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Predigt über Lukas 9, 10-17

am 22.07.2007
7. Sonntag n. Trinitatis

Ort:
Ev. Chrischonagemeinde Sontheim (Brenz)


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder

Einleitung

Wenn ich mich an meine Schulzeit erinnere, fällt mir auch immer wieder ein Spiel ein, das unser Mathematiklehrer mit uns machte und von dem wir ganz begeistert waren. Er wählte einen Teil der Schüler aus, die dann aufstehen mußten. Dann gab er einem nach dem anderen eine Rechenaufgabe die es dann galt, im Kopf zu lösen. Wer als letzter übrig blieb, war Rechenkönig. Wie bereits gesagt, wir waren ganz angefressen von diesem Spiel und es kam immer wieder vor, daß wir ihn bedrängten, ein Rechenkönig-Spiel mit uns zu machen.

Für uns war viel Spaß dabei, aber es hatte natürlich den vom Lehrer gewollten Nebeneffekt, daß wir spielerisch Kopfrechnen und die einzelnen Rechenarten übten. Auch wenn das Kopfrechnen heutzutage sicherlich out ist, weil es dafür an jeder Ecke billige oder gar kostenlose Taschenrechner gibt die einem diese Aufgabe abnehmen - geht es trotzdem nicht ohne rechnen. Es vergeht kein Tag wo es nicht in der einen oder anderen Situation darum geht, etwas aus- oder nachzurechnen.

Im heutigen Predigttext stellen ebenfalls einige Männer ihre Rechenkünste unter Beweis.

- Text lesen: Lukas 9, 10 - 17

Auch wir können rechnen, und da meine ich nicht nur das Rechnen in der Schule oder wenn es um finanzielle Dinge geht. Sondern auch in der Gemeinde, wenn es um das Reich Gottes geht, können wir rechnen und kalkulieren. Und hier denke ich jetzt nicht so sehr an Finanzausschüsse in Gemeinden und christlichen Werken die darüber wachen, dass Gemeinde einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können und finanztechnisch nichts aus dem Ruder läuft.

Auch an anderer Stelle können wir rechnen: Wir wissen genau wieviel Gruppen wir haben und wie viel Menschen in den Gottesdienst kommen. Wir wissen um das Defizit an Mitarbeitern und können uns ausrechnen, was geschieht, wenn wir nichts dagegen unternehmen. Wir kalkulieren und überlegen was wir tun müssen, damit mehr Menschen in unsere Gruppen und Gottesdienste kommen.

Dieses Wunder von dem hier berichtet wird, ist nicht um der Menschen willen geschehen, die zu Jesus und seinen Jüngern gekommen waren. Im Blick auf deren Gesundheit und Wohlergehen war es nicht zwingend nötig, dass sie in diesem Augenblick etwas zu essen bekommen haben. Jesus hätte sie durchaus auch wegschicken können, damit sie sich in den umliegenden Dörfern eine Herberge und etwas zu essen hätten suchen können. Und so liegt der Schwerpunkt dieses Wunders nicht auf der Vermehrung der fünf Brote und zwei Fische und auch nicht darauf, dass die Menschen nicht zu den umliegenden Imbissbuden gehen und dort ihren Hunger und Durst stillen mussten

Jesus hat dieses Wunder für seine Jünger getan, damals wie heute. Es war quasi eine kleine Lehrstunde, in der er ihrer Arithmetik und ihren Rechenkünsten etwas entgegengehalten hat, eine Lehrstunde, von der auch wir heute etwas lernen können.

Denn rechnen können wir auch, aber rechnen wir auch mit Jesus? Drei Beobachtungen nehme ich aus dieser Geschichte, die übrigens in allen Evangelien berichtet wird, mit:

  • Wir sind umgeben von hungrigen Menschen
  • Wir haben als Gemeinde einen Auftrag
  • Wir sollen mit Jesus rechnen
  • 1. Wir sind umgeben von hungrigen Menschen

    Ich liege sicherlich nicht falsch wenn ich sage, daß wohl die wenigsten von uns schon einmal in der Situation waren wie Jesus und seine Jünger. In unserer früheren Gemeinde gab es einmal im Monat ein Gemeindemittagessen das reihum von einer anderen Gruppe vorbereitet und organisiert wurde, und da kam es hin und wieder schon einmal vor, dass dem einen oder anderen schon etwas mulmig wurde, wenn sich der Saal im Gemeindehaus zusehends gefüllt hat und sich die Sorge breit machte, ob das Gekochte wohl für alle reichen wird. Diese Situationen konnten aber meist mit dem bewährten Rezept der Großmutter entschärft werden: "Fünf sind geladen, zehn sind gekommen, gieß Wasser zur Suppe, heiß alle willkommen!"

    Die Menschen die in unserer Geschichte zu Jesus und seinen Jüngern gekommen sind, hatten nicht nur leiblichen Hunger, wenn überhaupt. Sie sind zu ihm gekommen, weil sie einen Mangel an geistlicher oder seelischer Nahrung hatten. Vielleicht fühlten sie eine Leere in ihrem Leben, stellten sich die Frage nach dem Sinn ihres Lebens, woher komme ich und weit mehr, wohin gehe ich. Es setzte sich die Erkenntnis durch, dass Job und Karriere nicht alles waren. Es war der Hunger der Seele nach wahrem Leben, nach wahrem Frieden und wahrer Liebe, der sie zu ihm hinzog. Sie spürten, dort bei Jesus wird dieser Hunger, wird dieses Verlangen gestillt. Dort bekomme ich die Nahrung die ich für mein Leben brauche. Denn das Leben ist mehr als Speise und der Leib mehr als Kleidung (Mt 6, 25).

    Auch in unseren Tagen gibt es diesen Hunger. Was im Gegensatz zu früher vielleicht anders ist, sind die Möglichkeiten die wir heute haben, dieses Bedürfnis zu verdrängen. Dafür gibt es viele verschiedene Methoden und Möglichkeiten. Und dennoch, auch wenn es uns gelingen mag, dieses Bedürfnis zu verdrängen, früher oder später wird es sich wieder bemerkbar machen, wenn es nicht nachhaltig gestillt wird. Wir können es nicht auf Dauer verdrängen. Und möglicherweise sind es gerade die Zeiten materiellen Wohlergehens, wo uns dieses Bedürfnis besonders deutlich wird. Und vieles, was in unseren Tagen an Sorgen und Nöten offenbar wird zeigt, dass wir umgeben sind von hungrigen Menschen. Von Menschen die sich danach sehnen, daß dieses Bedürfnis, diese Sehnsucht gestillt wird.

    An vielen Stellen in den Evangelien spricht Jesus von sich als dem Brot und dem Wasser des Lebens. Er hat dabei sicherlich nicht die leiblichen Bedürfnisse der Menschen vor Augen. Wenn er davon spricht, dann denkt er an eben diesen Hunger und Durst der Seele, und den kann nur Jesus nachhaltig stillen. Dazu ist er in die Welt gekommen und jeder ist eingeladen, zu ihm, zu Jesus zu kommen und sich diesen Hunger stillen zu lassen.

    All dies stand den Jüngern, die sicherlich noch von ihren Erfahrungen von ihrem Missionseinsatz geprägt waren, nicht vor Augen. Obwohl sie erstaunliches erlebt hatten kamen sie nun zu Jesus und präsentierten ihm ihre Rechnung: fünf Brote und zwei Fische reichen nicht für 5000 Menschen, also schicken wir sie in die umliegenden Dörfer, damit sie sich dort etwas zu Essen kaufen können.

    In seiner Antwort macht Jesus sie und uns auf einen wichtigen Aspekt aufmerksam, und hier bin ich beim zweiten:

    2. Wir haben als Gemeinde einen Auftrag

    "Gebt ihr ihnen zu essen!" So schlicht und ergreifend lautet die Aufforderung Jesu an seine Jünger, als sie mit dem Problem der hungrigen Menschen zu ihm kommen. Er läßt sich von ihren Sorgen und Plänen, die Leute nach Hause zu schicken, nicht anstecken oder beeindrucken oder von ihren Rechenkünsten beeindrucken. Aber er nimmt sich auch ihrer Sorge an. Sicherlich hatten sie recht und ihre Rechenkünste belegten ja auch unmißverständlich, daß man mit fünf Broten und zwei Fischen keine fünftausend Menschen satt kriegen kann. Das würde nicht einmal für einen kleinen Dipp reichen. Das war auch Jesus klar. Aber im Gegensatz zu seinen Jüngern war für ihn das Ergebnis ihrer Rechenoperation nicht der Weisheit letzter Schluss. Was also will Jesus mit seiner Aufforderung an die Jünger zum Ausdruck bringen?

    Ihr seid nicht meine Jünger, steht nicht in meiner Nachfolge um die Menschen mit ihren Bedürfnissen, wenn sie zu mir oder auch zu uns kommen, wieder nach Hause zu schicken. In diesem Sinn hat diese Geschichte ihre Bedeutung bis heute. Wenn es auch nicht die Massen sein werden, aber wir werden immer wieder Menschen begegnen, die mit ihren Bedürfnissen und ihrer Sehnsucht nach wahrem Leben zu Jesus und auch zu uns kommen werden. Und dann sind wir gefragt und gefordert, ihnen das zu geben, was wir anzubieten haben.

    Was die Jünger in dieser Situation noch nicht verinnerlicht hatten, ist ihnen später in Fleisch und Blut übergegangen. Sie sind in die Welt gesandt, um den Menschen das zu geben, was ihnen von Jesus anvertraut wurde: lebendiges Brot und lebendiges Wasser, durch das wahres Leben erst möglich wird. So zum Beispiel Petrus als er dem Lahmen vor dem Tempel begegnet und zu ihm sagt: "Gold und Silber habe ich nicht, was ich aber habe gebe ich dir: stehe auf und geh!"(Apg 3,6). An dieser Stelle möchte ich noch auf ein weiteres hinweisen, was mir in jener Begegnung mit dem Lahmen vor dem Tempel aufgefallen ist: nicht immer entspricht das, was wir zu bieten haben den Wünschen und Vorstellungen der Menschen, die zu uns kommen. Aber was wir zu bieten haben, und auch das wird in dieser Geschichte vom Lahmen deutlich, wird das Leben verändern - grundsätzlich und nachhaltig.

    Kommen wir zurück zum See Genezareth. Ich stelle mir die verduzten Gesichter der Jünger vor als sie Jesu Antwort hörten. Was mag ihnen wohl in diesem Moment durch den Kopf gegangen sein? Ungläubig starren sie in den Korb mit den Broten und Fischen und wenden ihren Blick auf die Massen um sie herum. Vielleicht ist es Petrus der als erster in den Korb greift und sich mit einem Stück Brot auf den Weg macht. Und sein Erstaunen wird noch größer geworden sein, als er beim 103 merkt, dass er immer noch Brot in den Händen hat. Und auf einmal geht ihm etwas auf:

    3. Wir sollen mit Jesus (und seinen Möglichkeiten) rechnen

    Und dies ist das Dritte was ich aus dieser Geschichte mitnehme: immer wieder mit den Möglichkeiten zu rechnen, die Jesus bereit hält. "Aber auf dein Wort hin wollen wir ...". So haben die Jünger später oft gehandelt und viele Nachfolger Jesu nach ihnen, bis in unsere Tage. Sie haben gelernt sich nicht allein auf ihre Rechenergebnisse und Kalkulationen verlassen - die gewiss in manchen Situationen richtig und auch hilfreich sind - sondern haben auch gelernt, immer wieder nach Jesus und seinen Möglichkeiten zu fragen.

    So macht dieser Bericht deutlich, dass es auch nach überwältigenden Erfahrungen darauf ankommt, die Nähe zu Jesus zu suchen. Er wird nicht müde sich immer wieder unsere Kalkulationen anzuhören. Er weist seine Jünger nicht ab, wenn sie mit ihren Ergebnissen und Plänen zu ihm kommen und schilt sie wegen ihrer Bedenken. Er hat ein offenes Ohr für sie aber er hat auch Großes mit ihnen vor. Es fasziniert mich immer wieder, wenn ich mir vor Augen führe, was aus diesen anfänglich so ängstlichen und zurückhaltenden Männern geworden ist und was sie bewegt haben. Sie haben es gelernt, sich auf Jesus einzulassen, mit seinen Möglichkeiten zu rechnen und haben so die Welt verändert.

    Aus dieser Geschichte von der Speisung dieser fünftausend Menschen lerne ich, daß ich mit meinen Möglichkeiten und meinen Grenzen nicht alleine bin. Das möchte ich aus diesem Bericht lernen. Jesus gibt sich er ist das Brot des Lebens und mit und durch ihn kommen ganz neue Möglichkeiten in mein und unser Leben hinein. Mit ihm kommt Kraft ins Leben und Sinn und Zukunft - für uns und alle die davon wollen. Von seiner Kraft dürfen und können wir täglich nehmen - Gnade um Gnade.

    Schluss

    Wir wissen oft um unsere begrenzten Möglichkeiten und Mittel. Das können wir uns an einer Hand abzählen. Das soll auch keine Schande sein, wenn man, wenn ich um meine Grenzen weiß und mir diese eingestehe. Im Blick auf das Reich Gottes jedoch soll und kann dies nicht das Letzte sein.

    Die Erkenntnis und das Wissen um unsere Grenzen soll uns immer wieder zu Jesus führen. Zu ihm sollen wir kommen, den Blick auf ihn richten und mit seinen Möglichkeiten rechnen lernen. Und ich versichere ihnen, wenn wir uns auf Jesus einlassen werden wir nicht enttäuscht werden, sondern wird er unseren Mangel ausfüllen nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit (Phil 4,19). Er wird uns von seiner Fülle geben und von der können wir dann an andere weitergeben.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Altenheimstraße 23
    89522 Heidenheim/Brenz
    07321/910915
    eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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