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Predigt über Joh 1,29 - 34

am 8.1.2023
1. Sonntag nach Epiphanias

Ort:
Seefelden


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Vor zwei Tagen haben wir Epiphanias oder das „Fest der Erscheinung des Herrn“, kurz Erscheinungsfest gefeiert. In katholisch geprägten Gegenden wie der unsrigen wird es im Volksmund auch Fest der Heiligen drei Könige genannt. Ursprünglich wurde an diesem Tag auch Weihnachten gefeiert bis dieses im 5 Jhdt. auf den 25. Dezember verlegt wurde. Seinen Ursprung hatte Epiphanias in Ägypten wo die dortigen Christen dem Fest der Geburt des Sonnengottes Aion ein eigenes Fest entgegensetzen wollten.

Die Geburt Jesu, seine Erscheinung ist der entscheidende Akt der Menschwerdung Gottes. Nach jüdischem Denken1 eigentlich unmöglich, dass Gott Mensch wird. Im Gegensatz dazu steht die Botschaft von Weihnachten und die ersten Verse des Johannesevangeliums (Joh 1,1ff). Hier wird von dem von Gott Gesandten berichtet der auch noch Gott ist, wie es Thomas am Ende des Johannesevangeliums mit seinem Bekenntnis „Mein HERR und mein Gott“ (Joh 21,28) zum Ausdruck bringt. Wie passt das zu dem „Höre Israel, der Herr unser Gott, der Herr ist einer.“2. Mit dem steilen Beginn des Johannesevangeliums und dem Bekenntnis des Thomas ist der Rahmen des Johannesevangeliums gesteckt.

Gott selbst erscheint als Mensch, in Gestalt von Jesu aus Nazareth bei uns Menschen und wohnt unter uns. Also nicht nur eine kurze Stippvisite und dann wieder zurück, so wie das z.B. die Griechen von ihren Göttern kannten. Dass ein Gott dauerhaft Mensch wird und gar stirbt war für sie undenkbar. Und dann – hört man etwa 30 Jahre nichts mehr von diesem Gott, von diesem Kind in der Krippe, bis er eines schönen Tages östlich von Jerusalem am Jordan auftaucht. Ich lese:

- Text lesen: Joh 1, 29 – 34 -

Hatten sie etwas anderes erwartet, eine andere Textpassage? Die Taufe Jesu selbst wird in allen vier Evangelien berichtet. Dem Bericht von der Taufe Jesus geht ein Bericht über Johannes den Täufer voraus. Darin wird mehr oder weniger ausführlich über Johannes den Täufer, seinen Auftrag, seiner Botschaft und seinem Wirken berichtet.

Johannes der Täufer ist eine bemerkenswerte Person. Wie kaum von einem anderen Menschen spricht Jesus immer wieder von ihm, und zwar nur positiv, so z.B. in Mt 11,11: „Wahrlich, ich sage euch, unter den von Frauen Geborenen ist kein Größerer aufgestanden als Johannes der Täufer; …“. Und dieser umspannt das Leben Jesu quasi von seiner Geburt (Lk 1,41) bis kurz vor seinem Tod, wo Jesus nach der Tempelreinigung nochmals Bezug auf Johannes den Täufer nimmt (Lk 20,4).

Diese sechs Verse des heutigen Predigttextes haben in der Elberfelder Bibel eine eigene Überschrift erhalten: „des Täufers Zeugnis über Jesus“. Aber was Johannes der Täufer hier ausspricht ist mehr als ein Zeugnis, es gleicht einer, nein, es ist eine Proklamation. Das ist mehr als nur der Hinweis auf den der vor ihm war und nach ihm kommt, der größer ist als er. Hier und nur hier in diesem Evangelium bekennt Johannes den Täufer öffentlich: Siehe das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt. Dieser Hoheitstitel findet sich nur im Evangelium des Johannes, bei keinem der anderen Evangelisten. Er legt bereits so am Anfang die einmalige Spur über Leben und Wirken Jesus.

Drei Beobachtungen:

1. Johannes - ein besonderer Mann an einem besonderen Ort

Johannes – nahezu zeitgleich mit Jesus geboren, Sohn der Elisabet und des Priesters Zacharias. Und dann hört man ebenso wie von Jesus nichts mehr von ihm. Lediglich Lukas gibt in seinem Evangelium am Ende des ersten Kapitels einen Hinweis, dass Johannes in der Einöde, also in der Wüste lebte. Lukas berichtet von der Berufung Johannes des Täufers an den das Wort Gottes (Lk 3,2) geschah. Hier wird an das Prophetenwort gedacht werden „Eine Stimme ruft: In der Wüste bahnt den Weg des HERRN! Ebnet in der Steppe eine Straße für unseren Gott!“ (Jes 40,3; 57,14).

Johannes war ein Mann der Wüste der sich von dem ernährte (Heuschrecken Mk 1,6) und sich mit dem kleidete (Kamelhaaren Mk 1,6) was die Wüste bietet.3 Und so wählte er entsprechend als Ort seines Wirkens die Wüste, aber nicht nur deswegen. Seine Wirkungsstätte war das Ufer des Jordans, östlich von Jericho an einer Furt durch den Jordan. Und diese Furt hat es in sich: hier sind die Israeliten nach der Wüstenwanderung in das gelobte Land eingezogen und nach 2Kö 2,6ff öffnete sich der Himmel erstmals an dieser Stelle als Elia hier im feurigen Wagen entrückt4 wurde – und genau hier, setzt Johannes sein Wirken fort.

Die Wüste, für uns ein unbekannter, ein trostloser, ein gefährlicher Ort, ein Ort des Todes. Aber die Wüste ist auch ein Ort der Reinigung, der Läuterung, der Versuchung. Wüste ein Ort der Neuausrichtung und der Rück-Besinnung auf sich und auf Gott, ein Ort der Visionen, der Gottesbegegnung und der Gottesbeziehung. Ganz schön was los in der Wüste.5 Die Wüsten waren und sind die Stillen Häuser nach denen wir uns sehnen um zur Ruhe und in die Begegnung mit Gott zu kommen. Ein Jerusalemer war quasi, wenn er über den Ölberg nach Osten ging, in knapp einer Stunde zu Fuß in der Wüste und konnte dort zur inneren Einkehr gelangen.

Und ein weiteres Detail fällt auf: Johannes wirkte am jenseitigen, also am Ostufer des Jordan. Da heißt, jeder der zu ihm wollte, musste das Heilige Land wieder verlassen und ca. 1.000 Meter hinabsteigen an einen der tiefsten Orte der Erdoberfläche. Und vollzog, nachdem er von Johannes wieder wegging, quasi einen erneuten Einzug in das Heilige Land.6

2. Johannes – und ein besonderes Bekenntnis

Dahin, an diesen Ort, an diesen Tiefpunkt kommt Jesus aus Galiläa, 200 Kilometer Fußweg liegen hinter ihm. Er reiht sich ein in die Schlange derer die aus ganz Judäa und Jerusalem (Mk 1,5) an das Ufer gekommen sind, um die Taufe der Buße, der Umkehr zu empfangen. Es gibt keinen Hinweis, dass sich die beiden Männer zuvor getroffen oder gekannt hatten oder es ihre erste Begegnung war. Plötzlich kommt der Mann auf ihn zu, von dem er wenig zuvor bekennt, dass er selbst nicht würdig ist, die Riemen seiner Sandalen zu lösen. Johannes sieht Jesus und spricht, nein er bekennt ohne Umschweife: „Siehe das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt.“ Was für eine Anrede, mehr als eine Anrede ein Hoheitstitel der sich ausschließlich im Evangelium des Johannes findet. Kein anderer Evangelist gebraucht ihn und in den neutestamentlichen Briefen finden sich lediglich zarte Anlehnungen im ersten Petrusbrief (1Petr 1,19) und in der Offenbarung (Offb 5,6.12).

Johannes erkannte dass jetzt der prophezeite Messias vor ihm steht, welcher den Sieg Gottes (JHWHs) umsetzt und die Verheißungen Gottes an seinem Volk erfüllt. Seine Zeitgenossen wussten auch von diesem Messias, aber sie stellten sich diesen anders vor, als König so wie man sich eben Könige und Herrscher vorstellt: mächtig und gewaltig. Und nun steht dieser König vor ihm, aber eben anders als er sich diesen vorgestellt hat und trotzdem erkennt er ihn. Das Erkennungszeichen: der Himmel der sich nun zum zweiten Mal an dieser Stelle öffnet – sie erinnern sich? – und am Heiligen Geist der auf Jesus herab kommt und auf ihm bleibt!

In Vers 31 offenbart Johannes seinen eigentlichen Auftrag: er ist nicht nur gekommen um mit Wasser zu taufen, sondern um den zu offenbaren, der vor ihm war und nach ihm kommt, das ewige Wort Gottes das war und ist und immer sein wird – in der Konsequenz Gott selbst!

Diese Erkenntnis muss einen Juden wie Johannes elektrisiert haben. Jetzt vollzieht sich das, was sich das ganze Volk Jahrhunderte erhofft und erbeten hat. Jetzt ist die Zeit gekommen, in der Gott alles erfüllt und er sein Königreich aufrichtet – jetzt, endlich hat das Warten ein Ende. In Jesus hat das Exil seinen Höhenpunkt erreicht, Jesus der wahre Israelit befreit sein Volk nicht nur von Griechenland und Rom, nicht nur von Herodes, Kaiphas und Pilatus sondern befreit es von Sünde und Tod, den ultimativen Feinden.7 Der Messias ist da um endgültig, ein für alle Mal zu erfüllen (vgl. Mt 5,17).

3. Johannes - mit einer Botschaft auch für uns.

Und wir? Mit dieser Proklamation vollzieht sich ein Wendepunkt, beginnt die öffentliche Wirksamkeit Jesu. In und mit seinem Leben, mit all dem was er verkündete und tat erfüllte er seinen Auftrag, den Auftrag, den er als Messias, als der von Gott Gesalbte, als der König Israels und der Welt hat.

Hätte das auch anders ausgehen können, hätte Jesus abbrechen können? Diese Frage habe ich mich in jüngeren Jahren meines Christseins immer wieder gestellt. Carl Olof Rosenius hat dies in der Auslegung über den Römerbrief in fiktiven Überlegungen zu Genesis 1, 26 einmal so beantwortet: Als im göttlichen Heilsrat bei der Schöpfung der Sohn mit seinem ja ich will, die Erlösung der Menschen auf sich genommen hat, erst dann, hat der Vater gesprochen: so will ich das menschliche Geschlecht schaffen.8 Von Anfang an war der Fall und Erlösung des Menschen im Blick. Gott will unsere Erlösung, dazu hat ER seinen Sohn Jesus gesandt.

Im Leben Jesu kommt zum Ausdruck und geht in Erfüllung dass Gottes Herrschaft begonnen hat. Die Macht der Sünde ist gebrochen und zeichenhaft wird dies auch sichtbar in dem was die Jünger Johannes des Täufers diesem berichten sollen: Blinde sehen wieder, Lahme gehen, Aussätzige werden gereinigt, Taube hören, Tote werden auferweckt, Armen wird gute Botschaft verkündigt.(Lk 7,22) Das Evangelium nimmt Fahrt auf bis es am Ende in Kreuz und Auferstehung vollendet wird. Dieses Evangelium ist nicht die Botschaft von der Verfügbarkeit der Errettung für den Einzelnen. Es verkündet vielmehr, dass die messianischen Verheißungen der Errettung in Jesus wahr geworden ist.9 Und dieses wahr geworden sein bezieht sich nicht nur auf Israel sondern auf die ganze Welt, so auch auf uns.

Der „lebendige Gott wird zum König„10 und damit sind alle Menschen eingeladen sich Israel anzuschließen.11 Die gesamte biblische Erzählung, die gesamte große Story Gottes läuft auf diesen Punkt zu, dass Gott sich offenbart und zu seinem Ziel kommt, indem Jesus durch seinen Tod „die Sünde der Welt wegnimmt.“ (V.29). Damit ist die Sünde der Menschen, die Trennung des Menschen von Gott gemeint. Der Bruch, aus dem alle anderen Brüche entstehen – Beinbruch, Ehebruch, Einbruch etc. Johannes weist hier, ganz am Anfang seines Evangeliums bereits darauf hin, was am Ende stehen wird, was die Vollendung sein wird.

Schluss

Für Johannes den Täufer war in der Begegnung mit Jesus klar (vgl. hierzu Lk 7,22), dass er nicht am Ende sondern nun am Beginn eines neuen Zeitalters lebt.12 In diesem Zeitalter leben auch wir. Denn Gottes Zeitalter, sein Königreich ist mit Jesus – seinem Kommen – seinem Leben und Wirken – seinem Tod – seiner Auferstehung angebrochen. Gott hat seinem Volk Israel erfüllt was er durch die Schrift verheißen hat. Gewiss es ist noch nicht alles vollendet – aber es ist alles getan, es ist nichts mehr hinzuzufügen. Oder wie schreibt es Miroslav Volf: „Die Welt hat ihre wahre Erfüllung gefunden, weil sie Gottes Wohnung geworden ist.“13 Jesus Christus hat uns eine Vision von Gottes zukünftiger neuer Stadt gegeben.Und bis zur Vollendung ist es an uns und unser Auftrag in unseren Tagen das zeichenhaft zu leben was wir von der zukünftigen von der neuen Stadt Gottes verstanden haben.14

Amen.

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Obertüllingen 107
79539 Lörrach-Tüllingen
07621/9153229
eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

1 Frey, Prof.Dr. Jörg in: Worthaus “Das Johannes Evangelium”, 11.6.2 ca. ab 3‘
2 N.T Wright zeigt Spuren einer durchaus jüdischen Trinitätstheologie in „Worum es Paulus wirklich ging“ auf; S.76-92.
3 über das Leben der Wüste siehe der Roman von VÁZQUEZ-FIGUEROA, Alberto; Tuareg; Verlag: Editorial Kolima, S.L.; 1989 erstmals erschienen
4 vgl. R. Schneider, C.P. Thiede in: das große Bibellexikon 2; S. 698 oder auch Zimmer, S. in Worthaus 5.6.1 Minute ?
5 QUITTKAT Sven; in: Zuversicht und Stärke. Februar -März 2008. 6. Reihe - Heft 2. Seite 33
6diesen Gedanken gefunden bei ZIMMER, Siegfried, Prof.Dr.; Worthaus 5.6.1 ab. ca. 41‘
7WRIGHT, N.T. Prof.Dr.; „Worum es Paulus wirklich ging“ auf; Brunnen Verlag, Giessen, 20224, S.61.
8ROSENIUS, Carl Olof. Geheimnisse im Gesetz und Evangelium I. Band. Elmshorn 1980. S 5
9WRIGHT, N.T; a.a.O. S.65
10derselbe a.a.O. S. 53
11derselbe a.a.O. S. 61
12derselbe a.a.O. S. 60
13VOLF, Miroslav; CROASMUN, Matthew; „Für das Leben der Welt – Ein Manifest zur Erneuerung der Theologie; Aschendorff Verlag, Münster, 2019, S.79.
14a.a.O. – die genaue Stelle habe ich nicht mehr gefunden aber der Spur nach z.B. S. 38, 70, 90, 108.

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