Home
Predigten
 
 

Predigt über Johannes 6, 47 - 51

am 10.3.2013
Sonntag Laetare

Ort:
Tüllingen


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Es ist schon etliche Jahre her als mir die Mutter eines Freunde erzählte wie das damals war, Ende der vierziger, Anfang der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg und der Zeit des Wiederaufbaus. Da hatten viele ein Gespür dafür, dass es nicht selbstverständlich ist jeden Tag ein Stück Brot, etwas zu Essen zu haben. Und vielen war auch bewusst, dass man Gott dafür zu danken hat. Jahre später, so erzählte mir diese Frau weiter, ließ dieses Bewusstsein deutlich nach. Für viele war es selbstverständlich geworden, wieder jeden Tag Essen auf dem Tisch zu haben. Die Bedeutung der Bitte im Vater Unser „unser tägliches Brot gib uns heute“ hatte für die meisten seine Aktualität und auch Bedeutung verloren. Auch wir heute gehen doch selbstverständlich davon aus, dass wir nur zum Bäcker oder Supermarkt gehen müssen, um dort Brot und Lebensmittel kaufen zu können. Vielleicht ist diese Bitte noch für einige zumindest ein Bekenntnis, dass auch das tägliche Brot in unseren Tagen letztlich eine Gabe Gottes ist.

Für viele Menschen auf dieser Welt ist dies nicht so selbstverständlich – ein paar Zahlen. Fast 870 Millionen Menschen, nahezu 1/8-tel der Weltbevölkerung hungern und weit mehr leiden in Folge von Mangelernährung an Krankheiten. Täglich sterben weltweit ca. 20.000 Menschen an Unterernährung. Nach einem Bericht des Kinderhilfswerkes Unicef lebten im Jahr 2012 in Deutschland mehr als 1,2 Million Kinder in Armut, viele von ihnen unter Bedingungen, die hierzulande niemand vermuten würde und ohne regelmäßige warme Mahlzeiten. Im krassen Gegensatz dazu war im Spiegel vergangener Woche zu lesen dass im Jahr 2010 weltweit 35 Millionen Menschen an nicht übertragbaren Krankheiten starben. Ursache dafür ist ungesunder Lebenswandel, unter anderem der Verzehr von fetten Kalorienbomben.1

Szenenwechsel, wir machen einen Zeitsprung fast 2000 Jahre zurück. 5000 waren gekommen und erhofften sich weitere Zeichen von ihm. Dabei hatten sie vergessen, wie spät es geworden war. Alle hatten den ganzen Tag ausgeharrt und waren nun am Ende des Tages hungrig aber keiner wusste, woher für so viele Menschen Essen kommen sollte. Alles was sie hatten waren fünf Brote und zwei Fische. Das würde wohl kaum reichen, um jedem wenigstens ein Stückchen zukommen zu lassen. Und vermutlich würde es uns so gehen wie den Jüngern in dieser Situation, auch wir würden wohl eher die Leute wegschicken wollen damit sie sich selbst mit Nahrung versorgen und vermutlich nicht das tun, was Jesus in dieser Situation getan hat. Er nahm die paar Brote und Fische, sprach ein Dankgebet und ließ diese verteilen. Wohlgemerkt, es steht nirgends dass Jesus darum gebeten hätte, dass sich die Brote und Fische vermehren sollen, er dankte einfach für das, was da war. Ich würde gerne einmal die Jünger sehen, wie sie da standen, als Jesus ihnen die fünf Brote und zwei Fische gab und sie losschickte um diese unter den 5000 zu verteilen. Da ging der Petrus mit seinem Stückchen Brot los und überlegte, wie er das nun anstellen sollte. Er brach beim Ersten auf den er traf, ein kleines Stückchen ab und gab es ihm. Dann ging er zum zweiten, zum dritten und so weiter. Und beim Hundertsten merkt er plötzlich, ich habe ja noch immer Brot, das wird ja nicht weniger! Und beim 102 wird er mutiger: „Hier Bruder, hast du ein ganz großes Stück!“

Sie kennen den Ausgang dieses Berichts: 12 Körbe mit Resten wurden aufgesammelt, als alle satt geworden waren. „Unser tägliches Brot gib uns heute“ - 5000 hatten dies erlebt und ihnen war klar, einer der dies kann, den wollen wir zum König haben. Aber Jesus will das nicht. Statt dessen wendet er sich ihnen zu und spricht zu ihnen vom Brot des Lebens.

- Text lesen: Joh 6,47-51 -

Den Menschen damals war die Bedeutung des Brotes für ihr Leben, ihr Überleben, sehr klar und wohl bewusst. In unseren Tagen ist das wie bereits erwähnt schon lange nicht mehr so. Dennoch wissen wir, Essen und Trinken sind zum Leben und Überleben unabdingbar. Und nicht von ungefähr werden enorme Anstrengungen unternommen, um den Hunger in der Welt und die damit verbundenen Folgen zu bekämpfen. Was aber hat es auf sich mit dem Brot, von dem Jesus in unserem Abschnitt spricht? In zwei Gedanken möchte ich dem nachgehen:

  • 1. Unser Hunger nach Leben – ewigem Leben.
  • 2. Ewiges Leben durch Brot des Lebens.
  • 1. Unser Hunger nach ewigem Leben

    Um vorneweg Missverständnisse auszuschließen: Es ist keine Frage, dass dort wo es kein Brot, sprich nichts oder nicht genügend zu Essen gibt, der Beseitigung dieses Mangels oberste Priorität gilt. Das wird auch in der Speisung der 5000 Menschen deutlich. Denn als diese an Hunger litten, hat Jesus umgehend dafür gesorgt, dass sie an diesem Tag noch etwas zu essen bekamen. Jesus nimmt diese Bedürfnisse ernst, stillt den Hunger indem er ihnen zu essen gibt oder heilt sie an anderer Stelle von ihren Krankheiten. Sich des Nächsten zu erbarmen und ihm in seiner Not zu helfen ist oberste Christenpflicht.

    Aber es gibt durchaus noch eine andere Seite auf die Jesus aufmerksam macht und die es zu bedenken gilt. Obwohl der Großteil der Menschen in unserem Land und in vielen anderen Ländern der Erde sich nicht, ich sage Gott sei Dank, um das tägliche Brot sorgen müssen ist doch festzustellen und sollte bewusst sein, dass dies allein nicht ein erfülltes Leben bedingt. Jenen Menschen am galiläischen Meer, die von Jesus ihr tägliches Brot bekommen haben war dies nicht bewusst. Vielmehr waren sie auf das „Diesseits“ fixiert. Das macht ihre Reaktion deutlich dass sie den, der sie satt machen konnte, den wollten sie zu ihrem König haben. In ihrer Vorstellung fand Reich Gottes auf dieser Welt statt, würde der Messias sein Reich auf dieser Welt errichten.

    Ich denke auch wir sind sehr stark auf das „Diesseits“ fixiert. Auch wir erwarten von Gott, dass er es uns hier Wohlergehen lässt und uns von Trübsal verschont. Für uns gilt einer als von Gott gesegnet, dem es gut geht und der erfolgreich ist. Dass dies so allein nicht richtig ist zeigt uns der Blick auf die Seligpreisungen. Dort werden durchaus auch die als „glückselig“ bezeichnet, denen es nach unseren Maßstäben nicht gerade gut geht: die Trauernden und die Verfolgten. Sie sind glückselig, also in einem Zustand von Gott geschenkter Freude ohne Ende, so die wörtliche Übersetzung des griechischen Begriffes (maka,rioi). Und dieses glückselig sein ist etwas ganz anderes als Wohlergehen, wie wir das verstehen!

    Jesus macht in seiner Rede am See Genezareth und an vielen anderen Stellen deutlich, dass das Wichtigste nicht die Vorsorge für das Leben auf dieser Erde, die Sorge für das leibliche Wohl ist. Vielmehr geht es um die Sorge einen Platz im Himmel zu haben (vgl. Lk 12, 22-34). Jesus ruft mit seiner Rede in Erinnerung, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt sondern von jedem Wort das aus dem Mund Gottes geht (vgl. Mt 4,4 par; 5Mos 8,3): Darum sagt Jesus an anderer Stelle „Schafft euch nicht nur Speise, die vergeht, sondern schafft euch Speise zum ewigen Leben.“ (V. 27). Denn Jesus weiß, es gibt nicht nur einen leiblichen Hunger, sondern auch einen Hunger und Durst der „Seele“, oder anders ausgedrückt, ein Bedürfnis nach geistlicher Nahrung. Und um diesen geistlichen Hunger geht es und damit wird uns gleichzeitig der Horizont für eine ganz andere Dimension geöffnet. Hier geht es um ewiges Leben, und ewiges Leben ist mehr als unvergängliches Leben, als Unsterblichkeit. Ewiges, geistliches Leben im biblischen Sinn ist göttliches Leben, ein Leben in der Gemeinschaft Gottes und nach seinem Willen. Und dieses Leben kann durch den Glauben schon in den Grenzen der Vergänglichkeit gelebt werden.

    Der Theologe Paul Althaus hat es einmal so beschrieben: „Das Übergeschichtliche wird mitten im Geschichtlichen, das Jenseitige mitten im Diesseits erlebt.“ Damit drückt er mit anderen Worten aus, wovon in Vers 47 unseres Kapitels die Rede ist, dass der Glaubende, der Christ ewiges Leben hat, jetzt schon und nicht erst in der Zukunft bekommen wird. Wir sind jetzt schon hineingenommen in Gottes Welt. Besonders deutlich wird mir dies im liturgischen Dankgebet der Abendmahlsfeier wenn es heißt, „wir stimmen ein in den Lobgesang der himmlischen Chöre.“ In diesem Lob sind wir vereint mit den Engeln die jetzt schon vor dem Thron Gottes stehen und anbeten - eine großartige Vorstellung.

    2. Ewiges Leben durch lebendiges Brot

    „Ich bin das Brot des Lebens.“ sagt Jesus. Mit diesem „ich bin“ ruft er Erinnerungen an den brennenden Dornbusch wach, als sich Gott dem Moses mit den Worten vorstellt: „Ich bin, der ich bin.“ Jesus unterstreicht damit unmissverständlich dass er der ist, welcher aus dem Himmel gekommen ist, er ist lebendiges Brot, im wahrsten Sinn des Wortes Lebens-mittel, Mittel zum Leben. Er ist das fleischgewordene Wort Gottes, der Weg, die Wahrheit und das Leben. Jesus ist das Licht der Welt. Jesus ist der ganz andere, der vom Vater gekommen ist, der ganz eins ist mit IHM und der von sich sagt, dass es seine Speise ist, den Willen dieses Vaters im Himmel zu tun. Jesus ist nicht nur der, an dem sich die Geister scheiden, sondern an dem sich die Geister ent-scheiden.

    Jesus ist in diese Welt gekommen, um nach dem Willen des Vaters im Himmel zu sterben und in diesem Sterben wird sein Leib gebrochen und sein Blut vergossen. Gebrochen für unsere, ihre und meine Sünde, vergossen damit wir, sie und ich Frieden mit Gott und ewiges Leben haben. Sein Fleisch wird das Brot zum Leben für diese Welt, für die Menschen, für uns, für sie und mich. Jesus ist als das lebendige Brot aus dem Himmel gekommen, um die Trennung zwischen oben und unten zu überwinden. Er ist gekommen um uns ein Leben in der Gemeinschaft mit Gott zu ermöglichen, ewiges Leben eben, jetzt schon auf dieser Erde, hier in Tüllingen und wo immer wir leben. In Jesus kommt Gott in diese Welt, kommt Gott zu uns, zu ihnen und mir, hinein in unsere Niedrigkeit, in unser Leben mit allem was dazu gehört und was es ausmacht.

    Und wie wir jeden Tag essen müssen so sollen wir auch immer wieder zu Jesus kommen und von diesem Brot des Lebens essen. Jesus macht hier eine Anspielung auf das Abendmahl, wo wir Brot und Wein sinnbildlich für das gebrochene Fleisch und das vergossene Blut Jesu essen und trinken. Da erfahre ich spürbar, riechbar in Brot und Wein, Gott kommt zu mir, kommt hinein in mein Leben. Abendmahl feiern wir ja auch nicht nur einmal, sondern immer wieder, so ist es auch von Jesus eingesetzt, wenn er zu seinen Jüngern sagt, dass sie dies zu seinem Gedächtnis tun sollen (Lk 22,19).

    Das besondere beim Abendmahl sind nicht so sehr Brot und Wein, sondern die Worte, die dabei gesprochen werden. Das erlebe ich immer wieder bei Abendmahlsfeiern, wenn ich den Menschen in die Augen schaue und sie hören: Für dich gebrochen, für dich vergossen. Es geht um den einzelnen, ganz persönlich, es geht um sie und mich, dass wir wieder zu-Recht kommen, es geht um ihr und mein Leben und meine Beziehung zu Gott.

    Jesus ist das lebendige Brot von dem wir essen, an den wir glauben müssen, um nicht in unserer Sünde, das heißt in der Trennung von Gott, zu sterben. Und dieses Sterben kann bereits weit vor dem eigentlichen Todestag beginnen. Um dieses Sterben zu verhindern spricht Jesus zugleich die Einladung aus, von diesem Brot zu essen, immer wieder an ihn denken, uns mit Ihm beschäftigen, sein Wort lesen und sich damit auseinandersetzen bis ich satt bin, mein Lebenshunger gestillt ist.

    Schluss

    „Ich bin das lebendige Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist; wenn jemand von diesem Brot isst, wird er leben in Ewigkeit.“ Wir sind eingeladen, zu essen, Jesus in unser Leben zu lassen, ganz durchdrungen zu werden von ihm und seinem Wort.

    Wir sollen von diesem Brot essen, das uns satt macht aber nicht träge sondern fähig als seine Zeugen zu leben. Dass an uns schon jetzt, in unseren Tagen und hier in Tüllingen sichtbar wird, was ewiges Leben heißt.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

    1 DER SPIEGEL 10/2013. Seite 124
    nach oben Home Predigten eMail Predigt als PDF zum herunterladen Site Meter