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Predigt über 1. Korinther 9,16-23

am 09.06.2002
2. Sonntag nach Trinitatis

Ort: Staufen und Münstertal


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Eine meiner liebsten Beschäftigungen zur Zeit ist es, unserer kleinen Tochter zuzuschauen. Dabei fällt mir immer wieder auf, daß sie all das sehr schnell lernt was sie bei meiner Frau oder mir sieht, und weniger durch das, was wir ihr sagen. Was ich bei unserer Tochter beobachte gilt auch für die Erwachsenenwelt. So die Aussage einer Manager-Trainerin in einem Vortrag, den ich kürzlich gehört habe. Dabei ging es darum, wie Mitarbeiter zu motivieren sind. Eine Aussage in ihrem Vortrag war, daß wir durch Nachahmung mehr lernen als durch vorsagen. Es kommt also darauf an, daß das, was gesagt wird mit dem übereinstimmt, was wir leben.

Dies wußte auch schon Paulus (ohne die Erkenntnisse der modernen Kommunikations- und Gehirnforschung) und so achtet er darauf, daß sein Lebensstil mit dem übereinstimmt, was er anderen predigt (1. Kor 9,27). Wenn das nicht so ist, sagt er, wäre es verwerflich. Paulus trifft diese Aussage gegenüber der Gemeinde in Korinth. Gerade gegenüber dieser Gemeinde wollte sich Paulus keine Blöße geben oder Gefahr laufen, unglaubwürdig zu erscheinen.

Die Korinther standen Paulus sehr kritisch gegenüber und er mußte sich des öfteren mit ihnen auseinandersetzen. Diese Gemeinde strotzte vor Selbstvertrauen und Paulus hatte so seine liebe Not mit ihr. Immer wieder wurde seine Autorität hinterfragt und sein Apostelamt in Zweifel gezogen. Vor diesem Hintergrund sind die Verse zu betrachten, über die es heute zu predigen gilt.

- Text lesen: 1. Korinther 9, 16-23 -

Zu Beginn dieses Kapitels stellt Paulus klar, was er als Apostel zu erwarten hat, daß auch seine Arbeit ihren Lohn wert ist. Dabei geht es nicht um den himmlischen Lohn sondern darum, was er auf dieser Erde für sein Tun im Reich Gottes zu erwarten hat, insbesondere er als Apostel von den Korinthern. Diese Frage betrifft uns alle. Denn erwarten wir nicht alle insgeheim, mal mehr mal weniger vordergründig, nicht auch einen Ausgleich von Gott für unser Engagement? Erwarten wir nicht auch, daß er unser Tun in der einen oder anderen Weise honoriert - in der Kirchensprache würden wir das natürlich anders formulieren und sagen, uns segnet? Und sind wir bei diesen Gedanken und Überlegungen wirklich frei von Eigennutz und Selbstgefälligkeit? Direkt gefragt würden wir dies verneinen, aber merken würden wir es dann, wenn die Anerkennung ausbleibt (keine Einladung zum Mitarbeiteressen am Ende des Jahres). Mit diesen Versen hinterfragt Paulus nicht nur die Korinther, sondern er hinterfragt auch uns. Warum tue ich was ich mache? Was ist mein Ziel und meine Motivation? Wen oder was habe ich dabei im Blick? Darüber bin ich ins nachdenken gekommen und in meinen Überlegungen ist mir folgendes wichtig geworden:

  • Warum tun wir, was wir tun? - oder: das Ziel vor Augen!
  • Wie gehen wir dabei vor? - oder: der Weg dahin!
  • Was erwarten wir uns davon? - oder: die Motivation im Rücken!
  • 1. Warum tun wir, was wir tun? - oder : Das Ziel vor Augen!

    Für sich selbst gibt Paulus die Antwort wie folgt: In Vers 20 sagt er: "... damit ich so viele wie möglich gewinne ..." und in Vers 23 "... damit ich auf alle Weise einige errette." Darum ist Paulus unterwegs, darum nimmt er all die Strapazen seiner Reisen auf sich, nimmt er in Kauf, daß er geschlagen, gefoltert und ins Gefängnis gesteckt wird. Ich kann mir gut vorstellen, daß sich Paulus oft gefragt hat, warum das alles und vielleicht hatte er das eine oder andere mal gute Lust, alles an den Nagel zu hängen. Dann, wenn er nicht mehr konnte, der zerschundene und geschlagene Körper nicht mehr weiter wollte. Es wäre vermutlich ein leichtes gewesen, sich irgendwo niederzulassen und sich im Ruhm der vergangenen Tage zu sonnen, als freier Gemeindeberater seine Brötchen zu verdienen und hin und wieder einen Artikel für den "Standpunkt" oder "Aufatmen" zu schreiben.

    Aber Paulus hat nicht aufgesteckt, er hat seinen Auftrag und damit sein Ziel weiter verfolgt. Wenn wir uns die Frage nach unserem Auftrag als Christen stellen, so würde uns Paulus wohl antworten, daß wir nur einen Auftrag, ein Ziel haben, das uns von Jesus gegeben wurde und das bis heute gültig ist: Menschen zu Jüngern Jesu zu machen (Mt 28, 19.20)!! All unser Tun sollte dies zum Ziel haben und davon geleitet sein! Wenn ich sage "all unser Tun" so meint dies, daß dazu auch gehört, dafür zu sorgen, daß jemand Jünger bleibt. Denn nur wer selbst Jünger ist, kann andere zu Jüngern machen! So haben wir auch dafür Sorge zu tragen, daß der Glaube gestärkt wird, wir in der Nachfolge ermutigt und motiviert werden, mit Freude unseren Dienst zu tun. Haben wir Freude an unserem Glauben oder gilt uns der Vorwurf den wohl Friedrich Nitsche erhoben hat :"Ihr müßt erlöster aussehen, wenn ich an euren Erlöser glauben soll."?

    Paulus stellt an dieser Stelle nicht nur den Korinther sondern auch uns die Frage, um was es uns geht, was unsere Ziele sind? Wollen wir zeigen, was wir können, unsere Fähigkeiten und Freiheiten zur Schau stellen die wir durch Christus gewonnen haben? Geht es uns um die Geistesgaben oder wollen wir nur einfach unsere eigenen Bedürfnisse gestillt bekommen?

    All das kann nicht das Ziel sein. Paulus weiß um die Bedeutung des Evangeliums für jeden Menschen und darum geht es ihm alleine um die Verkündigung des Evangeliums. Denn wer das Evangelium nicht hört, weiß nichts von Möglichkeit aus der Gemeinschaft mit Gott heraus zu leben, erfährt nicht, was Leben und volle Genüge heißt. Und so stellt Paulus dieses Ziel den Korinthern und uns vor Augen. An dieser Stelle komme ich zu meinem zweiten Gedanken,

    2. Wie gehen wir dabei vor? - oder: der Weg dahin!

    Die Korinther übten scharfe und harte Kritik am Wirken und der Person des Apostels. Sie hielten sich selbst und ihren (geistlichen) Erkenntnisstand für das Maß der Dinge - doch das war ja nicht nur bei den Korinthern damals so. Alles und jeder, der nicht ihrem Raster entspracht, viel durch. Aber Paulus ließ sich davon nicht beirren. Er weiß sich von Christus, dem Auferstandenen berufen (vgl. V.1), Christus ist ihm erschienen und hat ihn zum Apostel berufen (Apg 9,1ff). Und auf dieses Wissen um seine Berufung gründet sich sein Selbstvertrauen. Er ist nicht von Menschen abhängig aber sein Ziel sind die Menschen.

    Paulus will, dass Menschen von dem auferstandenen und lebendigen Christus hören und an ihn glauben. Dazu weiß er sich beauftragt und in die Welt gesandt. Darum ist er unterwegs und nimmt viel auf sich. Paulus hat erfahren was es bedeutet, an Jesus zu glauben und welche Freiheit und Weite sein Leben dadurch erfahren und gewonnen hat. Diese Freiheit hat sich in seinem Leben und Denken niederschlagen und ihn entscheidend geprägt.

    So predigt Paulus diese Freiheit nicht nur sondern lebt sie und unterstreicht so deren Bedeutung. Freiheit bedeutet für ihn nicht nur Grenzen und Enge abzulegen, sondern auch Freiheiten aufzugeben, wenn sie jemand anderem zur Bedrängnis werden (1.Kor 8,9; Gal 5,13). Gerade die Korinther, die immer wieder ihrer Geistbegabtheit und ihrer Freiheiten in Christus betont und hervorgehoben haben, wurden damit anderen zum Anstoß und versperrten den Zugang zum Glauben.

    Für Paulus war klar, wenn ich Menschen für Jesus gewinnen will, muß ich mich auf sie einlassen, oder wie wir so schön sagen, sie abholen. Und wenn ich jemanden abhole, dann muß ich mich dahin begeben wo er sich befindet, sowohl räumlich als auch bezüglich seiner Lebenseinstellung, seiner Fragen und Interessen. Ich darf keine Mauern aufbauen und nicht hinter Vorurteilen Deckung suchen sondern muß meine eigenen Grenzen überwinden. Und so sagt Paulus "bin ich allen alles geworden, damit ich auf alle Weise einige rette." Dabei verleugnet er nie seinen Glauben oder gibt ihn gar auf sondern vertritt ihn und seine Überzeugung beherzt. Er läßt sich auf seine Zuhörer ein, versucht herauszufinden wo sie stehen, was sie beschäftigt und welche Fragen sie haben. Sei es die Frage nach dem unbekannten Gott in Athen, die Frage der eigenen Gesundheit oder der Frage nach dem woher, wozu und wohin. Paulus geht auf die Menschen zu, läßt sich auf sie und ihre Fragen ein ohne Sorge, seinen Glauben zu verlieren oder etwas aufgeben zu müssen.

    3. Was erwarten wir uns davon? oder: die Motivation im Rücken!

    Schließen wir hier den Kreis. Zu Beginn haben wir uns gefragt, warum wir etwas tun, welches Ziel wir dabei verfolgen. Damit verbunden ist vielfach die Frage, was wir uns davon erwarten, sprich was wir als Lohn bekommen. Dieser Lohn trägt normalerweise viel zu unserer Motivation bei. Vielleicht denken sie, es sei unanständig darüber zu reden oder nachzudenken, was unser Lohn für unseren Einsatz in der Gemeinde, im Reich Gottes ist. Es reicht schon, wenn wir uns im Arbeitsleben mit solchen Dingen beschäftigen müssen. Aber in der Kirche, im Reich Gottes ...

    Ich bin mir dessen bewußt, daß dies allein wohl ein abendfüllendes Thema wäre. Trotzdem möchte ich darauf eingehen, wissend, es nicht gänzlich behandeln zu können. Paulus scheut sich nicht über Lohn zu reden, wohlgemerkt, es geht nicht um den himmlischen Lohn, den Lohn unserer Berufung. Paulus redet in diesem Kapitel zunächst vom irdischen Lohn. Dabei beruft er sich einerseits auf das Alte Testament, andererseits nimmt er Bezug auf eine Aussage Jesu (Lk 10,7) nach der die Arbeiter im Reich Gottes von der Gemeinde versorgt werden sollen. Ein spannendes Thema, auch in unseren Tagen! Paulus ist der Meinung, daß der Arbeiter im Reich Gottes durchaus einen Lohn zu erwarten hat, sowohl der Hauptamtliche als auch der ehrenamtlich Engagierte und nicht zuletzt auch er selbst. Auch er könnte von den Korinthern "seinen Lohn" einfordern, der ihm als Apostel zusteht. Ich bin schon der Meinung, daß jeder seinen Lohn bekommen soll, entweder materiell oder ideell. Dagegen hätte wohl auch Paulus nichts einzuwenden. Allerdings stellt er die Frage, welche Bedeutung der Lohn für unsere Motivation hat?

    Ihm selbst ging es nicht um Lohn und Anerkennung. Nichts von alledem ist für ihn die treibende Kraft! Bleibt die Frage, was motiviert ihn dann? "... ein Zwang liegt auf mir!" Er muß es tun, ich kann gar nicht anders als das Evangelium, das mir von Christus anvertraut wurde, von dem ich weiß, den Menschen zu verkünden! Er kann es nicht lassen von dem zu erzählen von dem er gesehen und gehört hat (Apg 4,20) und wovon sein Herz erfüllt ist (Mt 12,34). ICH MUSS - alles andere wäre unterlassene Hilfeleistung! Ich tue es nicht, um mir Lorbeeren zu verdienen oder vor Gott gut dazustehen. Ich verkündige das Evangelium weil ich weiß, daß es die Menschen hören müssen um von der Liebe Gottes zu erfahren! Das allein ist seine Motivation.

    Weil Paulus die Freiheit in Christus erfahren hat, verzichtet er auf seinen materiellen Lohn. Er unterstreicht damit, daß ihm allein Christus genügt die Teilhabe am Reich Gottes für ihn seinen Lohn darstellt. Diese Teilhabe hat er dadurch, daß er das Evangelium verkündet, Menschen zu Jüngern macht.

    Schluß

    Kommen wir zu dem Eingangs gesagten zurück: wir lernen durch Imitation, durch Nachahmung. Das gilt natürlich in erster Linie für die Fälle, in denen wir am "lebenden Objekt" etwas abschauen und nachmachen können. Aber ich denke mir, wir können auch von Menschen lernen, die nicht mehr leben, wie von einem Paulus zum Beispiel.

    Dabei geht es nicht darum Paulus zu kopieren, denn die wenigsten von uns sind zu Aposteln berufen. Vielmehr geht es darum das zu übernehmen und in unserem eigenen Leben umzusetzen, was er uns in seinem Leben und seinen Reden mitgibt und vorgemacht hat. so auch in diesen Versen:

  • Das Ziel fest im Blick haben
  • den Weg dahin gehen und
  • auf die richtige Motivation achten.
  • Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Altenheimstraße 23
    89522 Heidenheim/Brenz
    07321/910915
    eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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