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Predigt über Jakobus 1, 12 - 18

am 9.3.2014
Sonntag Invocavit

Ort:
Tüllingen


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Mausefalle - Funktion des Stellholzes erläutern:

Dieses skandalon, dieses Stellholz mit seinem Köder ist gemeint, wenn wir in der Bibel, insbesondere im Neuen Testament etwas von den Ärgernissen lesen, denen Christen begegnen und ausgesetzt sind. Für die Welt ist Jesus selbst ein Ärgernis, ein Anstoß, eine Herausforderung. Was wird uns zum Anstoß, zum Ärgernis? Wenn ich mich ärgere dann fühle ich mich in meinen Zielen gestört, das was mich abbringt ist dieses skandalon. Die Situation in die wir dann geraten beschreibt Jakobus in den Versen des heutigen Predigttextes. Dabei trifft er eine erstaunliche Aussage:

- Text: Jakobus 1,12-18 -

Mit dem Thema Versuchung gibt uns Jakobus kein einfaches Stichwort für diesem Sonntag. Um so mehr verwundert es, was er dazu sagt: „Glückselig derjenige, dem Versuchung widerfährt!“ Ich frage: Ist dies in unserem, ihrem und meinem Denkhorizont auch so vorgesehen? Würden wir dies auch so sagen, wenn wir nach unserer Bewertung von Versuchung, Lebenskrisen gefragt würden? Ich wage zu behaupten, dass wohl kaum jemand von uns eine solche Aussage treffen würde, eher das Gegenteil. Unsere Vorstellungen sehen eher so aus, dass ein gutes Leben ein solches ist, in dem es uns wohl ergeht, will heißen, alle Schwierigkeiten und Unannehmlichkeiten und damit auch Versuchungen möglichst nicht vorkommen. Dabei verwechseln wir allerdings Wohlergehen mit glücklich oder glückselig sein. Jakobus oder auch Jesus gebrauchen ein griechische Wort für glücklich sein (makarios), das in seiner wörtlichen Übersetzung „ein Zustand von Gott geschenkter Freude ohne Ende“ bedeutet. Mit diesem Begriff beginnt Jesus unter anderem seine Bergpredigt (Mt 5,1ff). In dieser wird deutlich, dass glückselig sein eng an zukünftige Ereignisse geknüpft ist. Glückselig sind nicht diejenigen, denen es jetzt wohl ergeht sondern die, welche in die zukünftigen Ereignisse hineingenommen werden.

Die Frage heute Morgen ist, wie wir mit der Aussage des Jakobus umgehen, wie wir darauf reagieren? Hat Jakobus ein weltfremde Lebensauffassung, die nichts mit unserem alltäglichen Leben und erleben zu tun hat? Wir sind doch alle aufgeklärte und pfiffige Zeitgenossen, da passt doch so etwas wie der Teufel nicht dazu? Ist uns das alles zu theoretisch und zu abstrakt? Und haben nicht schon hellere Köpfe und große Denker und Dogmatiker zahllose Seiten gefüllt ohne eine zufriedenstellende Antwort geben zu können? So gedacht könnte ich jetzt meine Predigt beenden und abtreten. Sie haben gehört was ein Stellholz ist und mal wieder gesehen, wie eine Mausefalle funktioniert, das ist doch schon mal was. Da haben sie doch was aus diesem Gottesdienst zu berichten. Aber zum einen will ich es mir und ihnen nicht so einfach machen, und zum anderen haben mich diese Verse neugierig gemacht und ich habe mich gefragt was Jakobus zu einer solchen Aussage und Bewertung von Versuchung veranlasst.

Was hat es auf sich mit Versuchung und dem damit verbundenem glücklich sein?

1. Versuchung – worum geht es?

In unserer Alltagssprache bezeichnen wir manches als Versuchungen. So reden wir von Versuchung wenn das gute Stück Torte lockt oder wir doch länger vor dem Fernseher sitzen bleiben als zunächst vorgehabt. Es geht also darum, dass wir von etwas, einem gefassten Vorsatz oder einem geplanten Ziel, was wir für richtig und wichtig erachten abgelenkt und weggelockt werden. Auslöser für diese Ablenkung ist das erwähnte skandalon. In der Bibelübertragung Die Gute Nachricht wird treffend der Begriff Köder verwandt. Das kann dann in dem einen Fall das Stück Torte sein. In solchen Situationen müssen wir uns entscheiden wem wir größere Bedeutung beimessen, was uns wichtiger ist, dem Ziel treu zu bleiben oder der Versuchung nachzugeben.

In der Versuchung werden wir auf die Probe gestellt, geprüft ob wir unserem Ziel treu bleiben oder uns davon abbringen lassen und von daher ist dieser Begriff negativ besetzt. So gesehen können wir auch von einer Prüfung(so z.B. Zürcher Bibel) sprechen. Darunter verstehe ich etwas positives – Schüler sehen das natürlich etwas anders. Bei einer Prüfung soll es darum gehen, das Gute und Richtige ans Licht zu bringen. Zu schauen was gelernt wurde und was der Prüfling vom gelernten Stoff verstanden hat.

Was uns bei diesem Thema immer wieder umtreibt ist die Frage, woher kommt die Versuchung? Warum wird sie nicht verhindert? Kommt sie gar von Gott? Haben wir in der Schriftlesung (Mt 4, 1-11) nicht gehört, wie Jesus vom Geist Gottes in die Wüste geführt und dort vom Teufel versucht wurde? Warum bitten wir im Vaterunser darum, nicht in Versuchung geführt zu werden?

In einer der für mich beeindruckendsten Geschichte der Bibel wird uns ein kurzer Blick hinter die Kulissen von Versuchung gewährt, da wird für einen kurzen Moment der Vorhang beiseite geschoben: die Geschichte Hiobs. In den ersten beiden Kapiteln werden wir Zeugen eines interessanten Gesprächs, von dem Hiob natürlich nichts weiß. Gott lobt Hiob und der Satan hält dagegen und will Hiob auf die Probe stellen. Er führt an, dass es Hiob ja ein leichtes ist sich zu Gott zu halten, weil es ihm gut geht, er alles hat, reich ist und sich daher um sein Wohlergehen keine Sorgen machen muss. Aber was, wenn dem nicht mehr so ist, wenn Ärgernisse auftauchen, wenn ihm sein Wohlstand genommen wird, er leiden muss und er so Versuchung ausgesetzt ist? Wird er dann Gott nicht ins Angesicht fluchen?

Gott lässt diese Prüfung zu und eine dramatische Lebensgeschichte nimmt ihren Lauf. Hiobs Kinder kommen um, er verliert all seinen Besitz und wird mit Krankheit geschlagen. Wir werden Zeugen wie Hiob sich mit seinen Lebensweg, der zu einem Leidensweg geworden ist auseinandersetzt. 41 Kapitel lang. Mit sich, seinen Freunden und mit Gott. Und schließlich das Ende bzw. die Wendung. Im Leiden erkennt Hiob Gott („… aber nun hat mein Auge dich gesehen“ 42,5) und wendet sich ihm aufs Neue zu.

Hier stellt sich mir nun eine zweite Frage:

2. Versuchung – wo erleben wir sie?

Versuchung begegnet uns nicht in Form von Kuchen und Torten. Versuchung im biblischen Sinn kann uns in vielerlei Situationen und Gestalt begegnen. So nennt Jakobus unsere eigene Begierde als einen „Angriffspunkt“ von Versuchungen. Hinter Begierden stehen unsere menschlichen Sehnsüchte der unterschiedlichsten Art. Auch solche, die wir zunächst gar nicht als verwerflich einstufen würden. Oder wer von uns will behaupten, dass das Streben nach der Erkenntnis von Gutem und Bösem eine Versuchung wäre? Oder warum sollte es schlecht sein, wie vorhin in der Schriftlesung gehört, wenn mich doch der Hunger nach 40 Tagen in der Wüste plagt, Steine in Brot zu verwandeln, so ich es denn könnte? Sehnsucht nach Geborgenheit, nach Wohlergehen kann zur Begierde werden, zum skandalon, das uns zur Sünde verleitet, vom eigentlichen Ziel unseres Lebens abbringt. Dann, wenn wir nicht mehr auf Gott schauen und nach seinem Willen fragen, dann wenn wir Gott anklagen und ihm nicht mehr zutrauen, dass Jesus unser Leben in seiner Hand hält, jeden Tag.

Es können andere Menschen, auch Mitchristen sein, aber am meisten sind es wohl Lebenssituationen, die mich in meinem Glauben herausfordern und auf die Probe stellen, zur Prüfung werden. Lebenssituationen in denen es darum geht ob ich Gott noch vertraue dass er mich liebt, dass er mein Leben fest in seinen Händen hält? Schaffe ich es, trotz des quälenden und nicht zu beantwortenden „warum“ an Jesus festzuhalten und nicht an ihm irre zu werden?

Bemerkenswert ist, dass Versuchung als existenzielles Thema erst dann auftaucht, wenn jemand Christ wird. Krisen, schwierige Lebensphasen, Krankheit können jedem Menschen widerfahren, werden als Belastung oder leidvoll empfunden, nicht jedoch als Versuchung. Versuchung im biblischen Sinne widerfährt nur Menschen denen an einer Beziehung zu Gott gelegen ist, die sich mit ihrer Taufe in den Lebensweg Jesus hineinnehmen lassen und ihm mit ihrem Leben nachfolgen wollen. Dann, wenn ich mich frage, wie ein gottgefälliges Leben aussieht und möglich wird. All das, was dazu führen kann, mich aus dieser Gemeinschaft zu reißen wird mir zur Versuchung und in der Konsequenz dann zu Sünde. Bei der Frage, was mich versucht, sind die Grenzen in vielen Fällen fließend und was dem einen schon zur Versuchung wird, macht einem anderen noch lange keine schlaflose Nacht. Pauschale Aussagen sind schwierig, aber eines lässt sich mit Sicherheit generell sagen, was allen Versuchungen gemeinsam ist: Sie wecken in uns Zweifel „Wenn du...“ oder „Sollte Gott gesagt haben?“. Zweifel an der Glaubwürdigkeit Gottes, an seiner Liebe zu uns, zu ihnen und mir, auch durch die Frage „warum?“. Zweifel an dem Umstand, Gott „Gott“ sein zu lassen, dass mir anderes widerfährt und ich erlebe als das, was ich vermeintlich für gut erachte. Versuchung kann auch darin bestehen zu meinen, dass ein, mein Leben ohne Schwierigkeiten, Probleme und Sorgen bleibt. Kann, könnte Gott nicht dafür sorgen, dass mir all diese Unannehmlichkeiten erspart bleiben? Dass dem nicht so ist, werden die meisten von uns in ihrem Leben schon mitbekommen haben.

Die Gretchenfrage: Warum lässt Gott Versuchung zu, führt er uns in Situationen in denen uns Versuchung widerfährt?

3. Versuchung geschieht– weil Gott uns liebt!

So unglaublich es klingen mag: Wir werden versucht, weil Gott uns liebt. Wesentliches Kennzeichen dieser Beziehung zwischen Gott und uns Menschen, dieser Liebesbeziehung, ist, dass Gott uns als seinen Ebenbildern in dieser Beziehung Freiheiten lässt. Gott hat uns nicht als seine Marionetten geschaffen die willenlos an seinen Führungsfäden auf dieser Erde leben. Damit hat Gott uns auch die Möglichkeit gegeben, diese Freiheiten zu durchbrechen, wie dies die Ereignisse aus dem Garten Eden belegen. Das ist das Risiko, das Gott in dieser Beziehung eingeht, dass ein Mensch sich von der Versuchung locken lässt, der Sünde erliegt, strauchelt und fällt, sich von Gott abwendet. Aber damit wir die Liebe Gottes aus freien Stücken erwidern können geht er dieses Risiko ein, weil ihm unsere Liebe, unser Vertrauen zu ihm so wichtig ist.

Versuchungen sind nichts ungewöhnliches. Nur weil wir versucht werden sind wir noch lange nicht aus der Gemeinschaft mit Gott gefallen und Versuchung ist auch noch nicht Sünde. Von Martin Luther ist die Aussage überliefert: „Ich kann zwar nicht verhindern dass die Raben über meinen Kopf fliegen, aber ich kann verhindern, dass sie darauf ihre Nester bauen.“

Versuchungen sind Bestandteil unseres Lebens. Es geht nicht darum, dass wir von Versuchungen verschont bleiben sondern das Ziel, das ewige Leben erreichen. Versuchungen können dazu beitragen dass ich in meiner Beziehung zu Gott gestärkt werde. So wie es Hiob erlebt hatte. Darum bittet Jesu den Vater im Himmel nicht, dass seine Jüngern und damit auch wir vor den Widrigkeiten dieser Welt, vor Versuchungen verschont bleiben (Joh 17,15), sondern dass wir in dieser Welt und dem was wir erleben bewahrt werden. Darum ist Hiob am Ende seines Leidensweges in der Lage, sich Gott neu zuzuwenden und ich bin überzeugt, seine Gottesbeziehung war eine andere, gestärktere und vor allem reifere als zuvor. Er sagt, Gott nun nicht mehr nur vom Hörensagen zu kennen, sondern bekennt „nun hat mein Auge dich gesehen. Darin drückt sich dieses im biblischen Sinne glücklich sein aus.

Schluss

Versuchungen fordern uns heraus und werfen Fragen auf und manchmal werden wir in unseren Grundfesten erschüttert. Dies führt uns den Ernst der Lage vor Augen. Wichtig dabei ist, dass alle Versuchung unter Gottes Zulassung und unter seiner Kontrolle geschieht, ER den Rahmen festlegt (Hio 1,12; 1.Kor 10,13).

Mir macht das Mut, zuversichtlicher meinen Weg zu gehen, mich stärker an Jesus zu binden und von IHM zu lernen, die Versuchung zu erdulden und zu überwinden und so in meinem Glauben gestärkt zu werden. Mich motiviert das, mich nicht weglocken zu lassensondern vertrauensvoll an dem Ziel festzuhalten das er für uns bereithält.

Amen.

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Obertüllingen 107
79539 Lörrach-Tüllingen
07621/9153229
eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

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