Predigt über Johannes 1,43-51
am 02. und 03.01.1999 2. Sonntag nach Weihnachten |
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Ort: Staufen/Münstertal |
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die
Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.
Liebe Schwestern und Brüder
Einleitung
Weihnachten liegt hinter uns und auch den Jahreswechsel haben wir bereits
hinter uns gebracht. Diese Tage waren geprägt zum einen von gutem und
reichlichem Essen einerseits und andererseits von zahlreichen Begegnungen.
Begegnungen finden aber nicht nur an Weihnachten und zum Jahreswechsel
statt, sondern begleiten unser ganzes Leben. Die Vielzahl von Begegnungen
die jeder von uns schon hatte oder auch noch haben wird, könnte man in ver-
schiedene Kategorien einteilen: in solche die einen prägenden Einfluß auf uns
gehabt haben, angenehm oder unangenehm, und solche, an die wir uns kaum
noch erinnern. Oder in solche Begegnungen, die wir gesucht haben, die zufäl-
lig zustande gekommen sind oder solche, denen wir am liebsten aus dem Weg
gegangen wären.
Und sicherlich hat ein Teil der Begegnungen auf uns und unseren Lebensweg
einen entscheidenden Einfluß ausgeübt.
Unser heutiger Abschnitt aus dem Neuen Testament erzählt uns die Ge-
schichte von solchen Begegnungen die das Leben von Menschen ganz ent-
scheidend verändert haben.
- Text lesen: Johannes 1, 43-51 -
In dieser von Johannes erzählten Geschichte geht es um Begegnungen, und
letztlich immer um die Begegnung mit Jesus, die das Leben der betroffenen
Menschen nachhaltig beeinflussen und verändern. Und so möchte ich gerne
diese drei Begegnungen aufgreifen, etwas genauer betrachten und skizzieren.
1. die erste Begegnung: Jesus findet Philippus
2. die zweite Begegnung: Philippus findet Nathanael
3. die dritte Begegnung: Jesus findet uns
1. die erste Begegnung: Jesus findet Philippus
Ab Vers 43 unseres Abschnittes lesen wir, daß Jesus nach Galiläa gehen
wollte. Und scheinbar zufällig begegnet er dabei dem Philippus. Wo er ihm be-
gegnet ist und über die näheren Umstände dieser Begegnung erfahren wir
nichts. Im nachdenken über diese Verse fing mich dann die Frage zu beschäf-
tigen an, wie das wohl mit der Begegnung dieser beiden Männer war. Geschah
sie zufällig oder gewollt „... und er (Jesus) findet ...“? Ich denke mir, daß es
sich hier nicht um ein zufälliges Finden handeln kann, so etwa in der Art, wie
ich z.B. einen Schlüsselanhänger auf der Straße finde. „Jesus findet Philippus“
- da klingt doch viel mehr mit als ein zufälliges Treffen. Hier erfüllt sich doch
ein entscheidender Aspekt, warum Jesus auf diese Welt gekommen ist: zu su-
chen, zu finden und zu retten was verloren ist!
In diesem Begriffspaar vom suchen und finden klingt an, was Paulus mit den
Ausdrücken vom „Tod sein“ und vom „Lebendigwerden“ anspricht. In der Be-
gegnung Jesu mit Philippus kommt die Wahl der Liebe Gottes zu ihrem Ziel.
Philippus erkennt das in dem Augenblick, da Jesus in anspricht und auffordert,
komm und folge mir nach. Wir erstaunen immer wieder über diese radikale und
kompromißlos Befolgung dieser Aufforderung und es stellt sich dann meist bei
mir auch die Frage ein, was würde ich tun, wie würde ich mich verhalten, wenn
Jesus das zu mir gesagt hätte?
Ich denke, daß es nicht darum geht, wie dieser Aufforderung Jesus folge gelei-
stet wird, in der Radikalität eines Franz von Assissi oder einen anderen, weni-
ger spektakulären Art. Es kommt primär nicht darauf an, wie wir diesem Ruf
folgen, sondern daß wir ihm folgen! Jesus läßt uns die Freiheit, Nachfolge
auszugestalten. Da gibt es die Fischer vom See die alles stehen und liegen
lassen und da gibt es einen Josef von Arimathäa, der aus Furcht ein „geheimer
Jünger“ war .
Das entscheidende scheint mir zu sein, was aus dieser, ihrer und meiner
Nachfolge erwächst, was sozusagen als „Frucht“ daraus hervorgeht. Dies zeigt
sich mir darin, daß mit dieser Begegnung des Philippus mit Jesus etwas in
seinem Leben in Bewegung kommt. Sie zieht Konsequenzen nach sich die sich
in der zweiten Begegnung fortsetzen.
2. die zweite Begegnung: Philippus findet Nathanael
Philippus hat durch die Begegnung mit Jesus einen entscheidenden Impuls für
sein Leben bekommen. Diesen Impuls kann er nun nicht mehr für sich behal-
ten, er muß weitergegeben werden. - Beispiel Balance Ball - Und nun ist es
Philippus der seinerseits einen anderen Menschen findet. Aus der Begegnung
mit Jesus macht er sich auf sucht und findet Nathanael. Im Treffen dieser bei-
den Männer erlebe ich eigene Erfahrungen wieder. Da kommt Philippus voller
Begeisterung, das Feuer brennt noch, die Begeisterung ist noch frisch und er
will unbedingt erzählen, was er erlebt hat. Aber Nathanael läßt ihn wie wir
heute so schön sagen, voll auflaufen: „Was kann aus Nazareth schon Gutes
kommen?“. Komm Philippus, vergiß es, das Ding hat doch von Anfang an
schon einen Haken. Aus Nathanael spricht der Zweifler und Skeptiker, wie ihn
wir selbst möglicherweise schon oft getroffen haben. Auch wenn es manchmal
angenehmer wäre, er wird nicht totgeschwiegen, er darf seine Skepsis laut äu-
ßern.
Und so wie mich diese Freiheit erstaunt, erstaunt mich auch, wie Philippus
darauf reagiert. Er versucht nun nicht mit schlauen Argumenten und frommen
Sprüchen den Nathanael zu überzeugen. Den er weiß: um zu wissen wie Brot
schmeckt, muß ich Brot essen; wenn ich wissen will, wie ein Auto fährt, muß
ich es fahren und wenn ich wissen will wer Jesus ist, dann muß ich ihm begeg-
nen. Das schien damals einfacher zu sein als heute. Wie kann denn heute je-
mand Jesus begegnen und ihn kennenlernen?
Im nachdenken darüber habe ich mich gefragt, ob ich es denn für möglich
halte, daß heute jemand Jesus begegnen kann, in diesem Gottesdienst zum
Beispiel oder im Hauskreis in der kommenden Woche. Begegnung mit Jesus
kann da stattfinden, wo ich IHN zum Zuge kommen laß. „Komm und sieh!“, das
ist auch heute noch die Antwort auf die Einwände der Skeptiker. Komm, und
begegne ihm und mach deine eigenen Erfahrungen mit Jesus!
Und als Nathanael seine Erfahrungen mit Jesus gemacht hat, da wandelt sich
seine Skepsis in ein überströmendes Bekenntnis.
Zwei Begegnungen haben wir betrachtet und vielleicht ist dem einen oder an-
deren von ihnen in meiner Einleitung aufgefallen, daß ich von drei Begegnun-
gen gesprochen habe. Welche ist nun die dritte Begegnung in dieser Ge-
schichte?
3. die dritte Begegnung: Jesus findet uns
Wo findet denn in dieser Geschichte nun den Begegnung mit mir statt? Dann,
wenn ich in meiner Nachfolge gefragt bin. Dann, wenn sich die Frage einstellt
und ich mich damit auseinandersetze, wie Nachfolge bei mir aussieht. Dann
findet Jesus sie und mich, hier und heute.
Die hier geschilderten Begegnungen sind nicht zu Ende. Jesus hat nicht aufge-
hört Menschen zu suchen und zu finden. Sie haben sich über fast 2000 Jahre
fortgesetzt, so wie der Impuls bei diesem Spiel weitergegeben wird. Und so
verschieden wir als Menschen sind, so verschieden sind auch unsere Ge-
schichten wie Jesus uns gefunden hat. Und es wäre sicherlich spannend zu
erzählen und zu hören, wie das bei uns war, als uns Jesus begegnet ist, als er
in unser, in ihr und mein Leben getreten ist. Und so verschieden sich die Be-
gegnungen in unserem Bibelabschnitt abgespielt haben, so verschieden wären
sicherlich auch die Berichte, die wir uns erzählen könnten.
Und ich bin sicher, daß sich in unserem Leben Veränderungen feststellen las-
sen, die auf die Begegnung mit Jesus zurückzuführen sind. Kleine und große,
radikale und geheime. Denn darauf kommt es letztlich nicht an, sondern dar-
auf, daß wir den Impuls den die Begegnung mit Jesus in unser Leben gebracht
hat, weitergeben!
Schluß
Das neue Jahr ist erst wenige Tage alt. Wir wissen kaum, was uns in den noch
vor uns liegenden 364/363 Tagen erwarten wird und welche Begegnungen wir
in diesem Jahr haben werden. Für mich war die Geschichte dieser Begegnun-
gen aus dem Johannesevangelium Anlaß, intensiv darüber nachzudenken,
welche Auswirkungen Begegnungen haben können.
Die Erzählung endet mit dem Ausblick Jesu, daß wir größeres sehen werden,
den Himmel geöffnet und die Engel Gottes auf- und niedersteigen. Für mich
eine gewaltige Verheißung, auch eine Verheißung die ich auf zukünftige Be-
gegnungen übertragen möchte.
Und so wünsche ich Ihnen und mir für dieses Jahr, daß wir die Begegnungen
die wir haben werden auch als Chance verstehen und nutzen. Als Chance, den
Impuls, den unsere Begegnung mit Jesus in unser Leben gebracht hat, weiter-
zugeben an andere.
- Balance Ball anstoßen -
Amen.
- Es gilt das gesprochene Wort! -
Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Finkenweg 5
D-86574 Petersdorf-Alsmoos
08237/951727
eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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