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Predigt über 5. Mose 7, 6 - 12

am 16.7.2017
5. Sonntag n. Trinitatis

Ort:
Tüllingen (Ottilienkirche)


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Wenn ich sie jetzt nach dem Alten Testament fragen würde – was würde ihnen alles einfallen, welche Stichworte kämen ihnen da in den Sinn,? Überlegen sie einmal kurz – was ist ihnen eingefallen? Mir fielen spontan ein: Gesetz, Gebote, Ordnungen, ein überwachender, ein strafender Gott, …

Und Stichworte wie Liebe, Güte, Treue – sind uns diese auch eingefallen? Mir nicht, zumindest nicht spontan und als erstes. Umso überraschter war ich, als ich dem Predigttext für diesen Gottesdienst begegnet bin. Ich lese:

- Text lesen: 5 Mose 7, 6 – 12 -

Haben sie dies auch so erwartet oder sind sie ebenso überrascht wie ich es zunächst war?

Vielleicht so viel zur Vorrede und Einbettung dieser Passage aus dem 5. Buch Mose: Sie folgt nahezu unmittelbar auf die Wiederholung der 10 Gebote (5Mos 5, 1-22). Das Volk Israel wird darauf vorbereitet, dass es nun in fremde Länder einziehen wird in denen die Menschen andere Götter verehren und diesen dienen. Und der geistliche Auftrag lautet: Bleibt eurem Gott treu so wie er euch treu bleibt, weil ihr von ihm zu seinem Eigentum berufen worden seid. Vermischt euch nicht, haltet euch an das, was ihr als Richtschnur mitbekommen habt, geht keine Kompromisse ein, denn das würde bedeuten, dass ihr über kurz oder lang von eurem Gott abfallen werdet. Ich lasse diese Aussage jetzt einfach so stehen, vielleicht reiben wir uns daran, aber das ist gut so, weil wir uns dann mit ihr auseinandersetzen, auseinandersetzen müssen.

Gewiss waren diese Worte zunächst an das Volk Israel gerichtet und insbesondere für die Menschen in diesem Volk zu jener, aber auch für alle Zeiten danach aufgeschrieben. Und so möchte ich mich diesen Versen, mit allem gebotenen Respekt, in in drei Schritten nähern:

  • Israel, das auserwählte Volk Gottes;
  • Israel, das auserwählte Volk Gottes – und unsere Stellung;
  • Ein mögliches Fazit.
  • 1. Israel – das auserwählte Volk Gottes

    „Denn du bist ein Volk, das ausschließlich Jahwe gehört. Jahwe, dein Gott hat dich aus allen Völkern der Erde ausgewählt und zu seinem Eigentum gemacht.“ (V. 6 nach NeÜ) So beginnt unser Predigttext. Möglicherweise irritiert uns der Begriff JAHWE, denn die meisten Bibelübersetzungen schreiben hier „HERR“. Und HERR in der meist besonderen Schreibweise (Kapitälchen, Großbuchstaben) meint eben JAHWE und mit JAHWE ist der Name Gottes genannt (2Mos 3,14f), es ist keine Anredeformel! Was ist das für ein Gott, der sich nicht nur mit seinem Titel sondern der sich mit seinem Namen zu erkennen gibt?! Gott erwählt sich aus allen Völkern der Erde dieses eine und stellt sich ihm persönlich mit Namen vor. Also, es war ja nicht so, dass Gott keine andere Wahl gehabt hätte sondern ER, JAHWE wählt sich ein, sein Volk ganz bewusst aus!

    Und wie hat diese Erwählung begonnen? Erinnern sie sich noch? Ein kurzer Abriss: „Zieh aus deinem Land weg! Verlass deine Sippe und auch die Familie deines Vaters und geh in das Land, das ich dir zeigen werde.“ (1Mos 12, 1 NeÜ). Und dann, wie ging es weiter? Eine muntere Abfolge von „ups and downs“, Höhen und Tiefen, Tiefschlägen verbunden mit Namen wie Isaak, Jakob, Mose, viele Könige – Saul, David, dann Richter und Propheten …

    Der Abfall begann immer dann, wenn die Gottesbindung aus dem Blick geriet und statt dessen die Selbstüberschätzung ihren Platz einnahm. Dann, wenn plötzlich die eigenen Möglichkeiten über die Erwählung Gottes gestellt wurden. Aber Gott hat sich an dieses Volk gebunden – nicht an ein großes, berauschendes und überragendes Volk das IHM etwas hätte bieten können, sondern an das kleinste und unbedeutendste. Kein strategischer Berater unserer Tage hätte diese Wahl so getroffen. Und schon gar nicht, wenn er wie Gott gewusst hätte, was alles kommen wird. Warum hat sich Gott so entschieden? Nicht weil ER nicht auch diejenige lieben würde und liebt die etwas vorzuweisen haben und nicht armselig sind. Aber ER möchte damit besonders zum Ausdruck bringen, dass es IHM nicht darauf ankommt ob und dass jemand etwas vorweisen kann und ER deswegen geliebt ist. Das ER sich dieses unbedeutende Volk auserwählt hat liegt allein daran um aller Welt, und damit auch uns, ihnen und mir, zu zeigen, dass ER bedingungslos liebt, einfach aus sich heraus, ohne dass der gegenüber etwas vorzuweisen hat oder etwas besonderes tun muss. Und deswegen kann Gott auch noch lieben, uns, sie, dich und mich, wenn es nach menschlichem Ermessen nichts mehr zu lieben gibt! Denn wenn ich meine Liebe an eine Bedingung knüpfe – Schönheit, Reichtum, Humor, Gesundheit, Reichtum, Charme, Glaube … dann muss die Liebe enden, wenn eine dieser Bedingungen wegfällt - aber so ist Gott nicht!

    Gott hat dieses Volk angenommen und sprachlich bedeutet dies, ER hat sich an dieses Volk gebunden. ER hat sich diesem Volk hingegeben. Und am Ende stand, dass Gott sein ganzes Projekt nochmals neu aufgesetzt – nein, mehr noch, in dem ER sein Projekt neu aufgesetzt und ausgeweitet hat indem ER selbst Mensch geworden ist indem sein eigener Sohn auf dieser Erde als Kind geboren wurde und zu seinem Volk und darüber hinaus zu allen Menschen kam!

    2. Israel, das auserwählte Volk Gottes – und unsere Stellung

    Das ist so ungeheuerlich, das sollten wir nochmals hören: Gott wird in seinem eigenen Sohn Mensch – ER wird einer von uns (Hinweis auf Hebr 2, 18; 4, 15): In allem gleich wie wir, wie wir versucht. D.h. doch: Jesus kann mitreden, mitreden bei Themen wie Angst, Sorge, Schmerz – körperlicher wie seelischer, Gefühlswirrwarr bis hin zur absoluten Gottverlassenheit „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“. Damit beginnt eine neue Geschichte, aber ohne dass die alte bzw. die erste für beendet erklärt wird. Das dürfen wir nicht vergessen! Israel bleibt das von Gott auserwählte Volk, so wie wir es in den Versen des Predigttextes gehört haben.

    Gott erkennt, dass er einen zweiten, einen parallelen Befreiungsakt schaffen muss, um die Menschen aus ihrer Verstrickung von Schuld und Sünde zu befreien – zu erlösen. Ich erspare mir Spekulationen darüber, warum er dies so gemacht hat und möchte darauf vertrauen, dass Gott weiß, was er tut, was er zulässt und was er auch zu verhindern weiß und vielfach tut, ohne dass wir es merken. Und ich weiß, dass mich dies in die Spannung entlässt, dass ich auf dieser Erde mit unbeantworteten Fragen leben muss – so schwer und leidvoll dies in dem einen oder anderen Fall auch sein muss und ist.

    Die Botschaft unseres Predigttextes lässt sich für mich leicht auf die Botschaft des Neuen Testamentes übertragen. So schreibt Petrus: Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk, ein Volk das Gott selber gehört (1Pet 2,9f). Die Grundlage für diese Aussage: Joh 3,16: „So sehr liebt Gott diese Welt, dass ER seinen eigenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.“ Brennan Manning, ein us-amerikanischer Autor (erfolgreicher Redner und ehemaliger Alkoholiker) würde sagen: „Mit unbändiger Liebe hat Gott diese Welt geliebt, dass jeder“ – also alle derzeit 8 Milliarden Menschen und die zig-Millionen davor auch – „die IHM in dieser Zusage vertrauen, das EWIGE LEBEN haben werden und nicht verloren gehen.“ Gott bindet sich nicht an diese Welt, aber ER bindet sich an die Menschen, die auf dieser Erde leben.

    Gott offenbart sich als ein Gott, dessen alleiniges Markenzeichen seine „unbändige Liebe“ zu uns, zu ihnen, zu dir und mir ist. Und diese Liebe steht über allem, über allem Mist, über aller Schuld und Sünde den ich in meinem Leben und in das Leben anderer und die andere über und in mein Leben gebracht haben. Seine heilende und versöhnende Liebe gilt ihnen wie mir.

    Diese Wahrheit greift dann in unserem Leben, wenn wir uns, sie und ich uns als „Verlorene“ erkennen (Lk 19,30), als solche die um ihre Bedürftigkeit ahnen, wissen und letztlich er- und bekennen!

    3. Ein mögliches Fazit

    Der bereits erwähnte Brennan Manning schreibt1 „… wir müssen aufhören, täglich unseren „Heiligungsstand zu überprüfen“ sondern uns als Menschen sehen, und verstehen, die auf diese unbändige Liebe angewiesen sind. Und: diese unbändige Liebe Gottes zu uns als DIE verändernde Kraft in unserem Leben zu verstehen, zu fühlen und sie zuzulassen!!!

    Denn genau dies ist die Aussage aus der Erwählungsbotschaft aus 5. Mos: Gott liebt uns – ER liebt uns so sehr, dass er alles für uns gegeben und dass der, den er für uns gegeben hat, alles für uns aufgegeben und sich in die Gottverlassenheit begeben hat!

    Gott ist treu – Gott steht zu seinem Wort – ER bindet sich damit an seine Verheißungen und wird sie zur Erfüllung bringen. Und ich weiß, was ich sage, auch wenn ich mich an manchen Tagen, in manchen Situationen frage, wie sieht es hier und jetzt mit diesen Verheißungen aus, auch in meinem Leben? Dann wenn ich wenig oder nichts davon sehe, dass sie sich in meinem Leben und meiner Situation erfüllen? Wirklich nicht? Manches erschließt sich uns erst später und ist erst in der Rückschau erkennbar – leider, aber möglicherweise ist es auch gut so.

    Schluss

    Und damit stellt sich an uns, sie, dich und mich die Frage – ähnlich wie dem Volk Israel damals wie auch noch heute – sich hineinzugeben in eine Beziehung, und Brennan Manning würde vermutlich sogar sagen eine Liebesbeziehung mit Gott. In unserer Taufe hat Gott bedingungslos ja gesagt zu uns und hineingerufen in seinen neuen Bund.

    Scheut uns ein solcher Gedanke? Warum? Gott hat sich nie gescheut von seiner Liebe zu Israel, zu dieser Welt und zu uns zu sprechen. Sie zu bezeugen und zu leben und letztlich alles dafür zu geben! Was also hindert uns?

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

    1 MANNING, Brennan: die unbändige liebe gottes; Gerth Medien GmbH, Asslar in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München; 20132

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