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Predigt über Lukas 8, 4-15

am 8.2.2015
Sexagesimae

Ort:
Tüllingen


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Brot – ein Roman von Karl Heinrich Waggerl der mich, seit ich ihn zum ersten mal gelesen habe, fasziniert. Und als wir hierher nach Tüllingen gezogen sind und wir uns entschlossen haben, hier ein kleines Gärtchen anzulegen, war mir die darin erzählte Geschichte wieder gegenwärtig und gleichzeitig Ansporn. Waggerl erzählt in seinem Roman die Geschichte eines Mannes der ein Stück Land, das vor ihm keiner haben wollte, das von allen gemieden wurde, urban macht, dabei immer wieder Rückschläge erleidet und schließlich doch Ernte einfährt.

Wie gesagt, daran musste ich denken als ich uns hier ein kleines Stückchen Garten anlegte indem ich Gebüsch gerodet, Gras abgestochen und umgegraben habe. Und jedes Jahr im Frühjahr stellt sich die spannende Frage, was säen, pflanzen wir an und was von dem können wir einmal ernten.

Jeder der einen Garten sein eigen nennt, und vor allem diejenigen die vom Ertrag des Feldes oder der Weinberge leben wissen um diese Spannung. Und all jenen Generationen vor uns, die in engerer Nähe zur Landwirtschaft lebten war im Bewusstsein, dass das tägliche Brot von anderen Faktoren als von den Öffnungszeiten des Bäckers oder Supermarktes abhängt. Diese Spannung wird im heutigen Predigttext berichtet:

- Text lesen: Lk 8, 4 – 15 -

Jesus zeigt auf was passieren kann wenn gesät wird. Die Saat ist bedroht, risikofreies säen gibt es nicht. Das weiß zumindest jeder, der einen Garten bewirtschaftet. Da wächst manches nicht so wie gedacht und verkümmert gar und der Feind lauert in Form von Schnecken. Wir jedenfalls machen in unserem Gärtchen immer wieder die Erfahrung, dass (leider) nicht alles so gedeiht wie wir uns das vorstellen und dass wir Gedeihen und Wachstum nur bedingt beeinflussen können.

Drei Gedanken:

  • Die Saat – die Aufgabe
  • Die Saat - das Ziel
  • Die Saat – vierfaches Ackerfeld in uns
  • 1. Die Saat – die Aufgabe

    „Es ging ein Sämann aus, zu säen seinen Samen.“ Ein kleiner, unscheinbarer Satz am Anfang. Er legt den Fokus dieses Gleichnisses auf die Sämannsarbeit. Die Aufgabe des Sämanns bestand allein darin zu säen, nicht zu pflügen und auch nicht zu ernten. Das Risiko welches er dabei eingeht, letztlich eingehen muss ist, dass das die Saat die ihr inne wohnende Kraft nicht entfalten kann und im Ergebnis nicht aufgeht und daher keine Frucht bringen und keine Ernte eingefahren werden kann.

    Der Same im Gleichnis ist das Wort Gottes, das erläutert Jesus. Und wenn wir im landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zusammenhang bleiben dann ist auch klar, dass dieser Same ausgestreut, in den Boden muss. Das ist letztlich seine Bestimmung damit sich Pflanzen vermehren und erhalten, aber auch damit ein Ertrag erzielt werden kann.

    So soll auch das Wort Gottes ausgestreut, unter den Menschen verkündet werden damit es Frucht bringt und Menschen zum Glauben an Gott und Jesus kommen. Das ist das Ziel aber dieses Ziel kann verfehlt werden ohne dass dem Sämann oder dem Saatgut eine Schuld trifft.

    Auch im Reich Gottes gibt es beides: was verloren geht und was gedeiht. Diese Spannung bleibt, auch wenn wir es gerne anders hätten. Dass etwas von der Saat, vom Wort Gottes verloren geht ist das Risiko das Gott in seiner Liebe zu uns Menschen eingeht.1 Aber Gott schaut nicht auf den Verlust sondern auf die Frucht und die Ernte.

    Es ist zum Verständnis dieses Gleichnisses wichtig, den Unterschied zwischen der bäuerlichen Praxis und den Möglichkeiten damals und heute zu kennen2. Nach der Ernte wurde Schafe und Ziegen über das Feld getrieben, die das Unkraut klein hielten. Vor dem ersten Regen wurde gesät und erst dann das Feld gepflügt. Bei der Aussaat konnte der Sämann nicht erkennen wie der Boden beschaffen, wo er tiefgründig und fruchtbar war oder wo Felsen dicht unter der Oberfläche waren. Die gewohnheitsmäßigen Pfade wurden nach den Pflügen weiter benutzt. Wenn wir uns dies vor Augen führen verstehen wir, warum einiges auf den Weg oder das steinige oder unter die Dornen fallen kann. So gehörte es für Jesus dazu, dass Saat auch verloren geht. Dass das Wort Gottes nicht gehört wird, kein Glaube und Nachfolge entsteht.

    Doch nur wenn der Same, wenn das Wort Gottes ausgestreut wird kann er seiner Bestimmung gemäß aufgehen und Frucht bringen. Die Frucht, das ist immer wieder das entscheidende Stichwort, das Ziel worum es im Reich Gottes geht. Und das was aufgeht, steht in keinem Verhältnis zum dem was verloren ist. Das was auf guten Boden fällt wird hundertfache Frucht bringen!

    2. Die Saat - das Ziel

    Damit Frucht entstehen kann muss einerseits Mühe und andererseits auch Risiko auf sich genommen werden. Ohne beides geht es nicht! In diesem Zusammenhang ist mir das Gleichnis von den anvertrauten Pfunden (Lk 19,13ff) eingefallen. Natürlich kann ich den Samen in der Tüte lassen damit er nicht verloren geht. Aber dann wird nichts passieren, dann kann er seine Kraft nicht entfalten. Im Saatgut steckt eine Kraft, eine Dynamik die es unweigerlich zur Entfaltung und Wachstum bringt wenn es denn in oder auf den Boden kommt. So hat Gott verheißen, dass sein Wort seine Wirkung entfalten wird „So wir mein Wort sein das aus meinem Munde hervorgeht: Es wird nicht leer zu mir zurückkehren, sondern wird bewirken, was mir gefällt, und wird ausführen, wozu ich es gesandt habe.“ (Jesaja 55,11; vgl. auch Kol 1,6). Und wozu geht das Wort Gottes aus? Damit Menschen es hören, an Gott und seinen Sohn Jesus Christus glauben und ihm nachfolgen. Gottes Wort ist dazu wirksam, das haben wir vorhin in der Schriftlesung gehört (Heb 4, 12f).

    Der Gleichnisauslegung die Jesus gegeben hat ist nichts mehr hinzuzufügen, sie spricht für sich und ich denke auch, dass wir das gut nachvollziehen können. Vielleicht allein, dass da der Teufel mit im Spiel ist mag uns Kindern der Aufklärung befremdlich erscheinen. Und dennoch: Diese Dimension einer jenseitigen Welt gehört ebenso zu unserem Leben wie der Himmel. Wir werden daran erinnert dass wir eingebunden sind nicht nur in die Geschehnisse des diesseits, sondern auch in diejenigen der jenseitigen Welt.

    Das Ziel vor Augen sollten uns die der Saat drohenden Gefahren weniger schrecken als vielmehr Ansporn sein was in unseren Möglichkeiten ist dafür Sorge zu tragen, dass das Wort verbreitet, verkündet wird. So wie jeder andere auch seine Meinung Kund tun darf, sollten auch wir Christen nicht hinter dem Berg halten was für uns wichtig ist, und uns nicht von dem Vorwurf schrecken lassen, wir seien intolerant nur weil wir zu manchem Themen eine andere Meinung haben als die gesellschaftlich Strömung sie derzeit vorgibt. Wie sagte kürzlich der Präsident der Akademie der Künste in einem Radiointerview: „Toleranz dient vielfach nur dazu, um die eigene Feigheit zu tarnen.“3

    Ergänzend zur Verkündigung des Wortes Gottes, könnten wir auch einen Beitrag leisten, dass die Saat aufgehen kann, indem wir Unkraut jäten oder Steine vom Feld räumen. Vom früheren Direktor der Pilgermission St. Chrischona Hans Staub ist übermittelt, dass er nach jeder Predigt in sich versunken in der Bank gesessen ist. Auf Nachfrage hat er geantwortet: „Jetzt muss geeggt werden.“

    Das Ergebnis meiner Betrachtung:

    3. Die Saat - vierfache Ackerfeld in uns

    Beim nachdenken habe ich mich gefragt, ob ich dieses Gleichnis immer absolut betrachten, sozusagen als „entweder oder“ lesen muss oder es nicht sein kann, dass es ein „sowohl als auch“ gibt. Würde es Jesus uns in dieser Kirche möglicherweise auch mit einer anderen Betonung erzählen?

    Das „entweder oder“ macht es uns in vielem leichter. Zum einen weil wir es meist in diese Variante lesen und verstehen aber auch, weil es uns damit einfacher gemacht wird, uns aus der Verantwortung zu nehmen. Mit dem „sowohl als auch“ werden wir jedoch in das Geschehen hineingenommen.

    Steckt das „sowohl als auch“ nicht in jedem von uns4, und je nachdem was wir hören, mit was wir aus dem Wort Gottes konfrontiert werden, einmal mehr jener und dann mal wieder ein ganz anderer Boden in uns? Ist bei uns immer gleich erkennbar ob fruchtbarer Boden vorhanden ist oder gar aus felsige gesät wird? Da verkümmern Worte Jesus auf den harten abschnitten unseres Lebensweges oder werden von dem, was sich an Widrigkeiten uns in den Weg stellt, erdrückt. Und ich möchte nicht wissen wie oft das Wort von den Vögeln, von den Zweifeln die der Teufel sät, weggefressen wird.

    Aber auch in jedem von uns steckt auch guter Boden. Boden welcher der Saat genügend Möglichkeit gibt aufzugehen, zu gedeihen und Frucht zu bringen. Gelegenheiten sich mit der biblischen Botschaft auseinanderzusetzen, sie zu lesen, zu hören und sich darüber auszutauschen. Und wo Ansätze von Früchten zu erkennen sind, diese auch zu pflegen und zu fördern.

    Schluss

    Schon oft gehört, darüber nachgedacht und diskutiert und doch immer wieder spannend. Für mich wurde spannend dass wir, dass ich selbst vierfaches Ackerfeld bin

    Und da ich nicht teilnahmsloser Boden bin ich immer wieder herausgefordert aktiv dazu beizutragen, dass ich möglichst guter Boden bin, dass ich dafür Sorge trage, dass das Unkraut in Schach gehalten wird und die Saat aufgehen kann. Und ich bin guter Dinge, dass mir, uns dies mit Gottes Hilfe auch gelingt.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

    1 JOOS, Markus; in: Zuversicht und Stärke; Februar – März 2015; 1. Reihe – Heft 2; S. 24
    2 derselbe a.a.O.
    3 Das hat der Präsident der Akademie der Künste, der Designer, Karikaturist und Satiriker Klaus Staeck in der „Leute heute“ – Sendung am 10.1.2015 im SWR 1 Radio gesagt; das Interview dauert 31:48 min, das Zitat liegt etwa bei 27:50 min
    4 JOOS, Markus; a.a.O. S. 25;

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