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Predigt über 1. Petrus 1,3-9

am 18.04.2004
Sonntag Quasimodogeniti

Ort: Waldkirche Heidenheim


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

"Hoffen wir das Beste!" - diese Aussage, diesen Wunsch höre ich immer wieder und gebrauche ihn auch selbst, wenn man zum Beispiel nach einem Gespräch, in dem über ein Sachverhalt gesprochen wurde dessen Ausgang noch offen ist, wieder auseinandergeht. Aber was ist das "Beste", was wir hoffen können? Menschen auf der Straße befragt antworteten: "Ich hoffe, dass ich bis zu meinem Tod einigermaßen gesund bleibe." Oder " ... es an Ostern schönes Wetter hat." Oder "Ich hoffe nicht, dass es auch hier Kriege und Terroranschläge gibt." oder "... es noch mehr Arbeitslose gibt."

Hoffnungen können je nach Lebenslage sehr unterschiedlich sein. Manche hoffen auf eine steile Karriere, wieder andere, dass aus der Liebesbeziehung eine dauerhafte Ehe wird. Im Alltag stehen die kleinen Hoffnungen im Vordergrund, dass gutes Wetter wird, das Auto wieder über den TÜV kommt und die Klassenarbeit nicht verhagelt wird und es doch noch zu einer guten Note im Zeugnis reicht, andere hoffen auf den Auswärtssieg ihrer Fußballmannschaft. Hoffnungen begleiten uns Menschen und je nach Situation klammern wir uns mehr oder weniger an sie. "Wir hoffen bis zu Letzt!" und dann? - stirbt zuletzt auch die Hoffnung und alle Hoffnung wird begraben! Von einer Hoffnung ganz anderer Qualität spricht der heutige Predigttext.

- Text lesen: 1. Petrus 1, 3 - 9 -

"Wir sind wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffung" - mit dieser Aussage sprengt Petrus alle Vorstellungen von Hoffnung. Zugleich werde ich an die Jahreslosung erinnert und daran, mich auf das zu besinnen und zu verinnerlichen, was bleibt, über diese Welt und mein Leben hinaus.

Petrus schreibt an Christen, die wussten um was es geht, die erfahren mussten, dass sich durch die Nachfolge das Leben vieler grundlegend gewandelt hat, weil sie plötzlich verfolgt wurden und manche Bedrängnis erleiden mussten. Und so ruft er den Christen in Kleinasien ebenso wie uns folgendes in Erinnerung:

  • 1. Den Inhalt unserer Hoffnung - was hoffen wir?
  • 2. Den Grund unserer Hoffnung - warum hoffen wir?
  • 3. Das Wesen unserer Hoffnung - wie hoffen wir?
  • 1. Der Inhalt unserer Hoffnung - was hoffen wir?

    Im Bereich unseres täglichen Lebens gibt es vielerlei was wir hoffen und erhoffen, das haben wir bereits gehört. Und es geht mir in keinster Weise darum, diese Hoffnungen klein zu reden oder abzutun. Auch ich trage mancherlei Hoffnungen in mir und wünsche, dass sie sich diese erfüllen. Kennzeichen all dieser Hoffnungen ist, dass sie sich in der Regel auf mich und mein persönliches Umfeld beziehen, ich davon positiv betroffen bin. Sie betreffen mein irdisches Leben und Wohlergehen und was damit zusammenhängt. Bereits hier stellt sich eine wichtige Frage: von wem werden diese Hoffnungen geweckt und genährt? Wer oder was macht mir Hoffnung und von wem erwarte ich, dass diese auch erfüllt werden?

    Die Hoffnung, von der in unseren Versen die Rede ist, hat einen anderen Inhalt, da geht es nicht um mein Wohlergehen auf dieser Welt, nicht darum was ich mir wünsche und vorstelle. Die Hoffnung von der Petrus spricht ist jenseits meiner "irdischen" Bedürfnisse angesiedelt. Es geht darum, dass das vollendet wird, was in der Wiedergeburt begonnen wurde, dass sichtbar wird was jetzt noch verborgen ist (1Joh 3,2). Christen hoffen auf das, was Gott für uns, sie und mich bereit hält. Es geht um das Erbteil, das für "uns in den Himmeln verwahrt" ist. Halten wir fest: bei diesem Erbe geht es nicht darum, dass wir ein schönes und angenehmes Leben auf dieser Erde haben, dass wir verschont bleiben von allen Widerwärtigkeiten die dieses Leben durchaus für Menschen bereit halten kann. Um all das geht es nicht! Es allein geht darum, dass wir Kinder Gottes sind und als solche ewiges Leben erhalten und dass wir eines Tages dieses Erbe antreten! (Fußnote: Christen unterscheiden sich von "der Welt" nicht dadurch, dass sie vor Leid verschont bleiben, sondern wie sie damit umgehen; s. Joh 17,15).

    Biblische, christliche Hoffnung beruht auf den Verheißungen Gottes, darauf dass er seine neue Erde und seinen neuen Himmel gründen wird, dass Gott alle meine Tränen abwischen und es kein Leid, kein Schmerz und kein Geschrei mehr geben wird. Wir sind jetzt schon Kinder Gottes, aber vieles von dem ist noch verborgen und wird erst offenbar, wenn Jesus wiederkommt. In diesem Spannungsfeld stehen wir und in dieser Spannung trägt uns unsere Hoffnung, die auch nach außen wirken soll und von der wir Rechenschaft geben sollen (1Petr 3,15).

    Biblische Hoffnung richtet sich nicht auf Ungewissheiten, die eintreffen können oder aber auch nicht ("Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich's Wetter oder es bleibt wie es ist.") und sie richtet sich auch nicht auf unser irdisches Wohlergehen. Unsere Hoffnung ist die sehnsuchtsvolle Erwartung, dass Gott seine Verheißungen an uns und dieser Welt erfüllt (vgl. Rö 8,19).

    2. Der Grund unserer Hoffnung - warum hoffen wir?

    Hoffnungen können auf subjektiven (Fehl)Einschätzungen beruhen oder aber auch objektiv begründet sein. Der Sportler, der sich gewissenhaft und sorgfältig auf den Wettkampf vorbereitet hat darf sich berechtigte Hoffnungen auf den Sieg machen. Ebenso der Schüler, der auf die Klassenarbeit gelernt in weit anderem Maß als derjenige, der eben darauf hofft, dass es nicht so schlimm kommt.

    Warum sollte sich im Gegensatz zu diesen "irdischen" Hoffnungen die Hoffnung erfüllen, von der wir im Neuen Testament lesen? Warum denke ich, dass ich ewiges Leben von Gott erhalten werde? Weil auch hier nicht so heiß gegessen wie gekocht wird? Oder weil ich meine, letztlich doch ein ganz ordentlicher Mensch zu sein und Gott, zumindest im Vergleich mit anderen, gar nicht anders kann als mich zu "begnadigen"? Die Grundlage unserer Hoffnung liegt nicht bei mir, beruht nicht auf frommen und guten Werken, lässt sich nicht an meiner Leistung festmachen sondern allein im Wirken Gottes. Für Christen geht es nicht um's "verdienen" sondern um's bewährt werden. Unser Glaube, unser Vertrauen wird auf den Prüfstand gestellt, aber in all dem sind und bleiben wir immer auch Bewahrte (Joh 10,29). Das hier und jetzt ist nur durchzuhalten, wenn das zukünftige Ziel des Glaubens (= die Rettung der Seelen) im Blick bleibt und weil Gott selber am Wirken ist (1Kor 10,13). Dass ich die Erfahrung mache, ER ist es, der meinen Glauben stärkt und die Hoffnung wach hält. Paulus redet davon, dass Gott uns ein Pfand, eine Anzahlung auf das Erbteil gegeben hat (2Kor 1,22; 5,5; Eph 1,14). Diese Zusage ist nicht zu beweisen, aber sie ist für mich persönlich erfahrbar und bezeugbar, weil dieser Geist in mir wirkt (vgl. Rö 8,16; 5,5). Damit gehe ich ein Risiko ein, von dem auch N.L. Graf von Zinzendorf wusste: "Wenn dein Wort nicht mehr soll gelten, worauf soll der Glaube ruhn? Mir ist nicht um tausend Welten, aber um Dein Wort zu tun." (EG 198). Er ist dieses Risiko eingegangen und auch wir, sie und ich sind gefordert uns auf dieses Wort und den, der es uns sagt, einzulassen.

    Natürlich kenne auch ich den Vorwurf, dass dies doch nichts anderes sei, als eine Vertröstung aufs Jenseits. Diese Aussage ist durchaus richtig, allerdings geht es nicht "ums vertrösten", sondern um's "getröstet werden und getrost sein"! Natürlich kann ich nichts beweisen oder vorzeigen, aber eine Hoffnung die gesehen wird, ist auch keine Hoffnung mehr (Rö 8,24). Diese Spannung gilt es auszuhalten und die wird auch nicht von uns genommen, aber es liegt auch eine Verheißung drauf, wie wir in der Schriftlesung gehört haben: "Jesus spricht zu ihm: Weil du mich gesehen hast, hast du geglaubt. Glückselig sind, die nicht gesehen und doch geglaubt haben!" (Joh 20,29). Die Frage ist ja auch die, ob die Versprechungen und Vertröstungen die in dieser Welt gemacht werden, glaubwürdiger sind? Hoffnung hat immer was mit Vertrauen zu tun, vertrauen demjenigen gegenüber, der mir die Hoffnung macht.

    Wer jetzt meint, dass es nur darum geht, Menschen in fatalistischer Weise auf das Jenseits zu vertrösten und damit tatenlos zu machen, der irrt! Die Hoffnung macht zwar still, aber bei weitem nicht tatenlos ("Aber die auf den HERRN hoffen, gewinnen neue Kraft: sie heben die Schwingen empor wie die Adler, sie laufen und ermatten nicht, sie gehen und ermüden nicht." vgl. Jes 40,31). Der Prophet Jeremia kauft, obwohl Jerusalem von den Feinden belagert wird, einen Acker. Christliche "Hoffnung ist bewegt werden vom Ziel her und ein beharren in dieser Bewegung auf das Ziel hin."1 Dies wirkt hinein in mein tägliches Leben und führt in dem einen oder anderen Fall dazu, dieses zu überdenken und neu auszurichten. Ich bin gefordert, meine Hoffnung in und durch die Niederungen des täglichen Lebens hindurch zu bewahren und zu leben.

    Wir sind wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffung (V.3), dies ruft Petrus den Empfängern seines Briefes und auch uns heute morgen in Erinnerung. Gott hat uns, sie und mich wiedergeboren, hat letztlich alles in mich investiert, warum also sollte ER seine Verheißungen nicht erfüllen und mich fallen lassen (-> Bsp. von Andrew Carnegie)? Am Anfang steht SEINE bedingungslose (= ohne Bedingungen) Liebe zu uns und die Zusage, dass uns nichts aus dieser Liebe reißen kann (vgl. Joh 10,28; Rö 8, 38f). Die Wiedergeburt ist die Basis unserer Hoffnung und hat Gottes neue Welt zum Ziel.

    3. Das Wesen unserer Hoffnung - wie hoffen wir?

    An erster Stelle gehört für mich hier, dass ich mir immer wieder ins Bewusstsein rufe, dass Gott die Spielregeln bestimmt, ER das letzte Wort hat und zu SEINEM Ziel kommt, auch mit mir und meinem Leben (Rö 8,38f; 1Kor 10,13; Phil 1,6; 1Pet 5,10 u.a.)! Gott hält auch unser Leben, ihres und meines in seiner Hand (Mt 10,29). Diese Erkenntnis, dieses Vertrauen dass Gott das Heft sicher in der Hand hat, fällt uns nicht einfach so in den Schoß, sondern das ist meist harte Arbeit. Wir müssen uns dies immer wieder sagen und sagen lassen und uns aneignen darauf zu vertrauen. Gerade dann, wenn mir Bedrängnis arg zusetzt und die Zweifel aufsteigen "ja sollte Gott gesagt haben ..." gilt es das "göttlich aber" dagegenzusetzen.

    Die Grundlage unserer Hoffnung gilt es sich immer wieder vor Augen zu führen. Hier vollzieht sich ein Wechselspiel zwischen beschenkt werden und sich immer wieder neu aneignen. Dazu brauchen wir die gegenseitige Ermunterung, Trost und Ermahnung (vgl. 1Thess 4,18; 5,11) durch Menschen, die mir zur Seite stehen. Spannend finde ich, dass für diese drei Begriffe im Griechischen nur ein Wort (?????????) steht, das diese unterschiedlichen Aspekte abdeckt. Wenn wir jemanden ermahnen, dann geht es nicht darum, ihn in rechthaberischer Weise "runter zu machen" sondern ihm zu Helfen, das Ziel wieder in den Blick zu bekommen und mich nicht von den vorletzten Dingen in Beschlag nehmen zu lassen. Es gilt, der Realität dieser Welt und meines Lebens, Gottes Wirklichkeit gegenüberzustellen. Gottes Wirklichkeit reicht über alle irdischen "Endgültigkeiten" hinaus, diese werden zwar nicht aufgehoben (Joh 17,15) aber sie können mich nicht hindern, an das von Gott geschenkte Ziel zu gelangen. Die Endgültigkeiten dieser Welt sind nicht das Ziel, auf das wir hinleben, das muss uns immer wieder bewusst werden und das dürfen wir uns auch nicht weiß machen lassen.

    Durch unsere Wiedergeburt sind wir hineingenommen in Gottes Wirklichkeit. Wir werden nicht von Gott in eine "Überwelt" entrückt und schweben gleichsam über den Dingen. Vielmehr stehen wir in einer von Gott selbst geschaffenen Lebenswirklichkeit, die jetzt noch für das Auge verborgen, bei der Wiederkunft Jesu jedoch offenbar werden wird. Es geht nicht nur um das, was vor Augen ist - geistliches muss geistlich beurteilt werden (1Kor 2,13) und so gilt es für Christen immer wieder einzuüben, unser Leben immer wieder mit einem "geistlichen" Blick zu betrachten und zu bewerten.

    Schluss

    "Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der nach seiner großen Barmherzigkeit uns wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten" - so ist die Osterbotschaft der unumstößlich Grund all unserer Hoffnung inmitten dieser Welt und unseres Lebens. Sie ist gleichsam die ausgestreckte Hand Gottes in die wir einschlagen sollen und die uns dann festhält und trägt.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Altenheimstraße 23
    89522 Heidenheim/Brenz
    07321/910915
    eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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