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Predigt über Apostelgeschichte 10, 34-43

am 24.03.2008
Ostermontag

Ort:
Staufen


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Es gibt Dinge, die können wir uns nicht oder nur schwer vorstellen. Jeder von uns wird, wenn er etwas darüber nachdenkt, in dem einen oder anderen Bereich fündig werden. Was wir uns vorstellen können hängt vielfach damit zusammen, welche Erfahrungen wir in unserem bisherigen Leben gemacht haben. Diese Erfahrungen sind gleichsam einer Insel, auf der wir uns bewegen und je nachdem wie reich unser Erfahrungsschatz ist, ist diese Insel mehr oder weniger groß. Im Laufe eines Lebens lernen wir bewusst und gezielt, manchmal auch unweigerlich dazu, so dass sich unsere Insel erweitert.

Diese Erfahrungsinsel ist dann auch der Raum, aus dem heraus wir Dinge, Ereignisse bewerten und einordnen, ihnen einen Platz in unserem Leben einräumen. Und im Rahmen dieser Erfahrungen und Horizonte gestalten wir unser Leben.

An einem kleinen Experiment möchte ich ihnen das kurz demonstrieren:

Zahlenreihen und die Frage ist, ob in diesen Zahlenreihen eine Ordnung steckt oder nicht.

1 - 2 - 3 - 4 - 5 - 6
2 - 4 - 8 - 16 - 32 - 64
4 - 2 - 8 - 5 - 7 - 1
8 - 3 - 1 - 9 - 2
8 - 5 - 4 - 9 - 3

Es wird deutlich, je umfangreicher unser Erfahrungsschatz und unser Bezug zu Zahlen ist, desto eher gelingt es uns, eine Ordnung zu erkennen. Aber manchmal ist es nötig, wie die beiden letzten Zahlenreihen zeigen, aus dem bisherigen Rahmen auszubrechen und in ganz neuen Kategorien zu denken. Wir brauchen, gerade in unseren Tagen zunehmender Komplexität, solche Horizonterweiterungen, wir können nicht stehen bleiben, sonst werden wir schnell abgehängt. Aber wir brauchen, wenn unser Leben gelingen soll, eine Horizonterweiterung der ganz besonderen Art.

Ich lese:

- Text lesen: Apg 10, 34a - 43 -

In diesem Bericht begegnen uns Menschen, die in ihrem Leben nicht nur eine Horizonterweiterung ihrer Erfahrungsinsel erlebt haben, sondern bei ihnen quasi ein ganz neuer Kontinent entstanden ist.

Drei Aspekte möchte ich herausgreifen:

  • Grenzen überwinden
  • Horizonte erweitern
  • Ostern erleben
  • 1. Grenzen überwinden

    Unser Bericht hat ja eine Vorgeschichte die mit Vers eins dieses 10. Kapitels der Apostelgeschichte beginnt, wo wir erstmals von diesem römischen Hauptmann namens Kornelius erfahren. Sie setzt sich fort in einem Bericht, in dem der Apostel Petrus eine ungeheuerliche Erfahrung macht. Petrus war in Joppe bei einem Mann zu Gast, der einen recht geruchsintensiven Beruf ausübte, einem Gerber. Während meiner Lehre als Schreiner musste ich einmal in Staufen für die alte Pelzfabrik eine Art Wasserräder bauen, mit denen die Felle in der Gerblauge bewegt wurden. Diese Wasserräder musste ich dann auch vor Ort einbauen. Ich kann ihnen sagen, der Gestank war ungeheuerlich und schier nicht zum aushalten. In einer Gerberei ist das Produkt ja etwas sehr edles und feines, aber der Weg dahin ist gepflastert mit Abfällen und Gestank.

    Und vielleicht ist es dem Petrus ähnlich ergangen wie mir, dass ihn die Eindrücke aus dieser Gerberei nachgegangen sind. Jedenfalls sieht er, als er sich zum beten zurückzog, eine Erscheinung (wörtlich "in Verzückung, Ratlosigkeit geraten"). In dieser sieht er allerlei unreine Tiere, die ihm verboten waren zu essen. Eine Stimme aus dem Himmel fordert ihn jedoch auf, die Tiere zu schlachten und sie zu essen - ungeheuerlich (vgl. 3Mos 11)! Unvorstellbar für einen jüdischen Mann, der es mit seinem Glauben und den damit verbundenen Ordnungen und Geboten ernst nahm. Denn er würde ja gegen Gottes Anweisungen verstoßen.

    Dreimal wiederholt sich dieses Ereignis und stellt Petrus vor ein Rätsel. Was soll das bedeuten? Er war regelrecht verlegen, ratlos, wie er diese Erscheinung einzuordnen hatte. In diese Überlegungen sprach, wie es an der Stelle heißt, eine Stimme zu ihm. Die ersten Christen waren ja Menschen, für die das jetzt nichts ungewöhnliches war. Sie hatten Erfahrungen mit ihrem Gott gemacht und waren von daher, so stelle ich mir das vor, für sein Reden und Handeln sensibilisiert. Sie rechneten damit, dass sich dieser in ihrem Leben erweisen würde. So auch jetzt. Und zeitgleich klopfte es an der Tür dieses Gerbers. Gesandte jenes Hauptmannes aus Cäsarea waren nach Joppe gekommen um Petrus zu suchen. Sie kamen nicht zufällig zu diesem Haus. Ihr Dienstherr hatte eine Engelserscheinung in der ihm aufgetragen wurde, seine Leute zu diesem Gerber nach Joppe zu schicken und dort nach Petrus zu fragen. So standen sie nun vor der Tür.

    Zwei Dinge ereignen sich an dieser Stelle: Petrus begegnet diesen Gesandten und beherbergt sie, obwohl das für ihn bis dahin unvorstellbar war, und er macht sich am nächsten Tag auf den Weg nach Cäsarea um bei jenem Hauptmann einzukehren. An dieser Stelle überwindet Petrus seine Grenzen und lässt sich auf das ein, was er als Botschaft, als Weisung Gottes erkannt hat.

    Aber nicht nur Petrus macht eine grundlegende, sein Leben verändernde Erfahrung.

    2. Horizonte erweitern

    Da ist auch noch jener Mann namens Kornelius, Hauptmann einer Elitetruppe der römischen Besatzungsmacht. Einer, der mit heidnischem Hintergrund nach Israel gekommen war, aber fromm und gottesfürchtig ist. Das heißt, er hat sich dem Gott Israels zugewandt. Und so muss es wohl auch gekommen sein, dass er von den Ereignissen um Jesus erfahren hat, neugierig geworden ist und nun Antworten auf seine Fragen sucht. Und was macht er in dieser Situation? Er betet, er wendet sich Gott zu und: Gott wendet sich ihm zu! ER sendet einen Engel der diesem römischen Offizier dann den Auftrag gibt, nach Petrus zu suchen und diesen nach Cäsarea zu holen.

    Und dieser römische Heide nimmt diese Erscheinung ernst, deutelt nicht daran herum sondern sendet zwei seiner Knechte und einen Soldaten los. Ich stehe beschämt vor dieser konsequenten Haltung: Ich habe Gott um eine Antwort gebeten, ich habe mich Gott zugewandt und jetzt, da er sich mir zuwendet, da will ich mich auch darauf einlassen. Markus Müller, der Direktor der Pilgermission St. Chrischona hat in einem Interview vor geraumer Zeit folgendes gesagt: "Ob es Erweckung gibt, hängt doch auch davon ab, ob etwas anderes passieren darf als das, was wir selbst erwarten" Übertragen heißt das für mich auch, ob ich es zulasse, dass Gott entgegen meinen Erwartungen in mein Leben tritt und eingreift, diesem Leben möglicherweise an ganze andere und neue Ausrichtung gibt. Fußnote: Wie oft wird durch unsere Skepsis, unsere Vorbehalte und eigenen Erwartungen das Handeln und Reden Gottes verhindert? Erwarten wir, wenn wir zu Gott beten, dass er auch uns antwortet und wenn, wie verhalten wir uns? Es gilt die Verheißung: Um alles was ihr bittet, glaubt, das ihr es empfangen habt und es wird euch werden. Aber manchmal habe ich auch Angst vor der eigenen Courage und darum bitte ich erst gar nicht.

    Zu diesem "Heiden" nun geht Petrus, obwohl er damit wissentlich nicht nur mit einer religiösen Tradition, sondern mit einer bestehenden Anordnung Gottes brach (vgl. Kap 10,28; 11,3)! Spüren, erahnen wir die Spannung die darin steckt? Wir haben verinnerlicht, dass der biblische Gott ein ewiger Gott ist, ein unveränderlicher Gott, derselbe, gestern heute und auch morgen. Das stimmt! Aber wir bestimmen nicht, was diesen Gott ausmacht und was in seinem Horizont ist und dass er deswegen manchmal auch andere und neue Wege mit uns, ihn und mir geht!

    Petrus also ist im Haus dieses Heiden und er verkündet nochmals die Geschichte von Jesus - dem Menschen mit seinem Tun und seinem Sterben in dieser Welt. Und er kündet von dem Jesus, an dem Gott in einzigartiger Weise gehandelt hat weil dieser in besonderer Weise mit Gott verbunden war und ist. Diesen hat Gott auferweckt aus den Toten. Und dieser ist erschienen auserwählten Zeugen. Dieser ist der verordnete Richter über die Lebenden und die Toten. In diesem haben wir das Leben und volle genüge. Das ist Evangelium, das ist frohe Oster-Botschaft, darin steckt alles.

    Und nun wird etwas Eigenartiges berichtet: über diejenigen aus dem Haus des Kornelius, die versammelt waren, fiel der Heilige Geist. Also, sie erlebten etwas was dem Pfingstereignis in Jerusalem sehr nahe kam. Aber: sie waren nicht getauft und das bedeutete im damaligen Verständnis, sie hatten sich noch nicht bewusst öffentlich Jesus zugewandt. Aber was hindert es, dass sie, die Heiden, getauft werden. Und in dem dies geschieht sprengt Jesus ein zweites mal die Grenzen menschlicher Vorstellungen.

    Ich komme zum dritten und Letzten.

    3. Ostern erleben

    Es ist erstaunlich: wenn man diese Verse liest oder hört, so werden wohl die wenigsten unter uns den Eindruck gewinnen, etwas spektakuläres zu hören. In der Predigt des Petrus erkenne ich zumindest nichts davon. Er berichtet sachlich und unaufdringlich von dem, was er zu berichten weiß und er stellt es denen anheim, die es hören. Im Fortgang der Ereignisse vollzieht sich etwas von dem, was Hunderte von Jahren zuvor der Prophet Jesaja im Auftrag Gottes so beschrieben hat: "... so wird mein Wort sein, das aus meinem Mund hervorgeht. Es wird nicht leer zu mir zurückkehren, sondern es wird bewirken, was mir gefällt, und ausführen, wozu ich es gesandt habe." (Jes 55,11). Genau das ereignet sich im Hause dieses Hauptmannes in Cäsarea.

    Da hören Menschen von Jesus, hören die Osterbotschaft und glauben daran. Lassen sich nicht durch ihre eigenen oder fremde Grenzen einengen sondern lassen sich ihren Horizont erweitern. Ich frage mich: Erreicht uns, erreicht sie und mich diese Botschaft von Ostern noch so wie jene Menschen damals? Lassen wir es zu, dass dieser Geist sich unserer bemächtigt und unserem Leben eine ganz neue Ausrichtung gibt? Gewiss, wir feiern Ostern - aber lassen wir uns auch hineinnehmen in die Ereignisse von Ostern? Verstehen wir, dass Ostern geschehen ist wegen uns, wegen ihnen und mir ganz persönlich? Was verändert sich dadurch in meinem Leben?

    "Für mich gingst du nach Golgatha, für mich hast du das Kreuz getragen." so heißt es in einem Lied im Gemeinschaftsliederbuch der apis. Jesus, der Sohn Gottes hat sich ans Kreuz hängen lassen, damit sich mein Horizont weitet, damit mein und ihr Leben eine ganz neue Dimension gewinnen kann und gewinnt! In jenem Lied heißt es am Schluss: "Alle Schuld hast du für immer mir vergeben. Du hast mich froh und fei gemacht, du schenkst mir neues, ewiges Leben." Das ist unsere Perspektive, unser Horizont von der aus Christen leben!

    Schluss

    Jener Hauptmann aus Cäsarea und der Jünger und spätere Apostel Petrus haben eine Grenz- und Horizonterweiterung erfahren, nicht nur einmal. Immer wieder ist ihnen Jesus begegnet, haben sie Erlebnisse und Begegnungen mit dem auferstandenen Christus gehabt. Beide Männer wurden durch das Evangelium verändert, erlebten tiefgreifende Einschnitte die es ihnen unmöglich machten, zum Alltag zurückzukehren.

    Aber sie haben sich auf diesen Veränderungs- und Erweiterungsprozess eingelassen. Darum sitzen wir auch heute in diesem Gottesdienst. Darum haben wir heute nochmals jene Predigt des Petrus gehört und die Ereignisse von damals miterlebt.

    Ich wünsche mir, dass auch wir, sie und ich, uns hineinnehmen lassen in das, was Jesus für uns getan hat und in unserem Leben weiterhin tun und verändern möchte.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Altenheimstraße 23
    89522 Heidenheim/Brenz
    07321/910915
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de
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