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Predigt über Epheserbrief 2, 4-10

am 23.08.1998
11. Sonntag nach Trinitatis

Ort: Neuenburg und Zienken


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder

Einleitung

„Im Leben bekommt man nichts geschenkt!“ Es ließen sich genügend Beispiele anführen, die diese Aussage belegen könnten. Und wir können dem sicherlich zustimmen: in vielen Bereichen unseres Lebens bekommen wir tatsächlich nichts geschenkt. Auch in unseren Tagen, wo vieles einfacher geworden ist als noch vor einigen Jahrzehnten, ist es so, daß wir uns vieles, wenn nicht sogar das meiste, erarbeiten müssen. Wer es in unseren Tagen zu etwas bringen will, von dem wird Leistung verlangt. Und im Umkehrschluß, wer es zu nichts gebracht hat, bei dem hat eben die Leistung nicht gestimmt. So einfach ist das.

Dieses Leistungsdenken, die Meinung, nichts geschenkt zu bekommen, hat Einzug gehalten bis hinein in unsere christlichen Gemeinden, gerade auch in geistlich- theologischen Bereichen. Auch hier begegnen wir vielen die dafürhalten, daß auch hier das Leistungsprinzip gilt. Diese Gedanken sind nicht neu, aber ob sie richtig sind, das steht auf einem ganz anderen Blatt.

Vielleicht fragen wir mal einen, was er zu der Aussage „Im Leben bekommt man nichts geschenkt - auch als Christ nicht“ hält, der sich intensiv damit auseinandergesetzt hat. Ich lese aus:

- Text lesen: Eph 2,4-10 -

In diesen 7 Versen, letztlich in einem Vers, bringt Paulus auf den Punkt, welche Beziehung Gott zu dieser Welt und zu uns Menschen hat. Hierin steckt die ganze Theologie des Paulus und eines Martin Luthers, der sie - Gott sei Dank - für uns wieder entdeckt hat. Und so möchte ich sie bereits an dieser Stelle vorwarnen, daß diese Predigt nicht ganz einfach werden wird, wir etwas „hirnen“ müssen um Paulus zu folgen und vielfach die eine oder andere Frage neu aufgeworfen werden wird, die uns Stoff zu weiterem nachdenken gibt.

Anhand von drei Fragen möchte ich diese Verse erarbeiten:

Womit werde ich beschenkt?

Warum werde ich beschenkt?

Wie werde ich beschenkt?

1. Womit werde ich beschenkt?

„Gott aber, hat auch uns lebendig gemacht!“ Da ist es wieder, dieses „göttliche aber“. Es ist die Kernaussage dieser Verse wenn es um die Frage geht, was das Geschenk Gottes an uns ist. In den ersten drei Versen dieses Kapitels zeigt Paulus sehr drastisch auf, warum es not-wendig wurde, daß wir lebendig gemacht wurden: „wir waren tot in unseren Vergehungen und Sünden“. Paulus beschreibt hier nicht einen physischen Zustand. Ihm geht es vielmehr um den Zustand des Menschen, und damit um uns, in unserer Beziehung zu Gott. „Was, ich soll tot sein, ich fühle mich aber quicklebendig“ mag eine mögliche Reaktion auf diese Aussage sein.

Aber: Die Maßstäbe für Lebensqualität sind bei Gott andere als bei uns. Das bringt Paulus dadurch zum Ausdruck, in dem er sagt, wie waren tot in unseren Vergehungen und Sünden. Was heißt das? Sünde meint, am eigentlichen, von Gott gesetzten Ziel vorbeigelebt zu haben oder möglicherweise noch vorbeizuleben. Sünde hat nicht so sehr die einzelne moralische oder ethische Verfehlung im Blick, als vielmehr die Gesamtausrichtung eines Menschen. Diese Gesamtausrichtung ist uns verloren gegangen und so leben wir an unserer von Gott gesetzten Bestimmung vorbei. Und diesen Zustand nennt Paulus „tot sein“.

Um aus diesem Zustand herauszukommen bedarf es keiner Wiederbelebung, daß wäre ja dann nur ein zurückholen in den alten Zustand, sondern einer grundlegenden Neuwerdung! Eine Gedanke der bereits an verschiedenen Stellen im Alten Testament immer wieder auftaucht (z.B. Hes 36,26f). Ich sage jetzt hoffentlich nichts neues wenn ich betone, daß diese Neuwerdung nichts damit zu tun hat, nun ein sorgen- und problemfreies Dasein führen zu können. Diese Neuwerdung vollzieht sich vor allem vor den Augen Gottes und vielfach weniger in unserer eigenen Wahrnehmung. Da bleibt vieles für mich vordergründig beim „alten“. Daß diese Neuwerdung vor den Augen Gottes geschieht kommt für mich in diesen Versen des Paulus dadurch zum Ausdruck, daß das „mitauferweckt“ und „mitsitzen lassen“ an die Person Jesu gebunden ist. Für uns nicht faßbar und verstehbar, sind diese Dinge jetzt schon Wirklichkeit, weil sie von Gott so gesehen werden. Das Geheimnis darin besteht, daß ER alle Dinge im Licht der göttlichen Verheißung zu sehen wagt. Bild, von Corrie ten Boom: Das Ergebnis beim Sticken ist eine Vorder- und eine Rückseite. Schaut man die Rückseite an, kann man das Muster oft nur schwer und oder gar nicht erkennen. Betrachtet man dagegen die Vorderseite, wird alles klar und schön erkennbar. Wir sehen im Moment nur die Rückseite des Musters, Gott aber bereits die Vorderseite. Was sich hier vollzieht, und das ist Paulus ganz wichtig zu betonen, vollzieht sich nur aus dem einen Grund, weil Gott es so will! Aber in gar keinem Fall deswegen, weil wir es verdient hätten, ganz gleich wie wir dieses „verdient hätten“ definieren. Dem möchte ich in meiner zweiten Frage nachgehen:

2. Warum werde ich beschenkt!

Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, warum wir uns beschenken: der erste Grund ist sicherlich der, weil wir jemanden mögen oder mit einem Geschenk unsere Wertschätzung zum Ausdruck bringen wollen, oder - weniger angenehm - aus Pflichtgefühl. Weil wir beschenkt wurden sehen wir uns in der Pflicht, selbiges auch zu tun, uns zu revanchieren. Beides trifft wohl auf die Tatsache, daß Gott uns beschenkt, nicht zu. Denn zum einen steht Gott in keiner Weise bei uns in einer Pflicht und zum anderen waren wir nicht gerade Gottes Freunde, als er uns beschenkte: Ich zitiere Paulus aus dem Römerbrief: „Als wir Sünder waren erweist Gott seine Liebe zu uns“ (Röm 5,8). Wenn nicht Freundschaft oder Pflichtgefühl, was also ist der Grund für Gottes handeln, sein Geschenk an uns?

Die Antwort auf diese Frage gibt Paulus folgendermaßen: „Um seiner, Gottes Liebe und seiner Barmherzigkeit willen.“ Gott handelt an uns und dieser Welt aus Gnade, aus freien Stücken. Da gibt es keine Vorbedingungen, kein Kleingedrucktes und keine Klauseln. Dies geschieht allein aus dem Grund, weil Gott es so will!

In einer Zeit und Gesellschaft wo vieles, um nicht zu sagen alles, auf Leistung programmiert ist, fällt es uns natürlich um so schwerer, dies zu schlucken, zu akzeptieren. Aber Gott wäre nicht Gott, könnte er nicht frei entscheiden wie und was er tut. Daß dies nicht nur in unseren Tagen schwierig war und ist, sondern auch bereits zu Zeiten eines Paulus, belegen gerade diese Verse. Das weist doch darauf hin, daß Christen auch damals bereits die Position vertreten hatten, dieses neue Leben dem eigenen Konto, dem eigenen Vermögen gutzuschreiben, etwa mit den Argumenten: „weil ich mich bekehrt habe“ oder „weil ich mich so in Gottes Reich einsetze muß Gott doch“,. Wer so denkt, wer so argumentiert, hat noch nichts begriffen, so die Antwort des Paulus. Was wir in unserem Christenstand sind, haben wir allein Gottes Liebe, seiner Gnade und seinem Handeln zu verdanken.

Dies zeigt sich für mich, bei allen Fragen und Widerspruch der dadurch möglicherweise ausgelöst wird, im 4 Vers des 1. Kapitels dieses Briefes, wo Paulus schreibt, daß wir vor Grundlegung der Welt von Gott ausgewählt waren.

Für mich hat es etwas befreiendes zu wissen, daß es in letzter Konsequenz nicht an mir liegt, ob ich mir den Himmel verdiene, Gott hat ihn mir geschenkt! Das macht mir den Rücken frei, um die „guten Werke“ zu tun, von denen Paulus auch in diesen Versen schreibt. Völlig unbelastet, sicherlich nicht ohne Verantwortung aber doch ohne Leistungsdruck Nachfolge zu leben.

Lassen sie mich zu meiner letzten Frage kommen:

3. Wie werde ich beschenkt?

Zu Gottes Gnade gehört auch, daß er sich zu uns auf den Weg macht - „Gott kommt zu uns, wir müssen uns nicht mehr zu ihm bemühen. Gott kommt zu uns, und wird uns gleich in Jesus seinem Sohn.“ Das was wir nicht selber leisten konnten und können hat Jesus für uns gemacht. Weil wir nicht ohne Sünde leben können, blieb ER ohne Sünde. Damit wir nicht sterben müssen, ist ER für unsere Schuld gestorben. Weil wir die Mauer des Todes nicht durchbrechen können, hat ER sie für uns durchbrochen. Er ist für uns in die Gegenwart des himmlischen Gottes zurückgekehrt. Hier vereinen sich Karfreitag, Ostern und Himmelfahrt in einem Satz.

Und wie werde ich nun dieses Geschenkes teilhaftig? Indem ich das so annehme wie es ist, wie es mir im Evangelium verkündigt wird! Ich lasse zu, daß dies so ist, daß ich nichts dazu tun kann. Und ich betone es noch einmal: auch dieses annehmen ist kein Verdienst meinerseits, den ich einmal vermeintlich in die Waagschale werfen könnte.

Wenn wir das Evangelium hören und dieser Botschaft glauben, das heißt ihr vertrauen schenken, vollzieht sich die Verbindung mit Christus (vergl. Eph 1,13). Auch das ist nicht aus uns, sondern auch ein Geschenk Gottes! Glückselig der, welcher an dieser Botschaft keinen Anstoß nimmt sondern sich in Jesus beschenken läßt wie ein Kind!

Schluß

Ich schließe an dieser Stelle, genug gehirnt. Was ich mir wünsche ist, daß diese Verse das in ihnen und mir bewirken und vollbringen, wozu sie geschrieben wurden. Als Antworten auf die Fragen:

Womit werde ich beschenkt? Mit dem neuen Leben das aus Gott kommt!

Warum werde ich beschenkt? Weil Gott mich liebt und ich es mir nicht verdienen kann.

Wie werde ich beschenkt? In der Person Jesu, indem ich IHN annehme!

Amen.

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Belchenring 20
D-79219 Staufen
0173/6704938
eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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