigen gerne dazu unser Menschsein, unser Leben in einzelne Teile aufzugliedern und jeweils gesondert zu betrachten, getrennt voneinander zu leben und zu gestalten. Das eine sollte dann möglichst nichts mit dem anderen zu tun haben. Wir leben nur noch in unseren Rollen die wir spielen, leben müssen. Ich karikiere und mache damit deutlich: Am Sonntag der brave Kirchgänger und am Montag im Arbeitsalltag wieder ganz anderen Regeln folgend? Aber kann das so sein? Euer ja sei ein ja und euer nein ein nein! Aber wie bringen wir das zusammen?

    Ausgangspunkt ist das Liebesgebot. Dass mit dem lieben etwas anderes gemeint ist als unsere Gefühle und Emotionen wird uns vermutlich schon dadurch klar geworden sein, dass man Gefühle nicht befehlen kann. Und so fordert Mose keine Gefühle sondern Hingabe. Das Volk soll sich hingeben, hineingeben in die Beziehung mit seinem Gott. Es geht nicht um nicht endende Loyalität – nein es geht um mehr! Es geht um Vertrauen zu diesem Gott. Ungeteiltes Vertrauen, ungeteilte Hingabe. Und dieses ungeteilt verstehe ich nicht so, als dass nichts anderes daneben sein kann und darf. Ich denke in unserem Menschsein hat vieles andere seinen Platz. Die Frage ist nur, wo Gott seinen Platz hat in meinem Leben. Nur am Sonntag für eine Stunde im Gottesdienst. Vielleicht dann noch wenn ich den Frauenkreis gehe oder einen Hauskreis besuche? Für mich bedeutet ungeteilt, dass Gott in allen meinen Lebensbereichen Platz hat, ich IHN mit hineinnehme in die ganz alltäglichen Dinge, in meinen Alltag eben. Dass ich Phantasie und Ideen entwickle, wie Gott zur Geltung kommen kann (z.B. Spruchkarte auf dem Schreibtisch mit den Regeln von Taizé).

    Jesus weitet dieses Liebesgebot aus in dem er ihm ein zweites gleichstellt: Die Liebe zu dem Nächsten (Mt 22, 37-40) auf Basis meiner Selbstannahme. Diese drei bilden einen Dreiklang. Die Selbstannahme ist mir möglich, weil ich mich vorbehaltlos von Gott angenommen weiß. und weil dem so ist, ist es mir auch möglich, den Nächsten anzunehmen, kann sich diese Liebe in meinem Leben im Umgang mit mir selbst und anderen niederschlagen.

    3. Liebe und lebe

    Was ich liebe ist in aller Regel auch Bestandteil meines Lebens oder kommt zumindest in diesem vor. Was ich liebe, darauf versuche ich in meinem Leben, in meinem Alltag Rücksicht zu nehmen und einen entsprechenden Platz zu verschaffen.

    Wir schaffen Gott in unserem Alltag Platz in dem wir all das, was wir aus seinem Wort verstanden haben versuchen umzusetzen. In dem ich mir ganz bewusst meine Werte aus Gottes Wort herleite und begründe.

    Das ist es wenn ich Mose davon spricht, Gottes Wort einzuprägen, förmlich auf der Haut zu tragen. Viele junge Leute machen dies in unseren Tagen derart, dass sie Freundschaftsbändchen mit der Aufschrift WWJD oder PUSH tragen. Früher war es das Kettchen mit einem Kreuz oder ein Sticker mit der Aufschrift „Jesus lebt“. Damit wollte und will man ausdrücken, was einem wichtig und lieb ist, das Bekenntnis an sich zu tragen so dass es andere sehen.

    Aber weit mehr als diese äußeren Zeichen ist mir das Bestreben, all das was ich von Gott her verstanden habe, in mein reden und tun einzubauen. Dass es mir ernst ist mit dem nicht falsch Zeugnis geben, mit Wahrheit und Wahrhaftigkeit, dem liebe üben und nicht verurteilen. Damit sage ich nicht, dass mir das immer gelingt, aber es ist mein Ziel dass es mir mehr und mehr gelingt. Nur wenn ich es mir vornehme besteht überhaupt die Möglichkeit, dass ich es auch umsetze. Wenn ich es mir erst gar nicht vornehme brauch ich mich nicht zu wundern, wenn es nicht gelingt.

    Das Bekenntnis schlägt sich in unserem Leben nieder. D.h. wird in meinem Leben etwas von dieser Gottesbeziehung sichtbar, lebe ich das was ich höre. Damit aus dem hören ein Bekenntnis wird muss ich auch verstehen was ich gehört habe. Dazu brauche ich offene Ohren. Gott will, unsere Ohren öffnen, so haben wir das im Eingangslied gesungen.

    Schluss

    Höre Gemeinde in Tüllingen was der Herr euch sagt.

    Wir sind von Gott angesprochen und damit auch hineingenommen in eine Beziehung mit ihm. Das bleibt nicht ohne Wirkung. Wenn Gott uns anspricht ist dies so, wie wenn ein Stein ins Wasser fällt. Das bleibt nicht wirkungslos, das zieht Kreise, kleine und große, aber es wird Kreise ziehen und geht nicht spurlos an mir vorüber.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

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