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Predigten

Predigt über Jesaja 40, 1-11

am 17.12.2000
3. Advent

Ort: Staufen / Münstertal


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder

Einleitung

Wir feiern heute den dritten Advent, der count-down läuft. Wer noch nicht dazu gekommen ist Geschenke zu kaufen, wird sich in dieser Woche sputen müssen um nicht vor leeren Regalen zu stehen. Die Spannung steigt bei Alt und Jung. Eine ganz ndere Situation lies die Spannung bei vielen Menschen steigen, als sie jene Worte hörten, die ich ihnen nun als Predigttext vorlesen möchte:

- Text lesen: Jesaja 40, 1-8 (9-11) -

„Tröstet, tröstet mein Volk“ so beginnt dieses 40. Kapitel des Jesajabuches. Und Trost hatte das Volk Israel in jener Zeit bitter nötig. Weggeführt in die Gefangenschaft lebte es seit vielen Jahren nicht mehr in dem verheißenen Land der Väter sondern an den Ufern von Euphrat und Tigris. Im Krieg geschlagen und weggeführt von den Babyloniern allein mit dem Ziel, die Identität dieses Volkes zu vernichten, auszulöschen. Alles, was dieses Volk ausgemacht hatte, wurde ihm genommen oder zerstört. Selbst die anfängliche Hoffnung auf Rückkehr in die Heimat hatten fast alle aufgegeben. Sie fühlten sich nicht nur vom Gegner unterworfen und unterjocht, sondern vor allem auch von ihrem Gott verlassen. Weil sie sich nicht auf ihn verlassen atten, hatte er sie verlassen. Und diese Vorstellung wiegte weit schwerer als alles andere: ihr Gott hatte sie verlassen, bestraft und vergessen.

Und mitten hinein steht einer auf und erhebt seine Stimme - nein nicht er selber ist es der redet, sondern es ist Gott selber der redet, der eine Aufforderung an die Hörenden richtet. „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht der Herr. Redet zu Jerusalem freundlich.“ Man könnte diese Stelle auch übersetzen „redet Jerusalem zu Herzen, so daß es die Herzen erreicht, nicht nur den Verstand oder das Gewissen. Wenn dies geschieht, wenn unser Herz erreicht wird, dann ist Trost möglich. Dann kommen wir weg vom bloßen vertrösten und was uns angeboten wird, ist alles andere als ein Trostpreis.

Wir sitzen nicht an den Ufern des Euphrat und des Tigris, uns wurde auch nicht die Heimat und die Identität geraubt. Und wir sind auch nicht das Volk Israel. Wir sind Menschen aus Staufen und Umgebung, aber Trost haben auch wird nötig. Auch wir brauchen es, daß freundlich zu uns geredet wird, so, daß es uns zu Herzen geht. Natürlich ist es immer ein Wagnis, diese mehr als 2500 Jahre alten Texte auf uns zu übertragen. Aber wenn ich hinhöre was der Prophet damals gesagt hat, so höre ich dreierlei für uns heraus:

    Gottes neuer Start

    Gottes neuer Weg

    Gottes neues Ziel

1. Gottes neuer Start

Nach der Vertreibung des Menschen aus dem Paradies, dem Vertrauensbruch zwischen Gott und uns Menschen ist ein ständiges hin und her, auf und ab zwischen Gott und uns Menschen entstanden. Auf der einen Seite der immer wieder werbende Gott, der auf vielfältige Weise versucht, uns Menschen wieder in seine Gemeinschaft einzubeziehen. Gott hat um uns geworben wie ein Bräutigam um seine Braut wirbt. Hat versucht uns auf den richtigen Weg zu führen, wie dies auch Eltern immer wieder mit ihren Kindern versuchen - mit erzieherischen Mitteln. So könnte man die Beziehung, die zwischen dem Gott Israels und seinem Volk bestanden hat, auch charakterisieren. Ein ständiges Ringen, locken und werben einerseits, und auf der anderen Seite immer wieder die Ausreißversuche des Volkes die von der Vorstellung getrieben waren, ohne Gott leben zu können. Gott ließ diese Ausreißversuche immer wieder zu und damit sein Volk in das Verderben laufen. Und hier erleben wir auch den Gott, der sein Volk straft um es zur Umkehr zu bewegen. Hier erleben wir den uns eher fremden und unheimlichen Gott. Einen Gott, dem wir lieber aus dem Weg gehen und vor dem man sich in Acht nehmen muß.

Aber all dies hat nichts genutzt. Strafe und Zorn haben nichts bewirkt und Gott hat erkannt, daß er so den Menschen nicht zur Umkehr bewegen konnte. Der Karren war zu verfahren! Darum setzt Gott einen neuen Anfang: Gnade statt Zorn! Tröstet, tröstet mein Volk- ER wendet sich ihnen erneut zu, ER hat sich in seiner Einstellung ihnen gegenüber verändert. Gott macht ein Angebot, legt es einfach auf den Tisch und sagt damit, ich lasse mich bedingungslos auf dich ein, räume selbst aus dem Weg, was zwischen uns steht.

Wenn wir kommenden Sonntag Weihnachten feiern, dann werden wir daran erinnert, daß dieses Gnadenangebot Gottes auch uns, ihnen und mir gilt.

2. Gottes neuer Weg

Gottes neuer Weg führt in die Wüste (V. 3) „Eine Stimme ruft: in der Wüste bereitet den Weg des Herrn.“ Dort wo normalerweise nichts zu erwarten ist setzt Gott einen neuen Anfang. Dort, wo aus eigener Kraft nichts entstehen kann beginnt Gott seinen Weg und sein Werk, auch in unserem eigenen Leben.

Und dieser neue Weg Gottes ist an jenen Mann gebunden, dessen Geburtsstunde in jener Krippe zu Bethlehem wir kommenden Sonntag feiern: Jesus Christus. Jesus ist der Mensch gewordene Weg, das ultimative Versöhnungsangebot Gottes an uns, an sie und an mich. Gott kommt in diese Welt, wird Mensch, nimmt weg was zwischen uns und IHM steht, macht die Bahn eben und frei. Jesus ist der Weg, auf dem wir zu unserem himmlischen Vater gelangen. In Jesus hören die Moralpredigten auf. In Jesus spricht Gott zu und in unsere Herzen. Möchte uns mit seiner Liebesbotschaft erreichen.

Der neue Weg beginnt dann, wenn ich mich für dieses Angebot Gottes, das in mein Leben gekommen ist, interessiere. Dann, wenn ich mir die Frage stelle, was hat die Taufe mit mir zu tun, mit meinem Leben, mit meinem Alltag, mit meiner Geschichte und mit meiner Zukunft.

Exkurs Taufe:

Wenn wir uns über Taufe Gedanken machen, stellen sich zwei Fragen: Was ist eigentlich Taufe? Was ist Taufe für mich persönlich? Die Taufe ist neben dem Abendmahl das zweite Sakramenten das wir Evangelische haben. Luther hat einmal gesagt, es handelt sich um „Wortzeichen“. Er meinte damit, daß in diesem Zeichen etwas geschieht, das über das rein zeichenhafte hinausgeht. Viele Stellen aus dem neuen Testament untermauern diese Vorstellung. Zur Zeit der ersten Christen und in heutigen Missionsländern, war und ist Taufe ein Akt des Bekenntnisses. Wenn sich jemand mit seinem Leben Jesus anvertraut hat, läßt er sich taufen. Bei uns und in anderen Volkskirchen hat Taufe vielfach diesen Charakter verloren. Unsere Situation ist die heutige: Wir taufen meist Säuglinge und Kinder, die reine Bekenntnistaufe finden wir nur sehr selten. Und weil Taufe mehr ist, als nur symbolische Handlung, guter Brauch ist die Frage die, was aus Taufe wird?

Hier bin ich bei der zweiten Frage: Was ist Taufe für mich persönlich? Jede Taufe muß einen persönlichen Bezug gewinnen zu dem, der getauft wurde. Heute haben diese zwei Kinder etwas in ihr Leben hineinbekommen, das sie einmal selbst in Anspruch nehmen müssen. Ihre Eltern und Paten haben sich verpflichtet dafür Sorge zu tragen, daß ihnen dies einmal möglich wird. Aber auch wir als Gemeinde stehen in der Pflicht, diese zwei Kinder und ihre Familien im Gebet zu begleiten. Deswegen taufen wir ja im Gottesdienst. In vielen Fällen unseres Lebens helfen uns Bilder, Vergleiche, manche Dinge besser zu verstehen. Für die Taufe gibt es zwei Bilder, die ich für sehr treffend halte: einmal können wir Taufe mit einer Fahrkarte vergleichen, das andere mal mit einem Gutschein. Beiden gemeinsam ist, daß sie eingelöst werden müssen damit sich das, was in ihnen steckt, entfalten kann.

So ist es auch mit der Taufe. Es muß der Tag kommen, an dem ich meine Taufe als Gottes Zusage und Handeln für mich persönlich annehme. Wenn dies Yasmin und Michael auch eines Tages tun, dann wird sich vollenden was heute begonnen wurde. Gott bietet mir an, mein Leben in Ordnung zu bringen, bietet mir an, für mich zu sorgen und mir eine neue Perspektive zu bieten. Entscheidend ist, daß Gottes neuer Weg bei jedem persönlich beginnt. Gott will nicht unsere Gesellschaft verändert und erneuern. Gott will auch nicht moralisieren und Bußpredigten halten. Gott will uns trösten, Trost geben und Gott will zu unseren Herzen sprechen und uns eine neue Perspektive geben.

3. Gottes neues Ziel

Wenn wir uns über einen neuen Weg Gedanken machen dann sollten wir das nicht tun, ohne uns auch über das Ziel Gedanken machen, zu dem uns der neue Weg führt.

Gottes Ziel ist in seinem Wort begründet, hierin offenbart sich Gottes Zukunft. Alles andere, und scheint es noch zu zuverlässig und zukunftsträchtig, schier unzerstörbar, wird doch vergehen. Ein Blick in unsere Geschichte, gerade die jüngste mag uns dies vor Augen führen: wer hätte gedacht, daß es einmal zu einer Wiedervereinigung beider deutscher Staaten und dem Zerfall des Sowjetkommunismus kommen würde? Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, daß der Weltkonzern Daimler-Chrysler so ins strudeln geraten könnte.

Was aber bleiben wird, ist dieses Wort Gottes. Und das ist nochmals etwas anderes als wenn wir nur sagen würden, Gott bleibt ewig, Gott wird nicht vergehen. Aber auch das, was Gott zu uns geredet hat, das, was er uns in seinem Wort versprochen hat, wird bleiben, wird nicht Opfer der Vergänglichkeit. Gottes Wort, Gottes Reden verlangt , sehnt sich nach einer Antwort unsererseits. Gott will nicht nur für sich bleiben, sondern will uns einbeziehen in das was bleiben wird.

Gott möchte uns dabei haben, wenn er seine neue Welt baut. Freut sich, wenn wir, sie und ich mit dabei sein werden in dieser neuen Welt. In unserer Taufe sind wir dazu eingeladen, halten den Gutschein in der Hand. Es ist an uns, diesen einzulösen!

Schluß

Die Verse schließen mit einem für mich sehr schönen Bild: Gott selbst wird seine Herde weiden. Er selbst wird für sie sorgen und nähren. Dann wird es soweit sein, daß kein Schmerz und kein Geschrei mehr sein wird. (Off 21,4). Gott möchte uns dabei haben, möchte mit uns an seinen Start gehen, sich mit uns auf den Weg machen, damit wir an sein Ziel kommen. Amen.

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Belchenring 20
D-79219 Staufen
07633/500781
eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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