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Predigt über Jakobus 1, 12-18

am 10.02.2008
Sonntag Invocavit

Ort:
Sontheim/Brenz;
Evang. Chrischonagemeinde


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Mausefalle - Funktion des Stellholzes erläutern:

Dieses skandalon, dieses Stellholz mit seinem Köder ist gemeint, wenn wir in der Bibel, insbesondere im Neuen Testament etwas von den Ärgernissen lesen, denen Christen begegnen und denen sie ausgesetzt sind. Für die Welt ist Jesus selbst ein Ärgernis, ein Anstoß, die Herausforderung. Und eng mit diesem skandalon verbunden ist ein anderes Thema, zu dem ich einige Verse lesen möchte:

- Text lesen: Jakobus 1,12-18 -

Versuchung, kein einfaches Stichwort, das uns Jakobus an diesem Sonntag vorgibt. Um so mehr verwundert es, was er dazu sagt: "Glückselig derjenige, dem Versuchung widerfährt!" Im griechischen Grundtext steht das Wort makarios das in seiner wörtlichen Übersetzung "ein Zustand von Gott geschenkter Freude ohne Ende" bedeutet. Ich frage: Ist dies in ihrem Definitionshorizont auch so vorgesehen? Würden sie dies auch so sagen, wenn sie nach ihrer Bewertung von Versuchung gefragt würden? Ich wage zu behaupten, daß sich wohl kaum jemand von uns zu einer solchen Aussage versteigen würde, eher das Gegenteil. Unsere Vorstellungen und Bewertungen sehen wohl eher so aus, daß ein "gutes" Leben ein solches ist, in dem es uns wohl ergeht, will heißen, alle Schwierigkeiten und Unannehmlichkeiten ausgeklammert sind. Dabei verwechseln wir allerdings Wohlergehen mit glücklich sein oder glückselig sein, so wie es Jakobus oder auch Jesus verstehen. Dieses glückselig begegnet uns auch an anderer Stelle. Jesus beginnt seine Bergpredigt mit diesem Wort und dabei wird deutlich, dass dieses glückselig sein eng an zukünftige Ereignisse geknüpft ist. Glückselig sind nicht diejenigen, denen es jetzt wohl ergeht sondern die, welche in die zukünftigen Ereignisse hineingenommen werden.

Die Frage heute morgen ist, wie wir mit der Aussage des Jakobus umgehen, wie wir darauf reagieren? Die einen mögen Jakobus eine weltfremde Lebensauffassung unterstellen, die nichts mit unserem alltäglichen Leben und erleben zu tun hat. Anderen ist das alles zu theoretisch und zu abstrakt. Sich darüber Gedanken zu machen verwirrt mehr als dass es zur Klärung hilft. Und haben nicht schon hellere Köpfe und große Denker und Dogmatiker zahllose Seiten gefüllt ohne eine zufriedenstellende Antwort geben zu können? So könnte ich eigentlich jetzt meine Predigt schließen und abtreten. Sie haben gehört was ein Stellholz ist und mal wieder gesehen, wie eine Mausefalle funktioniert, das ist doch schon mal was. Aber zum einen will ich es mir und ihnen nicht so einfach machen, und zum anderen haben mich diese Verse neugierig gemacht und ich habe mich gefragt was Jakobus zu einer solchen Aussage und Bewertung von Versuchung veranlaßt, die er ja schon zu Beginn dieses Briefes getroffen hat (siehe Vers 2-5).

Im nachdenken darüber habe ich festgestellt, daß ich den Begriff "Versuchung" eigentlich gar nicht richtig fassen kann. Er sehr stark von Meinungen und übernommenen Definitionen geprägt ist. So habe ich mich zunächst gefragt:

1. Versuchung - was ist das eigentlich, worum geht es da?

Den Begriff kennen wir aus unserer Alltagssprache. Wir reden von Versuchung wenn das gute Stück Torte lockt oder wir doch länger vor dem Fernseher sitzen bleiben als zunächst vorgehabt. Gerade das Stück Torte macht am ehesten deutlich worum es bei Versuchung geht und wann wir davon betroffen sind. Dann, wenn uns etwas wichtig ist, weil wir z. B. auf die schlanke Linie achten wollen oder müssen. Darum haben wir einen Vorsatz, einen Plan oder ein Ziel gefaßt, das wir einhalten wollen. Und das Tortenstück ist nun der Auslöser (skandalon) durch den wir von diesem Ziel abgebracht werden. Die Gute Nachricht spricht vom Köder. Und plötzlich haben wir zwei Ziele, die miteinander konkurrieren, weil wir uns von beiden einen, wenn auch meist gegensätzlichen, Nutzen versprechen. Das Stück Torte lockt, weil es uns schmeckt oder wir zumindest hoffen dass es uns mundet. Oder im anderen Fall, dass wir die Querschlankheit um einige Zentimeter reduzieren können. Und nun müssen wir uns entscheiden, was uns wichtiger ist, welchem Ziel ich eine größere Bedeutung bemesse.

In der Versuchung werden wir auf die Probe gestellt, geprüft ob wir unserem Ziel treu bleiben oder uns davon abbringen lassen und von daher verstehen wir diesen Begriff negativ. Lasse ich die Endsilbe weg stellt sich der Begriff anders dar. Dann reden wir von einem Versuch, einer Probe oder auch einer Prüfung und darunter verstehe ich etwas positives - als Schüler sieht man das natürlich etwas anders, aber das liegt wohl eher daran, dass das lernen arbeitsreich reich ist und wie schulische Prüfungen heute bewertet bzw. angewandt werden. Bei einer Prüfung soll es eigentlich darum gehen, das Gute und Richtige ans Licht zu bringen. Zu schauen was gelernt wurde und der Prüfling weiß und den Stoff auch verstanden hat.

So hat Versuchung zwei Aspekte, einen positiven (Prüfung) und einen negativen (Versuchung). Diese beiden sehr gegensätzlichen Verstehensweisen kommen der biblischen Bedeutung von Versuchung (peirasmos = Versuchung, Prüfung) sehr nahe. Im biblischen Gebrauch ist die Bedeutung von Versuchung davon abhängig, welches Ziel, welche Absicht mit einer Versuchung verfolgt wird. Ob positiv oder negativ hängt also davon ab, vom wem die Versuchung ausgeht. Ein Ursprung von Versuchung ist sicherlich der Teufel, der diabolos, der Durcheinanderwerfer. Hat sie hier ihren Ursprung so ist das Ziel, daß der so Versuchte stolpert und zu Fall gebracht wird, damit er an der Versuchung zerbricht und aus der Gemeinschaft mit Gott gerissen wird. Wenn die negative Versuchung vom Teufel kommt, kommt dann die positive von Gott? Diese Schlußfolgerung, so Jakobus, ist falsch, denn Gott versucht uns nicht!

Gott läßt zu dass wir versucht werden, lässt Versuchung als Prüfung geschehen, damit wir in unserem Glauben, in unserem Vertrauen und in unserer Beziehung zu Gott wachsen und reifen. In einer der für mich beeindruckendsten Geschichten der Bibel wird uns ein kurzer Blick hinter die Kulissen von Versuchung gewährt: die Geschichte Hiobs. In den ersten beiden Kapiteln werden wir Zeugen eines interessanten Gesprächs, von dem Hiob natürlich nichts weiß. Gott lobt Hiob und der Satan hält dagegen und will Hiob auf die Probe stellen. Er führt an, dass es Hiob ja ein leichtes ist sich zu Gott zu halten, weil es ihm gut geht, er keine Sorgen hat. Aber was, wenn dem nicht mehr so ist? Wird er dann Gott nicht ins Angesicht fluchen? Gott lässt sich auf dieses riskante Unterfangen ein, aber er bestimmt auch den Rahmen dafür. Dann kommt der lange Leidensweg Hiobs (seine Kinder kommen um, er verliert all seinen Besitz und wird mit Krankheit geschlagen) und seine Auseinandersetzung mit seiner Lebenssituation, seinen Freunden und auch mit Gott. Und schließlich das Ende bzw. die Wendung. Im Leiden erkennt Hiob Gott ("... aber nun hat mein Auge dich gesehen" 42,5) er wendet sich IHM aufs neue zu und wird von Gott gesegnet.

Die Geschichte Hiobs macht deutlich, daß Versuchung gleichsam ein Training darstellen kann, durch das wir in unserem Glauben und in unserer Beziehung zu Jesus gefestigt und weitergebracht werden (s. Off 2,10f). In unserem Leben und Nachfolge als Christen geht es darum, in unserem Glauben und unserer Beziehung zu Gott gefestigt zu werden, damit wir das gesteckte und gewählte Ziel erreichen. Es geht darum, dass der theoretische Glaube sich auch im praktischen Leben bewährt (Beispiel mit dem Pendel im Physikunterricht) oder gleich dem Sportler, der für einen Wettkampf trainiert um das Ziel zu erreichen. Im biblischen Zeugnis werden Versuchungen, Schwierigkeiten und Herausforderungen immer wieder so bewertet.

Hier stellt sich mir nun eine zweite Frage:

2. Versuchung - wo und wie erleben wir sie?

Wir sind geneigt die Antwort auf diese Frage nicht bei uns zu suchen. Wenn nicht Gott, so machen wir in erster Linie meist den Teufel für Versuchungen verantwortlich. Jakobus warnt vor einer zu schnellen Schlußfolgerung und letztlich davor, die Ursache bei anderen zu suchen. Und zu erkennen, welches Ziel hinter einer Versuchung steckt ist, wenn überhaupt, für uns erst rückblickend möglich.

Versuchung kann uns in vielerlei Situationen und Gestalt begegnen. So nennt Jakobus unsere eigene Begierde als einen "Angriffspunkt" von Versuchungen. Ich erspare es mir, Begierde im einzelnen zu definieren, möchte aber auf jeden Fall anmerken, daß allein die Festlegung auf den sexuellen Bereich zu kurz greift. Hinter diesen Begierden stehen unsere menschlichen Sehnsüchte der unterschiedlichsten Art. Auch solche, die wir zunächst gar nicht als verwerflich einstufen würden. Oder wer von uns will behaupten, daß das Streben nach der Erkenntnis von Gutem und Bösem eine Versuchung wäre? Oder warum sollte es schlecht sein, wenn mich doch der Hunger nach 40 Tagen in der Wüste plagt, Steine in Brot zu verwandeln, so ich es denn könnte? Sehnsucht nach Geborgenheit, nach Wohlergehen kann zur Begierde werden, zum skandalon, das uns zur Sünde verleitet. Dann, wenn wir nicht mehr auf Gott schauen und nach seinem Willen fragen, dann wenn wir Gott anklagen und ihm nicht mehr zutrauen, daß Jesus unser Leben in seiner Hand hält, jeden Tag.

Zum anderen sind es Menschen, denen ich begegne und mit denen ich zu tun habe, die mir zu einem solchen Anstoß werden können. Vielleicht einfach durch ihre Art, was sie tun, sagen und wie sie leben oder durch direkte Konfrontationen und Angriffe, wie auch Jesus sie erlebt hat. Gerade die Gemeinde ist ein idealer Nährboden dafür. Denn nirgends sonst wird das Verhalten kritischer bewertet als unter Christen. Was wir andernorts noch großzügig durchgehen lassen, erntet in der Gemeinde aufs heftigste Kritik. Und diese Kritik kann uns dann selbst zum Fallstrick zur eigenen Sünde werden.

Schließlich können es auch Lebenssituationen sein, die mich in meinem Glauben herausfordern und auf die Probe stellen. Lebenssituationen in denen es darum geht ob ich Gott noch traue daß er mich liebt, daß er dennoch mein Leben fest in seinen Händen hält? Schaffe ich es, trotz des quälenden und nicht zu beantwortenden "warum" an Jesus festzuhalten und nicht an IHM irre zu werden?

Bemerkenswert ist, dass Versuchung als existenzielles Thema erst dann auftaucht, wenn jemand Christ wird. Dann, wenn ich mich frage, wie ein gottgefälliges Leben aussieht und möglich wird. Bei der Frage, was mich versucht, sind die Grenzen in vielen Fällen fließend und was dem einen schon zur Versuchung wird, macht einem anderen noch lange keine schlaflose Nacht. Pauschale Aussagen sind schwierig, aber eines läßt sich mit Sicherheit sagen, was allen Versuchungen gemeinsam ist, das sie in uns Zweifel wecken: "Wenn du..." oder "Sollte Gott gesagt haben?". Zweifel an der Glaubwürdigkeit Gottes und seiner Liebe zu uns, zu ihnen und mir, auch durch die Frage "warum?". Zweifel an dem Umstand, Gott "Gott" sein zu lassen, dass ER es gut mit mir meint um mich so aus der Gemeinschaft mit Gott zu reißen.

Warum läßt Gott Versuchung zu, führt er uns in Situationen in denen uns Versuchung widerfährt? Zum Schluß die Antwort:

3. Versuchung geschieht- weil Gott uns liebt!

Wir werden versucht, weil Gott uns liebt, weil er uns in seine Gemeinschaft gerufen hat und wir diesen Ruf angenommen haben, wir seine Kinder sind. Ein Mensch, der mit Gott nichts zu tun hat braucht auch nicht von Gott getrennt zu werden. Das größte Interesse des Teufels ist, uns aus dieser Beziehung zu Gott herauszureißen und uns diese madig zu machen. Sein Mittel dazu sind Versuchungen und Stellhölzer in den unterschiedlichsten Varianten. Kennzeichen dieser Beziehung zwischen Gott und uns Menschen, dieser Liebesbeziehung ist, daß Gott uns als seinen Ebenbildern in dieser Beziehung Freiheiten läßt. Gott hat uns nicht als seine Marionetten geschaffen die willenlos auf dieser Erde leben. Damit hat Gott uns auch die Möglichkeit gegeben, diese Freiheiten zu durchbrechen, wie dies die Ereignisse aus dem Garten Eden belegen. Das ist das Risiko, das Gott in dieser Beziehung eingeht, auch dass ein Mensch in einer Versuchung zerbricht, strauchelt und fällt.. Aber ER will nicht, daß dies geschieht und schon gar nicht, dass jemand dabei zu Grunde geht. Vielmehr will ER daß allen Menschen geholfen wird und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen und als seine Kinder in der Gemeinschaft mit IHM leben. Und diese Hilfe kann auch dann geschehen, wenn ich wirklich mal wieder gefallen bin. Dann kann und darf ich um Vergebung bitten und erleben, dass mich Gott wieder aufrichtet, so wie einen David oder einen Petrus.

Weil Gott uns liebt und weil wir in dieser Welt Versuchungen ausgesetzt sind, sie sogar notwendig sind (Mt 18,7) hat Gott seinen Sohn in die Welt gesandt. Jesus war wie wir Versuchungen ausgesetzt, hat sie in der Wüste und im Garten Gethsemane erlebt und bis zur totalen Verlassenheit am Kreuz "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" durchlitten. Jesus kann mitreden, wenn es um Versuchungen geht, weiß wie es uns in unseren Versuchungen ergeht (Heb 4,15). Wir sind der Versuchung nicht hilflos ausgeliefert. In seiner eigenen Versuchung in der Wüste hat Jesus uns vorgemacht, wie wir uns in der Versuchung zur Wehr setzen, sie überwinden wie wir uns in der Versuchung bewähren können. Um in der Versuchung zu bestehen ist entscheidend, daß ich aus der Beziehung und Gemeinschaft zu unserem himmlischen Vater und Jesus heraus lebe. Dazu gehört, daß ich sein Wort kenne, um das weiß, was er gesagt und getan hat. Und schließlich können und dürfen wir auch darum bitten, daß wir nicht in Versuchung geführt werden (Mt 6,13; 26,41).

Versuchungen sind nichts ungewöhnliches. Nur weil wir versucht werden sind wir noch lange nicht aus der Gemeinschaft mit Gott gefallen und Versuchung ist auch noch nicht Sünde. Von Martin Luther ist die Aussage überliefert: "Ich kann zwar nicht verhindern daß die Raben über meinen Kopf fliegen, aber ich kann verhindern, daß sie darauf ihre Nester bauen."

Jesus hat seinen Jüngern und damit auch uns gesagt, daß er uns nicht aus dieser Welt wegnimmt, uns, ihnen und mir Versuchungen nicht erspart bleiben werden. In all dem sind wir bewahrte und behütete(Joh 17,15), wir sind nicht aus der Hand Gottes gefallen oder gerissen. Wir sollen und dürfen gewiß sein, daß selbst in der schwersten Versuchung ER die Fäden fest in seiner Hand hält (1.Kor 10,13) und uns nichts von IHM trennen kann! So sind Christen getröstete und niemand braucht mehr Trost als sie. Darum gibt es auch den Heiligen Geist eine dessen Hauptaufgaben darin besteht, uns zu trösten und uns beizustehen.

Schluss

Versuchungen fordern uns heraus und werfen Fragen auf und manchmal werden wir in unseren Grundfesten erschüttert. Dies führt uns den Ernst der Lage vor Augen. Wichtig dabei ist, daß alle Versuchung unter Gottes Zulassung und unter seiner Kontrolle geschieht, ER den Rahmen festlegt (Hio 1,12; 1.Kor 10,13).

Mir macht das Mut, zuversichtlicher meinen Weg zu gehen, mich stärker an Jesus zu binden und von IHM zu lernen, die Versuchung zu erdulden und zu überwinden und so in meinem Glauben gestärkt zu werden. Als Christen sind wir Nachfolger Jesu, wir wollen ihm vertrauensvoll nachgehen zu dem Ziel, das er für uns bereit hält.

Amen.

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Altenheimstraße 23
89522 Heidenheim/Brenz
07321/910915
eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de
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