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Predigt über Lukas 11,14-23

am 07.11.1999
Drittletzter Sonntag im Kirchenjahr

Ort: Staufen/Münstertal


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder

Einleitung

Am vergangen Mittwochabend war Begegnungsabend und es wurde vom Leben auf den Bruderhöfen berichtet. Neben vielen Dingen hat mich eine Begebenheit besonders hellhörig gemacht: Es wurde davon berichtet, das die Kinder dort an Elfen glauben und an Johannis (24. Juni) eine Frau oder Mädchen als Elfe verkleidet den Kindern erscheint und einen Tanz vorführt.

In unseren christlichen Kreisen, oder sage ich besser, in unseren christlichen Kreisen evangelischer Prägung sind solche Dinge nach meinem Eindruck eher verpönt. Wenn wir uns mit dem "Übersinnlichen" beschäftigen dann höchstens mit Gott. Alles andere exisitiert nicht oder darf nicht existieren und deshalb in unserer Vorstellungswelt keinen Platz.

Ganz anders in der Bibel: dort weiß man etwas von einer unsichtbaren Welt die durchaus in unsere sichtbare hineinwirkt. Dort hören wir von Engeln und himmlischen Gestalten auf der "guten Seite" ebenso wie von Dämonen auf der "bösen Seite". Und so war es für die Menschen des Neuen Testaments ganz selbstverständlich, viele Erscheinungen des alltäglichen Lebens damit in Verbindung zu bringen, daß es neben der sichtbaren auch noch eine unsichtbare Welt und Mächte gibt. Eine Begebenheit wird uns im heutigen Predigttext erzählt.

- Text lesen: Lk 11, 14-23 -

"Lassen wir doch den Leuten von damals ihren Glauben und ihre Vorstellungswelt, sie wußten es eben nicht besser." So könnte ich mir vorstellen ging es einigen von uns beim hören dieser Verse durch den Kopf. Für die Menschen damals war vieles noch unerklärbar und so wurde es unsichtbaren Mächten zugeschrieben.

Und so verwundert es auch nicht, daß die Menschen aus unserer Erzählung nicht nur über das staunten was sie mit Jesus erlebten sondern auch versuchten, es mit ihren Mitteln und Möglichkeiten zu erklären. Ebenso versuchen wir heute solche Geschichten mit unseren Mitteln zu erklären.

Krankheit, das hat für uns heute schon lange nichts mehr mit bösen Geistern und Dämonen zu tun. Das überlassen wir irgendwelchen Naturvölkern auf fernen Inseln, aber bei uns in unseren aufgeklärten und wissenschaftsdurchdrungenen Tagen ist dafür kein Platz mehr. An Dämonen erinnert uns hier in Staufen höchstens noch das Wandbild am Gasthaus Löwen.
Also nur eine Geschichte aus alten Tagen, aus Zeiten der Elfen und Feen? Für uns existiert nur die sichtbare Welt, das was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen und anfassen können.

Laßen sie mich aus dem gehörten zwei Aspekte herausgreifen und näher beleuchten:

    Gottes Reich ist hereingebrochen.
    Das hereinbrechende Gottesreich verlangt eine Entscheidung

1. Gottes Reich ist hereingebrochen

Auch wenn die meisten (leider) nicht mehr an Feen und Elfen glauben kommen wir nicht umhin zu sagen, daß in unserer Welt, in unserem Leben "das Böse", ich möchte es an dieser Stelle einmal so abstrakt formulieren, sein "Spielchen" treibt, ganz gleich in welcher Ausprägung. Auch wenn wir heute vieles mit Namen benennen können die uns die Wissenschaft gegeben hat, erklärbar bleibt für uns dennoch das wenigste. Und mit erklärbar meine ich jetzt nicht nur die Frage nach dem "wie" sondern vor allem die Frage nach dem "warum". Die eine Ebene ("wie"-Ebene) mag für uns transparenter geworden sein, die andere ("warum"-Ebene) dadurch jedoch nicht mehr. Und ich kann mir vorstellen daß einen Menschen, der an Krebs leidet, nicht nur die Frage umtreibt, wie dieser Krebs zustande gekommen ist, sondern auch immer die Frage nach dem warum: "Warum ich?" Und in dieser Fragestellung sind wir heute nicht weiter als die Menschen vor 2000 Jahren. Als Beispiel dient mir hier Hiob. In dem ganzen Buch geht es nicht um die Fragen nach Dämonen und bösen Geistern die sein Elend verursacht haben, es geht ihm nicht um die Frage des "wie" sondern allein um das "warum".

Und hinter dieser Frage nach dem "warum" steckt immer auch die Frage, wer oder was denn in dieser Welt seine Machenschaften treibt. Wer gibt mir meinen Sinn und wer gibt die Lebensbahn vor? Ob und wie sie an Elfen, Feen oder Hexen glauben, überlasse ich ihnen. Unzweifelhaft für mich ist jedenfalls das eine: wir leben zwar in einer sichtbaren Welt. Die ist jedoch umgeben von einer unsichtbaren Welt und diese versucht, ich formuliere wieder etwas neutral, Einfluß auf uns zu nehmen. Ich glaube wir, damit meine ich uns als Zeitgenoßen heute, aber insbesondere auch uns Christen, sollten wieder ein Gespür dafür bekommen, daß wir von einer unsichtbaren Welt umgeben sind und wir im Spannungsfeld zweier Reiche leben. Wenn jetzt jemand sagt, soll ich etwa an den Teufel glauben, dann antworte ich nein. Denn Glauben heißt ja in seinem ursprünglichen Sinn "vertrauen". Aber dafür halten, daß es einen Teufel gibt der sein Un-Wesen treibt, das sollten sie schon. Und die Gestalt, in der er dies tut, kann vielschichtig sein, sogar im Gewand des vemeintlich guten.

Was sind die Auswirkungen oder Absicht des "Bösen" in dieser Welt und woran können wir das erkennen? Wir reden gerne oder in der Regel vom Bösen wenn es um Leid, Gewalt oder Elend in der Welt geht. Diese Dinge bringen wir mit dem Bösen in Verbindung. Daß wir das tun hängt sicherlich mit unseren Vorstellungen von gut und böse zusammen. Was unserem Wohlergehen dient ist gut, was nicht ist böse.
Die Frage ist, was wir am Bösen wirklich fürchten müssen? Daß es uns in unserem Wohlergehen beeinträchtigt? Auf den Punkt gebracht: Müssen wir am Bösen wirklich fürchten daß wir krank werden, Leid auf uns kommt oder uns irgendein anderes Ungemach trifft? Im Blick auf unser Leben und auf das, worauf es letztlich ankommt, sind diese Dinge nur zweitrangig (vgl. Mt10,28)! Das Wirken des Bösen in dieser Welt hat letztlich nur ein Ziel: Uns von Jesus wegzubringen! Die Mittel dazu sind vielschichtig und begegnen uns nicht nur in Gestalt von Leid. Auch das vermeintlich wirtschaftliche Wohlergehen und ein angenehmes Leben kann in letzter Konsequenz dazu dienen, uns von Jesus abzubringen. Wenn das trachten nach Gottes Reich nicht mehr an erster Stelle steht, unsere Handlungsmaxime ist, dann ist es leicht möglich das unser Glaube auf der Strecke bleibt. Nicht umsonst warnt der Apostel Paulus davor, daß sich der Satan zu einem Engel des Lichts verwandeln kann. (vgl. 2.Kor 11,14)

Ich möchte an dieser Stelle zurückkehren zu unserer Geschichte aus dem neuen Testament:
Die Verse des Predigtabschnittes sind überschrieben mit "Dämonenaustreibung" oder "Jesus und die bösen Geister" und inhaltlich geht es ja auch darum, daß Jesus einen bösen Geist austreibt und der Stumme wieder reden kann. Diese Heilung, das gesund werden ist wie bei allen Wundern aber nur eine Begleiterscheinung. Das, worauf es ankommt und was uns mit dieser Geschichte gesagt wird, ist etwas ganz anderes: Das Reich Gottes ist zu euch gekommen!

Nicht nur zu dem Menschen, aus dem der Dämon ausgetrieben wurde, sondern auch zu denen, die mit dabei waren und letztlich auch zu uns heute, die wir vom Kommen Jesus hören, uns zu diesem Gottesdienst versammelt haben und miteinander Abendmahl feiern.
Jesus ist in den Machtbereich des Bösen eingedrungen und hat ihn mit seinem Tod und Auferstehung besiegt - endgültig. Hier, mit dieser Botschaft vom hereinbrechenden Gottesreich hat die Kirche und wir als Gemeinde unseren Auftrag und unsere Aufgabe. Und das Wort "hereinbrechen" veranschaulicht sehr deutlich wie dies geschieht. Nicht abrupt sondern allmählich, aber unaufhaltsam, so wie der Tag am Morgen hereinbricht!

Mit Jesu Kommen brauchen wir uns nicht mehr vor Dämonen zu fürchten oder über die Existenz von Elfen diskutieren. Daß Jesus, Gottes Sohn in diese Welt gekommen ist sind wir herausgefordert uns dem zu stellen. Wir können dem nicht neutral gegenüberstehen und alles nur distanziert betrachten. Von uns wird eine Entscheidung verlangt und das ist das zweite, was ich aus diesen Versen hervorheben möchte:

2. Das hereinbrechende Gottesreich verlangt eine Entscheidung

Ein steiler Satz mit dem Jesus die Auseinandersetzung mit den Leuten beendet. Aber er schafft damit klare Verhältnisse und gibt den Ball zurück. Mit seinem Tun und Reden fordert Jesus die Menschen damals und uns heute heraus, er konfrontiert uns und nötigt uns eine Entscheidung ab. Die Frage an uns, die wir dies heute hören ist: Wie stellen wir uns dazu? Flüchten wir uns Argumente um Jesu Anspruch wegdiskutieren zu wollen wie damals? Unsere Argumente mögen andere sein, wir werden heute kaum den Vorwurf erheben, Jesus steckt mit dem Bösen unter einer Decke, weil wir ja nicht an die personifizierte Existenz des Bösen glauben. Unsere Argumente gegen Jesus bewegen sich heute meist auf einer anderen, scheinbar aufgeklärten und rationalen Ebene. Die Absicht dabei ist dieselbe wie damals: Jesus und die Botschaft der Bibel auf Distanz zu halten, uns nicht entscheiden zu müssen.

Lassen sie mich hier kurz auf das, ich möchte sagen Phänomen von Entscheidungen und Entscheidungsprozeßen eingehen.
Mit Entscheidungen sind wir fast täglich konfrontiert. Mit großen und mit kleineren - was koche ich heute zu Mittag, gehe ich in den Gottesdienst oder nicht, was kaufe ich mir zum anziehen und welchen Beruf ergreife ich. Unser ganzes Leben ist durchzogen mit Situationen in denen Entscheidungen von uns abverlangt werden. Und meist sind es irgendwelche Anlässe oder Ereignisse, die uns herausfordern.
Wenn wir uns vielfach auch um Entscheidungen herumdrücken können, so gibt es Situationen im Leben, da können wir nicht mehr neutral bleiben und sagen, das geht mich nichts an. Wenn ihnen jemand sagt "Ich liebe dich!" glaube ich kaum, daß sie das unberührt läßt. Das fordert doch eine Stellungnahme, eine Antwort heraus, ganz gleich ob zustimmend oder ablehnend. Wir können nicht Sonntag für Sonntag in den Gottesdienst gehen um dann, wenn es ernst wird zu sagen: "Das geht mich nichts an, da bleibe ich lieber mal neutral". Wir können nicht Abendmahl feiern und dabei neutral bleiben. Wir können nicht in unseren Kreisen und Gruppen Lieder singen mit den Texten, die Gott groß machen, Geschichten hören in denen sich Gott als der Lebendige erweist und danach so tun, als wüßten wir von alledem nichts.

Wenn wir uns darüber unterhalten, Entscheidungen in unserem Leben zu treffen, dann taucht fast automatisch die Frage auf, was hindert uns, oder weniger drastisch, was macht es uns so schwer, uns zu entscheiden. Ob die Gagli Nudeln vielleicht doch besser sind als die von Birkel, oder ob mir nicht doch noch eine Tages Pamela Anderson (oder Richard Gere für die Damen) über den Weg läuft und sie sich unsterblich in mich verliebt? Hinter diesen Fragen, hinter diesen wenn's und aber's verbirgt sich die Angst etwas zu verpassen, wenn ich mich heute festlege.

Ich sage ihnen dies ganz unverblümt, das kann durchaus sein, daß Dinge in ihrem Lebensalltag keinen Platz mehr haben wenn sie sich dazu entscheiden, ihren Lebensweg mit Jesus zu gehen, daß dann Prioritäten anders gesetzt werden. Wenn sie ihre Entscheidungen treffen ist dabei wichtig, daß sie es freiwillig tun und nicht weil es andere wollen oder alle so machen.

Im Blick auf Jesus und Gottes Reich sind wir herausgefordert einen Standpunkt zu beziehen, uns entweder auf seine Seite zu schlagen, oder aber uns gegen ihn zu stellen. Wenn es in vielen Fällen des Lebens eine Grauzone gibt, in manchen nicht. Da gibt es nur ein entweder oder. So wie ich im alltäglichen Leben nicht umhin komme mich zu entscheiden welche Farbe die Hose haben soll und welche Automarke ich fahren werde, genauso komme ich nicht umhin eine Entscheidung im Blick auf Jesus zu treffen.

Schluß

"Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude, bricht dem gewappneten Starken ins Haus" - Grund zur Freude weil die Macht des Bösen gebrochen, der Sieg für uns errungen ist. So die Botschaft aus dem heutigen Evangelium. Mit seinem Wirken bekundet Jesus den Anbruch von Gottes Reich in unserer Welt, in unserem Leben. Indem wir uns hier zum Gottesdienst versammelt haben unterstreichen wir dies und bekennen es. Das ist das eine. Gleichzeitig sind wir herausgefordert zu überdenken, wer Jesus für uns, für mich ganz persönlich ist. Hier kommen ich nicht umhin, eine Entscheidung zu treffen, mich auf diese oder jene Seite zu schlagen.
Die Einladung ist ausgesprochen, Jesus lädt sie ein zu ihm zu kommen. In diesem Gottesdienst ganz konkret in Form von Brot und Wein beim Abendmahl.
Jesus ist kommen, die Quelle der Gnaden: komme wen dürstet, und trinke, wer will!"

Amen.

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Belchenring 20
D-79219 Staufen
07633/500781
eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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