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Predigt über Epheser 5, 15 - 20

am 11.10.2009
18. Sonntag nach Trinitatis

Ort: Staufen umd Münstertal


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

"Dir, dir o Höchster will ich singen" so hat Bartholomäus Crasselius 1695 gedichtet und so haben wir eben gesungen. Aber ist es wirklich so klar, wem wir unsere Lieder singen, wer, wenn wir zusammen kommen um miteinander Gottesdienst zu feiern und darüber hinaus in unserem Alltag, im Mittelpunkt steht? Und wollen wir das wirklich was in der zweiten Strophe desselben Liedes steht: "... dein Geist in meinem Herzen wohne und meine Sinne und Verstand regier."? Darf ich sie an dieser Stelle fragen, warum sie heute morgen ihren gemütlichen Platz am Frühstückstisch mit der unbequemen Kirchenbank eingetauscht haben? Erreicht uns noch, sie und mich, was wir Sonntag für Sonntag hören, miteinander singen und bekennen, hat es Einfluß auf unser Denken und unseren Glauben so daß es unser Leben befruchtet und prägt? Erwarten wir daß Gott uns verändert, zu uns spricht und erwarten wir geistliche Herausforderungen? Wem stellt sich noch die Frage nach einem "gottgefälligen" Leben?

Wenn sie jetzt denken, daß nur ich ihnen diese Fragen stelle, dann täuschen sie sich. Seid es christliche Gemeinden gibt gehören sie dazu, und ich halte es auch für keineswegs verwerflich, wenn wir uns solche Fragen stellen. Entscheidend ist, was wir daraus machen und ob es uns gelingt, Antworten auf unsere Fragen und Wege aus dieser Situation zu finden? Im heutigen Predigttext finden wir Antworten auf diese Fragen:

- Text lesen: Epheser 5, 15-20 -

Antworten sollen das sein, ich höre nur eine Fülle von Mahnungen und Appellen mag mancher von uns denken. Ein Arbeitskollege von mir sagte immer: "Ich brauche keine Appelle sondern einen klaren Auftrag!" Damit wollte er zum Ausdruck bringen, daß er mit allgemein gehaltenen Aufforderungen, Appellen eben, nichts anfangen konnte. Er wollte konkrete Aufträge verbunden mit einer klaren Strategie, wie diese in die Tat umgesetzt werden können (Beispiel: "Wir brauchen mehr Mitglieder!" - "Unsere Gemeinde muss lebendiger werden!" - "Unsere Gemeinde muss wachsen!"-> aus diesem Appell geht nicht hervor, wie das erreicht werden soll). Aber Paulus formuliert hier keine Appelle sondern erteilt einen Auftrag und nennt klare Wege wie Christen, wie wir unser Leben führen und gestalten sollen und können:

  • Kauft die Zeit aus!
  • Versteht was der Wille Gottes ist!
  • Lasst euch erfüllen von Gottes Geist!
  • 1. Kauft die Zeit aus!

    Was kann man mit Zeit nicht alles machen: Man kann Zeit ausnutzen, verlieren, auskaufen - Zeit kaufen? - Zeit ist Geld! Man kann sie auch totschlagen, denn mit jeder Minute die (ungenützt) verstreicht, bekommt man immer ein Stückchen Leben genommen. Zeit kann man anderen stehlen, verplanen, haben oder nicht haben. Die Zeit kommt und geht, sie drängt uns oder läuft uns davon, sie ist begrenzt, uns gelegen oder nicht gelegen.

    Unsere Zeit läuft ab! Die heutigen Uhren, ob digital oder analog suggerieren uns ja etwas anderes: Zeit ist unbegrenzt, fängt immer wieder von vorne an, der Zeiger dreht sich scheinbar ewig im Kreis. Aber dem ist nicht so. Zeit steht uns nicht unbegrenzt zur Verfügung, sie läuft ab. Das können wir förmlich sehen, wenn wir unseren Blick auf eine solche Sanduhr richten.

    Damit wir die Zeit in den Griff bekommen, wir mehr von ihr haben, wurden von findigen Menschen Zeitplanmanagementsysteme entwickelt, die uns helfen sollen, unsere Zeit besser zu planen oder zu verplanen. Da lernt man im "Eisenhower-Prinzip" wichtiges von dringendem zu unterscheiden, wie man eine Prioritätenliste erstellt und wie Prioritäten gesetzt werden. Wir erfahren Zeitspartips um mehr von unserer Zeit zu haben, aber ein Tag hat eben nur 24 Stunden. Und seit sich die Erde dreht gilt für den Menschen, was über der Uhr am Portal des Schloss Beuggen zu lesen ist: "Una horam ultima." Eine dieser Stunden ist eine Letzte.

    Wir könnten uns sicherlich trefflich darüber streiten, ob solche Planungsinstrumente nun sinnvoll sind oder nicht, ob sie wirklich dazu beitragen und uns helfen besser mit unserer Zeit umzugehen oder sie uns nicht nur die Zeit stehlen. Denn ob wir unsere Zeit sinnvoll oder weniger sinnvoll planen, das liegt ganz allein an uns, daran, was wir für wesentlich halten, für wen ich meine Zeit frei halte. Und was für mich wichtig ist hängt von meinen Zielen ab, von dem was mir in letzter Konsequenz wichtig ist. Und darauf kommt es Paulus an, dass wir unsere Zeit für das "Wichtige" nutzen und uns nicht vom Dringlichen die Zeit stehlen lassen.

    Das Griechische kennt zwei Wörter für Zeit. Paulus benutzt an dieser Stelle das griechische Wort ?????? (kairos). Er betont damit einen besonderen, einen günstigen Zeitpunkt, den Zeitpunkt, an dem etwas getan werden muß, wobei die Notwendigkeit das Handeln bestimmt und nicht die Umstände. Denn obwohl die Tage böse sind, die Umstände wohl alles andere als günstig, soll die Zeit genützt werden. Im Blick auf unsere Tage gilt sicherlich festzuhalten, daß wir (noch) günstige Tage haben, die wir entsprechend nutzen sollten. Denn noch können wir ungestört und unbehindert Gottesdienst feiern und brauchen keine Nachteile zu fürchten, wenn wir unseren Glauben bekennen und leben - Fußnote: Warum tun wir's dann nicht? Nach Paulus sollen, oder sage ich besser müssen wir unsere Zeit dafür nutzen, um den Willen des Herrn zu erkennen und zu verstehen. In unserer Zeitplanung soll dies im Mittelpunkt stehen oder, wie es Jesus einmal formuliert hat, unser Trachten nach dem Reich Gottes (Mt 6,20) an erster Stelle stehen. Weil Zeit vergänglich ist und wir sie nicht festhalten und deponieren können, sollen wir uns Zeit für die unvergänglichen Dinge nehmen, dem Wort Gottes zum Beispiel (Mt 24,35).

    2. Versteht was Gottes Wille ist!

    Was aber ist der Wille des Herrn, der Wille Gottes? Sicherlich denken die meisten dabei an die zehn Gebote oder irgendwelche Moralvorstellungen, über denen dann die Kirche wacht. Aber ist das wirklich so?

    Der Wille Gottes spielt im Neuen Testament eine entscheidende Rolle. Immer wieder wird darauf Bezug genommen und wir werden aufgefordert, diesen Willen zu erkennen und ihn uns anzueignen. Daß der Wille Gottes jedoch nicht allein mit den zehn Geboten abgegolten ist, zeigt sich für mich in der Aussage Jesu in Mt 7,21: "Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel hineinkommen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der in den Himmeln ist." Der Wille Gottes ist nicht etwas, was Gott mir abverlangt, sondern etwas, was seine gnädige Zuwendung beschreibt (?????? = thelema) und das kennzeichnet, was ER selbst tut.

    Wir reden vom Schöpferwillen Gottes ebenso, wie von seinem Heilswillen oder seinem Willen für mich persönlich. Wenn es um die Frage nach einer Lebensführung als Christ geht, gilt es alle drei zu beachten. Heute morgen möchte ich das Augenmerk jedoch auf die beiden letzten richten, wobei ich mit dieser Auswahl die Bedeutung des Schöpferwillens keineswegs schmälere. Gott hat diese Welt gewollt, die belebte und unbelebte Natur, er hat sie geschaffen und er liebt sie, das sollten wir bei allem was wir tun bedenken.

    Darüber hinaus will Gott das Heil des Menschen. Dies zieht sich von der Schöpfung durch die ganze Bibel: "Sollte ich wirklich Gefallen haben am Tod des Gottlosen, spricht der Herr, nicht vielmehr daran, daß er von seinen Wegen umkehrt und lebt? (Hes 18,23) oder klassisch in Joh 3,16: "So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat." Das Heil des Menschen hat ein Leben in der Gemeinschaft mit Gott zum Ziel, ein Leben, in dem ER alle Tränen abwischen, wo es kein Leid, keinen Schmerz und kein Geschrei geben wird (vgl. Off 21,4). Damit dies möglich wird, hat Gott seinen Sohn Jesus in die Welt gesandt, ER hat den Tod überwunden (1.Kor 15,55) und in IHM haben wir Frieden mit Gott.

    Gott hat seinen Sohn die Gottesferne - "mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen (Mt 27,46) - er- und durchleben lassen, damit wir Gottes Nähe erfahren können. Gott will, daß unser Leben gelingt und wir das "Leben und volle Genüge haben" (Joh 10,10). Beim Heils Willen Gottes geht es darum, daß wir uns, sie und ich, hinein nehmen lassen in das Wirken Gottes an und für uns.

    Wenn wir vom Willen Gottes reden, dann meist verbunden mit der Frage, was Gottes Wille für mich persönlich ist. Allerdings setzen wir dabei Wille meist mit Plan gleich und gehen das Thema sehr fatalistisch nach dem Motto an, "Herr dein Wille geschehe" ohne aber zu wissen was Gott will. Dabei führen wir oft die Szene im Garten Gethsemane an (Mt 26,36ff u. par) an und übersehen dabei aber meist, daß Jesus sehr genau wußte, was der Wille des Vaters für ihn in dieser Situation war. Wenn ich nach Gottes Wille für mich persönlich frage dann geht es darum, wie ich mein Leben gestalte als Auswirkung darauf, daß Jesus in mein Leben gekommen ist. Wenn ich mich mit Jesus auseinandersetze, mit dem was er gesagt und getan hat, dann hat das automatisch Auswirkungen auf mein Leben, mein Denken und Handeln. Ich kann nicht so tun, als wüßte ich von all dem nichts, sondern es wird mich immer wieder herausfordern und mich hinterfragen was zu tun und wie ich mich verhalten soll. Das ist keine statische Angelegenheit sondern ein dynamischer Prozeß bei dem ich auch auf die Hilfe von Mitchristen, von Schwestern und Brüdern in der Gemeinde und vor allem auf die Leitung des Heiligen Geistes angewiesen sein werde. Ein Prozeß, bei dem es zu prüfen und das Gute zu behalten gilt (1.Thes 5,21), ein Prozeß, in dem es auch immer wieder darum geht, einen Standpunkt einzunehmen der möglicherweise dem dieser Welt entgegensteht (Rö 12,2) und bei dem es entscheidend darauf ankommt, ob ich dem Wirken des Geistes Raum gebe. Darum das dritte und letzte:

    3. Laßt Euch mit Heiligem Geist erfüllen!

    Das Thema heute ist nicht, wie wir den Geist bekommen, das hat Paulus zu Beginn dieses Briefes geklärt (Eph 1,13; 4,30) sondern Thema ist, wie dieser Geist sich in uns, in ihnen und mir aber auch im Leben der Gemeinde entfalten und erweisen kann. Das ist gewiß keine Frage nur unserer Tage. Wir können die Gabe des Geistes in zweierlei Hinsicht einsetzen: einmal aus lauter Furcht ihn zu verlieren oder das Falsche zu tun, ihn "vergraben" (vgl. Mt 25,14ff und par) oder aber ihn "arbeiten" und sich entfalten lassen. Paulus wird nicht müde immer wieder dazu aufzufordern den Geist nicht zu dämpfen oder zu unterdrücken sondern ihm Raum zu geben. Denn er wußte, ohne den Geist geht nichts!

    Paulus gibt hier sicherlich keinen Automatismus vor oder beschreibt den allein richtigen Weg, aber einer der gangbar ist und dessen Auswirkungen nicht auf sich warten lassen werden. Es geht hier auch nicht ums machen, schon gar nicht ums selber machen oder sich selber berauschen wie das mit Alkohol geht. Sich erfüllen lassen ist ein passives Geschehen das dann geschieht, wenn wir zueinander in Psalmen und Lobliedern und geistlichen Liedern reden und dem Herrn mit unseren Herzen singen und spielen. Das heißt: den in den Mittelpunkt stellen, um den es geht, von dem wir leben: Jesus. Dann, wenn es uns um Jesus geht, wir unser Augenmerk allein auf ihn richten ist auch die Stunde des Heiligen Geistes. Seine Aufgabe ist es, Jesus groß zu machen, uns an das zu erinnern und helfen zu verstehen, was Jesus getan und gesagt hat. "Danken schützt vor wanken und loben zieht nach oben!" so pflegten unsere Väter im Glauben zu sagen. Damit wird gewiß keiner "Heile, heile Gänschen" Mentalität das Wort geredet. Aber nicht von ungefähr reden wir in der Umgangssprache immer wieder davon, auf andere Gedanken zu kommen, den Blick ganz bewußt auf etwas anderes zu richten. Das Lob und die Anbetung sollten ein Anliegen aus unserem Herzen sein.

    In diesem Zusammenhang kann ich den sperrigen Vers 20 nehmen: "Sagt allezeit für alles Dank!" Paulus legt hier die Messlatte sehr hoch. Ich kann es nicht, Gott für alles danken, was sich in meinem Leben ereignet hat, soweit bin ich noch nicht. Aber eines weiß und bekenne ich: In allem bin ich in Gottes Hand geborgen. So gesehen bedeutet Gott loben und ihn anbeten, dass ich meiner Wirklichkeit die Wirklichkeit Gottes gegenüberstellen und mir dabei bewußt zu machen, was letztlich Gültigkeit hat um daraus Kraft zu schöpfen, meinen Alltag, auch mit seinem schwierigen und dunklen Seiten zu bewältigen.

    Schluss

    Paulus richtet hier keine Appelle an uns sondern formuliert klare Anweisungen wie wir zu einem gottgefälligen Leben durchdringen können. Paulus weiß sehr wohl, daß dies eine tägliche Herausforderung ist, daß uns dies nicht (immer) leicht von der Hand geht. Aber gerade deswegen wird er nicht müde uns daran zu erinnern und Wege aufzuzeigen, wie wir dies in unserem Leben umsetzen können:

  • Kauft die Zeit aus - nützt sie für das wesentliche
  • Versteht was der Wille Gottes ist und laßt euch von ihm durchdringen
  • laßt euch erfüllen vom Geist Gottes indem wir einstimmen in den Jubel der himmlischen Heere.
  • Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Altenheimstraße 23
    89522 Heidenheim/Brenz
    07321/910915
    eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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