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Predigt über Epheser 2, 17-22

am 5.6.2016
2. Sonntag n. Trinitatis

Ort:
Seefelden


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Zu Hause sein, wissen wohin und wozu ich gehöre – diese Frage stellt sich all jenen Menschen die , aus welchen Gründen auch immer, aus ihren angestammten Ländern und den dort herrschenden Lebensumständen geflohen sind in der Hoffnung, irgendwo anders bessere und wieder eine Heimat zu finden. Dabei haben sie mehr oder weniger bewusst in Kauf genommen, ihre bisherige Heimat, ihr Zuhause, mit allem was dazu gehört und damit verbunden ist zu verlassen und aufzugeben.

Jede und jeder der schon einmal aus seinem angestammten Umfeld weiter weg ziehen musste kennt diese Erfahrung, dass man sich fremd und heimatlos vorkommt. Man erlebt wie wichtig es ist, dass man wieder ein Zuhause hat, dass man dazugehört. Wieder oder überhaupt dazu zu gehören zur Gesellschaft, zur Dorf- oder Quartiersgemeinschaft, dazu zu gehören zu sein in irgendeinem Verein, Gruppe oder auch Gemeinde. Und selbst in unserer digital geprägten Welt es ist insbesondere für junge Leute wichtig dazu zu gehören. Mitglied zu sein in Gruppen der sogenannten sozialen Netzwerken wie facebook, whatsapp, instagram o.a.

Wie bedeutsam diese Zugehörigkeit für uns ist erleben wir auch dann, wenn Lebensumstände dazu führen, dass ich nicht mehr dazugehöre: weil ich krank, in meiner Mobilität eingeschränkt bin, meine Arbeit oder einen nahestehenden Menschen verloren habe oder anderes.

In den Versen welche uns für diesen Sonntag als Predigttext vorgegeben sind, da geht es auch ums dazu gehören. Es geht um die Frage, wer gehört dazu und warum?

Text lesen: Eph 2, 17 - 22

In jenen Tagen als diese Verse verfasst wurden war es eine drängende Frage – wer gehört dazu? Wer gehört zum Volk Gottes? Die Antwort welche der Schreiber des Epheserbriefes gibt ist einfach und klar: Alle die sich hineinnehmen lassen in die Friedensbotschaft. Es gehören alle dazu, „jene die bisher fern von Gott lebten aber auch jene die nahe bei ihm waren.“ So ist es in der Übertragung Hoffnung für Alle zu lesen. Vor Christus wurde unterschieden zwischen Menschen die Nahe bei Gott waren und solchen, die fern von IHM lebten. In der Sprache des Alten Testaments waren dies das Volk Israel und die Heiden. Die, welche von Geburt zu Volk gehörten und denen, die nicht dazu gehörten

Aber jetzt gilt: Christus ist gekommen und hat allen seine Friedensbotschaft1 gebracht. So gehört jeder, welcher sich in diese Botschaft hineinnehmen lässt in zweierlei Hinsicht dazu:

  • Wir gehören dazu als Teil von Gottes Familie.
  • Wir gehören dazu als Teil von Gottes Tempel.
  • 1. Wir gehören dazu – als Teil von Gottes Familie.

    Es gilt: Auf Grund der Friedensbotschaft seid ihr Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen. Dafür ist Jesus gekommen, gestorben und auferstanden. Es ist die Botschaft von dem Gott der als Kind in einer Krippe Mensch wurde. Es ist die Botschaft vom dem Gott, der Mensch wurde und der sich von Menschen erniedrigen ließ und den Weg zum Kreuz ging, wo er dann qualvoll gefoltert wurde und gestorben ist. Es ist die Botschaft von Jesus, der wusste was es heißt, sich von Gott verlassen zu fühlen und sich doch in der Hand seines Gottes zu wissen.

    Nach biblischen Verständnis ist es für den Menschen von sich aus nicht einfach, sich dieser Friedensbotschaft zuzuwenden oder diese anzunehmen. Darum hat Gott mit dieser Botschaft auch die Voraussetzung geschaffen, dass wir sie hören und annehmen können. Gott schenkt uns seinen Geist der unsere Herzen und Sinne öffnet, dass wir diese Botschaft hören und verstehen können. Durch diesen Geist kommen wir alle zum Vater.

    Fritz Rienecker benennt in seinem Kommentar zum Epheserbrief 10 Friedenstaten. Diese zehn Taten bilden das Erlösungswerk Christi ab. So hat Christus aus zwei eins gemacht. ER hat die Scheidewand abgebrochen und die Feindschaft beigelegt. ER ist die Grundlage für unsere Zugehörigkeit zur Familie Gottes.

    Dabei bedeutet Friede nicht Uniformität oder Gleichmacherei. Das ist auch in unseren Familien so. Das erlebe ich bei unseren drei Töchtern – jede ist anders, eine eigene Person und Persönlichkeit. Und das ist auch in unseren Gemeinden nicht anders. Natürlich gibt es noch Unterschiede, kleinere und größere. Denn wir alle sind und bleiben Persönlichkeiten, jeder in seiner Einzigartigkeit und das beinhaltet eben auch Unterschiede. Auch in der Gemeinde, auch im Frömmigkeitsstil und der Art und Weise unserer Nachfolge.

    Für Christen jedoch gilt: Das Einende, der Einende über alle Grenzen und Standpunkte hinweg ist, dass Gott allen, hüben und drüben, denen hier und jenen dort den einen Frieden in Christus Jesus gebracht hat. Sein Friedensangebot gilt allen! Alle bekommen diesen Frieden gleich, ohne Unterschied, unabhängig vom Standort, der Meinung, den Ansichten des Frömmigkeitsstils. Diesen Frieden bekommt man, bekomme ich und du nicht anders als dass ich ihn2 ernst nehme und annehme.3 Der Friede Gottes ist in Jesus Mensch geworden und hebt alles Trennende auf.

    2. Wir gehören dazu - als Baustein in Gottes Tempel.

    Als Gottes Hausgenossen, als Bürger seines Reiches sind wir sichtbar eingebaut in seinen Tempel. Gottes Wirken wird in dieser Welt sichtbar in seiner Gemeinde.

    Das Kennzeichen/Merkmal von Bausteinen ist, dass sie eingefügt werden. Das mag bei den uns bekannten DIN genormten Backsteinen unspektakulär erscheinen. Aber das war nicht immer so, auch nicht zu Zeiten des NT. Da sahen Bausteine ganz anders aus. Vor einigen Jahren mussten wir eine alte Trockenmauer renovieren. Die dazu verwendeten Steine kamen aus dem Steinbruch und keiner glich dem anderen. Die Landschaftsgärtner mussten immer schauen, welcher der Steine gerade in die zu schließende Lücke passte. Da wurde herausgesucht, probiert und wieder verworfen. so lange bis ein passender Stein gefunden war. Dies Bild beschreibt für mich den an dieser Stelle verwendeten griechischen Begriff sunoikodome,w „eingefügt/eingebaut werden“ am deutlichsten.

    Und was ist die Grundlage dieses Bauwerkes? Sicher doch Jesus Christus – oder? Aber das liest sich in unseren Versen zunächst doch etwas anders. - Vers 20 lesen -

    Das hat mich aber jetzt aber doch überrascht. Wenn mich bis vor kurzem jemand gefragt hätte worauf wir als Christen gegründet sind, dann hätte ich wohl ohne zu zögern gesagt: auf Christus. Aber das hört sich in unseren Versen doch ganz anders an: „Aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten4.“ (V. 20). Klingt das nicht doch eher nach katholischer Traditionslehre und Ämtersukzession? Habe ich, haben wir da etwas übersehen? Aber hier geht es nicht um Ämtersukzession sondern um die vom Heiligen Geist gewirkten und befähigten Ämter in der Gemeinde (siehe z.B. 1 Kor 14).

    Und, wenn ich es mir genau überlege, dann stimmt das doch. Wir leben doch im wesentlichen davon, was uns Menschen von und über Jesus erzählt und berichtet haben, wie sie uns die Bibel ausgelegt haben. Und, nach gewisser Zeit, kommen dann eigene Erfahrungen, welche die Auslegung und Interpretation mitprägen, hinzu. Aber sind das nicht genau die Gründe und Ursachen, warum sich die Christen in so viele unterschiedliche Lager und Interpretationsvarianten aufteilen. Und, das wird auch – leider - zeitlebens der Menschen auf dieser Erde so bleiben. Ich halte es für eine Illusion zu denken, dass wir alle auf dieser Erde einmal einer Meinung sein werden.

    Wir sind nicht Gemeinde weil wir das so wollen5, weil wir uns als Idealtypen zusammengefunden haben sonder weil wir zusammengefügt sind! So wie eine Familie in der ich mir die Familienmitglieder nicht aussuchen kann. Besonders spannend ist das ja immer wenn man in eine Familie einheiratet und plötzlich neben der Frau oder dem Mann noch andere Personen auftauchen, mit denen man dann plötzlich auch noch zur Familie gehören.

    Vieles bleibt unzureichend, verbesserungswürdig, muss schon bald aus- oder nachgebessert werden. Ein Gebäude in dieser Welt bleibt immer auch erneuerungsbedürftig. Aber: Wir passen zueinander weil Gott uns zueinander gefügt hat. Trotz aller Unterschiede.

    Schluss

    Ein Text voller Indikative!6 Von daher verbietet sich eigentlich jeder Imperativ, jede Aufforderung. Verse die uns auf den Boden der Tatsachen welche Christus geschaffen hat zurück holen und ins Zentrum, rücken.

    Es gilt, auch für sie und euch hier in Seefelden und Betberg: Wir sind keine Fremdlinge und Heimatlose mehr sondern sie und ich sind Familie, Volk Gottes hier in diesem Ort oder wo immer sie wohnen.

    Und dort sind wir in IHM, in Christus, mit aufgebaut zu einer Behausung Gottes im Geist (V. 22). Wir, sie, ihr und ich sind eingefügte Steine im Bauwerk und Glieder am Leib Christi !

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

    1 nach Hoffnung für Alle
    2 das gilt für die Botschaft und letztlich für Christus
    3 BECKER, Albrecht, in: Zuversicht und Stärke. 2. Reihe - Heft 4, 2010; Seite 21
    4 BECKER, Jürgen et al: Das Neue Testament Deutsch. NTD Band 8. Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen und Zürich 199017. S. 101
    5 Bei Gelegenheit wäre hier ein Exkurs zum Thema primäre und sekundäre Gruppe (Soziologie) vertiefend möglich

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