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Predigt über Lukas 1, 26 - 38

am 19.12.2010
4. Sonntag im Advent

Ort:
Staufen


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Vergangene Woche war in der ARD Sendung "Menschen bei Maischberger"1 eine Persönlichkeit zu Gast, die ich persönlich überaus schätze - der Altbundeskanzler Helmut Schmidt. Am kommenden Donnerstag wird er 92 Jahre und trotz seines hohen Alters und seiner körperlichen Einschränkungen, hat er immer noch etwas zu sagen, verfolgt und analysiert das Zeitgeschehen mit glasklarem Verstand und hoher Sachkenntnis.

Gegen Ende der Sendung stellte die Moderatorin noch einige persönliche Fragen. Unter anderem auch auf sein Verhältnis zum Glauben angesichts des Todes seiner Frau. Helmut Schmidt sagte, dass er seinen persönlichen Glauben weitestgehend schon lange verloren habe.

Obwohl ich das wusste, stimmte mich dieses Bekenntnis und diese Aussage traurig. Was hat diesen Mann dazu bewogen, seinen Glauben aufzugeben, wie ist es dazu gekommen, so habe ich mich gefragt. Im nachdenken darüber, was dieser Mann während des Interviews alles gesagt hatte und was ich sonst biografisch von ihm weiß - Fußnote: Ich empfehle unter anderem den Fernsehfilm "Mogadischu", in dem die 1977 erfolgte Entführung der Lufthansamaschine Landshut verfilmt wurde. Helmut Schmidt war damals Bundeskanzler und hatte die wesentlichen Entscheidungen zu treffen - ist bei mir der Eindruck entstanden, dass es eben diese und andere Geschehnisse, Erfahrungen und Begegnungen während seiner Amtszeiten und politischen Lebens waren, die diese Abkehr ausgelöst haben.

So gibt es in jedem Menschenleben Ereignisse, die dazu beitragen können, den Glauben zu rauben, ihn aufzugeben. Um so wichtiger sind Ereignisse, Erfahrungen an die wir uns in Krisen klammern, an die wir uns anbinden können. Gleichsam dem Bergsteiger, der sich mit seinem Seil an den in den Felsen geschlagenen Haken einhängt und sich so sichert, falls er zu Fall kommt. Haben Sie solche "Haken" in ihrem Leben?

Der heutige Predigttext beinhaltet eine solche "Hakengeschichte" - ich lese:

- Text lesen: Lk 1, 26 - 38 -

Mit dieser Erzählung beginnt Weihnachten. Weihnachten - das Kind in der Krippe umgeben von Ochs und Esel, staunende Hirten und anbetende Weisen umrahmt von jubelnden Engelchören. Das ist das Bild von Weihnachten. Ein stolzer Vater und eine glückliche Mutter an der Krippe - wirklich? Eine Idylle - sicher? Das stellen wir uns vor, das machen uns die Weihnachtsbilder und -geschichten glauben.

Was stimmt: Gott kommt! Aber wie kommt er und was passiert, wenn er kommt? Schauen wir dazu nochmals auf die Geschichte mit Maria und dem Engel. Es sind drei Merkmale die ich ausmache und die ich aus dieser Adventserzählung mitnehme:

1. Gott kommt - in (den letzten) Winkel

Gott, vielmehr ein von ihm gesandter Engel kommt, nein, vielmehr bricht hinein in die Lebenswirklichkeit einer jungen Frau. An einem Ort, den keiner auf der Liste der Orte hatte, in denen Welt- und Menschheitsgeschichte geschrieben werden könnte. In einem Ort, von dem es später einmal heißen soll, was aus diesem Ort Nazareth schon Gutes kommen soll (Joh 1,46). Gott erscheint vielfach dort und dann, wo ihn keiner erwartet, in den Winkeln dieser Welt, unserer Städte, Kirchen und Gemeinden.

Es ist typisch für unseren Gott, dass er diesen Weg wählt, dass er ins verborgene, zum Unscheinbaren kommt. Er sucht nicht den Rummel und die großen Plätze. Unser Gott hat einen Blick und ein Auge für das Unscheinbare und Verborgene. Es bleibt sein Geheimnis, warum ausgerechnet dieser Ort und diese Frau.

Wie stellen sie sich das vor, wenn Gott, wenn ein Engel in unseren Lebensweg tritt? Das Jubel ausbricht, alles hell und strahlend wird, die Dinge in Ordnung geraten und endlich alles besser und gut wird?

Von all dem ist in unserem Bericht nichts zu lesen. Zunächst regiert die Angst, überkommt die junge Frau Furcht. Maria ist erschrocken von der Erscheinung des Engels und seiner Botschaft. Er muss sie zunächst beruhigen "Fürchte dich nicht". Denn was sie zu hören bekommt schafft zunächst einmal Verwirrung. Sie, die zwar verlobt jedoch von keinem Manne wusste soll schwanger werden. Das bringt ihr Leben nicht nur in Unordnung sondern auch noch in Gefahr. Wie würde Joseph, ihr Verlobter darauf reagieren? Würde er sie des Ehebruchs bezichtigen und sie verlassen? Was würde dann aus ihr werden? Im schlimmsten Fall wird sie des Ehebruchs angeklagt und gesteinigt. Für Maria bahnt sich ein menschliches Drama an. Was bitte in aller Welt, ist daran gnadenhaft? Wie viele Leben sind an solchen Schicksalen schon zerbrochen?

2. Gott kommt - in seiner Gnade

"Sei gegrüßt, du Begnadete" mit diesem Gruß tritt der Engel, er hat sogar einen Namen: Gabriel, Maria entgegen. In dem, was ihr widerfährt wird sie zum Urbild dessen, was später jedem Menschen widerfahren kann. Gewiss wird kein Mensch mehr den Heiland gebären aber was an und durch Maria geschieht, prägt das Handeln und die Beziehung unseres Gottes zu uns Menschen, zu ihnen und mir bis heute, ist Wesensmerkmal unseres Glaubens.

Denn Maria ist nicht die Begnadete auf Grund einer besonderen Leistung oder Frömmigkeit, nicht weil sie darum gebeten hätte. Der Grund, warum der Engel zu ihr kommt, warum Gott an ihr handelt liegt nicht bei ihr sondern allein bei Gott. Sie ist ganz die Empfangende. In dieser Gnade empfängt sie das Wort, die Verheißung und das Kind.

Was wurde und wird nicht alles darüber diskutiert, "wie so etwas gehen" soll. Auch Maria stellt sich genau diese Frage (V. 34). Wir bewegen uns in einer Sackgasse, wenn wir hier lediglich nach biologischen Antworten und Erklärungen suchen. Und es hilft auch nicht wirklich weiter und trägt zur Klärung bei, wenn manche Exegeten aus der Jungfrau eine junge Frau machen.

Bei der Jungfrauengeburt geht es nicht so sehr und in erster Linie um ein biologisches Wunder, sondern allein darum, dass Gott der Handelnde ist. Die Kunde des Engels macht deutlich, dass dieses Kind auch nicht einfach gezeugt wird, es wird "geschaffen", so wie Gott am Anfang die Welt durch sein Wort geschaffen hat ereignet sich auch hier ein "Schöpfungswunder". Hier kommt die "dynamis", die Kraft zum Ausdruck, die in dem göttlichen Wort steckt.

Der ewige Sohn gibt sich hinein in das Leben dieses Kindes, das hier angekündigt wird. Hier scheitern alle menschlichen Erklärungs- und Deutungsversuche. Gott kommt zu uns, Gott wird Mensch, der Jenseitige kommt hinein in unsere Welt, der Ewige kommt hinein in unsere Zeit und Leben. Gott macht sich klein, wird zum Kind, liefert sich aus an Menschen in dem ER selbst, Gott Mensch wird um uns zu erlösen- das ist Gnade. Dazu hat er diese Frau bestimmt, hat Gott sie auserwählt und berufen, erfährt sie diese Gnade.

3. Gott kommt - mit seiner Verheißung

Die Begegnung mit dem Engel versetzt Maria in Unruhe, löst Ängste aus. Sie kann sich nicht vorstellen was auf sie zukommen wird und das erfüllt sie mit Furcht. Sie findet sich in dem Spannungsfeld zwischen irdischen Gegebenheiten und göttlichen Möglichkeiten - kennen sie das? Noch einmal erklärt der Engel, was geschehen wird. Und vielleicht erinnert sich Maria nun, bedingt durch die Wortwahl, an die Ereignisses ihres Volkes im Alten Testament. Als das Volk durch die Wüste zog, da wurde es auch von der Gegenwart Gottes überschattet, des tags in einer Wolken und des Nachts in einer Feuersäule.

Sie erkennt, das wird nun auch ihr verheißen. Gott nimmt sich ihrer an, sie steht unter seinem Schutz, ganz gleich was auch kommen mag. Und nun hängt sie - "siehe ich bin die Magd des Herrn" - ihr Leben in den Haken ein, den Gott für sie fest gemacht hat. Sie lässt sich hineinnehmen in seine Verheißungen und ist gesichert durch Gottes Wort und Gnade.

Und obwohl ihr weiterer Lebensweg mit diesem Kind alles andere als glatt und sorglos verläuft, erinnert sie sich wohl immer wieder an diese Begegnung mit dem Engel und gewinnt daraus Zuversicht und Kraft. Sie hat diese Worte in ihrem Herzen bewahrt, wie sie das in der Folge immer wieder getan hat (Kap 2,19). Und dieses erinnern und erinnert werden hilft ihr dann, auch durch die schwierigen Lebensphasen zu gehen und Gott zu vertrauen.

Schluss

Ich weiß nicht wie der Altbundeskanzler Helmut Schmidt Weihnachten feiert und was ihn mit Weihnachten verbindet. In dem Interview hat er davon gesprochen, dass er einer alten Tradition folgend einige wenige Freunde zum Essen einladen wird.

Zu wünschen ist ihm und auch uns, dass Weihnachten nicht nur einer Tradition folgt, sondern zu einem Haken Gottes wird. Denn gelungenes und damit tragfähiges Christsein ist dort verwirklicht, wo wir unseren Lebensalltag an einem solchen Haken festmachen die Gott in unser Leben "geschlagen" hat. Festmachen an dem, dass ER sich auch uns, ihnen und mir in seinem Sohn Jesus gnädig zugewandt hat, zuwendet und zuwenden wird!

Ein solcher Haken kann ein Bibelwort, die Begegnung mit Menschen oder Erfahrungen mit der Gegenwart Gottes sein. Aber eben auch Weihnachten kann ein solcher Haken sein, dann wenn ich erkenne dass dieses Kind auch für mich geboren ist. Denn es gilt an Weihnachten: Wir haben Gnade gefunden vor diesem Gott durch seinen Sohn Jesus.

Amen.

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Obertüllingen 107
79539 Lörrach-Tüllingen
07621/9153229
eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de
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