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Predigt über Lukas 8, 4-8.11-15

am 16.2.2020
Sonntag Sexagesimae

Ort:
Rötteln


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Brot – so lautet der Titel eines Romans von Karl Heinrich Waggerl der mich, seit ich ihn zum ersten mal gelesen habe, fasziniert. Waggerl erzählt darin die Geschichte eines Mannes der ein Stück Land, das vor ihm keiner haben wollte, das von allen gemieden wurde, erwirbt und beginnt, es urban zu machen, dabei immer wieder Rückschläge erleidet und schließlich doch Ernte einfährt. Als wir vor über zehn Jahren nach Tüllingen gezogen sind, wurde mir die Romangeschichte von Waggerl wieder sehr gegenwärtig und gleichzeitig Ansporn.

Wir entschlossen uns auf einer wilden Wiese ein kleines Gärtchen anzulegen. Da wurden Büsche gerodet, Wurzelwerk ausgegraben, Gras abgestochen und umgegraben. Und jedes Jahr im Frühjahr stellt sich die spannende Frage, was säen, pflanzen wir an und was von dem können wir einmal ernten.

Jeder der einen Garten sein eigen nennt, und vor allem diejenigen die vom Ertrag des Feldes oder der Weinberge leben wissen um diese Spannung. Und all jenen Generationen vor uns, die in engerer Nähe zur Landwirtschaft lebten war im Bewusstsein, dass das tägliche Brot von anderen Faktoren als von den Öffnungszeiten des Bäckers oder Supermarktes abhängt. Von dieser Spannung von Saat und Ernte berichtet der heutige Predigttext:

- Text lesen: Lk 8, 4 – 15 -

Jesus zeigt auf was passieren kann wenn gesät wird. Die Saat ist bedroht, risikofreies säen gibt es nicht. Das weiß zumindest jeder, der einen Garten bewirtschaftet. Da wächst manches nicht so wie gedacht und verkümmert gar und der Feind lauert in Form von Schnecken. Wir jedenfalls machen in unserem Gärtchen immer wieder die Erfahrung, dass (leider) nicht alles so gedeiht wie wir uns das vorstellen und dass wir Gedeihen und Wachstum nur bedingt beeinflussen können.

Drei Gedanken:

  • Die Saat – unsere Aufgabe
  • Die Saat - ihr Ziel
  • Die Saat – und das vierfache Ackerfeld in uns
  • 1. Die Saat – die Aufgabe

    „Es ging ein Sämann aus, zu säen seinen Samen.“ Ein kleiner, unscheinbarer Satz am Anfang. Er legt den Fokus dieses Gleichnisses auf die Sämannsarbeit. Die Aufgabe des Sämanns bestand allein darin zu säen, nicht zu pflügen und auch nicht zu ernten. Das Risiko welches er dabei eingeht, letztlich eingehen muss ist, dass die Saat die ihr inne wohnende Kraft nicht entfalten kann und im Ergebnis nicht aufgeht und daher keine Frucht bringen und keine Ernte eingefahren werden kann.

    Es ist selbstverständlich, dass der Same ausgestreut werden, in den Boden muss. Das ist letztlich seine Bestimmung damit sich Pflanzen vermehren und erhalten, aber auch damit ein Ertrag erzielt werden kann.

    Im Gleichnis wird das Wort Gottes mit dem Samen verglichen. So soll auch das Wort Gottes ausgestreut, unter den Menschen verkündet werden damit es Frucht bringt und Menschen zum Glauben an Gott und Jesus kommen. Das ist das Ziel aber dieses Ziel kann verfehlt werden ohne dass den Sämann oder dem Saatgut eine Schuld trifft.

    Auch im Reich Gottes gibt es beides: was verloren geht und was gedeiht. Diese Spannung bleibt, auch wenn wir es gerne anders hätten. Dass etwas von der Saat, vom Wort Gottes verloren geht ist das Risiko das Gott in seiner Liebe zu uns Menschen eingeht.1 Aber Gott schaut nicht auf den Verlust sondern auf die Frucht und die Ernte.

    Es ist zum Verständnis dieses Gleichnisses wichtig, den Unterschied zwischen der bäuerlichen Praxis und den Möglichkeiten damals und heute zu kennen2. Damals wurden nach der Ernte Schafe und Ziegen über das Feld getrieben, die das Unkraut klein hielten. Vor dem ersten Regen wurde gesät und erst dann das Feld gepflügt. Bei der Aussaat konnte der Sämann daher nicht erkennen wie der Boden beschaffen, wo er tiefgründig und fruchtbar war oder wo Felsen dicht unter der Oberfläche waren. Und auch erst nach dem Säen und dem Pflügen wurden die Pfade wieder angelegt und genutzt, die zuvor über die Felder führten. Wenn wir uns dies vor Augen führen verstehen wir, warum einiges auf den Weg oder das Steinige oder unter die Dornen fallen kann. So gehörte es für Jesus dazu, dass Saat auch verloren geht. Dass das Wort Gottes nicht gehört wird, kein Glaube und Nachfolge entsteht. In seiner Liebe zu uns geht er dieses Risiko ein.

    Denn nur wenn der Same, wenn das Wort Gottes ausgestreut wird hat es überhaupt eine Chance seiner Bestimmung gemäß aufzugehen und Frucht bringen. Die Frucht, das ist immer wieder das entscheidende Stichwort, das Ziel worum es im Reich Gottes geht. Und das was aufgeht, steht in keinem Verhältnis zum dem was verloren ist. Das was auf guten Boden fällt wird hundertfache Frucht bringen! Darauf liegt der Fokus, nicht auf dem Verlust.

    2. Die Saat - das Ziel

    Damit Frucht entstehen kann muss einerseits Mühe und andererseits auch Risiko auf sich genommen werden. Ohne beides geht es nicht! In diesem Zusammenhang ist mir das Gleichnis von den anvertrauten Pfunden (Lk 19,13ff) eingefallen. Natürlich kann ich den Samen in der Saatguttüte lassen damit er nicht verloren geht. Aber dann wird nichts passieren, dann kann er seine Kraft nicht entfalten. Im Saatgut steckt eine Kraft, eine Dynamik die es unweigerlich zur Entfaltung und Wachstum bringt wenn es denn in oder auf den Boden kommt. So hat Gott verheißen, dass sein Wort seine Wirkung entfalten wird „So wir mein Wort sein das aus meinem Munde hervorgeht: Es wird nicht leer zu mir zurückkehren, sondern wird bewirken, was mir gefällt, und wird ausführen, wozu ich es gesandt habe.“ (Jesaja 55,11; vgl. auch Kol 1,6). Und wozu geht das Wort Gottes aus? Damit Menschen es hören, an Gott und seinen Sohn Jesus Christus glauben und ihm nachfolgen. Gottes Wort ist dazu wirksam, das haben wir vorhin in der Schriftlesung gehört (Heb 4, 12f).

    Der Gleichnisauslegung die Jesus gegeben hat ist nichts mehr hinzuzufügen, sie spricht für sich und ich denke auch, dass wir das gut nachvollziehen können. Vielleicht allein, dass da der Teufel mit im Spiel ist mag uns Kindern der Aufklärung im 21. Jhdt. befremdlich erscheinen. Und dennoch: Diese Dimension einer jenseitigen Welt gehört ebenso zu unserem Leben wie der Himmel. Wir werden daran erinnert dass wir eingebunden sind nicht nur in die Geschehnisse des diesseits, sondern auch in diejenigen der jenseitigen, einer uns noch verborgenen Welt.

    Das Ziel – die Ernte - vor Augen sollten uns die der Saat drohenden Gefahren weniger schrecken als vielmehr Ansporn sein, was in unseren Möglichkeiten ist dafür Sorge zu tragen, dass das Wort verbreitet, verkündet wird. Wir Christen haben in dieser Welt und in unseren Tagen etwas zu sagen. Wie jeder andere auch sollen auch Christen ihre Meinung Kund tun, sagen was für uns wichtig ist und uns nicht von dem Vorwurf schrecken lassen, wir seien intolerant nur weil wir zu manchem Themen eine andere Meinung haben als der gesellschaftliche Mainstream sie derzeit vorgibt. Wie sagte der Präsident der Akademie der Künste in einem Radiointerview: „Toleranz dient vielfach nur dazu, um die eigene Feigheit zu tarnen.“3

    Weil es immer auf das Ziel der Sämannsarbeit gerichtet ist, ist dieses Gleichnis keine Verlust- sondern eine Chancengeschichte. Eine Geschichte von der Chance 30 – 60 oder 100-fach Frucht zu bringen (vgl. Mt 13,23).

    Das Ergebnis meiner Betrachtung:

    3. Die Saat - vierfache Ackerfeld in uns

    Beim Nachdenken habe ich mich gefragt, ob ich dieses Gleichnis immer absolut betrachten, sozusagen als „entweder oder“ lesen muss oder es nicht sein kann, dass es ein „sowohl als auch“ gibt.

    Das „entweder oder“ macht es uns in vielem leichter. Wenn wir das Gleichnis so lesen, dass die einen – ich, wir - Frucht und die anderen eben keine Frucht bringen, dann nehmen wir uns aus der Verantwortung, wägen uns auf der sicheren Seite. Im Gegensatz dazu werde ich, werden wir mit einem „sowohl als auch“ ganz anders in die Verantwortung genommen. Das sowohl als auch zeigt mir auf, dass es zum einen Situationen gibt, in denen ich Frucht bringe aber auch andere Momente, in denen ich eben keine Frucht bringe.

    Steckt das „sowohl als auch“ nicht in jedem von uns4, und je nachdem was wir hören, mit was wir aus dem Wort Gottes konfrontiert werden, einmal mehr jener und dann mal wieder ein ganz anderer Boden in uns? Ist bei uns immer gleich erkennbar ob fruchtbarer Boden vorhanden ist oder gar aus felsige gesät wird? Da verkümmern Worte Jesus auf den harten Abschnitten unseres Lebensweges oder werden von dem, was sich an Widrigkeiten uns in den Weg stellt, erdrückt. Und ich möchte nicht wissen wie oft das Wort von den Vögeln, von den Zweifeln die der Teufel sät, weggefressen wird.

    Aber in jedem von uns steckt auch guter Boden. Boden welcher der Saat genügend Möglichkeit gibt aufzugehen, zu gedeihen und Frucht zu bringen. Gelegenheiten sich mit der biblischen Botschaft auseinanderzusetzen, sie zu lesen, zu hören und sich darüber auszutauschen. Und wo Ansätze von Früchten zu erkennen sind, diese auch zu pflegen und zu fördern.

    Schluss

    Schon oft gehört, darüber nachgedacht, diskutiert und illustriert - aber doch immer wieder spannend. Für mich hat der Gedanke, dass ich selbst vierfaches Ackerfeld bin, einen neuen Akzent, eine besondere Note gesetzt.

    Aber im Unterschied zum Ackerboden der nur passiv empfangen kann, bin ich, sind wir nicht teilnahmsloser Boden. Vielmehr bin ich immer wieder herausgefordert aktiv dazu beizutragen, dass ich möglichst guter Boden bin, dass ich dafür Sorge trage, dass das Unkraut in Schach gehalten wird und die Saat in mir aufgehen kann. Und ich bin guter Dinge, dass mir, dass uns dies mit Gottes Hilfe gelingt.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

    1 JOOS, Markus; in: Zuversicht und Stärke; Februar – März 2015; 1. Reihe – Heft 2; S. 24
    2 a.a.O.
    3 Das hat der Präsident der Akademie der Künste, der Designer, Karikaturist und Satiriker Klaus Staeck in der „Leute heute“ – Sendung am 10.1.2015 im SWR 1 Radio gesagt; das Interview dauert 31:48 min, das Zitat liegt etwa bei 27:50 min.
    4 derselbe a.a.O.; S. 25; andere Stellen Rienecker ?

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