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Predigt über Jakobus 1,2-5

am 06.11.1999
Drittletzter Sonntag

Ort: Altenheim Staufen


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder

Einleitung

Wir alle, und sie wahrscheinlich noch mehr als ich, kennen sie: die Lebensumstände und -situationen die uns Mühe machen, in denen die Frage nach dem "warum" und "womit habe ich das verdient?" in uns aufsteigt. Ausdruck dafür, daß wir mit unserem Lebensweg und -schicksal hadern und ihm keine guten Seiten abgewinnen können.

Eine ganz andere Einstellung zu solchen Lebensphasen vermittelt uns der heutige Predigttext. Beim ersten lesen oder hören wird es ihnen vermutlich ähnlich gehen wie mir: man ist etwas verwundert über das, was einem da zu Ohren kommt, aber je länger man dann darüber nachdenkt, die Worte auf einem wirken läßt, um so mehr können sie ihre Wirkung entfalten.

Ich lese aus dem Jakobusbrief

- Text lesen: Jakobus 1, 2-5

Eine erstaunliche Sicht der Dinge, die Jakobus in diesen Versen entwickelt. Eine Sichtweise die so ganz und gar nicht mehr in unsere Tage passen will. Aber ich glaube, in den Tagen als diese Verse geschrieben wurden, war die Situation auch nicht anders, man hatte Mühe, mit den negativen Seiten des Lebens umzugehen, sie einzuordnen, denn sonst hätte Jakobus diese Verse nicht an die Menschen damals geschrieben.

Das kann im Extremfall so weit gehen, daß wir anfangen mit Gott zu hadern, an seiner Liebe zu uns zu Zweifeln. Wenn unser Glaube davon betroffen ist, reden wir von Anfechtung. Ausgelöst durch eigenes Leid oder auch durch das Leid anderer an dem wir teilnehmen. Anfechtung zielt auf unseren Glauben, will uns diesen madig machen und das Mißtrauen gegen Gott mehren.

Wie gesagt, normalerweise können wir dem allem nichts gutes abgewinnen. Unsere normale Auffassung ist doch die, daß derjenige zu beneiden ist, dem Anfechtung erspart bleibt. Ganz anders geht nun Jakobus damit um. Für ihn ist die Anfechtung ein Grund zur Freude. Ein Grund zur Freude deshalb, weil es ein Zeichen ist, daß Gott an uns arbeitet. Jakobus will damit sicherlich nicht sagen, daß Gott nicht auch in den ruhigen, sogenannten guten Zeiten an uns arbeiten kann. Aber, so seine Aussage, Anfechtungen gehören zur Lebensschule Gottes mit dazu und wir sollten daraus lernen.

Dreierlei sollen wir lernen:

  • Standhaftigkeit und Bewährung des Glaubens
  • Durchhaltevermögen
  • Weisheit
  • 1. Standhaftigkeit und Bewährung des Glaubens

    Laßen sie mich dies an einem Beispiel aus dem täglichen Leben verdeutlichen. Um Stahl wirklich gebrauchen und als Werkstoff einsetzen zu können, muß er gehärtet werden. Dies geschieht durch Walzen die Druck auf den rohen Stahl ausüben und in so härten. Erst dann kann man ihn biegen und formen, anderen Belastungen aussetzen ohne daß er bricht.

    Das Stichwort dabei ist nicht brechen. Wenn ich wissen will, ob etwas trägt, funktioniert, muß ich es auf die Probe stellen. In vielen alltäglichen Situationen tun wir dies ganz selbstverständlich. Der Unterschied dabei ist, daß wir dabei in der Regel keine leidvollen Erfahrungen machen oder in existentielle Nöte gestürzt werden.

    Beim Glauben sieht es etwas anders aus. Hier liegt es in der Natur der Sache daß hier an den Grundfesten unseres Lebens gerüttelt wird, wenn dieser auf dem Prüfstand steht. Und letztlich ist eine solche Prüfung nichts ungewöhnliches. Die ganze Bibel ist voll mit Zeugnissen die davon Berichten, wie Menschen angefochten wurden und was sie dabei erlebt haben. Das Paradebeispiel dafür ist das Buch Hiob aus.

    Wir erfahren, wie Gott Anfechtung zuläßt und die Betroffenen so eine Standortbestimmung vornehmen können. Und das ist wichtig dabei zu wissen: Gott hält im Hintergrund die Fäden fest in seiner Hand! Auch wenn wir dabei immer wieder die Erfahrung machen zu versagen und hinzufallen, hilft uns Jesus immer wieder auf und nimmt uns an. Entscheidend ist, daß wir uns aufhelfen lassen und nicht liegenbleiben! Jesus nimmt uns das hinfallen nicht krumm, aber er fordert uns heraus, nicht liegenzubleiben sondern den Weg weiterzugehen bis zum Ziel.

    2. Durchhaltevermögen

    Diejenigen unter uns, die in ihrem Leben Sport getrieben haben wissen das: ans Ziel kommt nur derjenige, der nicht auf halber Strecke schon schlapp macht. Da heißt es oft Zähne zusammenbeißen für die letzten einhundert Meter. Um das letztlich zu erreichen bedarf es Training. Und beim Training fängt nicht volle Pulle an, sondern langsam und steigert sich allmählich bis man die optimale Leistung erreicht.

    Und jetzt sage ich mal etwas salopp, auch Anfechtungen sind eine Art Training, bei der wir an unsere Leistungsgrenze herangeführt werden. Wir arbeiten ja an unserem Glauben, er entwickelt sich im Laufe der Jahre und so wie wir als Menschen wachsen und reifer werden, so reift auch unser Glaube. Jesus selbst zieht immer wieder den Vergleich zur heranreifenden Frucht der Reben. Und eine Beere an dieser Frucht ist auch das Durchhaltevermögen. Gerade im Alter wird vieles zur Mühsal was man noch früher leicht weggesteckt hat. Und an manchen Tagen stellt sich ihnen die Frage, was und wozu das alles noch auf die letzten Tage? Aber, und das werden sie mir wahrscheinlich bestätigen, die Erfahrungen aus früheren Tagen können helfen, auf der Zielgeraden nicht aufzugeben.

    Der gereifte Glaube läßt sich nicht so schnell aus der Bahn werfen und irre machen. Wir sind in der Lage auch einmal Durststrecken zu durchleben, schwierige Lebensphasen zu durchwandern ohne gleich an Gott zu verzweifeln. Daß es da immer wieder zu Fragen kommt, uns manche Wegführung Gottes unverständlich ist, keine Frage. Aber wir stellen nicht alles grundsätzlich in Frage und erheben Zweifel an Gottes Liebe zu uns. Es findet keine grundsätzliche Auseinandersetzung mehr statt, sondern das Augenmerk liegt auf der entsprechenden Situation und wir sind in der Lage, diese recht einzuordnen und zu bewerten.

    Und hier bin ich bei meinem dritten Punkt angelangt:

    3. Weisheit

    Es gehört zu unserem Menschsein dazu, daß wir in unseren Grenzen von Raum und Zeit leben müssen. Wir können hier nicht einfach ausbrechen, gleichzeitig an verschiedenen Orten sein oder in Zukunft schauen, auch wenn viele von uns das gerne tun würden. Unseren Möglichkeiten und Fähigkeiten Dinge zu erkennen und zu beurteilen sind Grenzen Gesetz: "wir erkennen stückweise"1 auch wenn in unseren Tagen die Vorstellung sehr verbreitet ist, daß dem menschlichen Geist keine Grenzen mehr gesetzt sind.

    Aber gerade in Situationen unseres Lebens, in denen wir persönlich betroffen sind, es möglicherweise an die Existenz geht, stoßen wir sehr schnell an die Grenzen unserer Erkenntnis und des Verstehens. Als einziger Ausweg bleibt uns meist nur, uns anklagend vor Gott zu stellen und unser Unverständnis zu äußern. Mit rein menschlichen Mitteln werden wir kaum in der Lage sein, Klarheit zu erlangen und die Sinnfrage zu klären.

    Wenn wir angefochten sind benötigen wir Weisheit von Gott, um zumindest annähernd verstehen zu können, was es damit auf sich hat. Und es ist keine Schande, sich in solchen Momenten betend an Gott zu wenden und ihn um Weisheit zu bitten. Jakobus ermahnt uns gerade förmlich dazu, dies zu tun. Wir können ganz getrost zu Gott kommen uns sagen: " Vater im Himmel, ich verstehe nicht warum dies geschehen ist, ich kann darin nichts von Deiner Liebe erkennen. Erkläre du mir Deine Wege und diese Situation." Wir brauchen uns nicht vor Gott zu verstellen, sondern können zu ihm kommen wie Kinder. Und Jakobus spricht es in Gewißheit aus: Wenn wir Gott um Weisheit bitten, wird sie uns gegeben werden.

    Schluß

    Aus diesen drei Schulungszielen ergibt sich eine Weitsicht wie Jakobus sie hatte und die uns dem zustimmen läßt was Jakobus sagt: Achtet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtungen, Nöte fallt. Und jede Anfechtung die wir durchlebt und mit Gottes Hilfe überwunden haben, läßt uns mit reifer werden und wachsen und bringt uns vorwärts.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Belchenring 20
    79219 Staufen
    07633/500781
    eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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