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Predigt über Jesaja 42,1-9

am 13.01.2002
1. n. Epiphanias

Ort:


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen. Amen

Liebe Schwestern und Brüder

Einleitung

Wir kommen von Weihnachten, wir haben der Geburt Jesu gedacht, an sein Kommen in diese, unsere Welt. "Gott kommt zu uns", so heißt es in einem Lied von Johannes Jourdan, "wir müssen uns nicht mehr zu ihm bemühen. ... Gott kommt herab von seinem ew'gen Thron." Das ist Weihnachten - Gott kommt zu uns, auch hierher nach Staufen / Münstertal, das müssen wir uns einmal auf der Zunge zergehen lassen, was das heißt! Aber nicht nur daß Gott zu uns kommt ist bemerkenswert, sondern auch die Art und Weise wie er das tut.

Gott kommt als Kind, als Säugling, unscheinbar, in ärmlichen Verhältnissen in irgendeinem Provinznest im römisch besetzten Judäa. Nicht in Jerusalem, der Stadt Gottes und auch nicht in Rom, dem damaligen Nabel der Welt. Durch die Umstände wie Gott kommt, fordert er uns in unserem Glauben heraus. So wie Gott zu uns kommt, beweist er sich uns nicht, würden wir ihn nicht dahinter vermuten. Wenn Jesus wiederkommt, wird dies etwas anderes sein. Dann kommt niemand mehr daran vorbei, ihn als den Messias zu erkennen. Dann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem jeder seine Knie beugen und bekennen muß (!), daß Jesus der Herr ist.

Aber noch ist es nicht soweit, noch leben wir in der Zeit des Glaubens und nicht des Schauens (2.Kor 5,7). Das ist oft nicht ganz einfach, aber Gott mutet uns das zu. Und wie gesagt, mit seinem Kommen als Kind in der Krippe fordert Gott unseren Glauben, unser Vertrauen heraus. Er beweist sich nicht, noch nicht.

Das also ist Weihnachten, von daher kommen wir, das ist unser Ausgangspunkt. Und vor diesem Hintergrund betrachten wir auch die Verse, über die heute zu predigen ist.

- Text lesen Jes 42, 1-4 -

Diese Verse aus dem Buch des Propheten Jesaja werden zu den sogenannten Knecht Gottes Liedern gezählt. Das bekannteste dieser Lieder sind sicherlich die Anfangsverse aus dem Kapitel 53 des Propheten Jesaja, die die meisten von uns kennen. In ihnen wird dieser Knecht als derjenige beschrieben, der alle unser Krankheit und alle unsere Schmerzen auf sich geladen hat. Diese Lieder haben in der Theologiegeschichte immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen und Auslegungsschwierigkeiten geführt. Wer oder was ist mit diesem "Knecht Gottes" gemeint? Unstrittig war, daß von den Autoren des Neuen Testaments eine Verbindung zwischen diesem Knecht und Jesus gesehen wurde. Die Frage war aber, ob sich Jesus selbst als der prophezeite Knecht gesehen hat? Das waren und sind die Fragen, welche die Theologen auch heute noch beschäftigen. Wir werden heute morgen diese Fragen sicherlich nicht klären können, das ist auch nicht unsere Aufgabe. Wichtiger als die Beantwortung dieser Frage ist vielmehr zu schauen, welche Bedeutung diese Verse für uns haben. Welchen Bezug haben diese Verse für unsere persönliche Situation heute? Um dies zu entdecken, möchte ich sie einladen, sich mit mir auf den Weg zu machen. Wir wollen diesen Weg anhand von 2 Etappen gehen:

1. Die erste Etappe: Der Knecht und sein Auftrag

In diesen Versen wird uns der Knecht beschrieben und vorgestellt. Gott unterstreicht, daß es sich um seinen ganz persönlichen Knecht handelt. Obwohl er keinen Titel, nicht einmal einen Namen hat, ist er Gottes Auserwählter. Gott legt seinen Geist auf ihn und unterstreicht damit nochmals, daß dieser Knecht in seiner Autorität und seiner Vollmacht kommen wird. Diese Verse werden mit der Taufe Jesu im Jordan in Zusammenhang gesehen und verstanden. Als Jesus sich im Jordan von Johannes taufen ließ, kam der Geist auf ihn herab und legte sich auf ihn, und Gott bekannte sich zu ihm. Im Neuen Testament wird immer wieder der Bezug zwischen diesem Knecht, wie er von Jesaja prophezeit wird, und Jesus Christus hergestellt und gesehen. Auch wenn es uns selbst so geht, wir in diesem Knecht Jesus erkennen, sollten wir nicht zu schnell über diese Verse hinweggehen weil wir denken, ach Jesus kennen wir doch. Es lohnt sich die Zeit zu nehmen, und diesen Knecht genauer zu betrachten.

Gottes Auserwählter kommt als Knecht, als jemand ohne Ansehen und besondere Stellung auf diese Welt - erinnern sie sich noch an Weihnachten? - Und dennoch lobt ihn Gott, wird er von Gott gepriesen, groß gemacht und geehrt. Und dieser Knecht wird mit einem besonderen Auftrag kommen. Er soll das Recht, Gottes Recht - unter die Heiden bringen. Nein, er soll nicht nur, er wird es tun sagt Gott. Und dieses wird hat einen ganz besonderen Klang. Da klingt es nicht nur nach Zukunftsmusik, da steckt die Erfüllung der Verheißung schon mit drin. Da ist gewiß, daß nichts mehr dazwischen kommt.

Er wird Gottes Recht zu uns bringen. Dieser namenlose Knecht wird es zu denen bringen, die darauf warten, zu den Nationen und den entfernten Völkern, zu ihnen und zu mir. Da steckt Gott seinen Heilshorizont sehr weit, weltumspannend, es geht ihm um alle Menschen, nicht nur um sein Volk Israel allein. Und Gott steckt nicht nur den Horizont weiter, sondern setzt auch andere Maßstäbe. Wir verstehen unter Recht das, was von moralischen oder staatlichen Gesetz verlangt wird. Hier geht es aber um etwas anderes. Das Recht wird von Gott festgesetzt und es geht weiter, begnügt sich nicht mit dem was wir unter Recht und Gerechtigkeit verstehen. Gott geht es mehr als nur um soziale Gerechtigkeit. Bitte verstehen sie mich nicht falsch. Ich sage nicht, daß es unnötig ist, sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen und daß sie nicht wichtig wäre.Natürlich geht es Gott auch darum, davon sprechen gerade die Propheten eine deutliche Sprache und hat auch Jesus deutlich zum Ausdruck gebracht. Aber das ist eben nur ein Teil von Gottes Vorstellung von Recht.

Gottes Recht und seine Gerechtigkeit hat in der prophetischen Verkündigung einen anderen Klang als in der Welt. Es geht um weit mehr als nur um die Beantwortung der Frage, wer denn Recht hat. Wo Gott Recht schafft, da entsteht Heil und Gerechtigkeit. Gott sieht den ganzen Menschen. Es geht ihm darum, daß die Beziehung zwischen Gott und uns Menschen wieder recht wird. Gottes Recht hat also das Gemeinschaftsverhältnis zwischen IHM und uns im Blick. Gottes geht es nicht darum, bestimmte Normen zu erfüllen, sondern daß wir uns in seine Gemeinschaft, seine Gnade rufen lassen.

Und um sein Recht aufzurichten, uns in seine Gemeinschaft zu rufen, sendet Gott seinen auserwählten Knecht. Machen wir nun unsere zweite Etappe und betrachten uns, wie dieser Knecht Gottes kommt und wie er Gottes Recht aufrichtet.

2. Die zweite Etappe: Der Knecht und sein Wirken

So untypisch dieser Knecht Gottes in seiner Person, in seinem Erscheinen ist, ebenso untypisch ist seine Arbeitsmethode. Wenn heute jemand etwas durchsetzen will, dann muß er die anderen übertönen, dann muß er die Ellenbogen einsetzen. Ganz anders unser Knecht: er wird nicht schreien, noch seine Stimme erheben. Er kommt nicht mit großem Getöse und einer perfekten Werbeshow. Er führt seinen Auftrag in der Stille aus, unscheinbar, ganz seinem Wesen entsprechend. Er schreit nicht auf der Straße herum und will die Massen begeistern. Er wirkt vielmehr im Stillen, im Verborgenen. Und darum muß man genau hinsehen und hinhören, um ihn wahrzunehmen. Gott hat es in seiner Geschichte mit uns Menschen noch nie mit dem großen Spektakel gehabt.

Ich weiß nicht was sie darüber denken, aber dieses Vorgehen Gottes ist mir manchmal rätselhaft. Kann man einfach schweigen, stumm sein, das Unrecht nicht beim Namen zu nennen? Müßte man es nicht vielmehr hinaus- und hineinschreien in diese Welt? Gott geht einen anderen Weg. Er will das Unrecht bei der Wurzel packen, da wo es entsteht, bei uns, bei ihnen und mir persönlich. Darum will er uns zu Recht bringen damit wir Recht üben und seine Gerechtigkeit leben.

Er will denen begegnen, die am Boden liegen, die mit ihren Kräften und Möglichkeiten am Ende sind. Er wendet sich denen zu, die zerbrochen sind, abgeknickt vom Leistungsdruck unserer Gesellschaft, von den Anforderungen des Berufslebens überfahren oder durch ein Lebensschicksal in die Enge getrieben. Er ist zu denen gesandt, die kaum noch einen Funken Hoffnung in sich tragen, für sich selbst oder die zerbrechende Ehe. Er wird das einst glühende Feuer des Glaubens, das heute vielleicht nur noch schwach glimmt, nicht auslöschen sondern neu anfachen.

Dieser Knecht nimmt Rücksicht auf das, was in dieser Welt oft als lebensunwert geachtet wird. Er achtet die immer noch für wert, mit denen niemand mehr etwas anfangen kann, die nach den Maßstäben dieser Welt abgeschoben und ausgemustert gehören. Hier wird gehofft, wo es längst nichts mehr zu hoffen gibt. In dem was der Knecht tut, oder besser gesagt, nicht tut, in seinem Verhalten, drückt sich letztlich Gottes Wesen und seine Einstellung zu dieser Welt und zu uns aus. Es ist Spiegelbild für Gottes Barmherzigkeit und Güte.

Was aber heißt das, wenn er das geknickte nicht noch ganz abknicken und das nur noch glimmende ganz und gar auslöschen wird? Wird er nur zuschauen wie es abgeknickt daliegt oder weiter vor sich hinglimmt? Ich denke mir, wir dürfen hier mit unseren Gedanken noch etwas weiter gehen. Dieser Knecht will uns nicht nur begegnen, ein paar tröstende Worte verlieren, nein, er will all denjenigen wieder Mut geben, die niedergeschlagen sind. Er richtet das Geknickte wieder auf. Er gibt uns Rückrat, um in dieser Welt unsere Frau und unseren Mann zu stehen und als Christen zu leben. Er will unseren Glauben immer wieder aufs neue anfachen und stärken, dann wenn wir uns auf ihn ein- und in unser Herz, in unser Leben hineinlassen.

Und obwohl die Methoden in unserer Welt andere sind, die Welt ihr Recht immer lauter einfordert und durchzusetzen versucht, gibt dieser Knecht nicht auf. Er resigniert nicht oder wechselt die Methoden. Er bleibt seinem Auftrag treu, bleibt solange dran, bis Gottes Recht aufgerichtet ist. Er ist derjenige, dessen Eifer nicht erlöschen und der durch nichts gebrochen wird. Er bleibt so lange am Wirken, bis Gott mit dieser Welt und uns zu seinem Ziel gekommen ist, bis sein Recht durchgesetzt und sein Reich aufgerichtet ist.

Schluß

Jesaja sprach diese Worte zum Volk Israel in einer Zeit, da es sich in babylonischer Gefangenschaft befand und keiner rosigen Zukunft entgegensah. Und ich denke mir, als es diese Botschaft hörte, wurden viele Hoffnungen und Erwartungen neu geweckt. Gott kommt wieder zu seinem Volk und will es erneut aus der Knechtschaft herausführen. Sie erwarten diesen Knecht, von dem Jesaja gesprochen hat und erwarten Gottes Handeln.

Das neue Testament gibt Zeugnis davon, daß in Jesus dieser Knecht Gottes gesehen wurde. Durch die Botschaft vom Evangelium wissen wir heute, daß Gottes Knecht in diese Welt gekommen ist. Jesus ist in diese Welt gekommen und hat uns Gottes Gerechtigkeit gebracht. Und er ist auch gekommen, um diejenigen zu erquicken, die mühselig und beladen sind. Die Frage heute morgen ist nun, was hat das mit uns, mit mir persönlich zu tun? Werden Erwartungen in mir wach, wenn wir diese Botschaft hören? Erwarten wir, daß Jesus in unser Leben tritt, bei uns ganz persönlich oder haben wir sie schon aufgegeben?

Ich möchte es ihnen sehr persönlich zusagen: dieser Knecht möchte auch ihnen begegnen, möchte sie aufrichten, wenn sie niedergeschlagen sind. Er möchte ihnen neue Hoffnung und Glauben geben, wenn sie in ihrem Leben nur noch zaghaft am glimmen sind. Er will sie hineinnehmen in die Gemeinschaft mit Gott.

Und so lade ich sie ein, am Beginn eines neuen Jahres, mit Gottes Handeln in ihrem Leben zu rechnen indem sie sich auf seine Zusagen einlassen. Lassen sie sich in seine Gemeinschaft rufen, vielleicht zum ersten mal oder aufs neue wieder ganze Sache mit Jesus zu machen.

Amen.

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Altenheimstraße 23
89522 Heidenheim/Brenz
07321/910915
eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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