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Predigt über 1. Korinther 2, 1 - 10

am 15.11.2012
2. Sonntag nach Epiphanias

Ort:
Tüllingen


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

So, wie wir das vorhin in der Schriftlesung (Joh 2, 1-11) gehört haben, so hätten wir das auch gerne: Jesus als "Supermann" der unsere Probleme löst und unsere Schwierigkeiten beiseite räumt. Solche Geschichten hören wir gerne und erzählen sie vielleicht anderen weiter.

Jesus als derjenige der Wunder und mächtige Zeichen tut: Kranke heilt, Tote auferweckt und Naturgewalten unterdrückt. Das sind Szenen, Erzählungen die wir hören und erleben wollen - oder? Jesus als geistlicher Supermann, das wäre ein Aufhänger mit dem auch Marketingstrategen in unseren Tagen kaum Probleme hätten.

Wenn das der alleinige Inhalt unserer Verkündigung wäre, dann fänden wir wohl schnell Zuhörer und vielleicht wären dann unsere Kirchen wieder voller. Denn sensationshungrig sind wir alle, und je spektakulärer die Nachrichten um so grösser die Schar der Zuschauer und Zuhörer, um so höher die Auflage.

Aber so einfach ist es nun mal nicht. Im Predigttext für diesen Sonntag kommt einer zu Wort, der gerade mit diesem Umstand zu kämpfen hatte. Der es mit seiner Verkündigung schwer hatte, weil sie nicht den Erwartungen uns Ansprüchen seiner Zuhörer genügte.

- Text lesen: 1. Kor 2,1-10 -

Er kommt uns etwas merkwürdig vor in diesen Versen, der ansonsten so selbstsichere und wortgewaltige Paulus. Aber mit dieser Gemeinde hatte er, obwohl er sie selbst gegründet hatte, einfach seine Probleme. Und irgendwie fing die Sache an ihm vollkommen aus dem Ruder zu laufen. Da taten sich andere hervor denen es gelang, Menschen auf ihre Seite zu ziehen. Die mit dem, was sie erzählten und predigten, die Zuhörer für sich gewinnen konnten. Und unter den Anhängern gingen die Reibereien los. "Apollos, der hat es voll gut drauf. Den musst du einmal predigen hören!" "Ach was Apollos! Petrus, das ist der Mann der Stunde!" Kommt ihnen das möglicherweise bekannt vor? Und mitten drin Paulus.

Worauf kommt es in unserer Verkündigung an, was macht Verkündigung aus? Eine Frage nicht nur damals sondern auch für uns heute. Drei Merkmale:

  • Der Grund - Was unsere Verkündigung ausmacht?
  • Der Inhalt - Was ist unsere Botschaft?
  • Das Ziel - Das Beste kommt noch!
  • 1. Der Grund - Was unsere Verkündigung ausmacht?

    Geht es ihnen auch so wie mir? Da sitzt man vor dem Fernseher und verfolgt eine Talk-Show mit Politikern und bewundert die geschliffenen Reden und brillianten Formulierungen der einen und, man glaubt es ja kaum, die doch eher etwas unbeholfenen Argumente anderer Gäste in derselben Veranstaltung. Sie schauen keine Talk-Shows? Na, vielleicht sind sie dann schon einmal in einem Gottesdienst gewesen in dem sie die Rhetorik des Predigers dermaßen gefesselt hat und sie sich gefragt haben, warum nicht alle Pfarrer so predigen.

    Können Sie sich diesen Paulus vorstellen? Gerade war er noch in Athen auf dem Areopag (Apg 17,16ff) und sprach im Zentrum der damaligen Philosophie. Gekonnt und mit brillianter Argumentation wies er seine Zuhörer auf den biblischen Gott hin. Und nun das! Mit Furcht und Zittern war Paulus bei den Korinthern. Korinth, das war eine Gemeinde in der die Gemeindeglieder etwas auf sich hielten. Das war nicht nur so irgendeine Gemeinde. Da gab es schon einige Kaliber, mit denen Paulus sich auseinandersetzen musste und die einiges für ihre Argumentation vorweisen konnten. Die hatten es, wie man heute so schön sagt, "voll drauf"! Sowohl inhaltlich wie auch in der Form. In der Art ihrer Rede konnten sie überzeugen, die Zuhörer begeistern und hatten bei ihnen Erfolg.

    Und genau mit diesen Ansprüchen oder Erwartungen auf Erfolg hatte Paulus in Korinth zu kämpfen und bringt dies in unserem Abschnitt zum Ausdruck. Er konnte bei den Korinthern wohl nicht mit brillanten Rede überzeugen. Aber Paulus will den Korinthern deutlich machen: im Reich Gottes geht es nicht um Erfolg sondern um Frucht!1 Er setzte nicht auf überredende Worte und Weisheit. Ich halte schon dafür, dass Paulus auch hier argumentieren konnte. Aber Paulus war bewusst: Im Reich Gottes kommt es nicht auf gute Rhetorik und Argumente an sondern dass Gottes wirkt wirken kann und das Ziel christlicher Verkündigung ist nicht Erfolg sondern Frucht!

    Was ist schon Erfolg im Reich Gottes? Und was impliziert Erfolg? Erfolg ist machbar2, Frucht nicht, Frucht muss gedeihen. Erfolg kann ich (in gewissem Umfang) trainieren und darauf hinarbeiten. Frucht dagegen muss gedeihen, muss wachsen und zeigt sich als Wirken Gottes und seines Geistes (Gal 5,22) und stellt sich ein. Natürlich können und müssen wir auch dafür etwas tun.

    Das klassische Beispiel dafür ist das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld (Mt 13, 1-23 par.)- Verkündigung ist Sämannsarbeit, das Saatgut kommt von Gott und der hat die erforderliche Dynamik hineingelegt (Jes 55,11).

    Paulus blieb seinem Auftrag treu, dass heißt er wollte Evangelium verkündigen und das bedeutete, eben nicht allein auf menschliche Fähigkeiten in Form guter Rhetorik zu setzen oder gar die ihm anvertraute Botschaft zu verwässern. Vielleicht wollte er auch ganz bewusst mit der Art wie er auftrat die Korinther und auch uns herausfordern, auf das wesentliche zu achten, nämlich auf den Inhalt seiner Botschaft. Und Paulus war sich darüber im Klaren, dass es letztlich nicht an ihm lag, was daraus werden würde, ob aus seiner Predigt Frucht erwächst oder nicht.

    Paulus wollte nicht überreden oder gar über den Tisch ziehen sondern überzeugen.3 4

    2. Der Inhalt - Was ist unsere Botschaft?

    Paulus befand sich im Blick auf die Menschen in der korinthischen Gemeinde in dem Dilemma, dass er mit dem was er sagte, verkündigte bei seinen Zuhörern nicht ankam. Sie lehnten nicht nur die Form sondern vor allem den Inhalt seiner Verkündigung ab. Aber Paulus erkannte, sein Problem erwächst nicht aus einer schlechten Rhetorik sondern am Unwillen seiner Zuhörer an dem, was er verkündigte. Das passte nicht in die so geistreichen Gedanken und schön anzuhörenden Philosophien der damaligen Zeit. Und es passt auch nicht in die Welt von heute, in der dem Menschheit in ihren Möglichkeiten scheinbar immer weniger Grenzen gesetzt werden können und sollen.

    Paulus wollte und konnte nur das verkündigen was er wusste. Und das was er wusste, der Inhalt dessen was es zu verkündigen gab und gibt sind keine eigene Ideen, ist nicht Erguss eigener intellektueller Leistungen und Anstrengungen. Wir wählen die Botschaft die wir zu verkündigen haben, das was wir wissen nicht selbst, sondern es ist uns gegeben. Und was können wir verkündigen, was ist das Zentrum der Botschaft des Paulus und unserer Verkündigung?

    Ein Kind in einer Krippe und ein Mann am Kreuz! Und fragen wir uns einmal selbst: Was ist daran attraktiv? Das Kind kann in unseren Tagen gerade noch für Weihnachten kommerziell ausgeschlachtet werden, aber der Mann am Kreuz? Darüber schweigen wir doch lieber! Nicht etwa deswegen weil wir keine Gewaltszenen vertragen, die sehen wir tagtäglich in den Nachrichten oder willentlich in irgendwelchen Spielfilmen. Nein, dieser Mann am Kreuz, oder wie es Paulus formuliert, dieses Wort vom Kreuz trifft uns an unserem wundesten Punkt: es erinnert uns an unsere Sünde, unsere Schuldhaftigkeit und unsere Trennung von Gott!

    Im Gegensatz zu den gängigen Trends der damaligen Zeit hatte es Paulus schwer, für diese Botschaft eine Fangemeinde zu gewinnen. Aber er wusste, in dieser Botschaft geht es um alles oder nichts, nicht für ihn sondern für seine Zuhörer, und bevor er nur ein Jota weglassen würde, hätte er sich eher auf die Zunge gebissen.

    Auch in unseren Tagen ist das Wort vom Kreuz nicht unbedingt das Thema, das die Massen begeistert, mit dem Talk-Shows gefüllt werden. Wenn wir darauf zu sprechen kommen, dann schneiden wir alle sehr schlecht ab. Das Wort vom Kreuz ist ein Anstoß, das läuft uns nicht so einfach rein, da fällt uns das abnicken schwer. Aber es ist ein Thema dem wir nicht ausweichen sollten und letztlich auch nicht ausweichen können.

    3. Das Ziel: Das Beste kommt noch!

    Wenn wir die Krippe und das Kreuz in der Mitte unserer Verkündigung stellen, ist alles gesagt. Die Krippe als Zeichen dafür, "Gott kommt zu uns, kommt herab von seinem ew'gen Thron". Gott wird uns gleich, will das durchmachen was wir Menschen durchmachen,5 durchmachen müssen. Er wurde versucht wie wir, war denselben Herausforderungen gestellt wie wir. Gott kommt hinein in unsere Welt, in unsere Schwierigkeiten und Nöte, aber auch hinein in unser Glück und unsere Freude. So ist der Stall von Bethlehem mehr als "Kling Glöckchen klingelingeling" und "leise rieselt der Schnee" es ist "gnadenbringende Zeit".

    Was in der Krippe von Bethlehem begonnen hat endet am Kreuz von Golgatha und dem leeren Grab. Der Weg Gottes als Mensch, der in jenem Stall begann endet im Foltertod an jenem Kreuz vor den Toren Jerusalems. Das eine nicht ohne das andere. Jesus war und ist nicht der Strahlemann der keine Ahnung hat von Schmerzen, Trauer und Qualen, steht nicht abgehoben über unseren Erfahrungen. Krippe und Kreuz stehen für den Lebensweg Jesu, aber auch für unseren. Aber sie weisen auch über das hinaus, was mit dieser Erde und dieser Welt zu tun hat, weisen hinaus über unser Menschsein und verkündigen: Das Beste kommt noch: "Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott denen bereitet hat die ihn lieben!" Eine Geschichte:

    Einer Frau wurde eine unheilbare Krankheit diagnostiziert. Der Arzt sagte, sie hätte noch drei Monate zu leben. Sie fing also an, alles in Ordnung zu bringen und zu organisieren. Sie rief auch den Pfarrer an und bat ihn, zu ihr zu kommen, um ihre Wünsche für die Beerdigung abzusprechen. Sie sagte ihm, welche Lieder gesungen werden sollten, welche Bibeltexte gelesen werden sollten und in welchem Kleid sie beerdigt werden wollte. Als der Pfarrer gehen wollte, erinnerte sich die Frau an ein wichtiges Detail, das sie vergessen hatte.

    Sie teilte also dem überraschten Pfarrer mit, sie wollte einen Löffel in der rechten Hand halten, wenn sie im Sarg aufgebahrt werde. Dem Pfarrer fehlten buchstäblich die Worte.

    Die Frau fing an ihm zu erklären. In all den Jahren, in denen ich an den vielen Empfängen teilnahm, wurde ich immer mal wieder daran erinnert, meinen Löffel zu behalten, wenn das Geschirr abgeräumt wurde. Und ich freute mich dann immer, denn ich wusste, dass noch etwas Besseres kommen würde! Leckere Schokoladendesserts, Kuchen, Apfelstrudel oder Eis. Irgendetwas wunderbares, was das Mal abrundete. Ich möchte daher, fuhr die Frau fort, dass die Leute, die mich im Sarg sehen, sich wundern, warum ich den Löffel in der Hand halte. Und ich will, dass sie ihnen dann sagen: "Behalten sie ihren Löffel, das Beste kommt noch!"

    Der Pfarrer fing beinahe an zu weinen, als er die Frau zum Abschied umarmte. Er wusste, dass es eines der letzten Male war, bevor sie sterben würde. Aber er wusste auch, dass diese Frau eine bessere Vorstellung vom Himmel hatte, als er selbst. Sie wusste und vertraute, dass noch etwas Besseres auf sie wartete.6

    Paulus will unseren Blick auf das richten, was Jesus für uns getan hat und für uns bereit hält. Er will sagen, Leute erkennt doch eure Zukunft, erkennt die Perspektiven die euch Jesus eröffnet hat und ergreift sie. Gottes Herrlichkeit auf die ihr zugeht, die euch Jesus erworben hat, könnt ihr heute ergreifen und erfahren.

    Schluss

    Wie die Menschen damals in Korinth auf diese Zeilen des Paulus reagiert haben und ob sie auf fruchtbaren Boden gefallen sind oder nicht, ob sich etwas geändert hat, wissen wir nicht. Die Frage ist vielmehr, was bewirken sie heute, hier bei uns in Tüllingen? Wir stehen mitten drin: Weihnachten ist vorüber, Ostern liegt vor uns.

    Durch dieses Wort vom Kreuz sind wir herausgefordert unser eigenes Leben zu betrachten und zu fragen: Wo stehe ich? Wie sieht es aus mit meiner Beziehung zu diesem Kind in der Krippe und dem Mann am Kreuz? Wenn diese Frage geklärt, ist dann gilt auch für uns in allem: Das Beste kommt noch!

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

    1 BIERBAUM BERND. "Auch ich", in: Zuversicht und Stärke; SCM Hänssler; Holzgerlingen, Dezember 2011 - Januar 2012. 4. Reihe - Heft 1, S.128;
    2 a.a.O.
    3 Apg 17,4; 28,23f
    4 zu diesem Thema: Theologisches Begriffslexikon zum Neuen Testament S. 560 ff
    5 vgl. Heb 4,15
    6 Kübler, Peter: in: "Zuversicht und Stärke"; 4. Reihe / Heft 1 Dezember 1999/Januar 2000, Seite119; siehe auch meine Predigt am 16.1.2000;
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