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Predigt über Johannes 15, 26 - 16, 4

am 11.05.1997
Sonntag Exaudi

Ort: Dattingen


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder

Einleitung

"Zeugen gesucht" - diese Überschrift kann man hin und wieder in Zeitungen unter der Rubrik Polizeinotizen finden. Meist geht es dabei um einen Verkehrsunfall und nun sucht man zur vollständigen Klärung des Sachverhaltes Zeugen. Zeugen werden dann benötigt, wenn der Sachverhalt von den Betroffenen gegensätzlich dargestellt wird. Mit Hilfe von Zeugen sucht man dann Licht ins Dunkel zu bringen und ein objektives Bild zu bekommen.

Aber manchmal ist es gar nicht so einfach, einen Zeugen zu finden. Zeichen dafür sind eben solche Aufrufe in Zeitungen oder im Fernsehen. Wir verkriechen uns lieber hinter unseren vier Wänden und bleiben anonym. Nur nicht auffallen und möglichst nicht mit hineingezogen werden, das ist die Devise. Wenn ich mich als Zeuge zu erkennen gebe und womöglich vor Gericht aussagen muß, dann kann ich mich nicht mehr vor der Aussage drücken. Als Zeuge muß ich aussagen und nur in Ausnahmefällen werde ich davon befreit. Und ich muß Wahrheitsgemäß aussagen, falsche Aussagen werden bestraft. So könnte man in Kürze die Aufgabe eines Zeugen beschreiben.

"Zeugen gesucht", so könnten auch die Verse überschrieben sein, die uns heute als Predigttext gegeben sind. Allerdings wird darin niemand gesucht der dazu beitragen soll, daß ein Streit geschlichtet wird. Es geht vielmehr um Zeugen die bereit sind, das Evangelium zu verkünden, um Menschen die von dem erzählen und das weitergeben, was sie mit Jesus erlebt haben.

- Text lesen: Joh 15,26 - 16,4

Beim ersten durchlesen habe ich gedacht, das ist ja schon fast ein pfingstlicher Text. Aber in der Tat ist es ja auch so, daß wir am kommenden Sonntag das Pfingstfest feiern. Und eigentlich ist es ein Abschnitt, der uns darauf vorbereiten soll. Als Jesus diese Sätze zu seinen Jüngern sagte, lag Ostern noch vor ihnen. Da hatte sich manches noch nicht erfüllt, wovon wir heute wissen. Trotzdem passen diese Verse sehr gut in unsere Situation heute - zwischen Himmelfahrt und Pfingsten.

Und drei Dinge sind es, die ich in diesen Versen unterstreichen möchte:

  • Jesus verheißt den kommenden Heiligen Geist
  • Dieser Geist macht auch uns zu Zeugen des auferstandenen Herrn
  • Dieser Geist gibt uns die Kraft zum Zeugnis
  • 1. Jesus verheißt den kommenden Heiligen Geist

    Wir befinden uns mit diesem Predigttext mitten in den Abschiedsreden Jesu. Er bereitet seinen Abschied vor und das heißt immer auch Arbeit. Arbeit für denjenigen der geht, aber auch Arbeit für diejenigen die zurückbleiben. Oft sind mit einem Abschied auch Kämpfe verbunden. Jesus möchte die Jünger auf seinen Abschied, auf sein Weggehen und die Zeit danach vorbereiten. Er zeigt ihnen, was danach alles kommen wird. Er sagt ihnen, auch dann, wenn er nicht mehr unter ihnen und bei ihnen sein wird, daß sie nicht alleine sind. Jesus macht sich nicht einfach aus dem Staub und läßt seine Jünger wie begossene Pudel einfach stehen. Jesus trägt auch weiterhin für seine Leute Verantwortung. Die Frage bei den Jüngern war nur, wie kann er für uns sorgen, unter uns sein, wenn er doch gar nicht mehr auf der Erde ist? Indem was Jesus ihnen sagt, eröffnet er ihnen eine neue Perspektive, eine Perspektive über seinen Tod und Himmelfahrt hinaus. Hierin zeigt sich wie genial und weitsichtig Gottes Heilsplan für uns ist.

    Stellen sie sich einmal vor, was aus dem Reich Gottes und der Verkündigung des Evangeliums geworden wäre, wenn es allein an uns Menschen hinge. Dazu eine Begebenheit aus dem täglichen Leben ein, die sie vielleicht auch kennen: Wenn ein Mensch, der auf irgendeinem Gebiet außergewöhnliches geleistet hat, weggeht, dann wird von den Nachfolgern zunächst davon geredet, daß der Geist dieses Menschen weitergetragen wird, etwa von einem Politiker oder Unternehmer oder auch einem Pfarrer. Damit ist gemeint, daß versucht wird, die Idee, das Gedankengut oder die Grundidee weiterzutragen. Dabei geht es dann nicht um Details, um Ausprägungsformen, sondern um die Grundidee, den Kerngedanken. Wenn das dann so spürbar wird sagen wir, der Geist eines solchen Menschen lebt weiter. Aber in den seltensten Fällen kommt so etwas zustande und wenn, hält es nicht lange an.

    Gott ist einen anderen Weg gegangen um sicher zu gehen, daß sein Heilsplan nicht an menschlichen Unzulänglichkeiten scheitert, die Ausbreitung des Evangeliums stecken bleibt, weil Menschen nicht bereit sind, als Zeugen in dieser Welt zu leben. ER wird seinen Geist schicken, den Geist, der als Tröster und Beistand sein Werk in uns und unter uns tun wird. Dieser Geist wird kommen und wird in uns wohnen. In ihm ist Jesus weiter unter ihnen und in diesem Geist ist er auch heute Morgen in diesem Gottesdienst gegenwärtig. Er sorgt dafür, daß das Evangelium weitergetragen wird, daß von dem, was Jesus getan hatte, auch weiterhin Menschen erfahren damit sie an ihn glauben und gerettet werden.

    Ob die Jünger das alles so verstanden hatten, ob ihnen klar war, was da abgeht, ich bezweifle es. Zu vieles Unbekannte und Unglaubliche wird in diesen Versen angesprochen das erst noch vor ihnen liegt. Wir haben Ostern hinter uns und Himmelfahrt ist im Vatertagsgetümmel untergegangen. Vor uns liegt Pfingsten. Haben wir noch eine Perspektive für Pfingsten? Versprechen wir uns davon noch mehr als nur Feiertage und Ferien - und was verbinden wir persönlich und als Gemeinde damit?

    2. Dieser kommende Geist macht auch uns zu Zeugen des Evangeliums

    Und auch ihr werdet meine Zeugen sein - damit umreißt Jesus noch einmal unsere wesentliche und vordringlichste Aufgabe in dieser Welt. Wir geben Zeugnis von dem, was wir gesehen und gehört haben, so hat es Petrus einmal formuliert.1 Sicher denken jetzt einige von ihnen, für die Jünger und Apostel damals mag das ja so gegolten haben, die waren von Anfang an mit dabei. Sie haben Jesus gesehen, haben mit ihm geredet und waren Augenzeugen von dem was er gesagt und getan hatte. Aber kann das denn auch für uns heute gelten - 2000 Jahre später die wir das ganze nur vom Hörensagen kennen? Kann die Aufforderung zum Zeuge sein auch uns, den Spätgeborenen, noch gelten?

    Erinnern wir uns nochmals daran, was ich eingangs über die Eigenschaften eines Zeugen gesagt habe. Ein Zeuge ist verpflichtet, glaubhaft von dem zu berichten, was er selbst erlebt hat. Glaubhaft heißt, wahrheitsgetreu zu erzählen, also nichts hinzuzufügen oder wegzulassen. Deshalb kann man Zeuge nur von dem sein, was man selbst erlebt hat. Wenn man nur etwas weiß, was andere erzählt haben, wird man wohl kaum als Zeuge genommen. Diese zwei Kriterien können sich doch auch in unserem Leben erfüllen. Auch wir können heute erleben, daß Jesus in unserem Leben wirkt, in den ganz unterschiedlichsten Situationen. Ich denke, das Problem ist manchmal nicht, daß Jesus heute nicht mehr handelt und wirkt, sondern daß uns der Blick dafür fehlt. Und das ist unabhängig davon, wer etwas erlebt hat und wann das war. Das Problem hierbei ist, daß wir die Vorstellung in uns tragen, dieselben oder zumindest aber ähnliche Erfahrungen zu machen wie die Jünger damals. Aber genau darum kann es ja nicht gehen. Wir sollen Zeugen sein in

    unserer Zeit und Welt und von dem berichten, was wir mit unserem Herrn erlebt haben. Und das können durchaus andere Dinge sein als bei den Jüngern vor 2000 Jahren. Oder meinen sie ein Jünger könnte berichten, daß er mit seinem Auto vor einem schweren Unfall bewahrt wurde?

    Aber allein unsere Erfahrungen öffnen uns noch lange nicht den Mund zum Zeugnis. Was hatten die Jünger nicht alles mit Jesus erlebt: Wunder und Heilungen und begeisterte Menschenmengen. Aber all das hat ihnen nicht den Mund geöffnet. Auch sie hatten die Tendenz, sich eher in ihre vier Wände zurückzuziehen. Ja nicht auffallen, ja nicht für irgend etwas verantwortlich gemacht werden. Ängstlich und verdrossen saßen sie zusammen, keiner traute sich, Farbe zu bekennen. Erst nach Pfingsten änderte sich entscheidendes. Das kommen des Heiligen Geistes veränderte das Leben dieser Männer grundlegend und das vieler Menschen nach ihnen.

    Als Zeuge aufzutreten beinhaltet auch die Bereitschaft, Konsequenzen auf sich zu nehmen. Viele Christen wurden, weil sie als Zeuge für das Evangelium eingetreten sind und beherzt auf Unrecht hingewiesen haben, zur Rechenschaft gezogen. Und gerade in Zeiten äußerer Bedrängnis kostete vielen das auch das Leben. Daher stammt unser Wort Märtyrer. Dieses Wort steht im Neuen Testament für Zeuge, für einen der zu seinem Glauben und seiner Überzeugung steht, der die Konsequenzen des Zeugendienstes auf sich nimmt. Ein ??????? ein Zeuge ist einer, der ein ????????? - ein Zeugnis gibt. Einer, der sich nicht scheut, davon zu berichten, was er in einer Sache erlebt hat. Einer, der sich, und das ist wichtig, nicht scheut, dafür auch die Konsequenzen zu tragen. Einer der sich in seiner Aussage und seinem Bekenntnis nicht beeinflussen läßt.

    Aus uns selbst sind wir dazu nicht in der Lage, das kennen wir möglicherweise aus unserem eigenen Leben können das aber auf jeden Fall bei den Jüngern gesehen. Dazu braucht es das Eingreifen des Heiligen Geistes, dazu braucht es Pfingsten.

    3. Dieser Geist gibt uns die Kraft zum Zeugnis

    Beim Stichwort Heiliger Geist stellt sich mir fast unwillkürlich die Frage nach der treibenden Kraft in meinem, in unserem Leben. Was bestimmt uns und was hält uns in Bewegung: die Karriere, das Familienglück, die Freizeit oder trauen wir es Gott zu, daß er uns durch seinen Geist in Bewegung hält? Sind wir bereit, uns diesem Geist getrieben zu werden und lassen wir es zu, daß er in unser Leben eingreift? Paulus nennt einmal als Kennzeichen eines Christen, daß es vom Geist getrieben ist.2 Wir brauchen diese treibende Kraft um nicht stecken zu bleiben, die uns immer wieder herauszieht aus dem Sumpf unsere Sorgen, Ängste und Zweifel.

    Wenn dieser Geist nicht in uns, dann laufen wir Gefahr, daß wir uns unter anderem an Jesus irre werden, an ihm ärgern oder abfallen. Wörtlich heißt es an dieser Stelle, daß wir nicht zur Sünde verführt werden. Daß es uns nicht zum "Skandalon" wird. Der "Skandalon" war das Stellholz in einer Falle. Zog man es weg, schnappte die Falle zu und der Vogel war gefangen. Oft schnappen Lebensituationen über uns in ähnlicher Weise zusammen. Wenn uns die Angst befällt, wir uns lieber verstecken wollten, oder dann, wenn wir Gottes Wege mit uns und dieser Welt nicht mehr verstehen, dann ist das Stellholz weggezogen worden. Aber Gottes Geist ist, der uns aus dieser Falle befreien und herausführen will. Es ist dieser Geist der in uns Zeugnis ablegt und uns daran erinnert, was Jesus gesagt und auch in unserem Leben getan hat. Und selbst wenn wir nicht mehr beten können, ist es dieser Geist, der uns vertritt.3

    Jesus nennt ihn immer wieder auch den Tröster und Beistand. Er ist der Tröster, weil mit seinem kommen die Vertröstungen zu Ende sind. Er ist der, der uns beisteht. Ein Beistand nimmt uns die Aufgaben und die Verantwortung nicht ab. Haben sie schon einmal Beistand erlebt? Vor vielen Jahren mußten junge Männer, die Zivildienst leisten wollten, eine Verhandlung über sich ergehen lassen. Dabei war es ihnen erlaubt, einen Beistand mitzunehmen. Ich machte damals von diesem Recht Gebrauch und nahm meine damalige Verlobte als Beistand mit. Und obwohl sie während der ganzen Verhandlung nichts sagte und auch nichts gefragt wurde, war es beruhigend zu wissen, ich stehe hier nicht alleine. Da ist jemand, der steht zu mir. Wieviel mehr kann uns da die Gewißheit der Gegenwart des Heiligen Geistes Trost und Ermutigung sein. Es mag grotesk sein, aber die schwierigen Lebenssituationen sind oft auch diejenigen, in denen uns die Nähe Gottes am deutlichsten wird. Es ist letztlich immer wieder dieser Geist der uns darin gewiß ma

    cht und uns sagt, daß wir Gottes Kinder sind.4

    Schluß

    Wo der Geist Gottes fehlt, da macht sich Trostlosigkeit breit, da sind wir trostlos, öde und leer. Dies nicht nur äußerlich in Form von leeren Kirchen, sondern auch vor allem innerlich. Wenn wir trostlos sind, dann sind wir auch geist-los und es fehlt uns der Mut und die Kraft zum Zeugendienst - uns persönlich aber auch uns als Gemeinde.

    Zeugen gesucht - so hatte ich anfangs gesagt, könnten die Verse des heutigen Predigttextes überschrieben sein. Zeugen gesucht, die von dem Zeugnis geben, was sie mit Jesus erlebt haben, heute in unseren Tagen. Heute, am Sonntag Exaudi lade ich sie ein, sich auf dieses Inserat hin zu melden und Zeuge zu werden für den auferstandenen Sohn Gottes. Lassen sie sich auf diesen auferstandenen Herrn ein und neu mit seinem Geist erfüllen - das kommende Pfingstfest ist dazu eine gut Gelegenheit. Erzählen sie von dem, was Gott in ihrem Leben getan hat, wo sie ihn erleben, in ganz alltäglichen Situationen. Und der Geist Gottes wird das in ihnen vollbringen, wozu er ausgesandt ist.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Belchenring 20
    D-79219 Staufen
    07633/500781
    eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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