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Predigt über 1. Johannes 1, 5 - 2,6

am 17.6.2018
3. Sonntag n. Trinitatis

Ort:
Seefelden


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Viele von ihnen kennen vermutlich whatsapp. Im Herbst letzten Jahres hat whatsapp (seit Oktober 2017) auf Wunsch vieler Nutzer eine neue Funktion eingeführt: die Rückholfunktion. Ist doch praktisch: Man schreibt etwas und kurz nachdem man es verschickt hat fällt mir ein, dass es doch nicht so gut war und schwuppdiwupp kann ich es wieder zurückholen, quasi ungeschehen bzw. ungeschrieben machen. Wünschen wir dies nicht auch uns, für manch gesagtes Wort, für manch vollbrachte oder nichtvollbrachte Tat?

Denn manchmal stehe ich da und möchte die Zeit zurückdrehen: Mein verletzendes Wort, meine falsche Entscheidung, meine Unachtsamkeit. "Wenn man es doch ungeschehen machen könnte!" Es ist schmerzlich, wenn das nicht gelingt. Aber in unserem Leben gibt es diese Rückholfunktion nicht – weder für das gesprochene Wort noch für unsere Handlungen.

Was bei Menschen oft nicht mehr geht, bei Gott ist es möglich - das ist die Botschaft dieses 3. Sonntags nach Trinitatis. Gott will nicht, dass Menschen verloren gehen. Er lässt sie ihre Wege suchen und ihre Fehler machen: Im Bild das Schaf, das auf Abwege gerät, den Zöllner Zachäus, der den Menschen das Geld aus der Tasche zieht, und den Sohn, der es zu Hause nicht mehr aushält. Doch wie der gute Vater lässt Gott sie nicht fallen: Er wartet, geht entgegen, feiert ein Fest für den wieder gefundenen Sohn. Eindringlich klingt die Mahnung des Propheten: "Wagt umzukehren! Ihr könnt zurück, wenn ihr nur wollt."

Im biblischen Zeugnis finden wir viele Aussagen die uns daran erinnern, was Gott uns nicht fallen lässt. Dass er an uns festhält und was er getan hat, damit unser Leben gelingt. So auch in unserem heutigen Predigttext:

- Text lesen: 1Joh 1, 5 – 2,6 –

So zu wandeln wie Christus gewandelt ist! – Mit dieser Steilvorlage endet der Predigttext. Können wir das überhaupt? So zu wandeln, so zu leben wie Jesus gelebt hat? Lieber Johannes, überforderst Du uns da nicht ein bisschen? Nein, würde Johannes uns antworten, weil ich dabei an etwas anderes denke als ihr.

Johannes hat seinen Brief an die Christen in der damaligen römischen Provinz Asien geschrieben. Vermutlich waren es dieselben Empfänger an welche auch die Offenbarung gerichtet war. Diese Christen waren mit Lehren konfrontiert, welche die Menschwerdung Jesu verleugneten. Sie behaupteten, dass es keinen göttlichen Retter gibt, der für unsere Sünden gestorben ist. Also nichts mit Hebr 4, 15-16 („… sondern der in allem in gleicher Weise versucht worden ist, ohne Sünde“). So wurden diese Christen von einer Unsicherheit und mangelnder Heilsgewissheit geplagt. Sie waren sich ihrer und der Sache Gottes nicht sicher. Kennen sie das auch?

Solche Lehren, Meinungen die in uns den Zweifel säen und nähren, sind ein Angriff auf unserer Identität1. Unsere Identität beruht auf der Tatsache, dass Gott uns geschaffen hat und dass wir durch Jesus Kinder Gottes geworden sind (Joh 1,12; Rö 8, 15f).

Johannes versucht in seinem Brief den Christen damals ihrer Identität gewiss zu machen. Aber auch uns, die wieder uns hin und wieder unserer Identität beraubt sehen, gelten diese Verse. Drei Feststellungen erkenne ich:

  • Was feststeht.
  • Was guttut ist.
  • Was dran ist.
  • 1. Was feststeht2: Gott ist Licht.

    Gott ist Licht. Und in diesem Licht ist keinerlei Finsternis. Wo Gott ist, da ist Licht, da bleibt nichts im Dunkeln. Das Thema Licht durchdringt die ganze Bibel und im neuen Testament ist es vor allem Johannes der dieses Bild immer wieder aufgreift und uns aufzeichnet.

    Gott möchte hineinscheinen in unser Leben, möchte unser Leben hell machen und unsere Wege erleuchten. Dass Gott Licht ist, ist für mich ein Bild für all das Gute, mit dem uns Gott begegnen und unser Leben erfüllen möchte. In seinem Licht erkennen wir wer wir sind, wer und wie ich bin. Aber in diesem Licht erkenne ich auch wie Gott mich sieht und den Weg, den Gott für uns und mich bereit hält um zu ihm zu kommen.

    Wenn uns Gott mit seinem Licht erreicht, dann fragen wir uns, was hat dieser Gott mit unserem, mit ihrem und meinem Leben zu tun? Und mit dieser Frage und der Suche nach einer Antwort hole ich diesen Gott hinein in meinen Lebenshorizont, hinein in meine Lebensvollzüge.

    Und dann wird es spannend. Denn Gott interessiert sich für unser Leben, interessiert sich dafür was sie und mich beschäftigt, was uns in unserem Alltag umtreibt. Gott möchte mit uns durch das Leben gehen, Gott nimmt Anteil an unserem Erleben. Gott meldet sich zu Wort – dem Wort der Liebe und des Lebens. Denn das steht bedingungslos am Anfang einer jeder Gottesbeziehung und wir können es nicht oft genug hören und es uns immer wieder sagen oder sagen lassen: „Gott hat seine Liebe zu uns, also zu ihnen, zu dir und mir, dadurch bewiesen, dass Christus für uns starb als wir noch Sünder waren.“ (Rö 5,8 NeÜ) oder noch deutlicher in Vers 6: „Als wir gottlos waren.“ Gottlos – weg von Gott, ohne Gott – da schon galt uns seine Liebe! Diese Botschaft der unbändigen Liebe Gottes3 ist Licht für und in unserem Leben.

    Und jetzt? Nichts und jetzt! Damit ist alles getan und gesagt. Keine weiteren Bedingungen, ich brauche nur noch zu kommen, Gott wartet auf mich. Er wartet wie jener Vater auf den heimkehrenden Sohn der ihm Jahre zuvor den Rücken gekehrt und mit seinem Erbe davongezogen war und es verprasst hatte. Und wie jener Vater stellt er keine Fragen, macht erst Recht keine Vorhaltungen und erstellt keinen Veränderungskatalog. Er freut sich einfach, freut sich, dass ein Mensch zu IHM kommt, sich auf seine Einladung einlässt und bei IHM ist.

    Das, sagt Johannes, steht fest: Gott ist Licht und in diesem Licht erkenne ich seine Gnade.

    2. Was guttut: Im Licht stehen – Gemeinschaft mit Gott.

    „Gott ist Licht; in ihm gibt es keine Spur von Finsternis. (6) Wenn wir behaupten, mit Gott Gemeinschaft zu haben und trotzdem in der Finsternis leben, dann lügen wir: Unser Tun steht im Widerspruch zur Wahrheit.“ Also doch: Keine Fehler machen, perfekt leben. Ich gebe zu, nach dem ersten mal lesen und auf den ersten Blick sind auch mir solche Gedanken gekommen. Aber dann habe ich bemerkt, dass es darum ja überhaupt nicht geht.

    Indem Gott Licht ist, begegnet er mir als der ganz andere. In der Begegnung mit ihm erkenne ich mich und meine Schatten und das Dunkle in meinem Leben. Wenn ich im Licht stehe, dann kann nichts mehr im Dunkeln bleiben, dann ist alles Licht. Dieses Licht erhellt alles. Dunkel bleibt es nur, wenn sich dem Licht etwas in den Weg stellt, dann wirft das Licht einen Schatten und der Schatten zeigt mir, da steht etwas im Weg. Das ist eine wichtige Erkenntnis. Denn „Wenn wir sagen ohne Schuld zu sein betrügen wir uns selbst und verschließen uns der Wahrheit.“ Wenn wir meinen, ein sündloses Leben führen zu müssen machen wir Jesus Tod am Kreuz überflüssig. Denn genau deswegen, weil wir nicht sündlos sind und auch nicht sein können ist Jesus für uns am Kreuz gestorben – ich formuliere es jetzt mal ganz drastisch: Jesus ist für uns am Kreuz krepiert! Damit sage ich nicht, dass wir uns nicht an Gottes Geboten orientieren sollen. Ganz im Gegenteil. Aber wir sollten uns von der unterschwelligen Vorstellung lösen, uns selbst vor Gott gerechter und wohlgefälliger machen zu können, und sei es auch nur ein ganz klein wenig. Hören wir auf, mit unseren „Sündenanrechnungsgeschäften“4 mit Gott.

    Daran hat Gott keinerlei Interesse. ER hat alles getan, wir können uns nicht Gott gerechter oder wohlgefälliger machen als wir es bereits sind, als wir von IHM gemacht wurden. Es ist vollbracht – Punkt – Um was es jetzt nur noch geht ist in dem zu leben, was Gott für uns bereithält. Und davon erkenne und entdecke ich für mich jeden Tag ein Stück mehr. Immer dann, wenn ich mich ins Licht begebe, dem nicht ausweiche was und wer Gott ist und was Jesus getan hat. Wenn mich das Licht Gottes erreicht so ist das wie mit jenem Hausherrn (Mt 20, 1-16) der den Tag über immer wieder auf den Marktplatz geht und nach Leuten Ausschau hält, die für ihn arbeiten könnten. Er kommt immer wieder und unterbricht sie in ihrem Leben. Wenn mich Gottes Licht erreicht, dann klopft mir seine Gnade auf die Schulter und sagt mir: He, Karl-Heinz, hier bin ich, du bist mein geliebtes Kind das ich je und je geliebt und aus lauter Gnade zu mir gezogen habe. Ich liebe dich nicht wie du sein solltest, sondern genauso wie du bist5.

    3. Was dran ist: Im Licht wandeln – Gemeinschaft mit Christen.

    Johannes schreibt, dass wenn wir im Licht wandeln, dann haben wir Gemeinschaft untereinander und das Blut Jesu, seines Sohnes, reinigt uns von jeder Sünde (1,7). Wann wandeln wir im Licht? Nicht dann, wenn wir nicht mehr sündigen oder keine Schuld mehr auf uns laden. Nicht dann, wenn unser Leben fehlerlos ist. Und auch nicht dann, wenn wir nicht mehr stolpern und scheitern. Wir wandeln dann im Licht, wenn wir uns in dieses Licht stellen, dann wenn ich für mich ganz persönlich in Anspruch nehme und anerkenne, dass Jesus für mich gestorben und auferstanden ist. Dann wird es Licht in meinem Leben. Und das hat automatisch Auswirkungen auf mein Denken, Reden und Handeln. Und sei es nur in der Erkenntnis, dass das was ich sage und tue oder nicht tue nicht im Einklang mit Gottes Willen steht.

    Wir sind neu geworden, aber neu heißt nicht perfekt!6 Darum heißt im Licht Gottes zu leben nicht, keine Fehler mehr zu machen oder gar sündlos zu leben. Johannes stellt in seinem Brief klar, im Licht Gottes zu leben heißt: Ich stelle mich immer wieder der lebensverändernden Wirklichkeit Gottes.

    In unserem Bemühen Gottes Gebote zu halten, sie in unseren Lebensvollzügen umzusetzen mache ich immer wieder die Erfahrung, dass mir das nur bedingt gelingt. Dieses Scheitern zeigt mir, dass ich Gottes Vergebung brauche. Wir sind eben nicht sündlos (vgl. V. Kap 1 V 8). Der Ausweg aus unserer Sünde ist nicht ein perfektes Leben, sondern Gottes Vergebung die uns durch Jesus Christus bedingungs- und vorbehaltlos geschenkt ist. Ich muss sie nur für mich annehmen.

    Für ein solches Leben im Licht Gottes brauche ich den Bruder, die Schwester die mir immer wieder den Weg zu diesem Christus zeigen. Die mir immer wieder die Vergebung zusprechen, die mir sagen, Christus ist für mich gestorben und die mir durch ihre eigenes Leben zum Vorbild werden und mich dadurch einladen, meinen eigenen Weg mit Gott zu gehen. Dietrich Bonhoeffer hat es einmal so formuliert: „Der Christus im Bruder ist stärker als der Christus in mir.“7

    Schluss

    Was nehme ich mit aus den Versen dieses Johannesbriefes? Wenn mich mal wieder die Ungewissheit plagt, mich eine sich rasend schnell verändernde Welt schwindlig macht mich daran zu erinnern, was fest steht: Gott ist Licht. Was mir in einer Welt die uns mit vielen Versprechungen lockt, gut tut: in Gottes Licht leben. Und was in einer Welt die uns oft lähmt und uns mit ihrem Dunkel umgibt, dran ist: in Gottes Licht wandeln.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

    1 vgl. 1Mos 3,1b: „Ja, sollte Gott gesagt haben?“
    2 Diesen Teil der Überschriften habe ich gefunden bei: LÄCHLE Albrecht; in: Zuversicht und Stärke. Juni - Juli 2018. 4. Reihe - Heft 4. Seite 30ff
    3 MANNING, Brennan; die unbändige Liebe Gottes. Gerth Medien GmbH, Aslar; 20132;
    4 Diesen Ausdruck habe ich gefunden bei: BOLZ-WEBER, Nadia; Ich finde Gott in den Dingen die mich wütend machen. Brendow Verlag Moers; 20163; S. 123
    5 MANNING, Brennan; die unbändige Liebe Gottes. Gerth Medien GmbH, Aslar; 20132; S. 64
    6 BOLZ-WEBER, Nadia; a.a.O. S. 218
    7 BONHOEFFER, Dietrich; Gemeinsames Leben, Berlin 1962; S 11; oder: Chr. Kaiser Verlag München; 198520; S. 14

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