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Predigt über Johannes 5, 39-47

am 23.6.2019
1. Sonntag nach Trinitatis

Ort:
Betberg-Seefelden


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Als ich vor etlichen Jahren meine Diplomarbeit an einem internationalen Forschungszentrum in Panama schrieb, erhielt ich bei meiner Ankunft vom Projektteam als Willkommensgeschenk das Bilderbuch von Janosch: Oh que lindo es Panama – Oh wie schön ist Panama.

Janosch, sicherlich einer der bekanntesten Kinderbuchautoren der neueren Zeit. In „Oh wie schön ist Panama“ erzählt er das Abenteuer vom kleinen Tiger und vom kleinen Bären, wie sie sich aufmachen um nach Panama zu gelangen. An einer Stelle wird erzählt wie die beiden ihren Lieblingsbeschäftigungen nachgingen. Der kleine Bär ging an den Fluss und angelte während der kleine Tiger in den Wald ging, Pilze zu ... sammeln? suchen? Nein: zu finden!

Ich finde diesen Ausdruck genial und immer wenn ich mich dabei ertappe zu sagen „ich suche etwas“ korrigiere ich mich – zumindest innerlich – und sage „finden“. Denn darum geht es ja, das ist das Ziel: Pilze oder etwas anderes zu finden, nicht nur zu suchen! An diese Geschichte vom kleinen Tiger und vom kleinen Bären musste ich denken, als ich mich mit den Versen auseinandergesetzt habe, die der heutigen Predigt zu Grund liegen.

- Text lesen: Johannes 5, 39 - 47 -

Bevor ich auf diese Verse näher eingehe, möchte ich sie in dem Zusammenhang betrachten, in den sie eingebettet sind.

Kapitel fünf des Johannesevangeliums berichtet zunächst von der Heilung eines Kranken in Jerusalem. Dort gab es am Schaftor den Teich Bethesda. An diesem Teich hielten sich viele Kranke auf, denn ein Engel des Herrn bewegte das Wasser und wer danach als erster in den Teich hineinsteigt, der wird gesund. Seid 38 (!) Jahren – Frage: Bei wem ist das mehr als das halbe bisherige Leben? - war dort auch ein uns namenloser Kranker. Diesen sieht Jesus am Sabbat, geht auf ihn zu und fragt ihn: … Was? Was würden wir einen Kranken fragen? Wie geht es dir? Jesus, der um die Geschichte dieses Mannes weiß (V. 6b) fragt ihn: Willst du gesund werden? Was ist das für eine Frage an einen Kranken? An einen gelähmten Mann, der 38 Jahre darauf wartet, dass an ihm dieses Wunder geschieht, er gesund wird und er wieder gehen kann.

Irgendwie klingt seine Antwort etwas verhalten “Herr, ich habe keinen Menschen, dass er mich, wenn das Wasser bewegt worden ist, in den Teich werfe; während ich aber komme, steigt ein anderer vor mir hinab.“ und in dem Frust der da herauszuhören ist klingt doch die Sehnsucht des Kranken heraus: ja ich möchte gesund werden und auch einmal als Erster ins Wasser zu steigen. Willst du mich vielleicht hineintragen? Und jetzt findet Begegnung mit Jesus statt. Jesus kommt, vielmehr bricht hinein in das Leben dieses Mannes. Dazu braucht es keine übernatürlichen mysteriösen Ereignisse, ein Wort Jesu reicht vollkommen aus: „Steh auf, nimm deine Matte und geh nach Hause.“ Das wars? Was würden wir machen? Versuchen wir uns diesen einen Augenblick einmal vorzustellen. Wie geht es weiter? Der Mann macht es tatsächlich: Er steht auf, irgendwie, seine Beine halten, nimmt seine Matte und geht Heim, nach 38 Jahren. Haben sie das Bild noch vor Augen? Was für ein Affront – die Heilung – nein, dass Jesus von dem Mann am Sabbat etwas verlangt, was absolut verboten war: etwas durch die Gegend zu tragen. Und es kommt, was kommen muss: Der Mann wird von den Frommen der damaligen Zeit erwischt und zur Rede gestellt. Und in dem hin und her wie es dazu kommt dass er am Sabbat etwas macht, was nicht erlaubt ist klingt aus Sicht des Geheilten durch, dass einer, dem es möglich ist durch ein Wort meine Krankheit zu heilen, doch auch die Vollmacht haben sollte, am Sabbat etwas für möglich zu erklären, was ansonsten nicht möglich ist.

Und als im Verlauf irgendwann klar wird, dass es Jesus war, der den Gelähmten geheilt hat, stellen sie Jesus zur Rede und verlangen Rechenschaft von ihm. Und in dem ganzen hin und her geht es schließlich um die Frage: Wer bist du, Jesus? Bist du Gottes Sohn und woran wird das erkennbar? Ist das beweis- und belegbar und wenn ja, durch wen und was? Was braucht es für eine Legitimation? Jesus beruft sich auf drei Zeugen: den Vater, Johannes den Täufer und die Schriften. Die Schriften, darin suchen und forschen die Gottesfürchtigen zu allen Zeiten um das Leben zu finden. Sie wussten, in den Schriften tut Gott seinen Willen kund und wer nach dem Willen Gottes lebt, der wird leben. Aber wenn die Schriften von Jesus Zeugnis ablegen, warum finden, erkennen sie ihn dann nicht? In dem Mensch gewordenen Sohn Gottes – Jesus aus Nazareth, geboren (!) von einer Frau der zum Christus für die Welt geworden ist – durch Leiden, Tod und Auferstehung.

Drei Aspekte dazu:

  • vom suchen
  • vom finden
  • von der Herausforderung des finden – vom ver-trauen
  • 1. suchen

    Sind auch wir auf der Suche? Damit sind zwangsläufig zwei weitere Fragen verbunden: Was suchen wir? Wo suchen wir? So banal es klingen mag, um effektiv zu suchen müssen wir wissen was wir suchen und wir müssen uns dafür interessieren. Das klingt banal und das ist es auch, denn die Definition für banal lautet: banal ist alles, was wir wissen und tun sollten und auch könnten, aber es nicht tun.

    Zu allen Zeiten, bis hinein in unsere Tage sind Menschen auf der Suche – bewusst oder unbewusst, auf der Suche nach Leben, nach erfülltem Leben. Wie war kürzlich in der Welt-Online zu lesen: In der Generation der sogenannten Ypsilonier oder auch Millenials (die Generation der von 1980 bis 2000 Geborenen, Stichjahr ist das Jahr 2015) halten nur zwei von fünf Befragten ihren Job für „sinnstiftend“. Was sie suchen ist nicht Karriere und ein hohes Einkommen sondern ich nenne es jetzt einmal so, ein sinnvolles Leben, und das in allen Lebensbereichen.

    Jesu Gesprächs- oder Diskussionspartner waren auch auf der Suche, auf der Suche nach dem Leben. Das hebt Jesus auch lobend hervor (V. 39). Für einen Juden ist aber im Gegensatz zu den Millenials klar, wo er dieses Leben suchen muss und wo er es findet: in den heiligen Schriften. Er weiß dass sich in den Schriften, explizit im Gesetz, der Wille Gottes offenbart. Und wer den Willen Gottes tut, der empfängt Leben (vgl. 3Mos 18,5: „Darum sollt ihr meine Satzungen halten und meine Rechte. Denn der Mensch, der sie tut, wird durch sie leben; ich bin der HERR.“; Mt 19,17b; Rö 10,5). In der Konsequenz versuchten sie alle Vorschriften bis aus Kleinlichste, und manchmal weit darüber hinaus, zu erfüllen.

    Dieses Verhalten war jedoch sehr mechanisch, statistisch und unpersönlich. Was ich damit meine, darauf komme ich dann im 3. Aspekt zurück.

    Wenn ich etwas suche und dann auch finden möchte, dann muss ich sowohl die Erwartung haben, dass ich auch etwas finde als auch meine Interesse darauf richten.

    Der zweite Aspekt:

    2. vom finden

    Das Zweite und durchaus wesentliche: finden. Die Juden suchen an den richtigen Orten und sie wissen auch, was sie finden wollen: das ewige Leben. Das ist für sie ganz klar und das ist ihnen auch nicht abzusprechen. Und sie müssen in den Schriften, im Gesetz suchen, denn das Gesetz gibt ihnen Weisungen zum Leben. Und so erforschen sie akribisch die Schriften um ja nichts zu übersehen. Und bei aller Akribie übersehen sie das wesentliche: sie erkennen nicht, von wem in den Schriften Zeugnis abgelegt wird, worum es letztlich geht. Wer ihnen das Leben geben kann und wie! Wen erwarten sie?

    Vera Birkenbihl, eine leider bereits verstorbene Lernpsychologin hat in einem Vortrag davon berichtet, dass sich unsere Wahrnehmung in einen bewussten und einen unbewussten Teil gliedert. Wenn man das ganze bildhaft in einer Strecke darstellen möchten dann umfasst die ganze Wahrnehmung sagen wir einmal einen Kilometer. Davon macht unsere bewusste Wahrnehmung ein paar Zentimeter aus. Das heißt, wir nehmen bewusst nur das wahr, was es zuvor durch die 999,5 Meter unbewusste Wahrnehmung geschafft hat. Diese Unbewusste Wahrnehmung wird durch Filter bestimmt, welche dafür zuständig sind, was durchkommt und was nicht – und WIR bestimmen die Filter. Und ein mächtiger Filter in unserer Wahrnehmung sind unsere Erwartungen oder unser Interesse.

    - Hier das Experiment mit den Uhren machen.1 -

    Was mich nicht interessiert oder was ich nicht erwarte, das wird vermutlich nie in meine bewusste Wahrnehmung gelangen und das nehme ich nicht wahr. Übertragen auf unsere Suche nach Gott, hängt es ganz entscheidend davon ab, ob ich erwarte Gott auch zu finden, IHM zu begegnen.2

    Also haben die Juden am richtigen Ort gesucht, aber sie haben Jesus nicht erkannt. Den, auf den die Schriften hinweisen und darauf, dass letztlich nur in IHM allein das ganze Gesetz durch das Wirken des Heiligen Geistes in uns erfüllt werden kann.

    Sie haben Jesus nicht erkannt, weil sie den Messias anders erwartet hatten. Da halfen auch alle Zeugnisse und Zeichen nichts. Selbst Gottes Reden aus dem Himmel bei der Taufe Jesu und auch nicht die größten Zeichen nichts. Selbst Totenauferweckungen (siehe Schriftlesung) würden daran nichts ändern.

    Aber selbst wenn sie Jesus entdeckt hätten, was wäre daraus geworden? Mein dritter Aspekt:

    3. von der Herausforderung des findens: ver-trauen

    In den Schriften die in der Bibel zusammengefasst sind wird in vielfacher Weise von unterschiedlichen Menschen berichtet die davon Zeugnis ablegen, was sie mit Jesus erlebt haben. Und was aus ihrem Leben geworden ist, nachdem sie sich auf Jesus eingelassen haben.

    Und dieses einlassen ist die zentrale Aussage und Herausforderung um die es geht. Hier bin ich wieder an der Stelle, auf die ich am Ende des ersten Aspektes hingewiesen habe. Das neue, das mit Jesus in die Beziehung zu Gott gekommen ist, ist der persönliche Aspekt. Die Anrede Gottes „ICH bin DEIN Gott“ gewinnt eine ganz neue Dimension.

    Mit Jesus kommt eine enorme persönliche – menschliche Note in unsere Beziehung mit Gott. Wie kann es denn auch anders sein! Gott wurde Mensch – in Jesus. Jesus war einer von uns – aber so was von! Jesus hat sich ganz und gar in die Beziehung mit uns hineingegeben. Und das nicht nur bei seinem Leiden und Tod am Kreuz. Das begann schon zu dem Zeitpunkt als er Mensch wurde. Haben sie schon einmal darüber nachgedacht wie Gott zu uns, zu den Menschen und auf diese Erde, gekommen ist? Na, eine Idee? ….. (Genau) Er wurde geboren! Geboren mit allem was dazugehört – 1Mo3,16b „unter Mühen sollst du Kinder gebären“. Damit Gott ganz und gar Mensch wird mutet er einer Frau zu, dass sie schwanger wird und ist und dann eine Geburt durchstehen muss. Vollkommener kann Gott nicht Mensch werden. Und damit kann und kommt er uns ganz nah, tritt er in eine ganz persönliche Beziehung zu ihnen und zu mir!

    Und darum geht es letztlich in der Botschaft des Neuen Testaments. Das Leben von Gott her zu erlangen (BAUMERT S. 135) und das ganzer Gesetz im Geist zu erfüllen, braucht es glauben (fides quae creditur = der Glaube, der geglaubt wird; fides qua creditur = der Glaube, mit dem geglaubt wird). Glauben – vertrauen – trauen. Dieses trauen bringt es auf den Punkt und ist der stärkste Ausdruck für unsere Beziehung zu Gott. Während glauben eher einen verstandesmäßigen Aspekt betont, vertrauen die personale Ebene mit einbezieht stellt trauen den Aspekt des sich auf etwas, auf IHN einlassen in den Mittelpunkt.

    Schluss

    Ich schließe: Die Verse unseres heutigen Predigttextes nehmen uns mit hinein ein einen Dreiklang. Den Dreiklang von Gott suchen – Gott finden und Gott trauen. Die ersten zwei Sprünge die kriegen wir technisch gelöst hin. Da geht es mehr um wissen und reagieren – oder auch nicht. Aber der letzte? Da sind wir gefordert, da geht es um weit mehr. Da geht es ums sich einlassen, ums trauen. Trägt das Eis – trägt das Wasser (Mt 14, 28ff par) – trägt Jesus mich und mein Leben?

    Die Juden suchen in den Schriften das Leben – in der Gesetzeserfüllung – aber das Leben ist nicht in den Schriften zu finden in dem wir darin suchen. Das Leben finden und erlangen wir dann, wenn wir DEM trauen, mit Dem in Beziehung treten und IHN in unser Leben hineinlassen, von dem die Schrift bezeugt und auf den sie hinweist: Jesus.

    Er hat alles gegeben – von seiner Geburt bis zum Kreuzestod! Was bleibt ist die Frage an uns: Was sind wir bereit zu geben – und trauen wir uns?

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen 107621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

    1Die Gottesdienstbesucher sollen ihre Armbanduhren zuhalten und dann dem Nachbarn erzählen, wie das Ziffernblatt aussieht. Wenn sie das gemacht haben kurz auf das Ziffernblatt schauen ob es stimmt und dann wieder zuhalten. Jetzt fragen, ob jemand die Uhrzeit sagen kann. Wenn überhaupt, können das nur ganz wenige. Das Interesse galt dem Ziffernblatt und nicht der Uhrzeit.

    2 Hier könnte eventuell noch ein kleiner Einschub kommen, dass sich Gott natürlich darüber hinwegsetzen kann. Er auch Menschen begegnet ist, die ihn nie gesucht haben. Diese Möglichkeit besteht immer und wird damit auch nicht verneint.

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