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Predigt über Markus 10, 17 - 27

am 23.10.2011
Palmsonntag

Ort:
Ötlingen


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Kennen sie Kermit, Kermit den Frosch aus der Sesamstraße? Die Sesamstraße ist eine Kindersendung ähnlich der Sendung mit der Maus. Neben eben genannten Frosch-Puppenfigur Kermit ist ein Lied für die Sendung charakteristisch: „Der die das; wer wie was; wieso, weshalb warum, wer nicht fragt bleibt dumm? Tausend tolle Sachen, die gibt es überall zu seh’n, manchmal muss man fragen um sich zu versteh‘n.“ Ziel dieser Kindersendung ist es, Wissen zu vermitteln in dem komplexe Sachverhalte kindgerecht dargestellt und so verständlich gemacht werden, auch für Erwachsene. Um Dingen auf den Grund zu gehen, Sachverhalte zu verstehen, braucht es die neugierige oder auch kritische Frage. Das wird mit dem vorhin zitierten Eingangslied zur Sendung verdeutlicht. Kinder (und auch Erwachsene) sollen angeregt werden, Fragen zu stellen denn nur wer fragt, gelangt zu Antworten und nur dem erschließen sich Zusammenhänge.

Vielleicht kennen sie das ja auch, dass man sich schämt, eine Frage zu stellen. Was denken denn die Anderen von mir? Was, wenn sie anfangen wegen meiner Frage zu lachen? Haben sie schon einmal über die Bedeutung von Fragen nachgedacht? Wir würden vermutlich heute noch in Bärenfell gewandet in Höhlen leben, wenn Menschen nicht an den richtigen Stellen die richtigen Fragen gestellt hätten.

Aber nicht nur bezüglich der Menschheitsgeschichte sind die richtigen Fragen bedeutsam sondern auch für unser persönliches Leben:

- Text lesen: Mk 10, 17 – 27 -

Haben sie die Szene noch vor Augen? Da kommt einer angerannt und steht außer Atem vor Jesus, ringt nach Luft und presst wahrscheinlich die Worte nur mühsam heraus: „Was soll ich tun, damit ich ewiges Leben erbe?“ Da kommt einer mit dieser für ihn lebenswichtigen Frage, nein er kommt nicht, er kommt angerannt. Einer, von dem wir einiges in diesem Bericht erfahren: er war reich, hatte viele Güter, war jung (Mt), saß in wichtigen Gremien und hatte Einfluss (Lk). Also einer, der es in seinem Leben zu etwas gebracht hat. Und zu alledem war er auch noch fromm. In seinem Leben spielte Gott und dessen Gebote durchaus eine Rolle.

Und weil ihm das so wichtig war ist es ihm vermutlich auch gleichgültig, was die Leute von ihm und seinem Verhalten denken. Denn es war sicherlich auch damals schon ungewöhnlich, wie er auf Jesus zugerannt ist. Dieser Mann will jetzt eine Antwort auf die Frage, die ihn umtreibt, die ihm schlaflose Nächte bereitet, ihn in Unruhe versetzt hat und in Unruhe hält.

Obwohl er alles von dem hat was wir uns vielfach wünschen – Geld, Einfluss Wohlergehen – hatte er eine Unruhe die ihn umtrieb. Und als sich ihm eine Gelegenheit bot diese Unruhe zu stillen, ergriff er sie. Er hörte, dass Jesus in der Stadt war und so machte er sich auf den Weg zu ihm. Nein, er macht sich nicht nur auf den Weg zu Jesus, er rennt zu ihm! Er hält es nicht mehr aus endlich eine Antwort auf seine drängendste Frage zu bekommen.

Aus der Begegnung dieses Mannes mit Jesus ergeben sich für mich folgende Fragen:

  • Stellen wir die richtigen Fragen?
  • Stellen wir die Fragen richtig?
  • Stellen wir uns der Vertrauensfrage?!
  • 1. Stellen wir die richtigen Fragen?

    „Was muss ich tun, um das ewige Leben zu ererben?“ Wann haben wir uns, sie und ich diese Frage das letzte mal gestellt? Ist es überhaupt noch eine Frage in unserem, in ihrem und meinem Leben, in unserer Gesellschaft? Was muss, was will ich tun, um Gott zu gefallen? Sind wir uns zwischenzeitlich unserer Sache so sicher, dass wir diese Frage nicht mehr für nötig erachten? Oder ist uns die Sache mit dem ewigen Leben eh egal?

    Statt die Frage zu beantworten, stellt Jesus eine Gegenfrage: „Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als nur einer, Gott.“ Und dann weist Jesus den jungen Mann auf die in der Lesung (2Mos 20, 1-17) gehörten Gebote hin. Jesus setzt voraus, dass diese ihm bekannt sind. Und jetzt kommt das Überraschende: „All das habe ich gehalten von Jugend auf.“ Wow! Was für eine Antwort – echt cool der Typ, würden jetzt meine Töchter sagen. Aber die Überraschungen sind noch nicht zu Ende. Jesus stellt die Antwort dieses Mannes nicht in Frage! Er nimmt diesem Mann ab, dass er es ernst meint und ernst nimmt mit seiner Antwort, dass ihm diese Dinge in seinem Leben wichtig waren und sind. Dass diese Gebote sein Leben und seine Handlungen geprägt und bestimmt haben. Ich stelle mir zaghaft vor was dies in unseren Tagen bedeuten würde. Was, wenn Manager, Politiker und wir selbst, dies auch so sagen könnten? Müssten wir dann auch noch von einer Schulden- und Finanzkrise sprechen? Wie sähe unsere Gesellschaft auf Grundlage dieser Frage aus? Was würde sich verändern, wenn wir damit ernst machen würden?

    Ich staune über diese Antwort, über diesen Menschen und wäre vermutlich froh, wenigstens einen Bruchteil von dem in meinem Leben umzusetzen. Hätte an dem Wenigen Genüge. Nicht so dieser Mann. Obwohl er nahezu alles hat und sogar in einer Gottesbeziehung steht, verspürt er eine Sehnsucht nach mehr. Irgendetwas fehlt ihm noch. Und das will er jetzt geklärt haben.

    Die Reaktion Jesu auf die Aussage dieses Mannes macht deutlich, dass er zwar die richtige Frage gestellt, aber es auch um das zweite geht:

    2. Stellen wir die Fragen richtig?

    „Was muss ICH TUN, damit ICH das ewige Leben BEKOMME?“ Dieser Mann ist gefangen im denken von Leistung und Gegenleistung. Wenn ich Gutes tue, dann muss ich doch auch Gutes bekommen, dann muss doch mein Leben gelingen. Hand aufs Herz: Sind das nicht auch unsere Überlegungen, unsere Erwartungen im Blick auf Gott?

    Im Anschluss an die Verse des heutigen Predigttextes stellt Petrus genau diese Frage: „Wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Was wird uns werden, was haben wir davon?“ (Mt 19,27). Hier kommen wir zu einer der spannendsten aber auch schwierigsten Fragen, die Christen umtreibt. Die Frage nach Glück und Wohlergehen. Was suchen wir für unser Leben, für sie und mich ganz persönlich: Wohlergehen oder „Glückseligkeit“ und Gott. Ist es wirklich so, dass ein Leben in der Gemeinschaft mit Gott in dieser Welt zwangsläufig problemlos und ohne Krisen (Krankheit, Arbeitslosigkeit u.v.a.m.) verläuft? Wie bekommen wir diesen Spagat hin zwischen göttlichen Verheißungen (ich erinnere an das vorhin in Psalm 1 - den Gottesfürchtigen gerät alles wohl - gehörte) und unseren alltäglichen Erfahrungen? Was meinen sie?

    Der Mann in unserem Bericht hat die richtige Frage gestellt, aber: er hat sie falsch gestellt. Er ist zu sehr auf sich fixiert, stellt sich und sein Tun, sein Leistungsvermögen in den Mittelpunkt und macht es zum Dreh- und Angelpunkt der Antwort seiner Frage. Um dies ans Licht zu bringen, fordert Jesus ihn heraus: „Geh hin, verkaufe alles, gib‘s den Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben und komm folge mir nach!“ Das ist der Anspruch der an uns in unserer Nachfolge gestellt wird. Jetzt können wir diese Aufforderung wörtlich nehmen, und alles verkaufen was wir haben und beispielsweise einen kommunitären Lebensstil wählen. Das ist durchaus legitim und seit den Anfängen des Christentums in vielerlei Orden und Kommunitäten praktiziert. Wer aber daraus einen allgemeingültigen Anspruch ableiten will, der irrt. Die Bedingung oder Konsequenz für Nachfolge oder gar ewiges Leben ist nicht Armut!

    Dies wird aus der eben genannten Reaktion der Jünger, insbesondere des Petrus deutlich, die sich über die Aussage Jesu, dass ein Reicher nicht ins Reich Gottes gelangen kann, entsetzen. Sie fühlen sich angesprochen obwohl sie doch alles verkauft und sogar ihre Familien verlassen hatten. Was ist dann mit „den Gütern“ gemeint?

    Wir alle hier, so wie wir heute morgen zusammen sind, haben Güter, mehr oder weniger, wertvolle und weniger wertvolle, aber doch Dinge, an denen unser Herz hängt. Dinge, materielle oder auch ideelle, Menschen, ehrenamtlicher Einsatz, Hobbys u.v.m., die uns viel bedeuten, die uns wichtig sind, die wir nicht auf- und hergeben wollen. Um diese „Güter“, um diese „Herzanhänger“ geht es Jesus. Auf die sollen wir achten und gegebenenfalls aufgeben um frei zu sein für Gott. Aber bedenken wir: diese Übertragung macht es nicht einfacher sondern nimmt uns alle umso mehr in die Verantwortung.

    Der junge Mann wäre vermutlich bereit gewesen, noch einmal einiges zu investieren und einzuschätzen. Aber bei allem Einsatz wäre er weiterhin auf sich fixiert gewesen, hätte sich sein Fragen weiterhin um sein ich gedreht:

    3. Stellen wir uns der Vertrauensfrage ?!

    Dass es dem jungen Mann ernst war, zeigt sich daran, dass er nicht locker lässt. die Antwort klingt unerhört in unseren Ohren. Wie kann er es wagen, so etwas von sich zu behaupten: „All dies habe ich gehalten von Jugend an.“ Das ist doch unmöglich. Aber Jesus sah diesen Menschen an und gewann ihn lieb. Jesus begegnet ihm mit jener göttlichen Liebe die den Menschen, uns, sie und mich seit Anfang an bedingungslos annimmt. Mit dieser Forderung - Verkaufe alles was du hast und gib den Erlös den Armen –stellt Jesus keine Bedingung. Mit dieser Forderung hat Jesus letztlich ein Ziel: Er will dem jungen Mann einzig zeigen, wie die Antwort auf seine Frage lautet. Allein aus menschlicher Leistung und Anstrengung ist es nicht möglich „selig zu werden“, das ewige Leben zu erlangen. Das kann allein Gott schaffen und letztlich schenken.

    Jesus macht deutlich, dass es nicht darum geht, die letzte Stufe einer vermeintlichen Vollkommenheitsleiter zu erklimmen, sondern sich, mich zu fragen, an wen binde ich mich? Worin suche und finde ich halt in meinem Leben? So ist der Verkauf der Güter nicht Bedingung sondern Konsequenz aus der Nachfolge, aus der Bindung an und dem Vertrauen auf Gott. Es geht darum Gott zu vertrauen, dass er uns in seinen Händen hält und er uns durch das Leben und den Tod trägt, hinein in sein ewiges Reich.

    Schluss

    Unser Bericht findet kein Happy End. Entsetzt über das, was er von Jesus auf seine Frage zur Antwort bekommen hat, geht er weg und Jesus lässt ihn gehen, hält ihn nicht zurück, sucht keinen Kompromiss. Aber auch die engsten Anhänger Jesu, seine Jünger sind entsetzt. Mit dieser Antwort, mit dieser Radikalität haben sie nicht gerechnet.

    Jesus macht in dieser Begegnung und Gespräch mit dem Mann deutlich, dass er nichts von ihm geleistet haben will, er will ihn ganz persönlich. Die Vertrauensfrage Jesu lautet: Was steht deiner uneingeschränkten Nachfolge, deinem uneingeschränkten Ja zu mir im Weg? Und so will Jesus auch uns, sie und mich, dass wir uns ihm ganz anvertrauen. Dass wir unser Leben, mit allem was dazu gehört in seine durchbohrten Hände legen.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de
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