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Predigt über Epheser 5,1-8

am 14.03.2004
Sonntag Oculi

Ort: Staufen / Münstertal


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

"Meine Augen sehen stehst auf den Herrn" dieser Satz aus Psalm 25 ist das Leitwort über dem heutigen Sonntag Oculi. Dieses Wort kann uns auch als Leitwort für den heutigen Predigttext dienen, sozusagen als Fixpunkt von dem aus wir uns den heutigen Versen nähern. In dem heutigen Abschnitt werden Dinge zur Sprache gebracht, die uns möglicherweise nicht so ganz gefallen und glatt "runtergehen" und wenn uns dabei dieser Fixpunkt fehlt, könnten wir uns leicht im Gestrüpp von Moral und Antimoral verirren.

- Text lesen: Eph 5, 1 - 8 -

Aus dem was Paulus hier sagt, möchte ich drei Aussagen treffen:

  • 1. Lebt in der Liebe - als Nachahmer Gottes!
  • 2. Lebt in der Liebe - als Teilhaber an Gottes Reich!
  • 3. Lebt in der Liebe - als Kinder des Lichts!
  • 1. Lebt in der Liebe - als Nachahmer Gottes

    Das ist natürlich eine steile Aussage, die Paulus hier macht. Da frage ich mich unwillkürlich, ob man diesem Anspruch überhaupt gerecht werden kann oder ob Paulus hier nicht ein bisschen über das Ziel hinausschießt. Wenn ich die Aufforderung nur bis hierher höre, mag das sicherlich richtig sein. Aber es geht ja weiter: wir sollen als "als geliebte Kinder" nachahmen. Mit dieser Aussage definiert Paulus zum einen unsere Gottesbeziehung und liefert damit auch die Basis für alle weiteren Überlegungen. Für mich ergeben sich zunächst einmal zwei Schlüsselbegriffe, die mir und uns bei der Umsetzung dieser Aufforderung helfen: wir sind geliebte Kinder - Liebe und Kinder.

    Zum ersten: wir sollen Gott als seine Kinder nachahmen. Dieses Nachahmen soll jedoch nicht geschehen, weil wir uns "lieb Kind machen" wollen sondern weil wir, sie und ich bereits von Gott geliebt sind! Und es geht auch nicht um die "Imitatio Christi", wie sie im Mönchstum - aber auch im Pietismus - weit verbreitet war und als Ideal christlicher Nachfolge gegolten hat. Es geht nicht darum, Jesus in seinem Erdenleben in den Bereichen Demut und Armut zu kopieren. Es geht nicht ums kopieren sondern ums kapieren - bis hierher kennen sie vielleicht dieses Wortspiel - aber es geht beim kapieren im weiteren dann auch ums tun! (i. S. von Jak 2,17: „So ist auch der Glaube, wenn er keine Werke, in sich tot.“)

    Die Nachahmung soll so geschehen, wie das Kinder machen, nicht mit Kalkül und Berechnung, sondern weil sie es (bei den Eltern) sehen. Diese Beobachtung machen wir derzeit bei unserer dreijährigen Tochter, die nahezu perfekt Verhaltensweisen von meiner Frau oder mir übernimmt ohne dass sie dazu aufgefordert werden muss. Kinder lernen weit mehr und schneller durch Nachahmung als durch vorsagen. Es gilt die Aussage, dass Kinder bis zu einem Alter von 12 Jahren machen was die Eltern sagen, danach machen sie, was die Eltern tun! Oder etwas abstrakter und allgemeiner formuliert. Wir identifizieren uns mit dem, was man uns sagt, aber wir imitieren das, was wir sehen!

    Im Blick auf unsere Gottesbeziehung hinkt dieses Beispiel etwas, weil wir ja weder Gott noch Jesus sehen. Trotzdem würde ich an dieser Stelle eine Übertragung wagen. Kinder ahmen das Verhalten ihrer Eltern nach, weil sie ihnen Vorbild und weil sie wichtig für sie sind. Wenn ich also Gott nachahmen soll, dann muss ich mit ihm beschäftigen, mich mit dem auseinandersetzen und mir das vor Augen und im Sinn halten, was ich von ihm weiß. Dazu gehört für mich auch, dass wir uns gegenseitig daran erinnern und uns untereinander ermutigen und Mut machen, uns gegenseitig zum Vorbild (der eine dem anderen) zu werden (-> Phil 3,17 1Pet 5,3).

    Zum zweiten Schlüsselwort: Liebe. Unsere Sprache kennt leider nur ein Wort für "Liebe". Damit decken wir alles ab: die geschwisterliche Liebe ebenso wie die erotische Liebe und auch die Liebe Gottes zu uns. Das griechische differenziert hier genauer und verwendet drei unterschiedliche Worte: eines für die geschwisterliche Liebe (Liebe zwischen Geschwistern, Eltern und Kindern, Freunden), eines für die erotische Liebe und eines für die göttlichen Liebe. Und hier geht es um letztere, die göttliche Liebe, die agape.

    Was ist nun diese agape, was zeichnet sie aus? Die Definition finden wir bei Paulus im 1. Brief an die Gemeinde in Korinth Kap. 13: "Die Liebe Gottes ist langmütig und freundlich, sie eifert nicht, trägt das Böse nicht nach, ... ". agape ist nicht die selbstbezogene narzistische Liebe, wo sich der Einzelne zum Dreh- und Angelpunkt macht. Es geht um die Liebe, die den anderen mit seinen Bedürfnissen und in seiner Bedürftigkeit wahrnimmt und sich für ihn hingibt (V.2). Diese Liebe wird uns geschenkt, ist Teil der Frucht, die Gottes Geist in unserem Leben wirkt und reifen lässt (Gal 5,22). Und je mehr sich Gottes Geist in meinem Leben entfalten kann, wird diese Liebe im selben Maße zur Geltung kommen. Damit ist klar, dass es bei dieser Liebe nicht um's machen geht, sondern ums beschenkt werden und weiterverschenken.

    Ich bin mir dessen bewusst, dass dies ein heikles Thema ist, mit dem viel Missbrauch getrieben wurde und wird. Es gibt Menschen, die damit unter Druck gesetzt wurden oder sich selbst unter Druck setzen. Trotzdem gilt diese Aufforderung und wir können sie dann erfüllen, wenn wir eine Aufforderung Jesus beherzigen (Mt 19,19): "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." Nur wenn ich meinen eigenen Bedürfnissen Rechnung trage, mir selbst gerecht werde, kann ich auch anderen gerecht werden.

    Und wenn Paulus hier davon spricht, dass wir in der Liebe wandeln sollen, dann drückt er damit aus, dass wir nicht nur "Gelegenheitsliebende" sein sollen, sondern dass dies zu einer Grundeinstellung, zu einem Grundverhalten unseres Lebens werden sollte.

    2. Lebt in der Liebe - als Teilhaber am Reich Gottes!

    In den Versen 3 - 5 spricht Paulus einige Verhaltensweisen genau an von denen er sagt, dass diese nicht zu einem Christenleben, zu diesem Wandel in der Liebe passen uns sogar von der Teilhabe am Reich Gottes ausschließen. In dieser Liste tauchen Begriffe auf, von denen wohl auch wir ohne Umschweife sagen, dass diese unanständig sind. Andere wiederum rufen unser Erstaunen hervor oder entfachen sogar Widerspruch.

    Ich schicke voraus, dass es hier nicht um Rechthaberei im Sinne von Moral und Antimoral geht. Und es geht auch nicht darum, selbstgerecht den einen auf Grund seines Verhaltens an den Pranger zu stellen und zu verurteilen. Tun wir das, dann fallen wir ebenso aus der Liebe wie wenn wir uns gedankenlos in eine Antimoral begeben.

    Paulus liefert uns hier gewiss keine umfassende Ethik. Ich halte auch nicht dafür, dass er hier dieses Thema abschließend und vollständig behandelt. Vielmehr will er uns dafür sensibilisieren und damit auch herausfordern, über die angesprochenen Bereiche und darüber hinaus nachzudenken und unser Urteilsvermögen zu schärfen und zu trainieren. Er fordert uns heraus, in unseren eigenen Reihen eine Wertediskussion zu führen und Werte zu definieren und diese natürlich dann auch nach außen, in und vor der Welt zu bekennen und zu vertreten. Die Stichworte die Paulus liefert sind Sexualität, Unreinheit, Habsucht, Unanständigkeit, albernes Geschwätz und Witzelei. Er wirft die Frage auf, wie wir uns in diesen Bereichen verhalten. Und die Fragen die sich dabei stellen sind zum Beispiel: Wie leben wir unsere Sexualität und welchen Stellenwert geben wir ihr und wie vermitteln wir diese Werte? Und, ich wiederhole mich, ist es gewiss zu kurz gegriffen sich hier auf platte Antworten zu beschränken.

    Aber gerade bei diesem Thema ist schon merkwürdig zu beobachten, wie das Gewissen der sittlich erzogenen Christenheit im ganzen den Aussagen der Bibel durchaus beipflichtet, wenn sich das Wort Gottes gegen grobe Fleischessünden kehrt, dagegen in bedenklicher Weise versagt, wenn die Schrift die Habsucht, d.h. die "Sucht zu Haben", in diese Rubrik setzt (Rö 1,29). Einem offenkundig Unreinen und Unzüchtigen würde in christlich gesinnten Kreisen schier jede Tür verschlossen sein. Ob ebenso offenkundig Habsüchtigen auch? Die Sucht zu haben, hat eben eine reiche und sehr anständige Garderobe. Sie kleidet sich in das Gewand der Rührigkeit, der geschäftlichen Tüchtigkeit, vor allem aber der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit (vgl. Rienecker, Fritz: Der Brief des Paulus an die Epheser; Wuppertaler Studienbibel; R.Brockhaus Verlag, Wuppertal; Brunnen Verlag, Gießen 1983; S. 180).

    Und so spannt Paulus seine Gedanken weiter, da es durchaus noch andere Dinge gibt die zum Himmel stinken und alles andere als ein duftender Wohlgeruch sind. Er nimmt kein Blatt vor den Mund sondern spricht auch unseren Umgang mit Besitz an. Als in den 90-er Jahren die große Börsenhause begann, und viele vermeintlich meinten auch mitmischen und das schnelle Geld machen zu müssen, fanden sich nur wenige, die dies kritisch hinterfragten und selbst in christlichen Kreisen galt es als Chick "in Aktien zu machen", die Frage ob es anständig war oder nicht, wurde nicht gestellt. Wenn Spitzenmanager hohe Abfindungen und Prämien erhalten, die im internationalen Vergleich wohl gerechtfertigt sind, ist dies das eine. Ob es Angesichts von Millionen Arbeitslosen, Sozialhilfeempfängern und anderer Menschen, die um ihr Existenz bangen, anständig ist, steht für mich auf einem anderen Blatt. Und was nutzen einem einzelnen Menschen mehr als 18 Mrd.(!) EUR Privatbesitz (Forbes Liste)? Gerade aus betriebs- oder volkswirtschaftlicher Sicht ist der Nutzen des Geldes oder Vermögens grenzwertig, d.h. der Nutzen nimmt mit zunehmender Summe ab. Etzard Reuter, der frühere Daimler Chef hat in einem Fernsehinterview sehr deutlich und scharf die heutige Abzockermentalität in den Chefetagen kritisiert. Diese Mentalität findet in unseren Tagen immer mehr Nachahmer, im Großen wie im Kleinen und trägt so auch zum Wertezerfall in unserer Gesellschaft bei. Letztlich geht es um das eigen "Ich", dem eigenen Vorteil. Habsucht, als die Liebe zum Geld und Besitz, nennt Paulus an anderer Stelle eine Wurzel alles Bösen (1Tim 6,10).

    Und auch das Reden über andere hält Paulus für wert, in die Wertediskussion einfliesen zu lassen. Ich gehe jetzt einmal davon aus, dass auch Paulus nichts gegen einen gute Scherz hatte und auch herzhaft lachen konnte. Wogegen er sich aber mit seiner Mahnung vor albernem Geschwätz und Witzeleien ausspricht ist, wenn sich diese "nicht geziemen" sie auf Kosten anderer erfolgen. Erwähnenswert finde ich, dass der an dieser Stelle gebrauchte Ausdruck für Witzelei auch meinen kann, dass sich jemand in einer schwierigen Situation mit witzigen oder schlauen Worten herauszureden vermag.

    Nochmals, es geht hier nicht darum, eine Diskussion ums Rechthaben zu entfachen und haarklein zu definieren was "man darf" und was "man nicht darf". Es geht auch nicht darum einen Sitten- oder Moralkodex aufzustellen an dem ich mich für Zeit und Ewigkeit entlang hangeln kann. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob und wie wir Werte vermitteln. Wo in unseren Kreisen das denken und Urteilsvermögen in diesenFragen geschult wird. Hier bin ich nun bei meiner dritten letzten Aussage angelangt:

    3. Lebt in der Liebe - als Kinder des Lichts!

    Unser Abschnitt endet mit damit, dass Paulus uns in Erinnerung ruft, was wir sind: Licht in dieser Welt (vgl. Mt 5,13). Und als solche sollen wir leben und unser Leben gestalten. Hin und wieder frage ich mich schon, wie ich das sein kann? Oft komme ich mir ja eher wie eine trübe Funzel vor. Dass ich Licht bin verstehe ich nicht so, dass ich aus mir selbst diese Leuchtkraft habe wie die Sonne. Vielmehr leuchte ich weil ich angestrahlt werde, gleich dem Mond in einer sternenklaren Vollmondnacht.

    Nun gibt es Zeiten - wie bei den Himmelsgestirnen auch - da schiebt sich etwas zwischen mir und dieser Lichtquelle und die Leuchtkraft wird reduziert oder erlischt sogar ganz. Die Hindernisse sind unter anderem die Dinge, die Paulus in unseren Versen angesprochen hat, ist die Sünde in unserem, in meinem Leben. In diesen Situationen sollte ich Sorge dafür tragen, dass ich wieder angestrahlt werde. Das bedeutet, dass ich mich ganz bewusst in Gottes Gegenwart begebe und aus dem Weg räume, was sich zwischen mir und Gott gestellt hat. Geschieht diese Umkehr und Neuausrichtung dann bin ich wieder Licht in dieser Welt.

    Zu diesem Licht sein gehört für mich, und in unseren Tagen zunehmend, dass Christen sagen was ihnen wichtig ist, wir eine Wertediskussion führen und Werte nach innen und außen vermitteln. Und dies gelingt uns um so überzeugender, je überzeugter wir selbst sind.

    Paulus nimmt diese Wertediskussion sehr ernst und macht deutlich dass auch wir sie nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten. Für ihn sollen die angesprochenen Verhaltensweisen in der Gemeinde weder zum Thema derart werden, dass solche Fälle auftreten noch sollen sie der Gemeinde nachgesagt werden können. Dies bedeutet, dass wir nicht einmal Gedanken darüber hegen sollten, so etwas zu tun. Denn, die Gedanken sind der erste Schritt zum Tun (Mt 5,28ff).

    In diesen Versen ermahnt uns Paulus, uns immer wieder diesen Fragen zu stellen, in unseren Gemeinden und Kreisen Möglichkeiten zu schaffen darüber zu diskutieren und Orientierungshilfen zu geben und Standpunkte zu beziehen, die wir dann auch leben in und vor der Welt bezeugen.

    Schluss

    "Seid Nachahmer Gottes als geliebte Kinder und wandelt als Kinder des Lichts" - ein Anspruch, der uns sicherlich herausfordert, aber auch ein Anspruch für den die Basis zur Umsetzung gelegt ist als geliebte Kinder.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Altenheimstraße 23
    89522 Heidenheim/Brenz
    07321/910915
    eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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