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Predigt über Hesekiel 37, 24-28

am 25.12.2009
Christfest

Ort:
Tüllingen, Ottilienkirche


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Haben sie ihre Geschenke schon ausgepackt? Weihnachten, das ist doch das Fest an dem wir uns beschenken, uns eine Freude machen wollen. Warum eigentlich? Warum tun wir das an Weihnachten und nicht an Ostern oder zu sonst einer bestimmten Zeit im Jahr - an Valentinstag zum Beispiel?

Was macht Weihnachten aus? Weihnachten, das ist doch das Fest jenes Kindes in der Krippe, dessen Geburtstag wir feiern. Ich denke, damit haben wir möglicherweise den kleinsten gemeinsamen Nenner für Weihnachten definiert. Mit dieser Aussage können die meisten von uns mit. Aber wer ist dieses Kind in der Krippe? Vielfach doch nur ein Symbol für unsere Sehnsüchte und Wünsche nach Frieden und Geborgenheit und nach ein bißchen Liebe und Frieden in dieser kalten Welt.

Aber wie sieht es aus, mit diesen Sehnsüchten und Wünschen? Finden wir sie erfüllt oder lechzen wir nicht Jahr für Jahr erneut danach - wenn es denn überhaupt so lange dauert? Es ist einfach unsere leidvolle Erfahrung, daß unsere Wünsche und Vorstellungen nicht immer in Erfüllung gehen. Und trotzdem halten wir an ihnen fest, lassen uns nicht unterkriegen von Enttäuschungen.

Zu allen Zeiten gab und gibt es Menschen, die von ihren Sehnsüchten und Wünschen geprägt sind. Wir klammern uns förmlich daran, sie sind es vielfach, aus denen wir wieder Mut und Zuversicht schöpfen.

Der Predigttext knüpft daran an. Er richtet sich an Menschen, die von ihren Sehnsüchten leben und hoffen, daß sie sich erfüllen.

- Text lesen: Hesekiel 37, 24-28 -

Merkwürdige Verse für einen Predigttext an einem Christfest. Es mag ja schön und gut und möglicherweise sogar wichtig sein, was dieser alttestamentliche Prophet zu sagen hatte, aber was bitte hat dies mit Weihnachten, mit uns und unseren Sehnsüchten zu tun?

Ich gebe zu, auf den ersten Blick wenig! Weihnachten, das ist doch für die meisten von uns verbunden mit dem Kind in der Krippe, dem Ochs und dem Esel im Stall, die himmlischen Engelchöre und Hirten auf dem Feld. Weihnachten, das ist doch das unsere Herzen anrührende Ereignis, damals vor den Toren jenes Ortes Bethlehem. Und davon hören wir zugegebenermaßen in diesen Versen nichts. Hier ist ja nicht einmal im entferntesten von dem Kind in der Krippe die Rede, weswegen wir Weihnachten feiern, hierher in diesen Gottesdienst gekommen sind - oder?

Ich kenne ihre Beweggründe nicht, warum sie sich heute morgen aufgemacht haben, um in diese Kirche zu kommen. Es wäre wahrscheinlich bequemer gewesen, zu Hause zu bleiben, in gemütlich das Frühstück ausklingen und den gestrigen Abend nachklingen zu lassen. Irgend etwas muß sie also bewogen haben, hier her zu kommen. Waren es ihre Wünsche nach Geborgenheit? Ich weiß nicht, was sie sich wünschen, hier zu finden. Aber ich möchte sie einladen zu entdecken, was dieser alte Prophet und seine Botschaft mit uns und der Krippe auf dem Feld zu tun hat. Ich möchte sie mitnehmen auf den Weg zu dem Stall auf dem Felde, wie damals jene Hirten, die die Botschaft der Engel gehört haben und ihr gefolgt sind.

1. Der Prophet und seine Hintergründe

Was hat diesen Mann umgetrieben, was waren die Hintergründe für seine Botschaft? Hesekiel war Priester und er erlebte in seiner Jugend einen König, der dem Volk Wohlstand und Lebensqualität brachte. Aber auch einen König, der sein Volk zu neuen Glauben und Vertrauen gegenüber seinem Gott führte. Dieser König wurde schon als neuer "David" vom Volk gefeiert wurde. Aber unter seinen Nachfolgern wendete sich das Blatt und Hesekiel mußte den Niedergang des Königreiches Juda erleben. Das mächtige babylonische Reich hatte es sich unterworfen. Es folgte die Deportation eines Großteils der jerusalemer Bevölkerung, vornehmlich der Oberschicht und Handwerker, nach Babylon. Mit der Wegführung ganzer Bevölkerungsteile verfolgten die Babylonier einzig und allein das Teil, die Identität dieses Volkes zu zerstören.

Hier mußte er und seine Leidensgenossen aus der Ferne miterleben, wie Jerusalem ein paar Jahre später endgültig zerstört, förmlich dem Erdboden gleichgemacht und dem Land seine politische Selbständigkeit genommen wurde.

Verlust der Heimat war aber nur ein Umstand, mit dem sich die Weggeführten auseinandersetzen mußten und mit dem sie zu kämpfen hatten. Weit schwerer wiegte der Eindruck, von Gott, von ihrem Gott verlassen worden zu sein. Wie sollten sie jemals wieder mit diesem Gott Gemeinschaft haben können? Der Tempel, die Wohnung Gottes war zerstört, die Schuld lag schwer auf dem Volk. Resignation machte sich breit und Vorstellung, endgültig von diesem Gott verstoßen zu sein. Wer hatte einen Ausweg, eine Perspektive für dieses Volk?

2. Inhalt seiner Botschaft

Die Botschaften des Hesekiel sind voll von faszinierenden Bildern und Vergleichen. In diesen Versen entwickelt er eine neue Sicht für sein Volk. Was keiner in dieser Situation zu denken oder zu glauben wagte - Hesekiel tut es. Er bekommt von Gott eine Perspektive aufgezeigt, von der niemand mehr zu träumen wagte. Alle hatten sie abgeschlossen, sich mit ihrem Schicksal abgefunden. Keiner wagte mehr an Veränderungen zu glauben sondern sie fügten sich in ihre Situation, es galt, das beste daraus zu machen - das war die Devise.

In diese Situation hinein sandte Gott seinen Propheten. Wir hören es zwar nicht gerne, und schon gar nicht an Weihnachten, aber ich habe den Eindruck, daß wir es manchmal brauchen bis an die Ausweglosigkeit zu kommen, um unsere Lage richtig einschätzen zu können. Das Volk war in dieser ausweglosen Situation. Während Gott anfänglich noch auf erzieherische Maßnahmen nach dem Motto Gehorsam und Lob oder Ungehorsam und Strafe setzte, begann nun ein grundlegender Wandel.

Im Wandel der Botschaft des Propheten drückt sich auch ein Wandel in der Haltung Gottes gegenüber seinem Volk, gegenüber der ganzen Menschheit aus.

In diese Situation hinein kommt nun der Prophet mit seiner neuen Botschaft. Und diese Botschaft hatte zwei Schwerpunkte: (1) Gott wird einen neuen König senden. Einen König der ewig herrschen wird und dieser neue König wird sein Reich gründen. Ein Reich, das ewig bestand haben wird. Wir, die wir alle längst mit der Monarchie und der Vorstellung eines Königreiches abgeschlossen. Könige und Fürstenhäuser haben ihre Bedeutung doch nur Regenbogenblätter unserer Tage. Die Vorstellung eines Königs war aber eng damit verbunden, daß es ein guter und gerechter Herrscher ist. Einer der das Wohl seines Volkes im Auge und zum Ziel hatte, dessen Wohlstand und Lebensqualität mehrte. (2) Gott wird einen neuen Bund mit seinem Volk schließen. Einen Bund der ewig bestand haben wird. Einen Bund, den das Volk halten und in dessen Bestimmungen es leben wird.

Aber damit nicht genug, Gott gibt noch eine dritte Zusage durch den Propheten. Er verheißt seinem Volk seine Gegenwart. ER, Gott will in der Mitte seines Volkes sein, will Wohnung bei ihnen nehmen und die Nationen werden dies erkennen. Niemandem soll dieses Tun Gottes verborgen bleiben, alle Nationen, alle Menschen werden dies erkennen.

3. 600 Jahre später

Was ist aus dieser Verheißung geworden, die der Prophet seinen Zeit- und Leidengenossen in der Verbannung gegeben hatte? Was ist aus dem geworden, was er ihnen im Auftrag Gottes vor Augen gestellt hatte?

Ein paar verschlafene Hirten auf dem Feld in der Nähe eines kleinen Städtchens Namens Bethlehem. Ein paar Hirten die von dieser Nacht nichts mehr zu erwarten hatten. Vielleicht saßen sie an ihren Feuern und unterhielten sich über die Verheißung des alten, längst verstorbenen Propheten Hesekiel. Vielleicht fragten sie sich in jener Nacht, wann und wie denn Gott endlich seine Verheißung erfüllen würde?

Und dann geschieht das, worauf man 600 Jahre gewartet, aber was keiner für möglich gehalten hatte: Gott sendet seinen König! Gott gründet sein Reich und fängt an, unter den Menschen zu wohnen. Die Hirten erhalten die Nachricht, daß ihnen in dieser Nacht der Retter, der Heiland geboren ist. Daß in dieser Nacht Gott sein Reich gründet und seinen ewigen Bund mit seinem Volk und allen Menschen schließen will. Und als die Engel, die Himmelsboten wieder weg waren, wußten sie zunächst gar nicht, was sie davon halten sollten.

Aber sie haben sich dann doch noch aufgemacht, hin zu jenem Stall und jener Krippe die wir noch heute in unseren Weihnachtsliedern besingen. So ungewöhnlich das Ereignis und die Botschaft der Engel für die Hirten auch gewesen sein muß, sie haben sich darauf eingelassen und sind hingegangen zu jenem Stall. Und was sie dort vorgefunden hatten, hat ihr Leben verändert.

Für die Hirten hatte sich die Botschaft des Hesekiel erfüllt. In der Geburt Jesus hatten sie den Regierungsantritt des neuen, von Gott verheißenen Königs erkannt. Und ihnen wurde klar, daß ihnen in diesem Kind ihr persönlicher Heiland begegnet war, der, der ihre Beziehung zu ihrem Gott wieder in Ordnung brachte.

Schluss

Bleibt am Schluß die Frage an uns, die wir alljährlich jenem Ereignis von Bethlehem gedenken: Was ist Weihnachten für uns? Wer ist dieses Kind für uns, für sie und mich persönlich? Bleibt es nur jener Knabe im lockigen Haar den wir in unseren Liedern besingen oder erkennen wir in ihm den Mann, in dessen Geburt Gott sein neues Reich gründet und die Prophetie des Hesekiel sich erfüllt hat? Erkenne ich in jenem Kind in der Krippe den Mann, der die Beziehung zwischen mir und Gott wieder ins Reine bringt und der, und nur der meine Sehnsüchte nach Liebe und Geborgenheit stillen kann?

Wahrhaft Weihnachten wird es, wenn ich in dem Kind in der Krippe den Erlöser dieser Welt, aber auch meinen persönlichen Heiland erkenne und mich auf IHN einlasse. Dann wenn ich mit dem Lieddichter Paul Gerhard bekennen kann: "Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu du mein Leben, ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben. Eins aber, hoff ich, wirst du mir, mein Heiland nicht versagen: daß ich dich möge für und für in meinem Herzen tragen; komm, komm und lege bei mir ein dich und all deine Freuden."

Amen.

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Obertüllingen 107
79539 Lörrach-Tüllingen
07621/9153229
eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de
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