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Predigten

Predigt über 1. Thessalonicher 1, 2-10

am 24.09.2000
14. Sonntag nach Trinitatis

Ort: Staufen / Münstertal


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder

Einleitung

"Schön, daß sie heute morgen in diesen Gottesdienst gekommen sind. Daß sie darauf verzichtet haben richtig auszuschlafen, gemütlich und ausgiebig zu frühstücken. Ich freue mich daß sie hierhergekommen sind und ich danke unserem Gott, daß es sie gibt, ihr Christen in Staufen!! Es ist doch toll, daß sie die vor ihnen liegende Vakanz so zuversichtlich und souverän angehen und es ihnen nicht bange wird. Gott hat dieser Gemeinde Mitarbeiter geschenkt, die in die Presche treten und einen Großteil der Arbeit fortführen können. Sie machen das doch ausgezeichnet, jede andere Gemeinde könnte stolz auf sie sein!"

Vielleicht schauen sie jetzt etwas ungläubig drein und denken möglicherweise bei sich, was denn in den gefahren ist. Was ich eben gesagt habe sind nicht nur Floskeln, als Einleitung für diese Predigt, ich meine es so, wie ich es gesagt habe! Wenn ich in unsere Gemeinde hineinblicken, nehme ich vieles war, wofür ich danken kann. Wenn wir unsere Augen nicht vor dem verschließen was da ist, was in den letzten Jahren und Jahrzehnten gewachsen ist, dann ist dies aus meiner Sicht Grund genug zum Lob und Dank.

Natürlich haben auch wir mit manchem zu kämpfen, natürlich sind da Dinge, die der eine vermißt und die andere beklagt. Natürlich wünsche ich mir manches auch anders oder habe andere Vorstellungen. Natürlich wäre es toll, wenn unsere Kirche voller wäre und manche Gemeindeveranstaltung besser besucht ist. Aber darf das davon abhalten, das zu sehen was ist und darüber froh und dankbar zu sein? Aber wo hat der Dank und das Lob seinen Platz - in dieser Gemeinde und bei mir? Wir glauben doch, daß Gott sein Werk auch hier in Staufen, in dieser Gemeinde voranbringt - oder?

Was bei uns vielfach, um nicht zusagen meistens, zu kurz kommt, ist bei Paulus eine Selbstverständlichkeit. Die meisten seiner Briefe beginnen mit einem Dank. Er legt damit für sich und seine Leser die Blickrichtung und die Gewichtung fest, so auch in unserem heutigen Predigtext.

- Text lesen: 1. Thes 1, 2-10 -

Diese Verse des heutigen Predigttextes haben ihre Wirkung bei mir nicht verfehlt und mich herausgefordert, einmal meine Haltung zu überdenken und kritisch zu hinterfragen. Wie sieht es aus mit meinen Ansprüchen im Blick auf die Gemeinde und was bewirken sie? Bin ich bereits zum "Berufsnörgler" geworden und kann Dinge nur noch kritisch betrachten und sehe alles durch die Scheuklappen meiner Erwartungen und Vorstellungen oder bekomme ich den Blick noch frei für Gottes Wirken in dieser Gemeinde und seine Wunder?

Paulus hat diesen "freien Blick" und schafft damit die Grundlage für vieles andere indem er dankt

für das, was Gott getan hat;
für das, was in der Gemeinde geschehen ist;
und für das, was von der Gemeinde ausgegangen ist.

1. Dank für das, was Gott getan hat

"Denn unser Evangelium erging an euch nicht im Wort allein, sondern auch in Kraft und im Heiligen Geist und großer Gewißheit ..." In diesen Worten bringt Paulus zum Ausdruck, was Sonntag für Sonntag von unseren Kanzeln herab geschieht: aus dem Menschenwort wird Gottes Wort. Es wird förmlich transformiert, auf eine höhere Energiestufe angehoben, wenn sie es hören. Vielleicht mag sie das enttäuschen, aber es sind zunächst Menschenworte die von hier oben ausgehen. Und es sind meine Überlegungen, die ihnen zu Grunde liegen. Ich bringe hier zum Ausdruck, was mir beim lesen, beim hineinhören in diese Verse aufgefallen ist und wichtig wurde. Das, wovon ich überzeugt bin, daß Gott zu mir gesprochen hat.

Es sind jetzt in diesem Augenblick meine Worte, aber ich predige zu ihnen in derselben Überzeugung und Erwartung wie es ein Paulus bei den Menschen in Thessalonichi tat. In der Erwartung daß Jesus durch dieses Wort hindurch wirkt, Menschen, sie anspricht und sie SEIN Reden erkennen und ihre Erwählung erkennen. Daß in diesen Worten Gottes Geist sich entfaltet und Gottes Werk beginnt.

Paulus hat erkannt, daß die Saat die er bei den Menschen in Thessalonichi ausgestreut hat, aufgegangen ist und nun Frucht bringt. Paulus nimmt war, wo in dieser Stadt Menschen zum Glauben an den auferstandenen Gottessohn gekommen sind. Nur darum geht es ihm, darum hat er alle Strapazen auf sich genommen und darum predigen wir heute noch von den Kanzeln. Es geht nicht um die zur Schau Stellung irgendwelcher Erkenntnisse, und seien sie noch so erwähnenswert. Es geht nicht um theologisches Geplänkel und Schönrederei. Einziges Ziel muß sein, daß Menschen, daß sie zum Glauben an Jesus Christus kommen und in diesem Glauben gestärkt werden!

Das ist in Thessalonichi geschehen ist, Gott sein Werk begonnen und fortgeführt hat, das weiß Paulus und dafür ist er dankbar und bringt diesen Dank auch zum Ausdruck! Er hält nicht hinter dem Berg damit sondern äußert ihn!

2. Dank für das, was in der Gemeinde geschehen ist

Paulus dankt für Gottes Tun und SEIN Wirken an und in dieser Gemeinde, aber er dankt auch den Menschen in dieser Gemeinde für ihren Glauben und ihr Ausharren. Eine Gemeinde die noch sehr jung war und die sich in einem kritischen Umfeld behaupten mußte. Paulus konnte in der Gemeinde nur kurze Zeit verbringen und war gezwungen, sie bald wieder zu verlassen (vgl. Apg 17,1-9). Voller Sorge um die Christen, die Paulus zurücklassen mußte sandte er Timotheus als Kundschafter los um herauszufinden, wie es der Gemeinde erging. Und was Timotheus zu berichten hatte, erfüllte sein Herz mit Freude.

Die Gemeinde existierte noch, war nicht den Bedrängnissen zum Opfer gefallen, sondern es war alles zum Besten bestellt. Viel mehr noch, die Gemeinde war sogar gewachsen, das Evangelium hatte Verbreitung gefunden. Die Gemeinde hat sich nicht beirren lassen, hat treu an dem festgehalten was ihnen von Paulus und seinen Mitarbeitern verkündigt worden ist. Denn sie hatten es nicht einfach, die Menschen in jener Stadt und bei vielen hat dies Nöte verursacht. Aber obwohl außerlich bedrängt und verfolgt haben sie sich nicht beirren lassen, im Gegenteil. Sie haben das Wort mit Freuden aufgenommen und sich abgekehrt von ihren alten Göttern und ihrer alten Lebensweise hin zu Jesus Christus.

Und sie haben an ihrer Auserwählung festgehalten, wußten sich von Gott berufen und in Gottes Hand geborgen. Und in diesem Ausharren und dran bleiben sind sie anderen zum Vorbild geworden., auch uns heute. An ihrem Glauben, an dem wie sie ihn umgesetzt haben, in ihrer Situation und in ihrer Art konnten sich andere daran aufrichten, Zuversicht schöpfen für deren eigene Situation. So etwas macht Mut in den eigenen Reihen und weckt das Interesse bei anderen.

Wir Christen leben in keiner anderen Welt, wir sind genauso den Schönheiten und auch den Widerwärtigkeiten dieser Welt ausgesetzt, da gibt es keinen Unterschied. Wir werden nicht aus dieser Welt heraus erlöst (vgl. Joh 17,15) sondern in dieser Welt hineingsandt (vgl. Joh 20,21). Und genau darin werden wir zum Zeugnis, wie wir unser Leben gestalten, wie wir mit den Schönheiten und Erfreulichkeiten umgehen und in unser Leben integrieren und wie wir mit den Nöten und Sorgen umgehen. Ich versichere ihnen, wir werden beobachtet und wahrgenommen, und man merkt uns an, wo und wann wir echt sind, und wann wir nur eine fromme Fassade vor uns herschieben. Diese Echtheit drang nach außen uns sie war es, das Paulus unter anderem mit großer Freude und Dankbarkeit erfüllte.

3. Dank für das, was von der Gemeinde ausgegangen ist

Hier bin ich nun am dritten anbelangt, was mir aus diesem Dank des Paulus entgegenschlägt. Der Dank für das, was von dieser Gemeinde ausgegangen ist. Leider erfahren wir wenig über das Leben der Gemeinde. Aber eines wahr deutlich und klar: nachdem sie das Evangelium, die Botschaft von Jesus Christus gehört und aufgenommen hatten, änderte sich ihr leben. Sie konnten einfach nicht im "Alten" stecken bleiben sondern mußten das, was sie gehört hatten in ihr Leben einbauen. Mit den alten Göttern wurde gebrochen und neue Lebensziele gesteckt. Dieses doppelte halte ich für entscheidend: die Abkehr vom Alten und die Hinwendung zum Neuen (vgl. Mt 12,43ff). Das eine nicht ohne das andere!

Und diese Hinwendung zum lebendigen Gott ist nie nur Selbstzweck und Selbstgefälligkeit. Mit ihr verbunden ist einer neuer Gottes-Dienst. Gott zu dienen auf die unterschiedlichste Art und Weise mit den verschiedenen Gaben, die dazu verliehen wurden wurde ebenso zum neuen Lebensinhalt wie die, für uns vielleicht etwas befremdliche Erwartung der Wiederkunft Christi. Das ist ja ein Thema, das nahezu völlig aus unserem Bewußtsein verschwunden ist, oder rechnen sie mit der täglichen Wiederkunft des Gottessohnes? Aber diese Erwartung prägte die Christen damals und es war das bestimmende Thema, auch in diesem Brief.

Das entscheidende aber war und ist, daß das Leben der Christen in der pulsierenden Stadt Thessalonichi Außenwirkungen hatte. Ihr Glaube blieb nicht in der Theorie und hinter Gemeindemauern stecken, sondern wurde zu einer Lebensform eines jeden einzelnen und für die ganze Gemeinde. Es blieb nicht verborgen was geglaubt und gelebt wurde und hinterließ seine Spuren auch bei anderen Menschen. Ich halte dies für einen sehr wichtigen Aspekt christlichen Lebens. Wir werden zu Zeugen für andere, geben Anstoß im positiven Sinne über Glaube und Jesus Christus nachzudenken. Und das auf vielerlei Art und Weise.

Daß dies so ist, erfüllt Paulus mit Dank und Freude. Er erkennt darin, daß sein Werk nicht vergebens ist und vielleicht würde er sich auch über das freuen, was von den Christen hier in Staufen ausgegangen ist und noch ausgeht!

Schluß

Ich habe es eingangs bereits erwähnt, diese Verse haben mich bewegt und herausgefordert einmal darüber nachzudenken, wie es bei mir aussieht mit dem Danken und dem wahrnehmen des Positiven. Sicherlich stehen wir als Gemeinde derzeit in einer schwierigen und ungewissen Phase und manches gestaltet sich sicherlich nicht optimal. Wir alle müssen Einschränkungen hinnehmen und möglicherweise auf das eine oder andere verzichten.

Aber diese Geschichte jener Menschen in Thessalonichi und wie Paulus mit der Situation umgegangen ist hat mich herausgefordert. Herausgefordert mehr auf das zu sehen was gut ist, was Anlaß zum Dank bietet und diesen Dank auch auszusprechen! Und wer weiß, vielleicht gelingt es uns als Gemeinde, unseren Blickwinkel so zu gestalten, daß wir nicht nur nörgeln, kritisieren uns unsere Ansprüche formulieren, sondern auch dankbar werden für das, was in dieser Gemeinde geschehen ist und sicherlich auch noch geschehen wird. "Lobe den Herrn meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat!"

Amen.

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Belchenring 20 D-79219 Staufen
07633/500781 oder 0173/67 04 938
eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de

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