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Predigt über Johannes 11, 1-3.17-27.41-45

am 5.10.2014
16. Sonntag nach Trinitatis

Ort:
Ötlingen


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde.

- Text lesen: Joh 11,1-3.17-27.41-45

Einleitung

In unserem heutigen Predigttext begegnet uns eine der großen Geschichten des Neuen Testamentes. Eine Geschichte die uns zum einen immer wieder ins Staunen versetzt aber andererseits immer wieder in unserem Glauben herausfordert. Herausfordert mit der Frage, ob das denn wirklich so gewesen ist, ob das denn sein kann, dass da einer nach vier Tagen wieder aus dem Grab herauskommt. Aber auch damit herausfordert zu entdecken, was das für uns heute, für mich ganz persönlich bedeutet.

Diese Geschichte kommt als Verkündigung und Trost vielschichtig zu uns. Sie berührt, hilft und stärkt uns als Menschen und Christen in unseren Fragen und Zweifeln auf ganz unterschiedlichen Ebenen unseres Lebens, Erlebens und Glaubens. Und so gibt es an dieser Geschichte zweierlei zu bedenken.

1. Was erzählt uns die Geschichte.

Jesus ist auf dem Weg nach Jerusalem, auf dem Weg an den Ort, den er immer wieder besucht hat. Und er weiß, dass dies das letzte Mal sein wird, dass er diesen Weg zurücklegt. Und mitten in dieser Situation erreicht ihn die Nachricht, dass sein Freund Lazarus schwer erkrankt ist und im Sterben liegt. Alle erwarten, dass er sich, wie wir es vermutlich tun würden, sofort auf den Weg macht um zu Lazarus zu gehen. Umso mehr erstaunt uns, dass Jesus noch wartet. Obwohl es heißt, dass er diesen Mann und dessen Schwestern liebte, wartet er noch zwei Tage und macht sich erst dann auf. Er macht sich auf den Weg in ein Gebiet, wo man ihm nach dem Leben trachtet und ihn seine Freunde davor warnen, dahin zu gehen.

Als Jesus endlich in Betanien eintrifft, liegt Lazarus schon vier Tage im Grab. Jesus wird von den Schwestern des Lazarus empfangen: „Wenn du hier gewesen wärst, dann wäre Lazarus nicht gestorben!“ Höre ich da einen vorwurfsvollen Unterton heraus? Kennen sie diesen Vorwurf auch: ja wenn doch, ja dann wäre... .Aber noch erstaunlicher finde ich, was Jesus darauf antwortet: „Lazarus wird auferstehen.“ Eine scheinbar banale Floskel, die man so dahin sagt, die zwar in der Aussage stimmt, denn dem frommen Juden war natürlich klar, dass Lazarus einmal auferstehen wird, aber in der gegenwärtigen Situation nicht weiterhilft. So etwa nach dem Motto: Das Leben geht weiter. Ja natürlich geht das Leben weiter, aber nach einem so gewaltigen Einschnitt ist doch die Frage, wie es weitergeht. Wie gesagt, mit diesem Satz sagte Jesus nichts Neues, denn das glaubten auch die Juden. Hier hätten wir doch gerade von Jesus eine Antwort, einen Aussage erwartet, die den Menschen in ihrer Situation und uns weiterhilft, wenn auch wir an unseren Gräbern stehen. Uns so bleibt zunächst der Eindruck, dass sich Jesus diese Antwort hätte sparen können.

Die Menschen, zu denen Jesus das sagte, haben ihn aber nicht richtig verstanden. So fügt Jesus noch etwas hinzu. „Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben ist; und jeder, der da lebt und an mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit.“ Damit bringt er zum Ausdruck, Auferstehung ist nicht erst ein Ereignis, das irgendwann in der Zukunft geschehen wird, an einem Tag, von dem niemand weiß wann das sein wird und von dem der eine oder andere auch seine Zweifel hat ob das überhaupt sein wird. Mit diesem „ich bin die Auferstehung“ bringt Jesus jetzt und heute zum Ausdruck, dass Auferstehung bereits dann geschieht, wenn wir an ihn glauben, wir wirkliches Leben haben, wenn wir ihm nachfolgen. Wenn Auferstehung nicht nur mehr eine fromme Vokabel für uns ist sondern geglaubt wird, wo das geschieht, da bleibt der Tod wirkungslos, hat er seine Macht verloren, auch im Angesicht der Gräber auf unseren Friedhöfen.

Vielleicht haben wir den Eindruck gewonnen, Jesus lässt die ganze Sache kalt, er betrachtet das nur aus einem abgehobenen geistlichen, frommen Blickwinkel und steht mit frommer und unnahbarer Souveränität über den Dingen. Aber das ist nicht so. Jesus lässt das keineswegs kalt und unberührt, ganz im Gegenteil.

Vom Anfang bis zum Ende unserer Geschichte zieht sich eine ganz warme, anrührende Linie, in der uns ein besonderer Gott in außergewöhnlicher Weise begegnet. Als Jesus an das Grab kommt, da weinte er oder nach anderer Übersetzung, da brach er in Tränen aus. Da kommt uns der Sohn Gottes ganz nah, da erleben wir, dass wir ihm nicht egal und gleichgültig sind, in unserer Not, in unserem Leid und in unserer Trauer. Jesus nimmt Anteil an unserem Leben, findet sich nicht ab mit anscheinend sinnlosem Sterben und dem Leid der Menschen. Er ergrimmt und weint im Angesicht des Todes. Wir brauchen diese Nähe und Wärme, wenn um uns herum alles ins Dunkel fällt, wir brauchen diesen menschlichen Jesus, wenn wir an Gott verzweifeln. So werden uns diese Verse zum Trost und zur Ermutigung. Da ist einer, der bleibt bei uns auch wenn es Dunkel wird.

Hier bin ich nun an meinem zweiten Punkt:

2. Was die Geschichte uns erzählen will?

Natürlich ist es etwas besonderes, wenn Leid in so wunderbarer Weise aufgehoben und gewandelt wird. Aber ich frage sie: Kann es darum gehen? Würden wir uns da nicht etwas vor machen, wenn wir glaubten, dann wäre es uns leichter?

In dieser Geschichte und mit dem Wunder der Wiederbelebung des Lazarus soll uns der Blick geweitet werden für das, was darüber hinaus ist. Es geht darum, dass wir in diesem menschlichen Jesus, in dem Gott, der uns ganz nahe kommt und mit uns weint, auch den Gott erkennen, der diese Welt und uns in seinen Händen hält. In dieser Geschichte leuchtet die ganze Herrlichkeit Gottes auf.

Wer jedoch aus dieser Geschichte die These herausliest, es sei mit dem Sterben vorbei, der irrt. Es wird nicht die Parole ausgegeben, unsere Krankenhäuser und Friedhöfe zu schließen. Nein, zu einem solchen Glauben fordert uns diese Geschichte nicht auf. Gerade in seiner Aussage, dass Jesus die Auferstehung und das Leben ist, schließt er mit ein, dass das Sterben zu unserem Leben auf dieser Erde dazugehört. Aber Glaube ist gefordert im Angesicht des Todes, angesichts von Leid und Trauer an den Zusagen Gottes festzuhalten. Im Angesicht unsrer Friedhöfe und Gräber der Aussage Jesu standzuhalten und auf seine Frage: Glaubst du das, glaubst du dass ich den Tod überwunden habe und die Auferstehung bin? Und wie Martha zu antworten Ja ich glaube.

Auch wenn mir das jetzt scheinbar leicht über die Lippen geht, so kenne ich Situationen in meinem Leben, da ist mir das bei weitem nicht so leicht gefallen. Aber ich habe gelernt, das ganz neu zu buchstabieren, was wir im Glaubensbekenntnis bekennen: Ich glaube an die Auferstehung der Toten. Das muss geglaubt werden und darf nicht in einem formelhaften Gebet stecken bleiben!

Damit wir das können, ist Jesus, der Lazarus aus dem Grab in ein vergängliches Leben geholt hat, Tage später selbst in ein Grab gelegt worden. Da hat Jesus am eigenen Leib erfahren, was Leiden und Sterben bedeutet und von Gott verlassen zu sein. In Jesu Leiden und Sterben fällt er selbst in unser Dunkel um es zu erhellen, um es erträglich zu machen. In Jesu Leiden und Sterben fällt er selbst in unsere Verzweiflung, um sie zu überwinden. Aber Gott hat diesen Jesus auch aus dem Grab gerufen in ein Leben, das endgültig den Tod überwunden hat. Mit der Auferstehung Jesu hat Gott eine andere, eine neue Wirklichkeit geschaffen.

Dahinein, in diese Wirklichkeit werden wir durch diese Erzählung gestellt und in dieser Wirklichkeit dürfen wir als Christen leben. „Wer an mich glaubt, der wird leben auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben.

Schluss

Lazarus wurde in ein Leben zurückgerufen, über das der Tod noch herrschen kann. Uns ruft Christus in ein Leben, das nicht frei ist von Leid aber in ein Leben, über das der Tod nicht mehr herrschen kann. Der ganze Sinn und die ganze Erfüllung unseres Lebens verbergen sich in der Frage, ob wir das glauben, ob wir, sie und ich, trotz aller Zweifel und Bedenken daran festhalten, dass Jesus die Auferstehung und das Leben ist.

Auf dem Friedhof meines alten Heimatdorfes findet sich inmitten der Gräber ein eindrückliches Zeugnis für diese Auferstehungshoffnung. Auf dem Grabstein einer jungen Frau die mit 32 Jahren tödlich verunglückt ist die Versangabe des heutigen Wochenspruchs eingraviert. Inmitten der Gräber und des Todes ist in Stein gemeißelt das Bekenntnis einer Wirklichkeit die über den irdische Tod hinausweist, auf ein großes, herrliches Ziel das in diesem Leben schon beginnt.

Amen.

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Obertüllingen 107
79539 Lörrach-Tüllingen
07621/9153229
eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

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