Home
Predigten
 
 

Predigt über Lukas 15, 1 - 10

am 10.7.2011
3. Sonntag nach Trinitatis

Ort:
Tüllingen

Festgottesdienst Sommerfest Tüllinger Höhe


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Kinder an der Tüllinger Höhe, liebe Schwestern und Brüder, liebe Festgemeinde!

Einleitung

Auf dem Bergrücken gegenüber befindet sich die Pilgermission St. Chrischona deren Kirchlein wir von hier aus sehen können. Zur Pilgermission gehört ein Theologisches Seminar, früher hieß dies Predigerseminar. Und früher war es auch so, dass die verheirateten Studenten nicht auf dem Berg wohnten, sondern in den umliegenden Ortschaften, unter anderem auch in Lörrach. Um Fahrtkosten zu sparen, haben sich einige Studenten zusammen getan und einen VW-Bus gekauft, mit dem sie jeden Morgen dann über den Zoll nach Chrischona gefahren sind. Auf der Kühlerhaube prangte ein großer Aufkleber: "Jesus liebt Zöllner und Sünder!"

Wir schmunzeln über eine solche Geschichte, weil wir soweit christlich geprägt, sozialisiert sind, dass wir die Anspielung die dahinter steckt, erkennen. Es ist leider nicht berichtet, wie die Zöllner damals am deutsch-schweizerischen Zollübergang auf diesen Aufkleber reagiert haben. Vielleicht haben sie auch geschmunzelt, vielleicht waren sie auch verärgert und haben schon einen Adrenalinausstoß bekommen, wenn sie den VW Bus heranfahren gesehen haben. Vielleicht sind sie auch mit den Studenten ins Gespräch gekommen über das, was hinter der Aussage dieses Aufklebers steht.

Es gab aber auch Zeiten, da haben sich nicht die Zöllner über einen solchen Aufkleber aufgeregt, sondern ganz andere. Diejenigen, die sich von den Zöllnern abgegrenzt hatten, weil sie sich für etwas besseres hielten, gesellschaftlich besser dastanden, etabliert waren.

Aber da gab es einen, der unermüdlich immer wieder Partei für die Ausgegrenzten und gesellschaftlich ausgestoßenen ergriffen hat, quasi als lebendiger Aufkleber unterwegs war. Die Geschichte, die uns vorhin Christian Keller vorgelesen hat, erzählt uns von diesem einen. Und da bekanntlich doppelt genäht besser hält, möchte ich uns diese Geschichte nochmals zu Gehör bringen:

- Text lesen: Lukas 15, 1 - 10

"Leidenschaftlich und mit Nachdruck werbe ich für das Erzählen biblischer Geschichten - in der Familie, im Kindergottesdienst, in der Jungschar, im Konfirmandenunterricht und gerade auch im Religionsunterricht. In einer Zeit mit flüchtigen Bildern, die sich trotz ihrer Schnell- und Kurzlebigkeit in die Seele einbrennen, brauchen nicht nur unsere Kinder erzählte Bilder - lebendige, befreiende Bilder."

Diese Sätze stammen vom ehemaligen württembergischen Landesbischof Gerhard Maier. Und in seinem Bericht vor der Landessynode vor einigen Jahren fährt er fort: "Erzählen ist Beziehungsgeschehen, in dem die tragfähigen Bilder biblischer Erzählungen zu Hoffnungsgeschichten werden, die fit machen für das Leben."

Die eben gehörten Geschichten, es sind ja zwei sehr ähnliche und doch mit unterschiedlichen Akzenten, sind für mich solche Hoffnungsgeschichten, die mich in meinem Leben tragen, ein tragfähiges Fundament bilden. Warum? Es sind Jesus-Geschichten in denen mir dieser Mann aus Nazareth Gottes Wesen vor Augen führt, mir zeigt, wie Gott ist und wer ich für ihn bin.

Sie zeigen mir einen Gott der

  • mich sucht und
  • der mich findet und sich darüber freut.
  • 1. Ein Gott der mich sucht

    Das Schaf, vielleicht ist es davon gelaufen, vielleicht hat es sich auch verirrt, der Hirte macht sich auf die Suche, überlässt es nicht einfach seinem Schicksal. Vor vielen Jahren verbrachte ich meinen Sommerurlaub immer in den spanischen Hochpyrenäen. Dort kann man in der völligen Wildnis riesige Schafherden antreffen. Und immer wird kam es vor, dass ich auf einzelne Schafe, weit abseits der Herde getoßen bin. Diese hatten sich von der Herde entfernt, entweder, weil sie verletzt, alt und gebrechlich oder zu jung waren und irgendwie den Anschluss an die Herde verloren hatten. Und die Gefahr drohte in Gestalt kreisender Adler und Geier oder Luchsen. Ob sich die spanischen Hirten auf die Suche nach jenen Schafen gemacht hatten kann ich nicht sagen, getroffen hatte ich nie einen.

    Das Schaf welches nicht mehr da ist, ist, ich möchte es einmal so formulieren, aus der Beziehung mit seinem Hirten gefallen. In der Tatsache, dass es nicht mehr bei der Herde ist, wird eben nicht die Wertigkeit ausgedrückt, die wir vielfach in diese Geschichte hineinlesen oder -hören. Das "verlorene Schaf" ist nicht schlecht oder gar böse. Es geht lediglich darum, dass es nicht mehr da ist, den Kontakt mit dem Hirten verloren hat. Aber weil ihm dieses Schaf, jedes einzelne Schaf so wichtig ist, macht er sich auf und sucht es. Dieser Aspekt wird in der zweiten Geschichten noch deutlicher.

    Das Bild in der zweiten Geschichte ist uns wahrscheinlich vertrauter und haben wir selbst schon erlebt. Bei uns in der Familie jedenfalls kommt das immer wieder vor, das wir etwas suchen. Meistens ist es ein Schlüssel der nicht da liegt wo er eigentlich liegen sollte und schon geht sie los, die Sucherei. Kürzlich war es ein Buch aus der Stadtbibliothek das irgendwie unauffindbar war. Es dauerte Tage, wir hatten die Hoffnung schon aufgegeben und uns darauf eingestellt, dass wir die 7 Euro für den Ersatz bezahlen mussten, als es doch wieder aufgetaucht ist. Obwohl wir nicht die Nachbarn eingeladen hatten, die Freude war groß.

    Jesus sagt uns in diesen beiden Geschichten, so ist Gott. ER macht sich auf die Suche nach uns Menschen, er geht uns nach, sucht uns an Orten, wo sich andere nicht hinwagen. Er nimmt Mühen auf sich und kehrt das untere nach oben um das verloren gegangene zu suchen. Dieses Suchen Gottes nach uns Menschen beginnt schon ganz am Anfang, prägt die Beziehung Gottes zu uns Menschen. Auf den ersten Seiten der Bibel erfahren wir von Gott, wie er den Menschen sucht und nach ihm ruft: "Adam, wo bist du?" Ganz gleich ob wir davon gelaufen sind oder uns verirrt haben - Gott sucht uns, geht uns nach, überlässt uns nicht einfach unserem Schicksal.

    Warum macht er das? Weil wir, sie und ich, jeder von uns ihm wichtig ist. Weil wir in Gottes Augen wertvoll sind. So wie das Schaf für den Hirten von Wert war (allein die Vielfalt der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten - Wolle, Milch, Fleisch;) oder die Münze für die Frau. So entsprach das Silberstück oder die Drachme welche die Frau suchte, in damaliger Zeit einem Tagesverdienst und vermutlich hatte ein Schaf denselben Wert. Gott sucht uns weil wir wertvoll sind, ihm jeder Mensch wichtig und von Gott geliebt ist.

    2. Einen Gott der mich findet und sich freut

    Alles suchen hat ein Ziel: das finden dessen, was man sucht. Suchen dient keinen Selbstzweck. Aus diesem Grund kann auch nie der Weg das Ziel sein, ein Weg führt immer an ein Ziel oder man hat ein Ziel vor Augen, wenn man einen Weg geht und hofft dabei, dass der Weg eben auch ans Ziel führt.

    Und wenn man findet was man sucht, dann ist die Freude groß, so jedenfalls bei jenem Schäfer und der Frau aus unseren Erzählungen. Und die Freude bleibt nicht beim einzelnen sondern sucht sich ihren Weg nach draußen. Der Schäfer ruft Freunde und Nachbarn und erzählt ihnen, was sich zugetragen hat. Und ebenso die Frau. Und dabei kann Freude sonderliche Formen annehmen, so wie es jener Junge im Religionsunterricht auf den Punkt bringt: Das was die Frau ausgibt um mit ihren Freundinnen den Fund zu feiern sei um etliches mehr wert gewesen, als die Fundsache selbst. Aber so ist das eben: Freude treibt mitunter seltsame Blüten.

    Vielleicht können wir noch mit der Freude jenes Schäfers und der Frau mit, aber schwieriger wird es mit der Freude im Himmel über jeden einzelnen der Buße tut als über 99 Gerechte. Da kommt uns dieses Wort Buße recht quer und sperrig daher.

    Im biblischen Grundtext steht das griechische Wort metanoeo was soviel bedeutet wie umkehren, Sinneswandel, sich neu ausrichten. Wenn ein Mensch umkehrt, dann geht es zunächst nicht darum, dass er ein besserer Mensch wird, künftig alles richtig und keine Fehler mehr macht. Und es geht auch nicht um irgendwelche obskuren Selbstkasteiungen. Da geht es darum, das jemand seinem Leben eine neue Ausrichtung gibt, sich ein anderes Ziel sucht, auf das er zulebt. Und im biblischen Sinne bedeutet dieses Ziel ein Leben in der Gemeinschaft Gottes. Und darüber freuen sich die Engel im Himmel und sollen sich auch jene freuen, die "gerecht" sind, sich bereits von Gott haben finden lassen und diese Neuausrichtung in ihrem Leben vollzogen haben.

    Diese Umkehr, diese Neuausrichtung entspricht dem finden, gefunden werden, sich finden lassen. Wenn ich mein Lebensziel neu definiere drückt sich aus, dass Gott mich gefunden, mich erreicht hat. Dann, wenn ich nach IHM frage, mich interessiert, was über ihn in der Bibel geschrieben steht, wie er über mich denkt, mich sieht. Wenn ich beginne zu überlegen, wie ich das, was Jesus den Menschen geraten hat, in meinem Leben umzusetzen kann. Diese Umkehr findet statt, wenn ich in den Dialog, in das Gespräch einsteige, das Gott mir anbietet.

    Die Freude im Himmel verdeutlicht mir noch einen anderen Aspekt unseres Lebens. Wir sind alle immer noch - mehr oder weniger - Kinder der Aufklärung und als solche gilt für nur das sichtbare, was wir sehen und messen können. In diesen Versen macht Jesus deutlich, wir sind eingebunden in ein größeres Ganzes, ist menschliches Leben mehr als nur das hier und heute.

    Schluss

    Im Wochenspruch für die neue Woche heißt es, dass der Menschensohn, dass Jesus gekommen ist um das verloren gegangene zu suchen. In seinem Sohn macht Gott sich auf die Suche nach uns, nach ihnen und mir. Und wissen sie, was mich dabei fasziniert: Gott zwingt niemand in die Gemeinschaft mit ihm - darin drückt sich unsere Gott-Ebenbildlichkeit (vgl. Mt 19,22) aus. Gott möchte eine Beziehung mit uns und keine Marionetten.

    In Jesus begegnet uns der suchende Gott und in IHM erneuert ER seinen Ruf "Adam, wo bist du?". Es ist an uns, ihm zu antworten.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de
    nach oben Home Predigten eMail Predigt als PDF zum herunterladen Site Meter