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Predigten

Predigt über 1. Koritnher 12,13-27

am 28.05.2000
Sonntag Rogate

Ort: Saufen/Münstertal


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder

Einleitung

Was macht einen guten Eintopf aus - hier sind jetzt nicht nur die Hausfrauen und Hausmänner gefragt? Ich denke, ein guter Eintopf lebt von der Vielfalt seiner Zutaten und Gewürzen. Wenn wir uns einen Eintopf bestellen, dann müssen wir die Bereitschaft mitbringen, uns auf seine Vielfalt einzulassen, so wie sie vom Koch zusammengestellt wurde. Manchmal denke ich, die Vielfalt in einem guten Eintopf ist vergleichbar mit dem Leben einer Gemeinde. Wenn wir uns über Gemeinde Gedanken machen, darum, wie das miteinander geregelt ist und wir mit der Vielfalt die uns dabei begegnet umgehen, dann finden wir im Neuen Testament eine Reihe von hilfreichen und wichtigen Aussagen. Eine davon ist uns im heutigen Predigttextes gegeben. Gerade in einem Familiengottesdienst kommt, wie ich finde, in sehr anschaulicher Weise zum Ausdruck und erlebbar, was Gemeinde, neben vielem anderen auch ist und kennzeichnet: Vielfalt und Verschiedenartigkeit! Da kommen jung und alt, groß und klein, Freude und Trauer, und vieles mehr zusammen. Wie sich Paulus vorstellt, daß dieses bunte miteinander funktioniert, erfahren wir aus den folgenden Versen des 1. Korintherbriefes.

- Text lesen: 1. Korinther 12, 13-27 -

In diesen Versen gelingt es Paulus in einem sehr anschaulichen Bild das zum Ausdruck zu bringen, was ihn im Blick auf die korinthische Gemeinde, auf bestimmte Ereignisse und Stimmungen dort, beschäftigt hat. Diese Aussagen waren zunächst speziell für die Gemeinde in Korinth und deren Situation geschrieben. Wenn wir die Hintergründe betrachten, die Paulus bewogen haben, diese Verse zu schreiben, entdecken wir möglicherweise auch Bezüge zu unserer Situation heute, und können dieses Bild auch auf uns anwenden. Was waren die Hintergründe die Paulus dazu bewogen haben, diese Verse zu schreiben? Ich sage an dieser Stelle für die meisten sicherlich nichts neues, daß es in der korinthischen Gemeinde Unstimmigkeiten gab. Die gingen teilweise so weit, daß regelrecht die Fetzen flogen. Woher kamen diese Streitigkeiten und dieser Neid? Den ersten Fall von Neid finden wir auf den ersten Seiten der Bibel, als Kain seinem Bruder das Opfer neidete (1.Mos 4,5). In Korinth ging es darum, daß man sich gegenseitig die Gaben neidete. Aber es ging auch in der umgekehrten Richtung, daß sich manche über andere erhoben und sagten, sie seien etwas besseres, geistbegabter als andere, weil sie ganz bestimmte Gaben hatten. Beiden gemeinsam, Kain und Abel und der Situation in Korinth ist, daß Gottes Handeln nicht akzeptiert wurde. Gottes "Ratschluß" wurde nicht angenommen. Es machte den Menschen damals und macht uns heute Mühe, Gott Gott sein zu lassen. Aber auch noch etwas anderes steckt hinter dem Zank, dem Hochmut und den Neidereien: ein Wertesystem das wir übernommen und für unsere Bedürfnisse und Situation zurechtgelegt haben. So erwuchsen in Korinth, und erwachsen heute viele Probleme aus dem Umstand, daß bestimmte Gaben höher bewertet werden als andere. Damit werden Christen in Klassen eingeteilt und bewertet und zwangsläufig hielten sich einige für etwas besseres und geistlich höherstehend als andere. Und so kam was kommen mußte, die Einheit in der Gemeinde bröckelte und drohte, ganz auseinanderzubrechen. Hier hielt es nun Paulus für nötig einzugreifen und dem Zustand und dem falschen Wertesystem mit folgenden Argumenten entgegenzutreten:

1. Als Christen gehören wir zum Leib
2. Nur als ganzes sind wir Leib
3. Nur als ganzes ist der Leib funktionstüchtig

1. Als Christen gehören wir zum Leib

Paulus macht in diesen Versen unmißverständlich klar: durch die Taufe gehören wir zur Gemeinde Christi, sind Glieder an seinem Leib. Daran gibt es für ihn, Paulus, nichts zu deuteln und er macht da keine Unterschiede, getauft ist für ihn getauft. Da wird nicht nachgebohrt und herumgemäkelt, es werden keine Forderungen und Richtlinien gestellt. Interessant ist die Formulierung "in" oder "zu" einem Leib mit der Bedeutung "zu, hinein", die deutlich macht, daß wir, jeder von uns, zu diesem Leib hinzugefügt wurden. Wir haben das nicht selbst gemacht, können uns nicht selbst einpflanzen, Jesus hat dies getan. Wir können uns auch den Platz der uns am Leib zugewiesen wird nicht aussuchen! Hier gilt es darauf zu vertrauen, daß Gott einem den richtigen Platz zuweist, eben Gott Gott sein zu lassen!

2. Nur als ganzes sind wir Leib

Eigentlich ist es ja so einfach, wenn wir uns wieder dem anschaulichen Beispiel des Paulus zuwenden. Zu einem Leib gehören viele Glieder, viele unterschiedliche Glieder. Ich möchte an dieser Stelle einen kleinen Abstecher in die Biologie bzw. Medizin machen. Wir werden wohl kaum auf die Idee kommen, ein Bein mit einem Ohr am Oberschenkel als Leib zu bezeichnen, abgesehen davon, daß solch ein "Lebewesen" nie existieren würde geschweige denn lebensfähig wäre. Was zu einem Leib dazugehört ist mehr oder weniger klar definiert und wenn etwas davon fehlt oder nicht richtig funktioniert, dann ist der ganze Leib mehr oder weniger stark davon betroffen. Auch käme wohl niemand auf die Idee sich von irgendeinem Körperteil oder Organ freiwillig zu trennen. Selbst vom Blinddarm, den man lange für völlig überflüssig hielt und man nicht wußte, zu was er eigentlich gut ist, trennt man sich in der Regel nicht freiwillig. Und schließlich definiere nicht ich was Leib ist, was dazugehört und was nicht, sondern ist so von der Natur, der Schöpfung, von Gott vorgegeben und von der Medizin festgeschrieben worden. Und nun sagt Paulus, genauso ist es auch bei der Gemeinde Gottes. Bei denen die Gott herausgerufen hat aus der Welt. Und bei den so Herausgerufenen, bei der Egglesia gibt es wohl Unterschiede, Gott macht nicht alle gleich, Gott liebt uns als Originale so wie er uns geschaffen hat und, lassen sie mich das an dieser Stelle sagen, er will nicht, daß wir als Kopien unser Leben führen und beenden. Gott hat kein Problem mit der Vielfalt, sonst hätte er sie nicht zugelassen. Jeder, der sein Leben Jesus anvertraut wird diesem "geistlichen Leib", so wie er ist hinzugefügt, wird so ein Teil davon und trägt zur Vielfalt bei. Würde er, aus welchen Gründen auch immer, von diesem Leib entfernt, dann ist das ein Verlust für den ganzen Leib und es wird eine Lücke gerissen. Hier möchte ich das Bild vom Leib verlassen und mich der letzten Aussage des Paulus zuwenden.

3. Nur als ganzes ist der Leib funktionstüchtig

Paulus geht es in diesem Bild vom Leib letztlich nicht darum zu erläutern wie wir damit umgehen, wenn ein Glied am Leib ausfällt, sondern daß jedes Glied am Leib wertvoll ist. Jeder ist wertvoll, jeder der hier in diesem Raum ist wird von Gott bedingungslos geliebt, ist in den Augen Gottes so wertvoll, daß er alles für sie und mich gegeben hat. Und das war nicht nur am Anfang so, sondern bleibt so für Zeit und Ewigkeit. Und jeder, der zur Gemeinde Gottes gehört, will Gott mit einer Gabe ausstatten und ihn damit befähigen, daß er seine Aufgaben am Leib und für den Leib ausüben kann. An dieser Stelle gilt es allerdings auch, etwas zu differenzieren: ich denke wir können dies Aussage nicht auf unsere "natürlichen" Begabungen und Eigenschaften beziehen. Paulus hat hier etwas ganz bestimmtes im Blick: die uns von Gott geschenkten Gaben. Es kann jetzt und hier nicht darum gehen, uns über dieses wichtige, aber auch sehr komplexe und weitreichende Thema Gedanken zu machen. Leider fehlt uns dafür jetzt die Zeit, tiefer einzusteigen, dazu wären sicherlich mehrere Abende oder Predigten nötig. Und so möchte ich hier nur einige Unterstreichungen vornehmen: jeder ist mit seiner Gabe wichtig und wertvoll. Wir sollten uns frei machen von der Vorstellung und dem streben, so sein zu wollen wie ein anderer. Wir sollten zum einen damit beginnen, ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln auf der Basis dessen, was uns von Gott geschenkt ist und in unser Leben hineingelegt wurde. Das setzt natürlich zum anderen auch voraus, daß wir danach fragen, welche Gabe ich bekommen habe und möglicherweise in mir schlummert.

Jeder ist mit seiner Gabe, mit dem was er einbringt wichtig und wertvoll. Keiner braucht sich seiner zu schämen oder meinen, er gehört nicht zum Leib. Ein Großteil unserer Problem die wir mit den Gaben haben, ergeben ich aus unseren Vorstellungen darüber, welche Gaben bedeutungsvoller sind und welche nicht. Letztlich entspringt dies alles aus falschen Wertvorstellungen und daraus, daß wir Gott nicht zutrauen, daß die Dinge - und auch unsere Gaben - so wie ER sie ordnet, am besten für alle sind. Denn nur so und nur dann, wenn alle Glieder und Gaben so vorhanden sind, wie Gott es sich vorstellt, kann der Leib funktionieren, die Glieder zusammenspielen und seine Aufgaben erfüllen

Schluß

Haltend wir abschließend fest:

* Ich gehöre zum Leib dazu, Gott hat mich dazu berufen Glied am Leib Christi zu sein
* Der Leib als solcher braucht alle Glieder. In der Vielfalt und in der Verschiedenartigkeit seiner Glieder liegt seine Funktionsfähigkeit und sein Leben begründet. Geben wir diese auf, dann geben wir auch die Funktionsfähigkeit des Leibes auf.
* Aus diesem ergibt sich die Aussage des Paulus, die wir als Extrakt herausgreifen können und die sich im Thema dieses Gottesdienstes widerspiegelt: jeder ist wichtig und jeder ist wertvoll so wie er ist, mit seiner Gabe.

Amen.

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Belchenring 20
D-79219 Staufen
07633/500781 oder 0173/6704938
eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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