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Predigt über Markus 2, 18-22

am 14.01.2001
2. Sonntag nach Epiphanias

Ort: Staufen und Münstertal


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Der Jahreswechsel liegt schon einige Zeit hinter uns. Diese Übergange von einem Jahr zum anderen, sei es nun am Jahresende oder beim Geburtstag führen uns einerseits vor Augen, daß die Zeit vergeht, wir älter werden und die Uhr unseres Lebens abläuft, aber sie konfrontieren uns auch immer wieder mit der Frage, was das neue, noch unverbrauchte und unbekannte für uns bringen wird. Was wird in einem neuen Jahr alles geschehen und wie werde ich davon betroffen sein. Letztlich geht es um die Frage der Veränderungen, die auf uns zukommen werden.

Veränderungen gehören zu unserem Leben, ob wir es wollen oder nicht, werden wir damit konfrontiert. Da scheidet jemand aus einem Team aus, Bsp. Kindergarten, und nun heißt es für beide Seiten, mit dieser Veränderung umzugehen. Derjenige, der weggeht muß sich, wenn er denn die Stelle wechselt, auf einen neuen Arbeitsplatz einlassen, diejenigen die bleiben, auf eine neue Kollegin oder einen neuen Kollegen. Und hier beginnt nun das Spannende. Man muß sich menschlich und fachlich zueinander finden und sich aufeinander einlassen. So birgt jede Veränderung Chancen und Risiken und niemand weiß im voraus, wie es Enden wird. Und je vertrauter eine Sache, ein Mensch war, um so schwieriger und gravierender die Veränderung.

Wie hat es eine Mitarbeiterin einmal formuliert als die neue EDV-Anlage eingeführt wurde: "Ich habe bereits drei Geschäftsführer und zwei Kopierer überlebt!" Die Aussage hinter dieser kleinen Anekdote ist doch folgende: Veränderungen werden kommen, ob das nun neue Chefs oder neue Technologien sind ist gleich, die Frage ist, wer den längeren Atem hat. Aber auch dies steckt in dieser Aussage: wie ich auf Neues zugehe, lasse ich mich auf Veränderungen ein oder blockiere ich von Anfang an?

Im heutigen Predigttext geht es ebenfalls um die Frage, wie man sich auf Veränderungen einlassen kann, was dabei zu beachten ist:

- Text lesen: Markus 2, 18-22 -

Es gibt mehrere Möglichkeiten, mit Veränderungen, neuen Situationen umzugehen: ich kann mich ihnen von vorne herein verschließen und allein dem alten, vertrauten anhangen. Ich kann aber auch dem bisherigen radikal den Rücken kehren und nur auf das neue setzen. Oder ich wage eine Zusammenfügung von beidem. Für welchen Weg wir uns entscheiden hängt einmal von der jeweiligen Situation ab und vor allem davon, ob und wie wir sie bewerten. Was ist dran, worauf setze ich?

In der Geschichte aus dem Markusevangelium geht es darum, daß Jesus und seine Jünger mit einer bestehenden religiösen Tradition gebrochen haben. Sie haben sich anders verhalten als man es erwartet hat und wie es damals üblich war.

1. Die Frage: - "Warum fasten deine Jünger nicht?"

Die Frage war durchaus berechtigt, denn in der damaligen Zeit gehörte es zum religiösen Leben und war es guter Brauch, zu fasten. In vielen Religionen ist das Fasten bis heute fester Bestandteil im Lebens der Gläubigen, beispielsweise im Islam oder auch in der katholischen Kirche. Und wenn wir an dieser Stelle von fasten reden, dann ist mir wichtig, daß wir fasten nicht im Sinne der Pfundskur zur Gewichtsreduktion oder zur Körperentschlackung verstehen. Sondern es geht um das Fasten als "geistliche Übung".

Auch den Pharisäern und den Johannesjüngern war die Praxis des fastens wichtig. Das "geistliche" fasten beinhaltet verschiedene Aspekte. Einmal geht es darum den Ernst der eigenen Buße oder Trauer zu unterstreichen (z. Bsp. 2. Sam 12,16). Der zweite Aspekt geht in eine ganz andere Richtung. Hier soll das Fasten dazu helfen, für die Offenbarungen, das Reden Gottes empfänglich zu werden, indem ich mich von unnötigen Dingen frei mache. Dies wurde sowohl von Johannes dem Täufer als auch von Jesus oder auch Paulus (Apg 13,2f) so praktiziert. Jesus ging 40 Tage in die Wüste um zu fasten und zu beten. Dies unterstreicht, daß Jesus nicht grundsätzlich gegen das fasten war!

Kritisch wird es allerdings dann, wenn das fasten zu einer bloßen religiösen Übung verkommt, ohne daß es Auswirkungen auf mein Leben hat. Das ist dann wie beim Schlankheitsfasten, das nichts nützt, wenn es keine Auswirkungen auf unser Leben hat und dort zu einer Veränderung der Eß- und Lebensgewohnheiten führt.

Jesus hat also nicht kategorisch mit dem alten gebrochen sondern hat sehr genau unterschieden, wann was dran ist. Er hat das Fasten nicht grundsätzlich abgelehnt sondern im Zusammenhang einer veränderten Situation gesehen und sich daran angepaßt.

2. Die Antwort - weil jetzt nicht die Zeit dafür ist

Mit dem Kommen Jesu war es nicht mehr erforderlich, durch fasten der Gottesferne und des noch ausstehenden Gottesreiches Ausdruck zu geben. Fasten war nicht mehr verdienstvoll, wie es von einigen damaligen Zeitgenossen noch so gesehen wurde, eine Leistung, mit der man etwas erreichen wollte.

Mit Jesus war und ist Gottes Reich angebrochen, jetzt war die Zeit der Freude, Gott ist zu uns Menschen gekommen. Jesus war da, man konnte mit ihm reden und diskutieren, konnte ihn fragen, mit ihm lachen und weinen. Für die Jünger war es jetzt einfach nicht dran, zu fasten und mit trüber Miene durch die Welt zu laufen. Sie hatten allen Grund, sich zu freuen und fröhlich zu sein. Es galt, diese Zeit zu nutzen und auszukosten, aufzutanken für das Kommende. Eine neue Zeit war angebrochen und für die galten andere Verhaltensweisen.

Nach der Himmelfahrt Jesu änderte sich dies wieder. Die Schar der ersten Christen war jetzt alleine. Sie stand zwischen angebrochenem Gottesreich und "Es ist noch nicht erschienen was wir sein werden"! (Kol 3,3). Und in dieser Situation galt es neue Formen geistlichen Lebens zu finden, auch für das Fasten. Und sicherlich können und sollen auch wir uns Fragen, wo das Fasten seinen Platz in unserem geistlichen Leben haben könnte.

Mit den zwei Beispielen von dem Hochzeitsfest und dem Wein macht Jesus deutlich, worauf es ankommt. Wir sollen lernen, Situationen zu bewerten und entsprechende Konsequenzen ableiten. Nicht blind irgendwelchen Traditionen und Gebräuchen folgen, aber sie auch nicht einfach achtlos über Bord werfen. Am Beispiel mit dem Wein und den Schläuchen werden wir aufgefordert zu fragen, was zusammengehört. Und daraus dann entsprechende Konsequenzen ziehen. Im Blick auf das Fasten, geistliche, könnte es heißen: wo und wie hätte es seinen Platz in unserem Leben oder auch im Leben der Gemeinde.

3. Die Wegweisung

Ich möchte an dieser Stelle das Thema Fasten verlassen und nochmals das Bild vom Wein und den Schläuchen vertiefen. Denn die Aussage die darin zu finden ist, können wir auch auf andere Situationen und Themen übertragen.

Es geht in diesem Bild nicht um die Gegensätze von alt und neu in dem Sinn, daß das eine besser als das andere ist, das ist nicht das Thema. Es geht auch nicht um das gegeneinander von Alt und Jung und um deren Bewertung. Jesus will uns mit seinem Bild vom Wein und den Schläuchen aufzeigen und klar machen darauf Acht zu haben und zu erkennen, worauf es ankommt und was zusammengehört.

In alte Schläuche gehört eben alter Wein, der nicht mehr arbeitet und sich damit nicht ausdehnen kann und die Schläuche zum platzen bringen könnte - zusammenbringen was zusammengehört. Auch eine Kirche oder Gemeinde steht immer in diesem Spannungsfeld. Was paßt in unsere Situation, was ist dran für uns und was ist dafür das angemessene "Gefäß"?

Wobei es nicht so sein kann, daß man das neue, um bei dem Bild zu bleiben, kategorisch ablehnt und stur am alten festhält. Wenn man neuen Wein haben und aufbewahren will, dann muß man ihn eben in die Gefäße füllen, die dafür geeignet sind. Bezogen auf die Gemeinde, vielleicht auch auf unsere Situation bedeutet dies, daß wir die Ziele/Bedürfnisse erkennen und entsprechend handeln, Räume, Gelegenheiten schaffen um diesen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. "Wer das Ziel will, muß auch den Weg wollen." Wenn ich weiß was ich will oder was ich habe, dann muß ich das passende Stück dazu nehmen, gegebenenfalls überlegen, wie ich es bekomme.

Wir, als einzelne oder als Gemeinde werden uns immer in diesem Spannungsfeld zwischen alten, vertrautem und neuem, unbekanntem bewegen. Und in einer Gemeinde wird es immer einerseits die Traditionalisten geben, die sich nur schwer vom alten Trennen können und auf der anderen Seite die Trendsetter, die gierig alles neue aufnehmen und umsetzen wollen. Die Frage wird daher sein, was wollen wir und was können wir - sind wir auch bereit, uns für neues, unbekanntes einzusetzen und dafür neue Schläuche zu schaffen? Was wollen wir zulassen an Frömmigkeitsstilen und -ausprägungen, an Gottesdienstformen und -gestaltungen? Es gilt zu klären und zu prüfen, was wir haben wollen und sich darauf vorzubereiten und möglicherweise neue Wege zu gehen. Oder hindert uns die Angst vor dem Neuen und Unbekannten daran, neue Wege zu gehen? Und ich gebe zu bedenken, daß jeder Weg, jede Form einmal neu war und nicht von Anfang an alt!!!

Gemeindesituation: Jugendarbeit - können wir Jugendarbeit machen (außer Konfi's)? Jugendmitarbeiter haben wir derzeit nicht - aber Mitarbeiter für die Erwachsenen- und/oder Familienarbeit - d.h. es ist am einfachsten, jetzt das zu tun was möglich ist - den neuen Wein in die neuen Schläuche zu füllen, um im Bild zu bleiben: der neue Wein wären die Mitarbeiter die aktuell da und verfügbar sind, mit ihren Fähigkeiten und Gaben, vielleicht auch das Gemeindepotential - die Schläuche wären dann die Form der Gemeindearbeit. -> hier geht es um "organisatorische" Dinge; das ganze kann aber auch auf die inhaltliche Ausrichtung und Prägung der Gemeindearbeit bezogen werden.

Kindergarten: neue Zusammensetzung des Teams - da war es vielleicht eher so, daß der Mangel, Weggang von Mitarbeitern die Notwendigkeit geschaffen hat, nach neuen Kolleginnen "Ausschau" zu halten; aber ich denke, so etwas geschieht ja nicht plan- und ziellos - bei der Auswahl von Bewerberinnen wurde darauf geachtet

Schluß

Von dem Physiker und Schriftsteller Georg Christoph Lichtenberg stammt das Zitat "Ob es besser wird, wenn es anders wird, weiß ich nicht. Das es aber anders werden muß damit es besser wird, das weiß ich." Wir stehen im Spannungsfeld zwischen alt und neu, zwischen bekanntem und unbekanntem. Davon werden wir nicht befreit, das ist auch nicht das Thema. Die Frage ist, wie gehen wir mit anstehenden Veränderungen, mit neuen Situationen um.

Wir als einzelne oder als Gemeinde zum Beispiel beim Thema Fasten, oder das Kindergarten Team mit Neubesetzungen.

In seinem Bild von Wein in den unterschiedlichsten Schläuchen hat Jesus uns den Weg gewiesen, wie wir damit, mit Veränderungen umgehen können und sollen.

Amen.

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Belchenring 20
D-79219 Staufen
07633/500781
eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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