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Predigt über Matthäus 11, 25 - 30

am 21.6.2020
2. Sonntag nach Trinitatis

Ort:
Betberg-Seefelden


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Paris 1795 – nein ich meine jetzt nicht den Frieden von Basel zwischen Preußen und Frankreich bei dem Frankreich weiterhin das linke Rheinufer zugesprochen bekam. Ich denke an einen Gastwirt in Paris, ein Bibelkenner. Auf seinem Wirtshausschild ließ er folgende lateinische Inschrift anbringen die am Ende lautet: „…et ego vos restaurabo“ – zu deutsch: „und ich will euch erquicken“.1 Damit war der Begriff „Restaurant“ geboren. Ein Ort der Ruhe, Erholung und Erquickung. Sie ahnen wie der ganze ‚Satz lautet? „Venite ad me2…“ ich lasse das mit dem Latein und sag es lieber auf Deutsch: Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. (Ruhe geben).“

Darin sah er seinen Auftrag, so wollte er sich selbst verstehen3: als einer, bei dem müde und belastete Menschen erquickt werden, freundlich empfangen, ihr Durst, ihr Hunger gestillt wird, sie Zeit haben zum Ausruhen um später gestärkt an Leib und Seele weiter ihren Weg zu gehen. Vielleicht schmunzeln wir darüber – aber mal ehrlich und Hand aus Herz: ist es nicht so? Genießen nicht auch wir wenn wir freundlich empfangen werden, wenn wir Gastfreundschaft erleben, an Leib und Seele zur Ruhe kommen und an Leib und Seele gestärkt werden in einem guten und gemütlichen Restaurant wo dieser Grundsatz auch heute noch gelebt und erfahren wird oder an besonderen Orten wir hier in Betberg im Haus der Stille oder auf dem Hohrodberg oder im Koster Lioba in Günterstal? Ist das nicht die Sehnsucht vieler gehetzter Menschen gerade in unseren Tagen? Und nicht wenige haben die Entschleunigung in Corona-Zeiten als entspannend und wohltuend erlebt.

Entschleunigung und Gastfreundschaft – ist dies das Thema unserer Perikope – ich lese:

- Text lesen: Mt 11, 15 – 30

Jesus knüpft zu Beginn der Perikope an die davor liegenden Verse des 11. Kapitels an. Dort erfahren wir etwas über sein, Jesu Selbstverständnis – ausgehend von der Frage Johannes des Täufers bis hin zu dem Wehruf über die unbußfertigen Städte an dem deutlich wird, dass die Stellung zu Jesus ganz entscheidend werden wird, wenn es um Buße, Umkehr und Eintritt in das Reich Gottes geht.

Es folgt ein Lobpreis Gottes durch den Sohn. Dieser Lobpreis hat einen allerdings für unsere Ohren und unser Verständnis merkwürdigen Inhalt: Ich preise dich, dass Du die Erkenntnis, dass ich der Heiland bin vor den Klugen und Weisen verborgen hast. Seltsam, wo Jesus doch will, dass allen Menschen geholfen wird und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.

Jesus macht damit deutlich, der Eintritt, die Erkenntnis des Reiches Gottes erlangt man nicht durch eigene Leistung – weder durch Werke noch durch gedankliche Leistung oder Fähigkeiten wie Intelligenz und Klugheit oder eine gute Bildung. Aber umgekehrt heißt das natürlich nicht, dass ein hoher Bildungsstand zwingend der Erkenntnis Gottes bzw. einem Leben in der Nachfolge Jesus entgegenstehen muss. Da ist ein Mann wie Paulus das beste Beispiel.

Betrachten wir den Vers im Detail an:

  • 1. Kommt …
  • 2. … her zu mir …
  • 3. … alle, die ihr mühselig und beladen seid …
  • 4. … ich will euch erquicken mit meinem Joch.
  • 1. Kommt …

    Was muss passieren, damit es zum „Kommen“ kommt? Es setzt voraus dass sich jemand, dass ich mich in Bewegung setze, nicht an dem Platz bleibe wo ich gerade bin sondern ich aufmache, um an einen anderen Ort zu gehen. Das heißt auch, ich muss mich verändern – vielleicht im einfachsten Fall, nur meinen Standort verlassen. Je nachdem wie diese Standortveränderung aussieht und was ich für ein Typ ich bin, fällt das unterschiedlich schwer. Da gibt es die Typen „standorttreu“ und diejenigen vom Typus „Weltenbummler“. Solche Veränderungen vollziehen sich , wenn die Entscheidung gefallen ist, meist relativ schnell.

    Komm – das heißt, ICH muss mich in Bewegung setzen und der letztliche Beweggrund kommt von mir: ich muss interessant, begehrenswert, lohnend finden, warum ich mich in Bewegung setzen soll. Das Neue, andere und vermeintlich bessere muss mir mehr bieten, damit ich das alte verlasse. Das ist ein Risiko! Da kann ich auch auf die Nase fallen oder eine Niete ziehen. Aber um das zu erfahren, muss ich mich für die Veränderung entscheiden und aufbrechen.

    Weitaus schwieriger wird es dann, wenn ich nicht nur meinen Standort wechseln soll sondern dann, wenn es darum geht, meine bisherigen Ansichten, Vorstellungen, Ideale zu verändern weil ich erkenne, so geht das (leider) nicht mehr. Veränderungen, Standortwechsel im Verhalten in der Meinung, Gesinnung, Lebenseinstellungen. Solche Veränderungen brauchen mehr Zeit, das geht meist nicht von heute auf morgen.

    Damit ich mich aufmache, muss ich dazu herausgefordert werden meinen bisherigen Standort oder –punkt aufzugeben und einen neuen Standpunkt(-ort) zu beziehen. Und ob ich mich in Bewegung setze hängt auch davon ab, wer mich herausfordert.

    Um zu gehen respektive zu kommen, muss ein zweites klar sein: Wohin soll ich kommen?

    2. … her zu mir …

    Eine gängige Aussage in unseren Tagen ist: „Der Weg ist das Ziel.“ Diese Aussage halte ich für völligen Unsinn! Dahinter versteckten sich meiner Ansicht nach Menschen, die sich scheuen eine Entscheidung zu treffen aus lauter Angst, dass sich diese im nachhinein als Falsch herausstellt. Fußnote: Entscheidungen sind in sich nie falsch oder richtig – es sind einfach Entscheidungen, die in einem bestimmten Moment getroffen werden. Wir entscheiden uns für etwas – ob es vermeintlich falsch oder richtig ist, hängt danach von vielen Faktoren ab, auch vom Faktor Zeit. Ende der Fußnote.

    Wenn ich mich aufmache, dann sollte ich prinzipiell wissen wohin ich gehe, ansonsten wandere ich ziellos umher! Die Aufforderung aufzubrechen, den ideellen oder tatsächlichen Standpunkt aufzugeben ist davon bestimmt, dass sie mit einer Zielbestimmung versehen ist: Kommt her zu mir! Zu MIR – zu Jesus dem menschgewordenen Gottessohn der durch seinen Tod und Auferstehung zu unserem, zu ihrem und meinem persönlichen Heiland wurde (Apg 4,12). Her zu dem, der eine neue Basis für eine Gottesbeziehung geschaffen hat. Dahin sollen wir uns aufmachen. Damals ganz real: Komm und folge mir nach! Lass dein Schiff und deine Netze zurück und folge mir nach. Mache dich auf in ein neues Leben, mit neuen ideellen und geistlichen Schwerpunkten und Inhalten.

    Aber warum sollen wir zu Jesus kommen? Die Einleitungsverse unserer Predigtperikope liefern den Höhepunkt dessen, was im gesamten bisherigen Kapitel 11 von Jesus Thema war – vom Selbstverständnis Jesus, seine besondere Stellung und die Auswirkungen meines persönlichen Verhältnisses zu IHM die Rede. Diese Selbstverständnis gipfelt in den Eingangsversen unserer Predigtperikope. ER und der Vater, Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde sind eins und ALLES ist Jesus vom Vater übergeben. ER hat die absolute Autorität und ER möchte Beziehung, Gemeinschaft mit uns haben. Das ist die Richtung, das Ziel auf das ich mich zubewege, wenn ich mich denn in Bewegung gesetzt, ich mich aufgemacht habe. Der Zielpunkt heißt Jesus, der Sohn Gottes und ein Leben in der Gemeinschaft mit ihm.

    Zu Jesus sollen wir, sie und ich kommen. Zu IHM hin ist unsere Bewegung, bei IHM ist unser neuer Standpunkt und Standort. Bei IHM sollen wir uns positionieren. Aber wer soll denn kommen?

    3. … alle die ihr mühselig und beladen seid ...

    Nun werden diejenigen benannt, welche kommen sollen, die quasi von Jesus eine Einladung erhalten.

    Wer von uns fühlt sich da nicht angesprochen! Mühselig und beladen, sind wir das nicht alle mit den unterschiedlichsten Dingen, Sorgen und Problemen in Familie, persönlich, Schule, Gemeinde, Beruf oder wo auch immer. Da trägt doch jeder von uns mal mehr und auch mal weniger sein mehr oder weniger großes Päckchen mit sich herum. Aber im Kern geht es hier nicht darum. Durch den Hinweis auf Kapitel 23, 4 klingt hier eine mehr geistliche Dimension an: „Sie binden aber schwere und schwer zu tragende Lasten zusammen und legen sie auf die Schultern der Menschen, sie selbst aber wollen sie nicht mit ihrem Finger bewegen. (vgl. Lk 11,46)“ Mit sie spricht Jesus die Schriftgelehrten und Pharisäer an. Wieder einmal kommen sie nicht gut weg. Im speziellen ist die Kritik an ihnen sicherlich berechtigt, macht Jesus ja auch, aber im allgemeinen ist die Kritik sicherlich nicht berechtigt. Aber das wäre Thema einer eigenen Predigt.

    Denn neben dieser Mahnung oder sogar Ablehnung einer falschen Gesetzestreue steht Jesu Aussage, dass kein Buchstabe, kein Strich des Gesetzes (Mt 5,18) vergehen wird. In seinen Unterweisungen der Jünger oder auch des Volkes sehen wir, wie Jesus das Gesetz versteht und wie damit in unserem Leben umzugehen und es anzuwenden ist.

    Und findet sich diese geistliche Dimension von Mühsal und beladen sein nicht auch in unserem geistlichen Leben? Dann wenn ich mich frage, wie ich als Christ richtig leben sollte. Dann, wenn ich mir vorstelle, wie mein Leben in der Gemeinschaft mit Jesus verläuft – und dann plötzlich doch alles anders kommt.

    Trotz dieser geistlichen Dimension würde ich dennoch unseren gefühlten Aspekt des mühselig und beladen seins stehen lassen. Darf ich mich sicherlich auch angesprochen fühlen, wenn ich unter der Last und der Mühsal meines Alltages und Lebens zu leiden haben. Wenn mich das müde macht, Gott nicht zu verstehen, IHN in meinem Leben nicht zu erkennen. Es kann zur Mühsal werden es aushalten zu müssen, dass Gott einfach nicht eingreift, kein Wunder geschieht, sich Gott scheinbar vom Acker meines Lebens gemacht hat.

    Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Gott sich ganz gewiss NICHT vom Acker ihres Lebens gemacht hat und er wird es auch nie tun. Denn wir bekommen die Zusage:

    4. … ich will euch erquicken / nehmt auf euch mein Joch.

    Wie bitte? So habe ich mir die Erquickung nicht vorgestellt, wirklich nicht! Statt einer erfrischenden, Mut machenden oder tröstenden Verheißung kommt Jesus mit seinem Joch – will er uns noch mehr aufladen? Was soll das – was heißt das? In unserem Sprachgebrauch ist die Bedeutung von Joch davon geprägt, dass es eine Last ist. Mit Joch verbinden wir Knechtschaft und Unterdrückung. Joch ist das, was denen auferlegt wird, die sich nicht wehren können.

    Aber auch hier gibt es im ursprünglichen Sinn eine andere Bedeutung: Es ging nicht darum einem Tier einfach so eine Last aufzulegen, sondern sie zusammenzuspannen. So diente ein Joch in seiner ursprünglichen Form als Doppeljoch dazu, zwei Ochsen für einen Dienst zusammenzuspannen damit sie ihren Auftrag erfüllen konnten.

    Was will Jesus damit ausdrücken? Lassen wir uns von IHM in seinen Dienst nehmen – uns mit IHM zusammenbinden lassen – mit Jesus unterwegs sein – IHM nachfolgen. Und dass Nachfolge immer auch eine Herausforderung und auch mit der Erfahrung des Scheiterns verbunden sein kann, ist den meisten von uns sicherlich nicht fremd. Aber Jesus bindet sich mit uns zusammen um gemeinsam mit mir den Karren meines Lebens zu ziehen. Wie gesagt: ER macht sich nicht vom Acker.

    Schluss

    Jesus spricht:

    „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Lasst euch mit mir zusammenbinden und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mit mir schaffst du deinen Lebensweg.

    Ver-TRAUEN wir IHM!

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

    1 https://de.wikipedia.org/wiki/Restaurant am 10.6.2020 und FRIEDRICH, ANDREAS; in: Zuversicht und Stärke. Juni- Juli 2020. 2. Reihe - Heft 4. Seite 35
    2 "venite ad me omnes qui laboratis et onerati estis, et ego vos restaurabo." der Vulgata basiert auf der von Robert Weber und Roger Gryson herausgegebenen Ausgabe Biblia Sacra Vulgata. Editio quinta, (c) Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart, 2007
    3 FRIEDRICH, ANDREAS; in: Zuversicht und Stärke. Juni- Juli 2020. 2. Reihe - Heft 4. Seite 35

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