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Predigt über Jesaja 40, 12 - 25.(31)

am 6.2.2011
5. Sonntag nach Epiphanias

Ort:
Tüllingen


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen. Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Den Gazetten und Onlinediensten war es eine kleine Meldung wert: Bobby Farrell ist am 30. Dezember 2010 in einem Petersburger Hotelzimmer tot aufgefunden worden - er wurde 61 Jahre alt. Der Name sagt ihnen nichts? Das mag zum einen daran liegen, dass ich eine andere Generation bin oder aber auch daran, dass es in den letzten Jahren still um diesen Mann geworden war. In den späten Siebzigern und frühen Achtzigern war er durchaus bekannt, als Tänzer und Sänger bei der Pop-Gruppe "Boney M."

Einer ihrer bekanntesten Songs war 1978 für 17 Wochen auf Platz eins der deutschen Charts: Rivers of Babylon. Was vermutlich nur den wenigsten bewusst ist, wenn sie dieses Lied hören: in diesem Popsong wurde einer der ältesten Textquellen wiederbelebt. Textgrundlage dieses Popsongs sind Psalm 137 und Teile des Psalms 19. Psalm 137 ist ein Klagelied, das nach der Eroberung Jerusalems durch den babylonischen König Nebukadnezar im Jahr 586 v. Chr. gedichtet wurde.

Das Volk Gottes, im Krieg vernichtend geschlagen, wurde nach Babylon deportiert. Und dort saß es nun, an den "Rivers of Babylon" - den Ufern in Babylon und fragte sich, was würde aus ihm werden? Was ist unser Schicksal? Wie soll es mit uns weitergehen?

- Text lesen: Jes 40, 12 - 25.(31) -

Ab Kapitel 40 wird das Jesjabuch als Trostbuch überschrieben. Und treffend beginnt es mit "Tröstet, Tröstet mein Volk". Trost hatte das Volk Israel in jenen Tagen auch bitter nötig. Weggeführt in die Gefangenschaft lebte es seit vielen Jahren nicht mehr im verheißenen Land der Väter sondern an den Ufern von Euphrat und Tigris. Im Krieg geschlagen und weggeführt von den Babyloniern allein mit dem Ziel, die Identität, das Selbstverständnis dieses Gottesvolkes zu vernichten, auszulöschen. Alles was dieses Volk ausgemacht hatte, wurde ihm genommen oder zerstört. Selbst die anfängliche Hoffnung auf Rückkehr in die Heimat hatten fast alle aufgegeben. Sie fühlten sich nicht nur vom Gegner unterworfen und unterjocht, sondern vor allem auch von Gott verlassen. Weil sie sich nicht auf ihn verlassen hatten, hatte er sie verlassen. Und diese Vorstellung wiegte weit schwerer als alles andere: ihr Gott hatte sie verlassen, bestraft, vergessen.

Und mitten hinein steht einer auf und erhebt die Stimme - nein nicht er selber ist es der redet, sonder es ist Gott selber der redet, der eine Aufforderung an die Hörenden richtet. "Tröstet, tröstet mein Volk, spricht der Herr. Redet zu Jerusalem freundlich." Man könnte diese Stelle übersetzen "redet Jerusalem zu Herzen, redet mit ihm so, dass es die Herzen erreicht, nicht nur den Verstand oder das Gewissen". Wenn dies geschieht, wenn unser Herz erreicht wird, dann ist Trost möglich. Dann kommen wir weg vom bloßen vertrösten und was uns geboten wird, ist alles andere als ein Trostpreis. Gott schenkt seinem Volk neue Kraft, es kann seine Mutlosigkeit gegen neue Kraft eintauschen. Sie werden laufen ohne dass ihnen die Zunge heraushängt, sie werden heim-laufen. Die Worte des Propheten enden mit dem starken Bild von dem Adler der sich erhebt und sich emporschwingt und sich von der Thermik empor tragen lässt.

Wir sitzen nicht an den Ufern des Euphrat und des Tigris, nicht einmal an den Wieseufern, uns wurde auch nicht die Heimat und die Identität geraubt. Und wir sind auch nicht das Volk Israel. Wir sind Menschen aus Tüllingen und Lörrach, aber Trost haben auch wir nötig. Auch wir brauchen es , dass freundlich zu uns geredet wird, so dass es uns zu Herzen geht.

Natürlich ist es immer ein Wagnis, diese mehr als 2500 Jahre alten Worte auf uns zu übertragen. Aber wenn ich hinhöre, hineinhöre in die Worte die der Prophet sagt, so höre ich folgendes auch für uns heraus:

  • Schaut auf Gott den Schöpfer
  • Vertraut Gott dem Erhalter
  • Verbindet euch mit Gott dem Erlöser
  • 1. Schaut auf Gott den Schöpfer

    "Am Anfang schuf Gott" mit dieser Aussage beginnt die Bibel, beginnt die Geschichte zwischen Gott, seiner Schöpfung und uns Menschen. Gott schuf aus dem Nichts die Erde und den gesamten Kosmos - weil er nichts anderes zu tun hatte? Weil ihm langweilig war, der Akku am Gameboy leer war oder ihm nichts Besseres eingefallen wäre? Nein Gott wollte es so. Und Gott wollte auch den Menschen, ER hat ihn geschaffen. Wir sind keine Produkte des Zufalls, eine Laune der Natur, wir sind Gottes Ebenbilder. Ist ihnen das bewusst? Gottes Ebenbilder, seine Gegenüber, so wie wir hier sitzen!

    Obwohl die Menschen immer wieder aus der Gemeinschaft ausgebrochen sind, Gottes Liebe und seinen Verheißungen misstraut haben hat er sich ihnen immer wieder neu zugewandt, musste sogar das erste Tier sterben (Gen 3,21) damit sie sich bekleiden und ihre Scham verbergen konnten.

    Zum Zeichen hat ER Abraham erwählt und zum Stammvater seines Volkes gesetzt. Eindrücklich und gleichzeitig bewegend sind die Berichte über den Weg, den Gott mit diesem Mann und seinem Volk gegangen ist. Kein gerader Weg, keine steile und geradlinige Karriereleiter die da erklommen wurde. Ein Weg voller Wendungen und manchmal auch Irrungen. Aber Gott hat an diesem Volk und dieser Welt festgehalten. ER hat diese Welt, uns Menschen und alles Geschehen fest in seiner Hand.

    Das führt Gott durch seinen Propheten den Weggeführten wieder vor Augen. Gott ist der Herr aller Völker. Alles hält er in seiner Hand. Was den Weggeführten wie übermächtig vor Augen steht - Babel und seine Macht, seine Kultur - all das ist vor Gott wie ein Staubkorn auf der Waagschale. Haben sie das Bild vor Augen? Spüren sie dem einmal nach, was löst es aus? Und nun denken sie dazu, dass Gott sie ganz persönlich liebt, sie ein Kind Gottes sind.

    2. Vertraut Gott dem Erhalter

    Ich denke mir, mit dieser Sicht Gottes konnten die Frauen und Männer in jenen Tagen noch mit, das stellten sie vermutlich nicht in Frage, eher das Gegenteil. Die Frage war, wo ist dieser Gott geblieben? Er hat diese Welt geschaffen, sich ein Volk erwählt - und nun? Hat er die Lust daran verloren? Warum sitzen wir hier immer noch in der Gefangenschaft der Babylonier? Warum führt er uns nicht endlich Heim? Hat Gott die Welt, sein Volk, die Menschen, sie und mich aufgegeben? Diesen Eindruck hatten die Menschen damals in Babylon und vielleicht auch mancher unter uns. Stellt sich diese Frage nicht auch immer wieder in unseren Tagen. Wo ist dieser Gott Angesichts des Leides in dieser Welt? Warum wird es mit meiner Krankheit, mit meinem Leiden nicht besser? Warum greift er nicht ein?

    Wie könnten die Antworten drauf lauten? Die christliche Dogmatik hat versucht Antworten zu geben. Aber wenn man sie liest stellt man fest, so ganz können sie nicht zufrieden stellen. Gescheite Köpfe haben versucht das Handeln und Wirken Gottes in dieser Welt zu erklären. Klangvolle Begriffe sind dabei herausgekommen als Antwort auf die Menschheitsfrage nach dem "warum": providentia conservatix, die erhaltende Vorsehung, oder die providentia cooperatitrix, die zusammenwirkende Vorsehung und schließlich noch die providentia gubernatix, die lenkende Vorsehung.

    Aber so sehr wir uns auch mühen, so sehr wir dem nachstreben was der Teufel einst im Garten Eden uns weiß machen wollte, dass wir so sein werden wie Gott, es funktioniert nicht. Wir haben zwar vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse gegessen, aber wir können sie nicht richtig einsetzen. So sehr wir uns auch Mühen eine bessere Welt zu "schaffen", meist treiben wir bei unseren Bemühungen den Teufel mit den Belzebub aus. Gewiss nimmt die Welt, zumindest in vielen Ländern, durch die menschliche Schaffenskraft eine erstaunliche Entwicklung. Und dennoch weiß niemand so richtig, wie diese Entwicklungen zu werten sind und was sie uns bringen werden. Und noch immer gibt es Leid, noch immer wird gehungert, noch immer wird gestorben.

    Hat Gott sein Volk, die Welt und uns ihrem Schicksal überlassen, lässt er uns einfach so auf ihren Untergang zutreiben? Nein sagt der Prophet. Gott sitzt auf dem Thron und er hält letztlich die Fäden in dieser Welt zusammen. Schon früh, nach den ersten Erfahrungen mit seinem Ebenbild hat Gott sich festgelegt: "Von nun an, alle Tage der Erde, sollen nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht." (Gen 8,21). Gott erhält diese Erde, die Menschen und sein Volk. Das ruft der Prophet seinen Volksgenossen an den Ufern des Euphrat und Tigris zu. Gott gibt uns nicht auf sondern "lässt die Sonne aufgehen und Gerechte und Böse" (Mt 5,45). Darauf sollen sie ihr Vertrauen und Hoffnung setzen.

    3. Verbindet euch mit Gott dem Erlöser

    Gott hat diese Erde nicht nur geschaffen und erhält sie nicht nur aufs gerade Wohl, sondern ER will sie an sein Ziel bringen und mit ihr auch und vor allem uns, sie und mich. Der schwedische Erweckungsprediger Carl Olof Rosenius hat dies in der Auslegung von Genesis 1, 26 einmal so beschrieben: Als im göttlichen Heilsrat bei der Schöpfung der Sohn die Erlösung der Menschen auf sich genommen hat, erst dann, hat der Vater gesprochen: so will ich das menschliche Geschlecht schaffen. (Carl Olof Rosenius in "Gesetz und Evangelium. Band !. s. 5). Von Anfang an war der Fall und Erlösung des Menschen im Blick. Gott will unsere Erlösung, dazu hat er letztlich seinen Sohn Jesus gesandt.

    Dass die gesamte Schöpfung auf ihre Erlösung zustrebt, drückt Paulus in seinem Brief an die Römer so aus: "Denn das sehnsüchtige Harren der Schöpfung wartet auf die Offenbarung der Söhne Gottes" (Rö 8,19). Das Leben auf dieses Ziel zu ist ein Leben auf Hoffnung. Wir haben keine Garantien, keine Eintrittskarten in Händen. Wir haben allein Gottes Wort und seine Verheißungen. So wie auch die weggeführten Männer und Frauen in Babel nur die Verheißungen Gottes und die Erzählungen über Gottes Handeln an seinem Volk hatten. Auf diese Hoffnung setzten sie, machten sich daran fest.

    Schluss

    Der Wiener Neurologe und Psychiater Viktor Frankl hat einmal gesagt: "Menschliches Verhalten wird nicht von den Bedingungen diktiert, die der Mensch antrifft, sondern von den Entscheidungen die er selbst trifft." (zitiert in: A. Förster und Dr. Peter Kreuz. Spuren statt Staub. S 55). Die Weggeführten am Euphrat und Tigris hatten keine Garantien dafür, dass sich das Wort des Propheten erfüllen würde. Sie konnten entweder diesem Wort trauen oder es ablehnen. Die Menschen damals haben ihre Entscheidung getroffen und dem Propheten und letztlich Gott vertraut. Sie haben sich wieder mit ihrem Gott verbunden, sich neu auf ihn eingelassen trotz der gegensätzlichen Bedingungen in denen sie lebten.

    So gilt die Aufforderung des Propheten auch uns: vertraut dem Herrn, verbindet euch mit ihm, haltet euch an seinem Wort fest, er bringt euch an sein Ziel.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de
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