Home
Predigten
 
 

Predigt über Apostelgeschichte 17,22-34

am 21.04.2002
Junilate

Ort: Staufen und Münstertal


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Die Bibel, je nach Ausgabe ein Buch mit vielen hundert Seiten. Aber eigentlich ist es ja nicht nur ein Buch, sondern eine Sammlung vieler verschiedener Bücher. Das spannende dabei ist, daß diese einzelnen Bücher ganz unterschiedlich sind. Da kennen wir Geschichtsbücher und prophetische Bücher, die Evangelien und die Briefe.

Und je nach dem haben sie ganz verschiedene Absichten und Schwerpunkte in dem was und wie sie etwas berichten. So erzählen die Bücher Mose die Geschichte des Volkes Israel und seiner Beziehung zu Gott. Die Evangelien künden vom Leben Jesu und von der Versöhnung Gottes mit uns Menschen. Und die Briefe im Neuen Testament beschäftigen sich mit Anliegen und Fragen der ersten Christen und versuchen dazu Hilfestellungen und Antworten für das Leben in der Nachfolge zu geben. Unser heutiger Predigttext stammt aus dem Geschichtsbuch des Neuen Testaments, der Apostelgeschichte. In ihm erfahren wir über das Leben und die Schwierigkeiten der ersten Christen bei der Ausbreitung des Evangeliums.

- Text lesen: Apostelgeschichte 17, 16-21 -

Da steht er nun und wartet auf seine Mitarbeiter. Was tun in dieser Zeit? Und da man nicht alle Tage in Athen, einer Stadt von Welt ist, nutzt Paulus die Gelegenheit und macht einen Stadtbummel. Schließlich will man ja was zu erzählen haben, wenn man wieder nach Hause kommt.

Was Paulus bei seinem Rundgang durch Athen zu sehen bekommt, war beeindruckend. In Metall gegossene, kraftstrotzende Jünglinge und liebevoll in Stein gemeißelt, lächelnde Schönheitsgöttinen blickten ihn an. Eine Unmenge von Altären auf denen Menschen diesen Göttern Opfer brachten. "Für Zeus, den Vater aller Götter" stand wohl auf so einem Alter. Auf einem anderen war zu lesen: "Für Hera, die Mutter aller Göttinnen und Götter". "Für Aphrodite, die Göttin der Schönheit und der Liebe" stand auf einem dritten. Und wieder auf einem anderen war zu lesen: "für Poseidon, den Herren der Meere". Für Artemis, für Apollo, für Athene für, für, für ...

Die Zahl der Götter und Altäre schien überhaupt kein Ende zu nehmen. Denn keiner oder keine durfte vergessen werden. Alle wollten sie verehrt und gewürdigt sein. Denn sonst lief man Gefahr, die vergessene Gottheit zu erzürnen und deren Rache heraufzubeschwören.

Diese gewaltigen Bilder, die Paulus zu sehen bekommt, lassen ihn nicht unberührt. Und so entwickelt sich dieser Stadtbummel zu allem anderen als einer gemütlichen Sightseeing-Tour. Das darf doch wohl nicht war sein? Das kann es doch nicht sein - oder? Und ehe sich Paulus richtig versieht findet er sich mitten auf dem Aeropag wieder. Dem geistlichen Zentrum der damaligen Welt. Auf dem Platz, an dem sich die Gelehrten trafen und ihre Weisheiten austauschten. Eine Situation wie geschaffen für Paulus! Und sie fordern ihn heraus, komm Paulus, erzähl uns mal, warum du so aufgeregt bist und was es auf sich hat, mit dem unbekannten Gott?

Und Paulus ergreift das Wort und legt los: "Männer von Athen, ich sehe daß ihr in jeder Beziehung den Göttern sehr ergeben seid." (V 22). Moment mal, wie war das, habe ich mich da verhört? Paulus redet hier doch von den Götterstatuen die er bei seinem Rundgang gesehen hat und über die er so ergrimmt war. Was ist los mit Paulus? Jetzt hat er eine einmalige Gelegenheit und nun bekommt er kalte Füsse als er all den klugen Köpfen gegenübersteht und von ihm Rede und Antwort verlangt wird. Traut er sich nicht mehr das zu sagen, was ihm wichtig, was der Grund seiner Reise ist? Gib er kleinlaut bei und der Gott der Bibel, sein Gott, eben nur ein Gott unter vielen anderen?

Was ich nun erlebe ist eine Lehrstunde das für ein missionarisches Gespräch. Und das erste, was ich lerne ist:

1. Paulus läßt sich auf die Welt seiner Gesprächspartner ein

Es erstaunt, wie der ansonsten so angriffslustige und selbstsichere Paulus hier auftritt. Warum schlägt er so verhaltene Töne an wo er sich ansonsten nie gescheut und kein Blatt vor den Mund genommen hat? Was steckt hinter seinem Verhalten? Während er in Gesprächen und Diskussionen mit den Juden auf eine gemeinsame Basis aufbauen konnte, wendet er hier eine andere Strategie an. Er begegnet diesen Menschen, die neugierig sind von ihm über diesen "unbekannten Gott" zu hören, nicht vorlaut und überheblich. Er sagt nicht, ich hab's und alles was ihr bisher gemacht habt war unnütz und nichts wert. Paulus läßt sich auf die Welt seiner Zuhörer ein. Er holt sie dort ab wo sie stehen, spricht sie auf ihren Glauben an, mehr noch, er lobt (!) sie sogar wegen ihrer Frömmigkeit: "... ich sehe daß ihr den Göttern sehr ergeben seid ..." (Apg 17,22).

Vielleicht erstaunt sie diese Aussage ebenso wie mich. Aber hat Paulus nicht recht, in dem was er sagt? Ist es nicht lobenswert wenn Menschen nach übergeordneten Werten fragen und damit eingestehen, daß der Mensch, daß ich nicht das Maß aller Dinge bin?

Es ist auch der Respekt vor dem anderen der ein solches Verhalten gebietet (bedenke Mt 7,12). Denn das, was sie bisher geglaubt und verehrt hatten entsprach dem, was sie wußten und kannten. Das kann man nicht verurteilen oder als falsch bezeichnen. Oder wie würden sie reagieren, wenn man sie wegen ihres Glaubens angreifen und kritisieren würde? Hinter all diesen Altären steckt die Unruhe und letztlich auch die Sehnsucht, Frieden zu finden.

Auch wenn die Altäre heute anders heißen Fun, Wohlstand, Selbstverwirklichung wäre ich mit einer zu schnellen und generellen Verurteilung von Menschen die etwas anderes oder scheinbar nichts glauben, vorsichtig. Sicher würde es zu weit gehen, diese neuen Götter und deren Verehrung mit derjenigen der alten Griechen gleichsetzen zu wollen. Während diese noch fragten: "Welches ist der wahre Gott?" fragt man heute: "Gibt es Gott überhaupt?". Aber hinter dieser Fragestellung von heute verbirgt sich für mich auch die Frage nach den Konsequenzen. Was, wenn es tatsächlich einen Gott gibt? Was bedeutet dies für mich und mein Leben? Welche Konsequenzen gilt es dann zu ziehen?

Und die Konsequenz für uns? Wir lassen einfach jedem seinen Glauben oder seine Weltanschauung und leben friedlich nebeneinander her? Ist das das Ergebnis, die Lehre, die wir von Paulus ziehen können?

Was ich von Paulus hier als erstes lerne ist, sich auf seinen gegenüber einzulassen und ihn so gut und so weit als möglich kennen zu lernen. Das gelingt in einem Fall mal mehr und sehr gut, und im anderen Fall mal weniger. Wir sollten jedoch bemüht sein zu verstehen, was den anderen bewegt und umtreibt. Was ihn beschäftigt und warum er so lebt und denkt. Dann haben wir Ansatzpunkte von dem zu erzählen, was uns wichtig ist, was uns bewegt und beschäftigt und gute Chancen, Zuhörer zu finden. Doch hören wir, wie die Geschichte weitergeht:

- Text lesen: Apostelgeschichte 17, 23-31 -

Hier lerne ich ein zweites von Paulus:

2. Meinen Standpunkt beziehen und beherzt vertreten

Es ist nicht unsere Aufgabe zu sagen was richtig oder falsch ist in dem Sinne, daß wir ein Urteil über den anderen sprechen. Unsere Aufgabe, und das hat Paulus in dieser Situation vorgemacht, ist es, das Evangelium zu predigen, nicht mehr aber auch nicht weniger! Wir sollen von dem Zeugnis ablegen was uns wichtig ist und warum wir glauben. Dabei setzt Paulus beim grundsätzlichen ein, bei der Beziehung zwischen Gott und uns. Dieses Verhältnis muß zuerst geklärt werden, wer ist Gott überhaupt und für mich ganz persönlich.

So verkündet Paulus den Gott des Lebens, der kein Star und kein Idol ist, kein Schönling und kein Ideal. Paulus redet vom Gott des Lebens so wie er sich uns in Jesus Christus gezeigt hat, dem Gott, der sich nicht in Stein meiseln und Statuen gießen läßt. Er stellt den Gott in den Mittelpunkt, über den wir nicht verfügen können der sich aber uns in seinem Sohn zur Verfügung stellt.

Das ist einzigartig, das stößt vor den Kopf, nicht nur damals sondern auch heute weil es nicht in unsere Köpfe will. Ein Gott der Mensch wird und zwar ganz, mit allen Konsequenzen! Ein Gott der so auf der Welt gelebt hat wie wir, ein Gott dem das Los des Todes nicht erspart geblieben ist. Das paßt nicht in die Vorstellungen der Gelehrten denen Paulus gegenüberstand und es paßt auch nicht in unsere Vorstellungen.

Ein Gott der leidet. Ein Gott der Mitleid hat und mit leidet am Schicksal dieser Welt und aller, die darauf wohnen. Kein Schönwettergott für gute Tage sondern ein Gott der sagt: "Ich bin bei euch, alle Tage bis an der Welt Ende." Das will heißen, nicht nur jeden Tag sondern auch an guten wie an schlechten Tagen.

Das was Paulus sagt war unglaublich. Kein Gott dem man Altäre bauen muß auf dem man ihm opfert, sondern ein Gott der sich selbst für uns opfert. Vieles von dem ist und bleibt unbegreiflich, damals wie heute. Ein Gott der fern ist und uns doch so nahe kommt, weil es ihm nahe geht wie es uns geht.

Ein Gott, der nicht einfach alle unsere Fragen vom Tisch wischt, als ob es sie nicht geben dürfte. Ein Gott, bei dem bei all seiner Güte nicht alles gut sein muß. Ein Gott, der auch die Frage nach dem warum zuläßt. Aber auch ein Gott, der über das Geschehen und unser Tun nicht einfach hinwegsieht sondern der den Erdkreis richten wird.

Paulus schneidet Themen an, die unbequem sind, will sich nicht zum Liebling seiner Zuhörer machen sondern das ganze, unverkürzte Evangelium verkünden. Und so scheut sich Paulus nicht, vom Gericht zu sprechen, denn es wäre sicherlich unredlich, diesen Teil wegzulassen. Und vielleicht klang es in den Ohren der Athener bei weitem weniger anstößig als in unseren heute.

Und daran wurde letztlich auch nicht Anstoß genommen, sondern daran, daß Jesus als der Auferstandene verkündigt wurde. Als derjenige, an dem sich unser Schicksal entscheidet. ER, Jesus ist der Mann, an dem sich die Geister scheiden, damals wie heute!

Bleibt am Ende die Frage, wie das Ganze ausgeht?

- Text lesen: Apostelgeschichte 17, 31-34 -

Das dritte was ich lerne:

3. Paulus trägt die Konsequenzen

"Einige Männer aber schlossen sich ihm an und glaubten, unter denen auch Dionysius war, der Areopagit, und eine Frau mit Namen Damaris und andere mit ihnen (Apg 17,34)". Das war die Frucht seiner Arbeit in Athen und der Beginn einer christlichen Gemeinde. Ein Anfang ohne den es keine Fortsetzung gegeben hätte, hinein in unsere Tage.

Aber weil vieles von dem, was Paulus gesagt hat, für seiner Zuhörer anstößig und anrüchig war, war die Reaktion der meisten anders. Da gab es einige, die redeten sich mit Vertröstungen heraus, aber die meisten zeigten im die kalte Schulter und lachten ihn unverhohlen aus, gaben ihm zu verstehen was sie von ihm und seiner Botschaft hielten.

Die Botschaft vom Mensch gewordenen Gottessohn und vom Kreuz, sie war den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit (1. Kor 1,23). Diese Erfahrung mußte Paulus in seiner Arbeit und seinem Leben immer wieder machen. Er wurde geschlagen und aus den Städten und Dörfern gejagt, in denen er predigte (z.B. aus Philippi Kap 16,19 ff oder Thessalonichi Kap 17,5 ff)

Das wird immer so sein, und so werden auch wir nicht um diese Erfahrung herumkommen, daß auch wir, so wie Jesus am Kreuz verspottet wurde, auch wir Spott ernten. Aber hier zeigt sich letztlich auch ein Wesenszug Gottes, der niemand in seine Gemeinschaft zwingt. Unsere Aufgabe ist es, Botschafter zu sein an Christi statt, Zeugnis zu geben und einzuladen in die Gemeinschaft Gottes und seines Sohnes Jesus Christus.

Und Zeugnis geben heißt "Martyrium", Leiden. Leiden daran, daß Menschen die gute Botschaft nicht hören und nicht annehmen wollen. Darunter leiden, daß sich Menschen nicht in die Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott rufen lassen und lieber ihren alten Göttern anhängen. Selbst Jesus hat diese Erfahrung machen müssen und auch darunter gelitten (Mk 10, 21-22; Geschichte vom reichen Jüngling). Bei der Verkündigung des Evangeliums geht es zunächst um Sämannsarbeit. Auf welchen Boden die Saat fällt und ob sie aufgeht, haben wir nicht in der Hand.

Schluß

Die Apostelgeschichte - keine Buch das sich durch dogmatische Abhandlungen und markige theologische Lehrsätze auszeichnet. Vielmehr ein Buch, das das Leben geschrieben hat. Durch das wir Einblick in das Leben und Wirken der ersten Christen erhalten, in ihrer Zeit und in ihrer Umwelt.

Aus dem was wir heute gehört und vielleicht auch miterlebt haben, sollen und können wir gewiß kein allgemeingültiges Schema ableiten und eins zu eins auf unsere Tage und unsere Situation übertragen. Und dennoch läßt sich aus dem, wie und was Paulus auf dem Aeropag gesagt hat, vieles für uns, unser Leben und unsere Nachfolge gewinnen. Ich für mich lerne und nehme folgendes in meinen Alltag mit:

  • Sich auf andere Menschen einlassen,
  • meinen Glauben beherzt vertreten
  • und mit den Konsequenzen leben lernen!
  • Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Altenheimstraße 23
    89522 Heidenheim/Brenz
    07321/910915
    eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
    nach oben Home Predigten eMail Predigt als PDF zum herunterladen Site Meter