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Predigt über Jes 55,1-5

am 17.06.2007
2. Sonntag n. Trinitatis

Ort:
Herbrechtingen
Evang. Stadtmision


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Bereits vor Jahren, als dieses Thema bei vielen, auch nicht bei Verantwortlichen, überhaupt noch nicht auf der Tagesordnung stand, berichtete die Wochenzeitung "Die Zeit" darüber, welche Auswirkungen motivierte und zufriedene Mitarbeiter für ein Unternehmen haben. Ohne dass zusätzliche Kosten entstehen, können Produktivitätssteigerungen von 10 Prozent erreicht werden. Heute wird, und das nicht nur in Unternehmen, wieder intensiv darüber nachgedacht, was dazu beiträgt und getan werden muss, damit Mitarbeiter motiviert und zufrieden sind. Im Blick auf die aktuelle Diskussion finde ich interessant, dass dabei auch der Aspekt der Vereinbarkeit von Familie und Beruf plötzlich, man kann durchaus sagen, eine wichtige Rolle zukommt.

Bereits in der Mitte fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts hat sich ein Arbeitswissenschaftler und Psychologe namens Frederick Herzberg mit diesem Thema beschäftigt. Seine Ergebnisse waren bahnbrechend und sind noch heute, nahezu 60 Jahre später, immer noch aktuell und in Fragen der Mitarbeiterführung nicht mehr wegzudenken. Herzberg hat herausgefunden dass es zwei Faktoren gibt, die über Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit entscheiden, die sogenannten Hygiene- bzw. Motivationsfaktoren. Erstere könnte man die harten, relativ klar messbaren Faktoren (Entlohnung, Prämien, etc) nennen, die aber nie zur Zufriedenheit führen. Sie bestimmen lediglich darüber, ob jemand unzufrieden oder nicht unzufrieden ist. Zufriedenheit kann mit diesen aber nicht erreicht werden. Zweitere könnte man auch als weiche Faktoren bezeichnen (Lob, Anerkennung, Verantwortung), und diese bestimmen über das Maß der Zufriedenheit. Hätten sie das gedacht?

Frederick Herzberg und seine Studien fielen mir ein, als ich den heutigen Predigttext gelesen und darüber nachgedacht habe. Die Frage unserer Zufriedenheit spielt ja nicht nur in der Arbeitswelt, allgemein und in unserer persönlichen eine Rolle, sondern stellt sich grundsätzlich in unserem Leben und bricht auch an der einen oder anderen Stelle immer wieder auf. Und manche Krisen in unserem Leben, besonders die berühmt berüchtigten "midlife crises", haben darin ihren Ursprung.

Dass dieses Thema nicht neu ist zeigen die Verse unseres Predigttextes. Darin begegnen wir Aussagen, die vor nahezu 2700 Jahren gemacht wurden und die auch heute noch nicht nur brandaktuell, sondern von grundlegender Bedeutung sind:

- Text lesen: Jes 55, 1-5-

Das Volk Israel befand sich in einer mehr als misslichen Lage. Von den Babyloniern besiegt, unterjocht und in ein fremdes Land deportiert, sahen sie sich ihrer Lebensgrundlage beraubt. Dazu gehörte in erster Linie auch, dass sie vom Tempel und damit von Gott getrennt waren. Die brennende Frage war: Wie soll es weitergehen? Haben sie sich diese Frage auch schon einmal gestellt? Für sich persönlich oder in der Gemeinde. Wie soll es weitergehen, damit in dieser Situation, in meinem Leben wieder Ruhe, wieder Zufriedenheit einkehrt? Die Weggeführten waren jedenfalls weit davon entfernt mit sich und ihrer Situation, ihren Lebensumständen, zufrieden zu sein. Ihr Leben war grundsätzlich aus dem Gleichgewicht geraten.

So versuchten sie das nächstliegende und begannen, für die Dinge des täglichen Lebens Sorge zu tragen in der Hoffnung, wenn das geregelt ist, dass sich auch das andere einstellen würde. In dieser Situation tritt nun der Prophet auf, von Gott gesandt und beauftragt wendet er sich ihnen zu. Und in der Art und Weise wie er das tut, erinnert er mich, und gewiss auch seine Zuhörer damals, an einen Marktschreier, wie wir sie auch heute noch auf orientalischen Märkten erleben können.

So ein Marktschreier versucht ja sich im Getümmel der Angebote und Konkurrenten Gehör zu verschaffen, das Interesse auf sich zu lenken, seine Kunden auf sein Angebot aufmerksam zu machen. So will sich auch Gott durch Jesaja Gehör verschaffen und weist auf sein schier unglaubliches Angebot hin:

  • Gott gibt was wir brauchen
  • Gott gibt es umsonst
  • Gott gibt es allen
  • 1. Gott gibt, was wir brauchen.

    Die Frage ist: Was brauchen wir? Was brauchen wir zu einem erfüllten und zufriedenen Leben? Vertraut man der Werbung, dann sind dies nahezu unzählige Dinge, große, kleine, teure und weniger teure. Es gibt Augenblicke, da beneide ich diejenigen Menschen, die gezwungen sind in einfachen Verhältnissen mit wenig auszukommen. Da scheint mir manches, zumindest was die Bedürfnisse betrifft, klarer zu sein.

    Gewiss leben auch in unserem Land viele Menschen die sich vieles nicht leisten können, aber der überwiegende Teil hat diese Einschränkungen nicht. Obwohl uns weit mehr zur Verfügung steht als wir zum täglichen Leben brauchen ist nicht festzustellen, dass sich im gleichen Zug Zufriedenheit einstellt, im Gegenteil. Die Autos werden von mal zu mal größer, die Urlaubsreisen länger und gehen in entferntere Länder und beim Mobiltelefon muss es immer das neueste Modell sein. Ganz zu schweigen von den Zwängen an der "Kleiderfront". Aber stellt sich ein höheres Maß ein Zufriedenheit ein? Dabei geht es mir nicht darum, ob ich mit der einen oder anderen Situation oder einem Ergebnis meiner Arbeit zufrieden bin. Mit "zufrieden sein" meine ich diese grundlegende Zufriedenheit, die Zufriedenheit die mein Leben prägt.

    Wenn ich die Menschen unserer Tage betrachte, dann kommen sie mir oft vor wie bei jemanden, der in der Wüste den letzten Schluck Wasser getrunken hat. Bei dem geht es dann nicht mehr ums trinken, darum das ein Bedürfnis befriedigt wird. Bei so jemandem steckt hinter dem Verlangen nach Wasser gleichzeitig auch die Sehnsucht nach Leben. Diese Sehnsucht verbindet den Wanderer in der Wüste mit den Menschen unserer Tage, auch mit uns: die Sehnsucht nach Leben, erfülltem Leben. Wir sind unterwegs um unseren Hunger und Durst des Lebens zu stillen.

    Denen, die um dieses Bedürfnis wissen, ruft der Prophet zu: "Auf, ihr Durstigen alle, kommt zum Wasser!" Damit meint er: Kommt zu dem, der diesen Hunger und Durst wirklich stillen kann. Sucht nicht an Plätzen und verschwendet nicht euer Geld, Zeit und Leben für Dinge, die euch diesen Durst nicht stillen können. Der Prophet spricht hier zu seinem Volk, das sich von Gott verlassen fühlt, dem jegliche Grundlage entzogen ist. Er ruft sie zurück zu ihrem Gott, zu dem, bei dem wahres Leben zu finden ist.

    Wenn der Prophet hier von Seele spricht, so spricht er damit die grundlegende Bedürftigkeit des Menschen an, die nicht allein mit Nahrungsmitteln (harte Faktoren) gestillt werden kann. In diesem Bereich geht es um die grundlegende Zufriedenheit in unserem Leben. Dass dies so ist, darauf macht Jesus in seiner Versuchung in der Wüste aufmerksam wenn er, gerade in der Wüste (!), sagt: "Nicht allein vom Brot lebt der Mensch, sondern" - vom Wasser - nein " von jedem Wort, das durch den Mund Gottes ausgeht." (Mt 4, 4). Der Hunger und Durst der Seele lässt sich nicht mit adidas, Puma, Armani und Jil Sanders stillen. Hier kann allein der, der uns geschaffen hat und weiß was wir im tiefsten brauchen, Zufriedenheit schaffen. Bemerkenswert, dass Jesus darauf vor annähernd zweitausend Jahren schon hingewiesen hat: "Deshalb sage ich euch: Seid nicht besorgt für euer Leben, was ihr essen und was ihr trinken sollt, noch für euren Leib, was ihr anziehen sollt! Ist nicht das Leben mehr als die Speise und der Leib mehr als die Kleidung?" (Mt 6, 25).

    Was der Prophet damals in dieser Deutlichkeit noch nicht sagen konnte, ist uns durch Jesus zugesagt: "Ich bin gekommen dass sie das Leben haben und es im Überfluss haben." (Joh 10,10). Wenn Jesus vom Leben spricht, dann hat er in vielem das ewige, zukünftige Leben in der Gegenwart des Vaters im Blick. Aber dieses zukünftige Leben findet schon jetzt seinen Anfang.

    Zu IHM, zum Sohn Gottes, zu Jesus sollen wir kommen und er wird uns satt machen. Ich erlebe dieses kommen, empfangen und gesättigt werden dann, wenn ich mich ihm ungeteilt zuwende. Im Gottesdienst, den Sakramenten, im lesen und hören auf sein Wort. Gott kommt zu mir, kommt hinein in mein Leben - im Wort, in Gestalt von Brot und Wein - und stillt diesen Hunger, schafft diese tiefe Zufriedenheit weil ich erlebe, ich bin da angekommen, wo ich ursprünglich hingehöre: bei Gott.

    2. Gott gibt umsonst.

    Im Gegensatz zu den Dingen, die mir als sinnstiftend und glücklich machend angepriesen und immer teurer werden, je mehr Glück sie versprechen, bekomme ich dieses Leben von Gott umsonst. Einer der letzten Verse der Bibel endet so: "Und der Geist und die Braut sagen: Komm! Und wer es hört, spreche: Komm! Und wen dürstet, der komme! Wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst! (Offb 22,17). Da ist es wieder, dieses umsonst, dieses einfach kommen und nehmen. Wo sonst finden wir das? Müssen wir nicht für alles bezahlen? Ein Sponti Spruch geht so: "Es ist nichts umsonst. Nur der Tod. Und der kostet das Leben!" Damit will man eben diesen Umstand ausdrücken, dass wir nichts geschenkt bekommen. In unseren Tagen wir auf- und wird abgerechnet, nicht nur in Euro und Cent. Wer anders denkt und handelt, dem ist keine Zukunft beschieden. Es passt nicht in das Bild unserer Tage, dass man etwas von Wert geschenkt bekommt, da muss etwas faul dran sein.

    Und manchmal entdecke ich so etwas wie eine "fromme Bezahlung". Oder kennen sie den Gedanken nicht, dass ich meine, mit meiner Frömmigkeit Gott etwas abverlangen zu können? Haben sie, wenn sie in einer Krise waren, noch nie den Ratschlag erhalten oder gehört, mehr zu glauben oder zu beten und dann würde sich Gott schon erkenntlich zeigen? Gewiss sind diese Beispiele etwas karikiert, aber in ihrem Kern beschreiben sie einen Umstand, der vielfach anzutreffen ist. Wir meinen mit unserem Tun oder Leben, mit unserer Frömmigkeit Gott etwas "abringen" zu können. "Wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt." hält Petrus Jesus vor, "Was wird uns daraus werden?" Oder denken wir an das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg. In seinen Antworten macht Jesus deutlich, dass so mit Gott nicht zu rechnen ist.

    Darf ich sie fragen: Was denken sie, können sie Gott anbieten, damit er uns etwas gibt, damit wir von ihm etwas erwerben können? Gott will das auch gar nicht, Gott geht einen anderen Weg. In seinem Sohn Jesus hat Gott uns alles gegeben, liegt die ganze Fülle von Zeit und Ewigkeit für jeden bereit - umsonst!

    Gott lädt alle ein zu kommen und zu nehmen, keiner braucht außen vor zu bleiben, müsste schauen dass er Gott genügend anbieten kann. Für mich wird die Einladung aus dem Mund des Propheten auch im neuen Testament immer wieder aufgegriffen, vor allem dann, wenn Jesus im Gleichnis davon spricht, dass diejenigen zum Hochzeitsfest kommen sollen, die an den Hecken und Zäunen stehen. Bei Jesus ist keiner mehr ausgrenzt und muss sich niemand mehr im Halbschatten aufhalten und sich verstecken.

    Und noch etwas klingt in dem Prophetenwort an: Gott gibt nicht nur das Notwendige, sondern Wein und Milch, das heißt bei ihm ist die Fülle. Diese Fülle will Gott uns geben, jedem von uns die wir heute morgen zusammengekommen sind. ER will es uns geben, umsonst weil er alles für uns, für sie und mich gegeben hat. Allerdings frage ich mich manchmal, ob uns das wirklich genügt?

    Das was unbezahlbar ist bekomme ich geschenkt, weil Gott bereits alles für mich bezahlt hat, weil ER alles dafür gegeben hat. Wie bereits gesagt passt dies nicht in die Vorstellungswelt und zu den Praktiken unserer Tage. Wenn uns das Mühe macht, sich von Gott etwas schenken zu lassen, so zeigt sich darin der Umstand, wie stark wir von dieser Denke geprägt sind. Hier gilt es dann zu bekennen und zu bitten: "Ich glaube. Hilf meinem Unglauben." Gott will und wird das Unmögliche wahr machen, will und wird in unser Leben eingreifen wo wir uns ihm anvertrauen.

    Das war auch die Herausforderung der Weggeführten in der babylonischen Gefangenschaft. Auch sie hatten Zweifel, fragten sich ob Gott noch kann und ob er überhaupt noch will. Waren die äußeren Umstände, die harten Fakten des Lebens nicht Tatsache genug, dass ER sie aufgegeben hatte, nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollte? Hatten sie es nicht so verdient, sie, die ihrem Gott immer wieder untreu geworden und ihm davongelaufen waren? Sollte Gott wirklich noch Interesse an ihnen haben?

    Die Antwort auf diese Fragen, diese Zweifel: Ja, ER will! Gott hat Interesse an uns, an ihnen und mir. Gott will hineinkommen in unser Leben, auch unser frommes und manchmal selbstgerechtes Leben und uns das geben, was zu einem wirklich erfüllten Leben nötig ist. Und das will er umsonst geben. Ein Drittes und Letztes:

    3. Gott gibt allen

    In seinem Wort an das weggeführte Volk klingt eine große Schau an. Gott verheißt einen ewigen Bund, einen Bund, der nicht mehr gebrochen und aufgehoben wird. Hinter diesem "ich will" steht der ganze Heilswille Gottes. Der Wille des Gottes, der das Heil, die Rettung aller Menschen will, da soll, wenn es nach IHM geht, keiner mehr verloren gehen. In seinem Handeln am Volk Israel wird Gottes Treue und Liebe zeichenhaft deutlich, wird für die "Heiden" Gottes Wesen erkennbar. Gott gibt sein Volk nicht auf, auch wenn es manchmal recht verschlungene Wege gehen muss, und Gott gibt keinen Menschen auf.

    Immer wieder spricht er seine Einladung aus, erniedrigt sich um dieses Volk wieder zu sich zu ziehen. Gott hört sich Spott und Hohn an, lässt sich beschimpfen, aber ER lässt sein Volk nicht. So auch jetzt, als er wieder einmal und auf's neue durch den Propheten spricht. In seiner Erniedrigung geht er sogar so weit, dass er selbst Mensch wird. Durch Jesus kommt er hinein in die menschlichen Niederungen, nimmt sich von nichts aus - außer von der Sünde. In Jesus macht er deutlich, wie er sich das vorgestellt hat, seine Beziehung zum Menschen.

    Durch die Rede des Propheten macht Gott seinem Volk all dies deutlich, legt dar, dass er es nicht aufgeben wird. Und das spannende dabei ist, ER geht sogar noch einen für uns entscheidenden Schritt weiter: nicht mehr nur das Volk Israel wird eingeladen, nein eine ganze Nation wird kommen. Das heißt jeder ist eingeladen von dem zu nehmen, was Gott geben will. Jeder erhält die Chance zu einem Leben in seiner ursprünglichen Bestimmung in der Gemeinschaft mit Gott. Das Heil wird nicht mehr nur allein auf das Volk Israel begrenzt sein. Alle sind eingeladen zu sehen und zu schmecken wie freundlich der Herr ist.

    Und diesen letzten Vers kann man auch noch so verstehen, dass jeder, der dieses Angebot annimmt, sich auf Gott einlässt, sich von IHM beschenken lässt, selbst zum Zeugen wird. Zu jemandem, an dem Gottes Handschrift erkennbar wird weil er, weil wir, sie und ich, herrlich gemacht sind.

    Schluss

    Sind sie zufrieden, grundlegend zufrieden? Sie dürfen sich diese Frage ganz getrost stellen, denn sie ist wichtig. Und wichtig dabei ist auch, wenn wir uns diese Frage auch in dem Sinne beantworten können, dass wir wissen was und vor allem wer uns zufrieden macht.

    So gilt dieses Wort des Propheten Jesaja auch uns, ganz besonders an Tagen an denen es uns ähnlich geht wie den Menschen damals an den Ufern Babylons. In Stunden, in denen wir diese Frage nicht mit "ja" beantworten können gilt uns diese Zusage aus dem Mund des Propheten, dürfen wir ganz getrost und zuversichtlich auf das Angebot zurückgreifen, das uns gegeben ist:

    Gott gibt was ich brauche damit der Hunger und Durst meiner Seele gestillt wird,

    Gott gibt es umsonst und

    Gott gibt es allen.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Altenheimstraße 23
    89522 Heidenheim/Brenz
    07321/910915
    eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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