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Predigt über Lukas 24,44-53

am 29.05.2003
Christi Himmelfahrt

Ort: Brenz / Bergenweiler


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder

Einleitung

Die meisten von uns kennen sie, wenn nicht aus eigener Erfahrung, so zumindest doch aus Filmen oder aus Büchern: Abschiedsszenen. Und in den meisten Fällen sind sie tränenreich, schmerzhaft und mit negativen Empfindungen verbunden. Dies vor allem dann, wenn es Abschiede für längere Zeit oder gar für immer sind. Mir gehen solche Szenen, ob ich sie selbst erlebe oder auch nur lese, meist sehr nahe.

Abschied nehmen bedeutet sich trennen oder getrennt werden, ich erleide einen Verlust und diesen Verlust gilt es zu verarbeiten, das bedeutet immer auch ein Stück trauern. In dem Abschnitt aus dem Neuen Testament, über die heute zu predigen ist, wird uns auch eine Abschiedsszene geschildert.

- Text lesen: Lukas 24, 44 - 53 -

Eine irgendwie eigentümliche Abschiedsgeschichte, die uns von Lukas, und nur von Lukas, berichtet wird. Da fließen keine Tränen, da wird das auseinandergehen nicht beweint und beklagt. Im Gegenteil: "Und sie kehrten nach Jerusalem zurück mit großer Freude; und sie waren allezeit im Tempel und priesen Gott." So endet dieser Bericht und das Evangelium von Lukas. Obwohl mit seiner Himmelfahrt Jesus für immer von ihnen genommen ist, die Zeit ihrer gemeinsamen Tage auf dieser Erde endgültig zu Ende sind, freuen sich die Jünger.

Für einen Abschied halte ich dies für ungewöhnlich und unwillkürlich mußte ich mich fragen, was verbinde ich mit Himmelfahrt? Welche Bedeutung hat Himmelfahrt für mich und was löst es bei mir aus? Brauchen wir dieses Fest überhaupt noch - und nicht nur als Pfeiler für einen Brückentag und verlängertes Wochenende? Warum konnten sich die Jünger freuen, wo sie doch endgültig von Jesus getrennt wurden?

Um das zu entdecken möchte ich dem nachgehen, was sich damals vor den Toren Jerusalems zugetragen hat. Und so bedeutet Himmelfahrt dreierlei für mich:

  • den Überblick bewahren;
  • den Blick nach vorne richten;
  • Freude, denn es wird regiert!
  • 1. Himmelfahrt bedeutet: den Überblick bewahren!

    Diesen Versen voraus geht der Bericht über die Begegnung zweier Jünger mit Jesus auf ihrem Weg nach Emmaus. Was Jesus in dieser Begegnung quasi im kleinen Kreis begonnen hat, setzt er nun im Kreis der versammelten Jünger fort. Diese hörten den Bericht der zwei Jünger, können ihm aber kaum Glauben schenken. Für die Jünger stellte dieses Zusammentreffen ein sehr ungewöhnliches Ereignis dar. Als Jesus dann plötzlich in ihre Mitte trat, konnten sie kaum glauben was sich vor ihren Augen.

    Denn die Jünger taten sich schwer, das Erlebte, vor allem nach dem Einzug in Jerusalem, den Ereignissen von Gethsemane und Golgaha, einzuordnen. Sie taten sich schwer, zu verstehen und den Zusammenhang zu sehen zwischen dem, was sie mit Jesus erlebt und er ihnen alles gesagt hatte und was zum Schluß geschehen war. Wie paßte das zusammen? Ich denke, auch wir, sie und ich erleben immer wieder Situationen in denen wir uns fragen, was sie zu bedeuten haben, warum so etwas geschieht.

    Jesus weiß, was kommen wird und er weiß auch, daß seine Jünger dafür Zurüstung brauchen. Und so nimmt er sich ihrer in ihrem letzten Treffen nochmals in besonderer Weise an. Jesus legt ihnen nochmals die Schrift aus, öffnet ihnen das Verständnis für das Vergangene, angefangen bei den Vätern bis hin zu ihm. Er macht klar: Was sich ereignet hat, geschah nicht zufällig, war nicht Willkür weltlicher Herrscher, sondern war eingebettet in den Heilsplan Gottes. Das Unternehmen Erlösung der Menschheit ist nicht gescheitert, sondern hat in dem allem und dem folgenden seine Vollendung gefunden. Gott ist mit seinem Plan nicht gescheitert sondern hat sein Ziel erreicht.

    Um Mißverständnissen vorzubeugen: ich halte nicht dafür, daß wir jeden unserer Schritte, jedes Ereignis unseres Lebens anhand der Schrift überprüfen und wie bei einer Checkliste abhacken und einsortieren können. Jesus hat seinen Jüngern vielmehr die Zusammenhänge klar gemacht und verdeutlicht um was es geht. Wir sollen verstehen und uns immer wieder bewußt machen, daß auch wir eingebettet sind in das Handeln und Wirken Gottes. Daß auch für uns gilt, daß Gott uns in seiner Hand hält (Joh 10,28f) und wir bei ihm geborgen sind. Das nichts in unserem Leben geschieht ohne daß er es weiß und zuläßt (Mt 10,29ff). Dies sollten wir uns immer wieder vor Augen halten.

    Aber das allein reicht nicht, sondern wir brauchen jemand, der uns dabei unterstützt, der uns wieder aufrichtet wenn wir einmal gefallen sind, jemand der uns ermutigt den Weg weiter zu gehen und vor allem jemand, der uns zuverlässig die Schriften auslegt, der uns die Zusammenhänge klar macht.

    2. Himmelfahrt bedeutet: den Blick nach vorne richten!

    Eine Situation die in den Evangelien immer wieder berichtet wird: die Jünger verstanden nicht! Daraus kann und wird man ihnen keinen Vorwurf machen. Denn sie betrachteten die Ereignisse und das was sie hörten mit ihrem menschlichen Verstand. Aber, so schreibt Paulus den Christen in Korinth Jahre später: "Geistliches muß geistlich verstanden werden!" (1.Kor 2,13). "Denn der natürliche Mensch vernimmt nichts von dem, was des Geistes Gottes ist!" Dabei geht es nicht darum, daß ich mit speziellen Weihen versehen sein muß um zu verstehen, was in der Bibel steht. Wir sollten uns einfach darüber im klaren sein, daß allein mit unserem Verstand nicht alles zu verstehen ist. Wir sind darauf angewiesen, daß Gott uns sein Wort aufschließt. Dies kann geschehen, wenn ich ihn konkret darum bitte oder auch, daß Gott jemandem Verständnis für sein Wort gibt, wenn er mit diesem, gewollt oder ungewollt, konfrontiert wird. Das sind dann die Momente, wo wir in besonderer Weise angesprochen sind, dann, wenn wir ein Bibelwort hören, uns eine Predigt ins nachdenken bringt oder uns eine Liedstrophe in ungewöhnlicher Weise berührt.

    Von dem, was die Jünger von Jesus gehört und was sie mit ihm erlebt hatten, davon sollen sie Zeugen sein, davon muß und wird erzählt werden. Mit diesem Auftrag werden sie und sind auch wir aber nicht allein gelassen. Hier beginnt nun der Blick in die Zukunft: "Ich werde senden" und "ihr werdet bekleidet werden". Lukas spricht hier sehr verhalten aus, was bei Johannes ein großes Thema ist: das kommen des Heiligen Geistes. Bevor die Jünger ihren Auftrag wahrnehmen, sollen sie warten bis sie den Beistand erhalten haben. Sie und wir sind in unserem Leben und Wirken als Christen auf diesen Geist angewiesen.

    Dieser Geist ist es, der uns das Verständnis für die Schrift und vor allem für die Zusammenhänge eröffnet. Dieser Geist ist, der uns tröstet und wieder aufrichtet. Dieser Geist ist es, der uns in Erinnerung ruft was Jesus gesagt und getan hat. Und dieser Geist ist es, der die Einheit unter Christen schafft, wir uns als Schwestern und Brüder erkennen. Diesem Geist sollen wir Raum geben, in unserem eigenen Leben und im Leben unserer Gemeinde (vgl. 1.Thes 5,19). Durch ihn werden wir zum Dienst in der Gemeinde ausgerüstet und entsprechend mit Gaben ausgerüstet.

    Aber noch ist es nicht soweit, aber ich kann mir gut vorstellen, daß in den Jüngern eine Sehnsucht und Neugierde geweckt wurde auf das Kommende. Jetzt wurde ihnen klar und begannen sie zu verstehen, daß sie und Jesus noch nicht am Ende waren. Es würde weitergehen, mit ihnen, mit Jesus und seiner Botschaft

    3. Himmelfahrt bedeutet: Freude, denn es wird regiert!

    Das bisher gesagte könnte man auch mit den Stichworten Rückblick und Ausblick kennzeichnen. Rückblick und Ausblick bei Abschieden kennen auch wir. Das besondere des Abschieds an Himmelfahrt ist - die Freude! "Sie gingen nach Jerusalem zurück mit großer Freude!" Bei diesem Abschied an Himmelfahrt hat sich bei den Jüngern etwas verändert. Zum einen war es das beginnende Verständnis für die Zusammenhänge. Ich glaube, daß sie angefangen haben zu verstehen. Das andere ist die Freude auf das Kommende bzw. auf den Kommenden. Die Freude und Gewißheit, daß sie nicht alleine sind, daß Jesus weiterhin bei ihnen und unter ihnen sein wird. Er läßt sie nicht als Waisen zurück (Joh 14,18), stiehlt sich nicht aus seiner Verantwortung!

    Um dies zu verdeutlichen segnet Jesus in seiner letzte Handlung seine Jünger. Was für uns, zumindest zur gottesdienstlichen Gewohnheit und dennoch vielleicht nur noch von wenigen bewußt wahrgenommen wird, erfahren die Jünger erstmals: Zum ersten mal segnet Jesus seine sie. Bisher hatte er nur die Kinder oder Speisen gesegnet. Die Jünger erkennen, Jesus macht sich nicht aus dem Staub und läßt sie alleine weiterwurschteln, sondern er nimmt seinen Platz beim Vater wieder ein.

    Für mich wird das greifbar und anschaulich in der Schriftlesung die wir gehört haben. Das Lamm betritt den Thronsaal, und es müssen sich alle Knie vor ihm beugen. Das Lamm nimmt seinen Platz ein und regiert!

    Von Karl Barth wird folgendes berichtet: Am 9. Dezember 1968 hat er mit seinem Freund Eduard Thurneysen telefoniert und ihm folgendes gesagt: "Ja, die Welt ist dunkel ... Aber nur ja die Ohren nicht hängen lassen! Nie! Denn es wird regiert! Nicht nur in Moskau oder in Washington oder in Peking, sondern es wird regiert, und zwar hier auf Erden, aber von ganz oben, vom Himmel her! Gott sitzt im Regimente! Darum fürchte ich mich nicht! Bleiben wir doch zuversichtlich auch in den dunkelsten Augenblicken. Gott läßt uns nicht fallen, keinen einzigen von uns und uns alle miteinander nicht! Es wird regiert!".

    Schluß

    Gott sitzt im Regiment - dessen war sich Karl Barth sicher, mit dieser Gewißheit starb er auch einen Tag nach seinem Telefonat mit Eduard Thurneysen. Das haben wohl auch die Jünger an jenem Tag vor den Toren Jerusalems erkannt und konnten froh und zuversichtlich in die Zukunft blicken. Lassen auch wir uns von dieser Zuversicht anstecken und mit dem Bekenntnis in den morgigen Tag gehen: "Jesus Christus herrscht als König!"

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Altenheimstraße 23
    89522 Heidenheim/Brenz
    07321/910915
    eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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