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Moral und Wirtschaft

am 25.02.2005

Ort:
Raiffeisenbank Brenztal eG, Niederstotzingen


"Moral und Wirtschaft"

Referat bei der Betriebsversammlung der
Raiffeisenbank Brenztal eG, Niederstotzingen am 25.02.2005
von Karl-Heinz Rudishauser, Heidenheim

Einleitung

Was haben sie sich wohl gedacht als sie die Einladung zu dieser Versammlung erhalten haben und darauf zu lesen war, dass ein Referat mit dem Thema "Moral und Wirtschaft" vorgesehen ist? Vielleicht haben sie sich gedacht, dass dies zwei total entgegengesetzte Pole sind, die überhaupt nicht zusammenzubringen sind. Moral und Wirtschaft, das ist wie Feuer und Wasser, Tag und Nacht, entweder das eine oder das andere aber beides zusammen? Da jeder Mensch mehr oder weniger mit Wirtschaft zu tun hat, sei es im privaten Bereich oder auch im Beruf, ist dies ein Thema, das jeden von uns angeht. Ich behaupte einmal, dass diese beiden Themengebiete näher beieinander liegen als wir das zunächst vermuten und dass es sich lohnt, sie auch beieinander zu lassen. Dies möchte ich in meinem Vortrag zu belegen versuchen.

In vier Schritten soll dies geschehen:

  • 1. Kennzeichen von Wirtschaft
  • 2. Was ist Moral?
  • 3. Moral und Gesellschaft
  • 4. Moral und Wirtschaft
  • 1. Kennzeichen von Wirtschaft

    Das (wirtschaftliche) Handeln einer Unternehmung ist auf Erfolg (= positives Ergebnis zielgerichteten Handelns) ausgerichtet. Dabei spielen die wirtschaftlichen

    Ziele eine ganz wesentliche Rolle, stellen sozusagen das Primat unter den Zielen dar, unter das sich alles andere beugen muss.

  • wirtschaftliche Ziele
  • Umsatz- und damit verbunden ein Gewinnstreben
  • Wirtschaftlichkeitsstreben, Rentabilität
  • Sicherung der Unternehmung
  • Und als wichtigste Messlatte dabei gilt der Gewinn der Einfluss auf die verschiedenen betrieblichen Kennzahlen nimmt. Früher habe ich immer gedacht, so eine Bilanz ist ein untrügliches Dokument, ähnlich einem Fingerabdruck, da kann man nichts manipulieren. Da gibt es ja rechtliche Vorschriften in deren Rahmen so eine Bilanz erstellt wird. Heute bin ich längst eines besseren belehrt und staune immer wieder, wie facettenreich auf den verschiedenen Bilanzkonferenzen die Ergebnisse präsentiert werden.

    Aber eine Unternehmung kann durchaus weitere Ziele verfolgen und diesen auch mit einem gewissen Interesse verfolgen. So wurde plötzlich entdeckt, dass der Kunde für den Erfolg einer Unternehmung doch auch eine gewisse Rolle spielt und man entwickelte Kundenziele. Inzwischen haben dies sogar die Behörden und behördenähnliche Einrichtungen entdeckt. Schüler, Studenten, Patienten Bürger und Kirchenmitglieder werden zu Kunden umgewandelt. Es wird der Eindruck erweckt, dass so endlich deren Bedürfnisse richtig wahrgenommen und berücksichtigt werden. Dazu sagt der Vizepräsident des Instituts für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen Ulrich Thielemann: "Unsere Mitmenschen werden immer mehr nach der Maßgabe ihrer ökonomischen "performance", ihren Leistungen, ihrer "Effizienz", Zahlungsfähigkeit usw. behandelt." Er spricht dabei von der "Ökonomisierung" der Gesellschaft.1

    Unternehmungen die zu den "Top Ten" gehören wollen und teilweise auch dazu gehören, zu mindest aber besondere Beachtung finden sind solche, die auch ihre Mitarbeiter im Blick haben und Mitarbeiterziele entwickelt haben. So sagt der ehemalige Leiter des Instituts der deutschen Wirtschaft Prof. Gerhard Fels dass "gerade auch die Mitarbeiter im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit eines guten Managers stehen."2

    Das Unternehmen diese Ziele haben und auch bemüht sind diese zu erreichen, ist uns bekannt. Die Frage besteht meist nur darin, ob diese Ziele auch ausformuliert und in ein Zielsystem gepackt sind, das dann auch in der Unternehmung und an die MitarbeiterInnen kommuniziert wird oder ob die Unternehmensziele nur im Kopf einzelner vorhanden sind.

    Das Thema Ziele in der Wirtschaft stellt die Überleitung und die Verbindung zur "Moral" dar. Denn wenn wir über Ziele reden, auch und gerade in der Wirtschaft, dann stellt sich nahezu wie von selbst auch die Frage von was werden die Ziele bestimmt, gibt es etwas, was über den Zielen steht, das Einfluss auf die Zielsetzung nimmt? Haben "Moral" oder Werte einen Einfluss darauf? Aber was ist eigentlich Moral und was sind Werte?

    2. Was ist Moral?

    Ein wesentliches Problem bei der Moral besteht darin, dass dieser Begriff sehr stark negativ geprägt ist und einseitig auf nur einen Lebensbereich, den der Sexualität, bezogen wird. Aber Moral umfasst das gesamte sittliche Verhalten, also das, was in einer Gesellschaft Sitte ist. Allgemein formuliert ist Moral das, was als Wertesystem tatsächlich praktiziert, im täglichen Leben und Umgang miteinander umgesetzt wird. Nun stehen wir heute in der Situation, und das mehr als in früheren Generationen, dass es "die Moral" schlechthin nicht gibt.

    Zur Definition könnte man sagen, dass unter Moral die Umsetzung bestimmter Werte zu verstehen ist die in einer Ethik begründet werden. Somit ist Ethik das System, das hinter einer Moral steht. Und da gibt es ganz unterschiedliche Systeme die nebeneinander stehen. Es gibt die unterschiedlichsten ethischen Entwürfe aus unterschiedlichen philosophischen Ansätzen.

    Und so stellt sich in der Folge die Frage, ob und wenn ja welchem Wertesystem ich verpflichtet bin? Der Freiburger Professor für Biologie Hans Mohr schreibt in seinem Buch "Natur und Moral": "Die Würde des Menschen drückt sich darin aus, dass der Mensch sich bei seinem Planen und Handeln durch Werte und daraus folgende Maximen leiten lässt."3 Werte nehmen Einfluss auf unsere Entscheidungen bei der Zielsetzung, bei der Auswahl der Mittel und bei der Bewertung von Risiken und Nebeneffekten. Ich muss mir über meine Werte im Klaren sein, das gilt auch für eine Unternehmung.

    Dabei lassen sich zwei Handlungsvarianten unterscheiden: "gesinnungsethische" und "verantwortungsethische". Bei ersterem geht es primär, das gesteckte Ziel zu erreichen, Werte umzusetzen und sich nicht durch die Folgen irritieren zu lassen (Beispiel: "hier steh ich nun und kann nicht anders"). Bei Letzterem liegt der Fokus auf den einzelnen Handlungen und deren möglichen Auswirkungen die dann bestimmen, ob und was ich tue. Diese beiden Positionen wurden von dem Soziologen Max Weber begründet der natürlich wusste, dass es unmöglich ist, alle Folgewirkungen unserer Handlungen in ihren Konsequenzen zu durchschauen. "Heilige" handeln eher gesinnungsethisch während Politiker eher verhaltenethisch orientiert sind.

    Gehen wir auf unserer Suche nach dem richtigen Begriffsverständnis noch einen Schritt weiter. Werte als solche lassen sich in sogenannte "instrumentale" und "terminale" Werte einteilen. Terminal Werte sind Endzustände (Frieden, Gerechtigkeit, etc.) und instrumentale Werte sind Verhaltensweisen.4 In der Zuordnung zueinander sind die Verhaltensweisen den Zuständen untergeordnet, das Ziel bestimmt also den Weg(!) und nicht "der Weg ist das Ziel".

    Untersuchungen5 haben ergeben, dass Menschen ganz unterschiedliche Wertesysteme haben bzw. bevorzugen. Die Ergebnisse einer Umfrage lassen sich in Gruppen zusammenfassen und miteinander vergleichen. So gibt es beispielsweise neben Übereinstimmungen bei Frauen und Männern auch erhebliche Unterschiede. Auch das Bildungsniveau oder die soziale Schicht nimmt Einfluss auf das Wertesystem.

    3. Moral und Gesellschaft

    In einer pluralistischen Gesellschaft wie der unsrigen kommt es darauf an, dass ein ethischer Minimalkonsens vorhanden ist, der letztlich das Zusammenleben regelt. Bei uns ist dies das Grundgesetz oder die Verfassung der Länder. Auch eine Familie braucht einen solchen Minimalkonsens der in der Regel durch das Wertesystem der Eltern vorgegeben ist. Wenn dieser Wertekonsens in Familien fehlt, dann fehlt den Kindern und zukünftigen Erwachsenen die Möglichkeit, den Umgang mit einem vorgegebenen Wertesystem zu trainieren. Mag ein solcher Minimalkonsens auf den zwei gerade beschriebenen Ebenen noch mehr oder weniger erfolgreich möglich und vermittelbar sein, so stellt sich jedoch die Frage, wie dies in einer globalen Welt möglich ist?

    Ein einheitliches Wertesystem wäre nur mit äußerem Druck und unter Aufgabe der Freiheit des einzelnen durchsetzbar. Dies wäre zwar in manchen Fällen durchaus wünschenswert verträgt sich aber nur schlecht mit der Würde des Menschen. Allerdings möchte ich hier zu bedenken geben, ob dieses Ideal der "intellektuellen" Freiheit, also der Freiheit meine Entscheidungen zu treffen, wirklich so gegeben ist. Sind wir wirklich frei in unserer Willens- und Meinungsbildung oder unterliegen wir nicht mannigfachen Einflüssen die wir im einzelnen gar nicht mehr wahrnehmen?

    Im Blick auf unsere und auch andere sogenannte "modernen" Gesellschaften sind zum einen folgende Tendenzen in Sachen Ethik auszumachen: es ist eine Zuspitzung auf die sogenannte Situationsethik festzustellen6. Dies bedeutet, dass der Einzelne in der jeweiligen Situation festlegt und dann auch entscheidet, was er für richtig oder falsch erachtet und daran sein Verhalten festmacht. Und vielleicht merken sie schon, dass dies zu erheblichen Konflikten im täglichen miteinander führen kann, weil es keinen übergeordneten Wertekonsens mehr gibt und ich nicht mehr davon ausgehen kann dass das was ich für richtig halte auch für den anderen gilt. Verantwortungsethische Ansätze dominieren somit ethisches denken uns dabei geht ein wesentlicher Aspekt menschlichen miteinanders, das ich für sehr wesentlich halte, verloren: die Offenheit und Ehrlichkeit.

    Zum anderen beobachte ich, dass bei Menschen und Einrichtungen zu deren Aufgaben es gehört, die "ethische Stimme" zu erheben zunehmend eine gewisse Scheu, dieser Aufgabe nachzukommen. So sind es heute vielfach, was nicht unproblematisch ist, Wirtschaftwissenschaftler die sich hier zu Wort melden und Theologen oder Philosophen zurückdrängen deren Aufgabe es wäre, normative Maßstäbe zu formulieren. Denn genau dies ist Aufgabe der Ethik: "sittliches Verhalten (rational) zu begründen und normativ zu wirken."7 In diesem Prozess stellt sich natürlich die Frage was ist "gut" und was ist "böse". Der Mensch hat zwar nach dem biblischen Schöpfungsbericht vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen gegessen, aber er ist damit überfordert diese Erkenntnis auch zu seinem und zum Wohl der Menschheit anzuwenden. Somit befinden wir uns dem Dilemma das von dem Apostel Paulus so auf den Punkt gebracht wurde (Röm 7,19): "Denn das Gute, das ich will, übe ich nicht aus, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich." Paulus beschreibt hier einen Konflikt den möglicherweise auch der eine oder auch die andere bei sich schon ausgemacht haben. Und dieser Konflikt lässt sich auch nicht einfach beiseite schieben oder verleugnen. Die Frage ist, wie wir damit umgehen. Aus meiner Sicht ist es entscheidend, an einem Wertesystem festzuhalten, von dem ich grundsätzlich überzeugt bin! Und dieses Wertesystem muss von außen kommen und mich in einen größeren Kreis Gleichgesinnter stellen. Es geht um eine Wiederbelebung einer gesinnungsethischen Ausrichtung, die, das räume ich durchaus ein, Mut und Zivilcourage erfordert, denn es werden Konsequenzen gefordert - über kurz oder lang.

    4. Moral und Wirtschaft

    Und was hat dies alles mit der Wirtschaft zu tun? Moral und Wirtschaft müssen sich nicht grundsätzlich ausschließen. Es ist moralisch nicht verwerflich, und dies mag sie möglicherweise überraschen, wenn im Wertesystem einer Unternehmung die Gewinnerzielung an wichtiger Stelle steht und letztlich auch stehen muss. Den eine Unternehmung hat auch eine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft und den Menschen, die mir ihr zu tun haben. Und um dieser Verpflichtung nachkommen zu können, sind Gewinne erforderlich. Somit ist die entscheidende Frage nicht diejenige, ob eine Unternehmung Gewinne machen darf, sondern wie eine Unternehmung diese erzielt was sie mit den Gewinnen macht. Problematisch wird es dann, wenn aus dem durchaus legitimen Ziel der Gewinnerzielung über kurz oder lang eine reine Gewinnmaximierung wird Es sollte klar sein, dass Gewinnerzielung nur ein Aspekt unter anderen ist und der durchaus auch relativiert und hinterfragt werden kann und darf.8 Ein wesentlicher Aspekt und Funktion von Werten ist genau dies: sie hinterfragen Ziele und Handeln!

    In Gesellschaften wie der unsrigen stehen diejenigen, die an der Spitze stehen und besondere Funktionen ausüben unter besonderer Beobachtung. Dazu zählen insbesondere Menschen des öffentlichen Lebens. Und dazu gehören neben Politikern auch Spitzenfunktionäre und Wirtschaftsführer die, ob sie es wollen oder nicht, eine Vorbildfunktion inne haben. Der Mensch braucht Identifikationsfiguren an denen und deren Verhalten er sich orientiert. Die Verhaltens- und Lernpsychologie belegt, dass wir uns zwar mit gesagtem identifizieren, aber das vorgelebte imitieren. Das sehen sie am ehesten und anschaulichsten an kleinen Kindern. Aber nicht nur Spitzenmanager und Politiker sind Vorbilder für unser Verhalten, sondern dies gilt auch für jeden Unternehmens- oder Abteilungsleiters.

    Dass uns beim Thema "Moral und Wirtschaft" zuerst fast automatisch Manager und Unternehmer einfallen liegt daran, dass diese unter besonderer Beobachtung der Medien stehen und Fehlverhalten gnadenlos öffentlich machen. Die Frage bei solchen Berichterstattungen ist, in wie weit die dabei publik gemachten Fälle wirklich repräsentativ sind, ob also das Verhalten eines Deutsche Bank Chef's auf alle Manager übertragen werden kann. In den Medien werden meist die schwarzen Schafe zur Schau gestellt, diejenigen, denen man unmoralisches oder unanständiges Verhalten vorwerfen kann. Man sagt zwar wie es nicht sein soll, aber man drückt sich damit gleichzeitig auch davor zu sagen, wie es denn "richtig" gemacht werden kann.

    Ich behaupte einmal, dass es andererseits aber auch genügend Beispiele gibt, die als Vorbilder für moralisches Verhalten dienen können. Nur die lassen sich schlecht als "Säue durch die Dörfer" treiben. Als ein solch positives Beispiel gilt der Gründer ihrer Bank bzw. Bankenverbundes:

    Friedrich Wilhelm Raiffeisen. Er gründete nach einer Hungersnot einen karitativen Fond der von wohlhabenden Bürgern gespeist wurde. Aus diesem Fonds wurden dann Lebensmittel gekauft um sie den Bedürftigen auf Kredit zur Verfügung zu stellen. Grundsätze sind Selbsthilfe, Solidarität und Selbstverwaltung. ein Prinzip übrigens, dass die Grundlage moderner Entwicklungshilfekonzepten bildet. Als Raiffeisen im Alter von 70 Jahren verstarb war sein Name bereits Programm geworden.

    Weitere positive Beispiele an denen man sich orientieren kann liefert das "Deutsche Netzwerk für Wirtschaftsethik"9. Dazu zählt der "Preis für Unternehmensethik" der im vergangnen Jahr an die Faber Castell AG ging. Das daran angegliederte Zentrum für Wirtschaftsethik unterstützt Unternehmungen bei der Einführung und Umsetzung eines Wertemanagements. Dort finden sich auch Beispiele von Firmen, die dies umgesetzt haben.

    So verleiht beispielsweise die Bertelsmannstiftung zusammen mit dem ZDH durch den auch vorbildliche Unternehmenskultur ausgezeichnet wird. So ging der diesjährige zweite Preis an eine (Groß-)Bäckerei in Neckarsulm.

    Eine Studie des Instituts für Mittelstandsforschung10 ergab, dass die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung und eine mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur im deutschen Handwerk ein erheblicher Wettbewerbsvorteil sind.

    Wir könnten jetzt so argumentieren dass Studien belegen, dass es sich für Unternehmen lohnt, Wertesysteme jenseits der Gewinnmaxime einzuführen, da sich diese durchaus auf den Erfolg, sprich Gewinn des Unternehmens positiv auswirken. In dieser Argumentationsschiene bewegen wir uns jedoch wieder unter der Maxime der Gewinnmaximierung. Wir befinden uns also auf der Ebene der instrumentalen Werte, sprich wir legen ein Verhalten fest und fragen uns, welche Konsequenzen, welches Ergebnis dieses Verhalten hat. Und wenn die Ergebnisse nicht so ausfallen wie wir uns das denken, wie es der Gewinnerwartung entspricht stehen diese Systeme in Gefahr, als erstes gekippt zu werden.

    Für die erfolgreiche und nachhaltige11 Umsetzung von Unternehmenszielen in allen Bereichen, braucht es ein Wertesystem das funktioniert. Als Beleg dass diese vielfach fehlen oder zumindest aber in Unternehmungen nicht gelebt werden, ist ein Zeitungsbericht12 über die Qualitätskrise bei führenden deutschen Automobilherstellern. Diese Qualitätskrise ist zum einen dadurch begründet, dass in deutschen Autos modernste und innovative Technologie eingesetzt wird und diese Zyklen immer kürzer werden und damit die Zeiten, diese Technologien auch ausreichend auszutesten, kaum noch reichen. Zum anderen sind diese Mängel aber auch zu einem großen Teil auf die Art und Weise zurückzuführen, wie in dieser Branche mit den Zulieferern umgegangen wurde und wird. Ich halte dafür, dass dies ein Spiegel für den Mangel an Umsetzung ethischer Grundsätze, in diesem Fall im Umgang mit Zulieferern, ist.

    Der scheidende Ministerpräsident Baden-Württembergs Erwin Teufel hat kürzlich in einem Interview gesagt: "Eine Politik ohne Werte ist eine wertlose Politik."13Ich wage die Übertragung: eine Gesellschaft und damit verbunden eine Wirtschaft, die Werte über den Haufen wirft, auf die sie über Jahre und Jahrhunderte gesetzt hat und die zu einem Großteil zur Entwicklung dieses Landes beigetragen haben über Bord wirft und aufgibt, wird zunehmend, und dies mit allen damit verbundenen Konsequenzen, wertlos werden.

    Schon vor Jahren berichtete "DIE ZEIT", dass motivierte Mitarbeiter eine Produktivitätssteigerung im Bereich von 10% ermöglichen, ohne dass dies mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.

    5. Schlussgedanken

    Voraussetzungen für die Einführung und (erfolgreiche) Umsetzung eines Wertesystems in einer Unternehmung sind:

    Damit eine Unternehmung moralisch sein kann, braucht sie eine Wertesystem und sie braucht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (auf allen Ebenen), die dies wollen und die hinter diesem Wertesystem stehen (Bsp. Bäckerei Hertner in Neckarsulm). Es nutzt nichts, wenn dies nur einseitig von "oben" gewollt wird und die Mitarbeiter nicht mitziehen. In einem Wertesystem muss jeder Beteiligte Verantwortung übernehmen.

    Eine Unternehmung kann kein Wertesystem durchsetzen, hinter dem die Mitarbeiter nicht stehen - im positiven wie im negativen. Aber auch ein Mitarbeiter wird es in einem Unternehmen schwer haben bzw. sich nicht wohl fühlen, was natürlich Auswirkungen auf seine Leistungsfähigkeit hat, in dem er seine persönlichen Wertvorstellungen nicht umsetzen kann. Trotzdem sollte er diese nicht vorschnell über Bord werfen. Es könnte ja auch der Fall eintreten, dass er durch sein Verhalten Maßstäbe setzt die von der Unternehmensleitung aufgegriffen werden.

    Ich halte es jedoch für entscheidend, dass bei der Einführung einer Unternehmensethik gesinnungsethische Aspekte die Oberhand vor verantwortungsethischen Aspekten behalten. Das bedeutet, eine Wertesystem muss um seiner selbst willen gewollt werden, ansonsten besteht die Gefahr, dass es schnell wieder gekippt wird, wenn sich die wirtschaftlichen oder Rahmenbedingungen ändern.

    Es ist und kann nicht meine Aufgabe sein, sie auf ein Wertesystem festzulegen. Ich kann dafür werben dass sie sich mit diesem Thema auseinandersetzen, für sich persönlich als auch in ihrer Funktion und Stellung als Mitarbeiter in einem Unternehmen weil es nicht nur wichtig ist, dass wir uns über Werte, Ethik und Moral Gedanken machen, sondern es sich auch lohnt - nicht nur wirtschaftlich.

    Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!

    Literaturhinweise:
    1 THILEMANN, DR. ULRICH; Interview im Newsletter 08/09/2004 der Deutschen Stiftungsagentur
    2 FELS, Prof.Dr. Gerhard in seiner Eröffnungsrede anlässlich der Verleihung des Max-Weber-Preises 2004; Redeskript zu finden unter www.kirche-und-wirtschaft.de
    3 MOHR, Hans; Natur und Moral; Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 1987, S. 7
    4 derselbe a.a.O. S. 8f
    5 ROKEACH, M.; The nature of human values; New York 1973; zitiert in Mohr, H. Natur und Moral, S. 9f
    6 LIEBSCHNER, S.; in Evangelisches Gemeindelexikon, R.Brockhaus Verlag, 1978, Wuppertal, S. 158
    7 MOHR, Hans; a.a.O. S. 76
    8 THILEMANN, DR. ULRICH; Interview im Newsletter 08/09/2004 der Deutschen Stiftungsagentur
    9 Infos unter www.dnwe.de
    10 www.bertelsmann-stiftung.de; Zusammenfassung der Studie
    11 an dieser Stelle ist ein Hinweis auf die ursprüngliche Bedeutung und der Herkunft dieses in letzter Zeit vielgebrauchten Begriffs im gesprochenen Wort sinnvoll
    12 Badische Zeitung vom 23.02.2005, "Dritte Seite"
    13 TEUFEL, Erwin in einer "Leute heute" Sendung des SWR1 im Januar 2005
    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Altenheimstraße 23
    89522 Heidenheim/Brenz
    07321/910915
    eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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