Home
Predigten
 
 

Predigt über Johannes 4, 19-26

am 12.08.2007
10. Sonntag n. Trinitatis

Ort:
Ev. Chrischonagemeinde Altheim/Alb


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Im Frühjahr dieses Jahres kam meine Frau zu mir und sagte, ob ich Lust hätte als Hochzeitsredner aufzutreten. Zunächst dachte ich, sie will mich auf den Arm nehmen. Aber nein, es hatte jemand angerufen und ich solle doch zurückrufen, was ich auch tat. Dabei stellte sich heraus, dass die Frau bei einem Verband arbeitet, bei dem auch ich früher einmal beschäftigt war und nun für ihre Hochzeit einen Hochzeitsredner sucht. Und man hatte ihr gesagt, sie solle sich doch mal an mich wenden, ich würde doch auch Hochzeiten abhalten.

In diesem Telefongespräch erklärte ich der Frau, dass ich das schon machen würde, ich aber grundsätzliche Prinzipien habe auf denen ich eine Hochzeitsfeier aufbauen würde. Wir kamen überein, dass ich ihr ein Muster eines Traugottesdienstes, einer Trauansprache und einer Predigt zukommen lasse, damit sie sieht, was ich meine.

Und während ich noch überlegte ob ich das wirklich machen sollte oder ob es auch eine missionarische Chance wäre, kam die Antwort: Nein, das wäre ihr doch zu bibel- und christuszentriert. Damit hatte sich die Sache erledigt und doch kam ich darüber ins nachdenken. Passt diese Botschaft, passt Christus nicht mehr in unsere Gesellschaft die zusehends eine multireligiöse wird?

In unseren Tagen kommt man leicht in den Verruf, ein Fanatiker oder Fundamentalist zu sein. Einer, der die Meinung des anderen nicht stehen lässt und alles glatt bügelt, was nicht seinem eigenen Denkhorizont entspricht. Das es dabei vielerlei fanatische Ausprägungen gibt die teilweise auch vehement vertreten werden, im religiösen wie sicherlich auch im politischen und anderen Bereichen, mag wohl sein. Und dem möchte ich auch nicht das Wort reden. Aber ist ein "Fundamentalist" nicht zuallererst auch ein Mensch, der weiß wo seine Wurzeln sind, sein Fundament ist, auf dem er seine Meinung und möglicherweise auch sein Leben aufbaut? Muss es so sein, dass allein ein Relativismus, auch und vor allem im religiösen Bereich der einzig richtige Standpunkt und Haltung sein kann?

In den Versen die ich nun lesen möchte erstaunt mich die Klarheit. mit der Position bezogen und eine klare Aussage getroffen wird:

- Text lesen: Joh 4, 19-26 -

"Herr ich sehe, dass du ein Prophet bist." Mit dieser Aussage, nein mit diesem Bekenntnis beginnt diese Perikope. Betrachten wir diese Verse kurz in ihrem Zusammenhang. Jesus auf dem Weg nach Galiläa kommt nach Samaria. Eigentlich erstaunlich, wo er doch seinen Jüngern ausdrücklich verboten hat, dahin zu gehen: "Geht nicht auf den Weg zu den Heiden und zieht in keine Stadt der Samariter." (Mt 10,5f). Gewiss, später wird diese Eingrenzung durch den Missionsbefehl wieder aufgehoben, die Grenzen fallen und die Tür zur Welt wird aufgestoßen. Aber schon jetzt öffnet sich diese Tür einen Spalt weit, in dem Jesus keinen Umweg an den Halbheiden vorbei wählt. Vielmehr gewinnt man den Eindruck als suche er eine missionarische Situation.

Bei der Stadt Sychar setzt er sich an den Brunnen, dessen Bedeutung ihm sicherlich bekannt war und wartet. Irgendwer wird schon kommen. Und so ist es auch. Eine Frau kommt mit ihrem Krug um Wasser zu schöpfen. Ohne Umschweife spricht Jesus sie an, worüber die Frau natürlich völlig erstaunt ist, denn, so lautet der redaktionelle Einschub am Ende von Vers 9, "die Juden verkehren nicht mit den Samaritern". Es entwickelt sich ein Gespräch, das ein Lehrstück für ein zielführendes seelsorgerliches Gespräch ist. Und wenn wir diesem Gespräch folgen merken wir, wie bei dieser Frau etwas in Bewegung kommt und eine Sehnsucht aufbricht. Da braucht er nicht lange in alten und offenen Wunden dieser Frau herumzubohren, da wird keine dreckige Wäsche gewaschen. Es reicht der Hinweis auf das lebendige Wasser. Ich bin überzeugt, dass dieser Satz auch in unseren Tagen und bei vielen unserer Zeitgenossen nicht ungehört bleibt. Denn viele sind getrieben von dieser Sehnsucht nach Leben, nach Stillung des Hungers und des Durstes ihrer Seele.

Ursprünglich war sie gekommen um Wasser aus diesem Brunnen zu schöpfen und nun entdeckt sie eine ganz andere Quelle. Ist das der Messias, mit dem ich mich da unterhalte? Ist das der verheißene Erlöser, der Christus? Sie vergisst ihr ursprüngliches Anliegen, vergisst auch ihren Krug und eilt zurück in die Stadt. Sie kann ihre Entdeckung nicht für sich behalten, sie muss es anderen erzählen. Und da kümmert es sie nicht mehr, was die Leute in der Stadt bisher von ihr gedacht und über sie geredet haben. Sie muss die Frage klären, ob "dieser nicht etwa der Christus ist".

Wir erfahren am Ende des Berichtes, dass viele zunächst um des Wortes, des Zeugnisses der Frau und später aus eigenem erleben zum Glauben an Jesus gekommen sind. Und nahezu in der Mitte dieses Berichts stehen die Verse unserer heutigen Perikope.

Drei Fragen scheinen mir dabei von zentraler Bedeutung zu sein:

  • Was ist Anbetung?
  • Wo sollen wir anbeten?
  • Wen sollen wir anbeten?
  • 1. Was ist Anbetung?

    Wenn in unseren christlichen Kreisen darüber nachgedacht wird, wie der Gottesdienst gestaltet und vielleicht auch "modernisiert", zeitgemäßer werden kann, dann darf ein Gedanke nicht fehlen: Lobpreis und Anbetung. Was aber ist Anbetung? Erfüllt sich Anbetung darin, dass wir moderne Lieder singen durch deren Texte und Melodien unser Gefühl angesprochen wird und wir gerührt werden? Gab es dann früher keine Anbetung, weil man ja diese Lieder nicht kannte? Bete ich dann an, wenn ich in einem emotionalen Trancezustand bin, der mich meine Probleme und Sorgen vergessen lässt die mich aber am nächsten Tag am Arbeitsplatz oder in der Schule um so übermächtiger wieder einholen? Oder sind möglicherweise doch diejenigen die wahren Anbeter, die in Zungen beten können? Aber auch hier: Und was ist mit den anderen, die diese Gabe nicht haben?

    Bei der Betrachtung der Texte vieler Anbetungslieder ist mir aufgefallen, dass es in ihnen meistens um uns, um mich geht: ich bete an, ich erhebe, ich berge mich und so weiter. Und ich habe mich gefragt, ist das der Sinn von Anbetung? Auf die Spur bin ich, zugegebener Maßen völlig überraschend bei dem Theologen und Dogmatiker Edmund Schlink gekommen1. In der Anbetung geht es nicht darum, dass Gott als "Du" angeredet, sondern als "Er" gepriesen wird. In der Anbetung wird Gott nicht erst Ehre zuteil sondern sie preist die Herrlichkeit, die Gott schon hat. Die er auch dann hat, wenn er nicht angebetet wird. So lautet die Grundformel der Anbetung nicht "Gott, ich preise dich." sondern "Gott sei Preis." Nicht "Gott, ich verherrliche dich." sondern "Gott ist herrlich." So wird in der Anbetung das "ich", mein "ich" geopfert. Es geht um die Anerkennung Gottes als Gott und nicht um mich, meine Erkenntnis und mein Tun.

    Wenn ich Gott anbete dann begebe ich mich in den Machtbereich Gottes, richte mich ganz aus auf ihn. Die Blickrichtung wird eine andere in dem ich mir in der Wirklichkeit dieser Welt und meines Lebens, die Wirklichkeit Gottes vor Augen führe. In der Anbetung geht es für mich darum mir bewusst zu machen, dass es neben, nein über dieser irdischen Wirklichkeit noch eine andere gibt. Auf diese kommt es letztlich an und diese wird auch letztlich allein Bestand haben. Dann heißt es: Du bist der Höchste, dein ist das Reich, dein ist die Kraft, dein ist die Herrlichkeit und dein Wille geschehe!

    2. Wo beten wir an?

    "Unsere Väter haben auf diesem Berg angebetet, und ihr sagt, dass in Jerusalem der Ort sei, wo man anbeten müsse." Durch diesen Hinweis der Frau bekommen wir einen kurzen Einblick in den uralten Konflikt zwischen Juden und Samaritern. Jeder beanspruchte für sich, den Ort wahrer Anbetung zu haben.

    In diesem Streit um den wahren Ort der Anbetung schwingt auch die Frage um den wahren Glauben, die wahre Religion, den wahren Gott mit. Eine Frage die letztlich auch noch in unseren Tagen brandaktuell ist. In einer Welt die zusehends grenzenloser wird, und das nicht nur geographisch gesehen, kommt es automatisch auch zur Begegnung und Vermischung der Kulturen und damit auch der Religionen. In dieser Situation mache ich vor allem in den westlichen Kulturen einen Trend aus, der eine multireligiöse Welt propagiert und auf den Schild hebt. Dies in dem Sinn, dass man sich von seinen Traditionen und Werten, aber auch seiner angestammten Religion verabschiedet. Dies mit dem Ziel, mögliche Konflikten auszuweichen oder sie erst gar nicht entstehen zu lassen. Gewiss haben die christlichen Kirchen in der Geschichte viele Fehler begangen, Gräben aufgerissen und andere diskriminiert. Aber es ist deswegen richtig aus lauter Scham nun einer religiösen Beliebigkeit das Wort zu reden?

    Ich staune über das Selbstbewusstsein Jesu, mit dem er als Jude dieser samaritischen Frau gegenübertritt. Es waren die Juden, die den Tempel auf dem Berg Garizim zerstört hatten. Und dennoch erklärt völlig unumwunden und klar: "Ihr betet an was ihr nicht kennt, wir beten an, was wir kennen, denn das Heil kommt aus den Juden."

    An diesem Punkt nimmt das Gespräch eine Wendung. Es geht nicht mehr um das Leben der Frau, das vermutlich geprägt war von vielerlei Sehnsüchten und Enttäuschungen und auch von Schuld. Nun geht es nicht mehr darum, in der Vergangenheit zu wühlen, was geschehen ist, ist geschehen. Jetzt geht es darum, für die Zukunft Boden unter die Füße zu bekommen. Sie erkennt, hier, bei diesem fremden Juden ist etwas, das meinen Lebensdurst stillen kann. Und das will sie nun geklärt haben.

    Die Frage dieser Frau, wo Gott angebetet wird, mach deutlich, dass sie erkannt hat, dass dieser Durst nur in der Begegnung mit Gott gestillt werden kann. Sie erahnt vielleicht mehr als dass sie es in diesem Augenblick wirklich schon weiß, dass es darauf ankommt, Gott zu erleben, ER der Herr meines Lebens wird.

    In seiner Antwort macht Jesus deutlich, dass es in der Frage der Gottesbegegnung und Anbetung nicht mehr um Orte geht, um Jerusalem, den Berg Garizim, Mekka oder Rom. Wer Gott anbeten will, der kann ihn nur im Geist und in der Wahrheit anbeten, ganz gleich an welchem Ort der Erde. Darin wird zum einen erkennbar, dass Gott sich nicht festlegen lässt auf etwas, was sich Menschen ausdenken, weder äußerlich in Form von Mauern noch inhaltlich in Form irgendwelcher Dogmen und Glaubenssätze. Gott wendet sich jedem Menschen, ihnen und mir ganz unmittelbar zu. Zum anderen aber weist es hin auf Jesus, den Mensch und Fleisch gewordenen Sohn Gottes.

    3. Wen sollen wir anbeten?

    "Ich bin es, der mit dir redet." In dieser Selbstoffenbarung mündet unsere Perikope und sie führt dazu, dass die Frau ihr eigentliches Anliegen vergisst und sich ohne Wasser zurück in die Stadt begibt. Das was sie hier und heute am Brunnen erfahren hat, macht ihr Beine. Jetzt will sie es endgültig wissen, will die Grundsatzfrage in ihrem Leben für immer geklärt haben. Und so wie Bewegung in das Leben jener Frau gekommen ist, so ist mit Jesus Bewegung in die Heilsfrage gekommen. Kein Volk, keine Religion, kein einzelner Mensch, weder die Menschen hier in Altheim noch sie noch ich bleiben von Gottes Ruf und Gottes Rettung ausgeschlossen.

    Ich staune über die Klarheit und Unaufgeregtheit mit der Jesus dies hier sagt. Und wir erleben, wie dieser Ruf die Menschen in dieser Stadt Sychar erreicht. Zunächst über das Bekenntnis und Zeugnis der Frau und dann durch ganz persönliche Erfahrungen. Obwohl Juden und Samariter nichts miteinander zu tun hatten, sich sogar verfeindet gegenüberstanden scheut sich Jesus nicht, seinen Anspruch zu bekunden. Warum sollte er auch etwas anderes sagen? Er ist doch auf und in diese Welt gekommen dass die Menschen von ihm erfahren, dass er das Werk Gottes vollbringt und uns von unserer Sünde, von unserer Trennung von Gott erlöst.

    Damit diese Botschaft weitergetragen wird, hinaus in die ganze Welt, zu allen Völkern und Menschen hat er sich damals zwölf Jünger berufen. Aber nicht nur die Jünger damals waren beauftragt, jeder Christ ist ein Botschafter, ein Gesandter an Christi statt (2Kor 5,20) um die Botschaft der Versöhnung hinauszutragen und Zeugnis vom Heil abzulegen. Und ich frage mich, was wir uns anmaßen, mit dieser Botschaft zurückzuhalten aus lauter Scham, wir könnten Anstoß erregen? Wir verlieren uns in eine Beliebigkeit und Gleichgültigkeit, in der dann am Schluss alles gleich gültig ist. Gewiss kommt es darauf an wie wir was sagen, hier können wir von Jesus und seinem Gespräch am Jakobsbrunnen lernen: im Ton freundlich und in der Sache verbindlich. Und in der einen oder anderen Situation gilt es wohl auszuloten, was jetzt dran ist und gesagt werden kann, auch das mag sein.

    Aber in der Grundhaltung sollten wir klar sein. Um Gott im Geist und in der Wahrheit anzubeten, brauche ich diesen Geist. Und wir wissen dass dieser Geist jedem verheißen ist, der an Jesus glaubt und Christ wird (Eph 1,13).

    Schluss

    Es war mehr als eine Sternstunde als sich Jesus auf jenen Brunnenrand setzte, es war eine Gottesstunde für jene Frau und ihre Mitbewohner und es wurde zu einer Lehrstunde für viele bis hinein in unsere Tage.

    Menschen die fern waren von den Gottesverheißungen, fern waren von Gott erleben plötzlich die Nähe dieses Gottes. Machen die Erfahrung eines Gottes, der ihnen ganz nahe kommt, der hineinspricht in ihr ganz persönliches Leben und wie dadurch ihr Leben wieder zu Recht kommt und ihr Lebensdurst gestillt wird.

    Sie brauchen sich nicht mehr um Orte der Anbetung kümmern und sich die Frage stellen wo und wie ich Gott anbeten kann. Seit jener Stunde ist diese Frage geklärt. Die Tür ist in Jesus aufgetan, und jeder, der durch diese Tür geht kann und wird Gott im Geist und in der Wahrheit anbeten.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Altenheimstraße 23
    89522 Heidenheim/Brenz
    07321/910915
    eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
    nach oben Home Predigten eMail Predigt als PDF zum herunterladen Site Meter