Home
Predigten
 
 

Predigt über Matthäus 12,38-42

am 28.02.1999
Sonntag Reminiscere

Ort: Staufen/Münstertal


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemein- schaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder

Einleitung

Ein Mensch ist ahnungsvoll und klug:
Er wittert überall Betrug.
Und grad, was scheinbar leicht zu packen -
Schau an, das Ding hat einen Haken!
Doch lernt der Mensch aus manchem Fall:
Der Haken sitzt nicht überall.
Denn immer wieder sieht er Leute
Recht sicher abziehn mit der Beute.
Der Mensch beim nächsten fetten Happen
entschließt sich, herzhaft mitzuschnappen
Und freut sich über den Gewinn -
Denn sieh es war kein Haken drin ...
Wahrhaftig nicht? Wer kanns verbürgen?
Der arme Mensch fängt an zu würgen
Bis er aus Angst den Brocken spuckt,
Den fetten, statt daß er ihn schluckt.
Ja, dem, der an den Haken glaubt,
Ist, anzubeißen, nicht erlaubt!

(Gedicht Eugen Roth: „Für Vorsichtige“; Seite 110 in „Sämtliche Menschen“)

Wieder einmal beschreibt Eugen Roth in einem seiner Gedichte eine ganz be- stimmte Eigenschaft, die er an seinen Zeitgenoßen beobachtet hat. In diesem Fall ist es die „Vorsicht“. Vorsicht ist ja gut und recht und man soll sich ja auch nicht zu schnell ein „X“ für ein „U“ vormachen lassen. Aber der Bogen kann auch sehr schnell überspannt werden und dann schlägt die gesunde Vorsicht in Zweifel und Skepis um. Und ich denke mir, darauf spielt Eugen Roth in diesem Gedicht an. Aber nicht nur Eugen Roth hat Zeitgenoßen kennengelernt die eingefleischte Skep- tiker waren. Auch zu Zeiten des neuen Testaments gab es Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen immer einen Haken an der Sache gerochen haben. Unser heutiger Predigtabschnitt erzählt die Begegnung Jesus mit eine Gruppe sol- cher Skeptiker.

- Text lesen: Matthäus 12, 38 - 42 -

Ist es nicht das gute Recht dieser Menschen, nach einem Zeichen zu verlangen? Würden wir nicht auch dasselbe tun wenn wir an deren Stelle wären und uns einer erzählen würde, er sei der Sohn Gottes und wir sollen an ihn glauben? „Aber hallo“ höre ich da einige sagen, so einfach geht es ja nicht, und erst recht nicht in unseren aufgeklärten Tagen! Und so überrascht uns die abweisende Antwort Jesu. Warum so schroff, wo er doch bei anderen Gelegenheiten sehr zuvorkommend auf die An- liegen und Fragen seiner Gegenüber eingegangen ist. Die Gründe erfahren wir aus dem, was Jesus zur Antwort und Begründung sagt:

1. Leute, Vertrauen ist gefragt!
2. Das lernt erstens am Vorbild der Menschen von Ninive
3. und zweitens am Vorbild der Königin von Sanaa

1. Vertrauen ist gefragt

Betrachten wir uns nochmals kurz die Menschen die da zu Jesus gekommen sind. Es war nicht die erste Begegnung die sie mit Jesus hatten. Viele hatten schon von ihm gehört und das eine oder andere mit ihm erlebt. Sie merken, durch das was sie mit Jesus erlebt und von ihm und anderen gehört hatten, sind sie herausgefordert. Herausgefordert an ihn zu glauben, das heißt IHM und seiner Botschaft zu vertrau- en. Es ging in dieser Begegnung um die Frage: vertraue ich oder vertraue ich nicht, schnappe ich nach dem Happen oder lasse ich ihn sausen. Aber sie konnten ihre Skepsis nicht abstreifen und sie verlangten nach einem Zeichen.

Ich bin schon etlichen Zeitgenoßen unserer Tage begegnet die gesagt haben: „Ja wenn ich das miterlebt hätte was die Menschen mit Jesus erlebt hatten, wenn ich ihn gesehen hätte, ja dann würde ich auch an ihn glauben.“ Ich wage das an dieser Stelle zu bezweifeln und frage sie: Fiele es ihnen leichter Jesus zu vertrauen, an ihn zu glauben, wenn es denn so wäre? Oder würden wir nicht auch dann noch nach einem Zeichen verlangen?

Wo liegt das Problem? Hinter diesem Verlangen nach einem Zeichen, einer Bestäti- gung steckt der Wunsch nach Absicherung. Aber für Glauben, Vertrauen gibt es kei- ne Sicherheiten! Ebenso wie es für Liebe keine Sicherheiten gibt. Man kann diese nur erleben und erfahren, wenn man sich, wenn wir uns, darauf einlassen. Jeder ganz persönlich!

Wenn wir vorhin der kleinen Lena in der Taufe Gottes Liebe zugesagt haben, daß Gott sie als sein Kind annehmen will, dann muß sie sich irgendwann darauf einlas- sen. Genauso wie wir, die wir auch als Säuglinge getauft wurden, uns irgendwann darauf eingelassen haben oder es noch werden. Nur dann werden wir Gottes Liebe erfahren. Und es gibt da genügend Beispiele aus unserem täglichen Leben, die dies unterstreichen: daß in der Beziehung der Eltern zu ihren Kindern und umgekehrt ohne vertrauen nichts läuft. Daß in der Beziehung zweier Menschen zueinander das Vertrauen und nicht das Mißtrauen und die Skepsis der Nährboden ist, auf dem die Liebe wachsen und gedeihen kann. Ich bin der festen Überzeugung, daß es auf die- ser Erde anders aussehen und zugehen würde, wenn wir mehr vertrauen würden.

Zum zweiten:

2. Vertrauen ist gefragt: Das lernt ersten an den Menschen von Ninive

Warum sollen wir uns ein Beispiel an den Menschen von Ninive nehmen? Was war geschehen daß Jesus auf die Menschen von Ninive bezug nimmt? „Ihre Bosheit war zu Gott aufgestiegen“ so heißt es am Anfang der Geschichte die vom Propheten Jona im alten Testament erzählt wird, und darum soll Jona zu ihnen gehen. Aber Jona befolgt die Anweisung Gottes nicht und macht sich aus dem Staub. Anmerkung am Rande: allein das, macht die Geschichte dieses Propheten äußerst spannend ist eine eigene Predigt wert, aber nicht heute! Was dann folgt, das kennen wir ja zumeist und haben es teilweise vorhin gehört. Nachdem sich Jona davongemacht hat, vor Gott davongelaufen ist, landet er zunächst im Bauch eines Riesenfisches der ihn aber nach drei Tagen wieder ausspuckt - vielleicht auch ein Skeptiker?

Und so macht sich Jona, nachdem Gott nochmals zu ihm gesprochen hat, doch noch nach Ninive auf. Und zum zweiten mal erhält er den Auftrag, zu den Menschen die- ser Stadt zu sprechen. Was waren das nun für Menschen? Es waren Heiden, Men- schen die zu dem biblischen Gott keinen Bezug hatten, die einer ganz anderen Reli- gion angehörten. Es waren Leute, die überhaupt nichts wissen wollten von Gott und seinen Geboten.

Doch ihr Leben war in die Schieflage geraten, ihre Rechnungen gingen nicht mehr auf, die Pläne konnten nicht mehr verwirklicht werden. Die Zukunft der Menschen einer ganzen Stadt stand auf dem Spiel.

Darf ich sie an dieser Stelle fragen, ob sie diese oder ähnliche Situationen aus ihrem eigenen Leben auch kennen? Pläne lassen sich nicht mehr umsetzen und alles was wir uns vorgenommen und in Aussicht gestellt haben, die private wie die berufliche Planung gerät durcheinander und das schlimmste: keine Aussicht auf Besserung! Da ist der Arbeitsplatz bedroht, die Exitenzgrundlage löst sich auf, Ehen und Famili- en zerbrechen oder die Gesundheit und das Leben ist durch Krankheit bedroht. Zu diesen eher privaten Sorgen und Problemen kamen damals politische hinzu. Das ganze (altasyrische) Reich, zu dem die Stadt und deren Bewohner gehörte, befand sich in einer beispiellosen Krisensituation. Die Nachbarn drumherum warteten nur darauf, daß dieses Reich und damit auch die Stadt Ninive zu Boden ging.

In dieser Situation nun, in der alles scheinbar schon gelaufen ist, zeigt Gott wie er mit krisengeschüttelten Menschen umgeht. Er läßt nicht einfach alles dahin treiben nach dem Motto, als es euch gut ging hattet ihr für mich nichts übrig und nun, da es euch schlecht geht, habe ich eben nichts für euch übrig! Denn so ist es ja oft: solan- ge wir alles im Griff zu haben scheinen und den Eindruck haben, alles läuft so, wie wir uns das ausgedacht und geplant haben, da spielt doch Gott in unseren Überle- gungen und Plänen auch keine Rolle. Da fragen wir nicht danach, ob er korrigierend eingreift!

Gott redet in einer furchtbaren aber auch entscheidenden Situation zu den betroffe- nen Menschen. Zu Menschen, und ich wiederhole mich hier aber es ist mir wichtig zu betonen, die ihn überhaupt nicht gekannt hatten und ganz andere Wege gingen. Er überläßt sie nicht einfach schweigend ihrem Schicksal und in ihr Verderben ren- nen. Und das erstaunliche geschieht:

Die Menschen von Ninive haben nicht, was sie auch hätten können, gegen Gottes Gerichtswort rebelliert, sondern haben es als Chance verstanden und diese genutzt. Die Menschen von Ninive taten Buße. Das hört sich jetzt radikal an, aber im Grunde bedeutet Buße nichts anderes als sich neu zu orienieren. Die bisherigen Ziele und Maßstäbe zu überdenken und von Gott her neu zu stecken. Sie haben darauf ver- traut, was Gott ihnen durch seinen Boten Jona gesagt hat, haben sich darauf einge- lassen ohne zuerst nach einem Zeichen zu verlangen. Darum weist Jesus die Menschen damals und auch uns heute auf diese Menschen von Ninive hin.

Vieleicht denken jetzt einige von ihnen, das ist doch typisch Kirche: erst mit der Hölle und dem Weltuntergang Angst machen um damit die Menschen in ihren Schoß zu treiben. Kann Kirche denn nicht anderes machen als mit der Hölle drohen und mit dem Himmel locken?

Daß eine solche Neuausrichtung aber auch vor einem Hintergrund erfolgen kann als in einer Lebenskrise, das spricht Jesus in seinem zweiten Beispiel an.

3. Vertrauen ist gefragt: das lernt an der Königin von Sanaa

Schön und gut, aber das was bisher angesprochen wurde, das trifft jetzt meine Le- benssituation überhaupt nicht. Mir geht es im großen und ganzen gut und ich habe keinen Grund zu klagen. Das, was den Menschen von Ninive Not machte und im übertragenen Sinn vielen unserer Zeitgenoßen, das trifft mich nicht.

Das Gegenstück zu den Menschen von Ninive wird uns in der Person der sagenum- wobenen Königin von Saba vorgestellt. Sie war eine Frau, die am Höhepunkt ihrer Macht und ihres wirtschaftlichen Erfolges stand. Diese Frau, die am Ende der Welt gelebt hat, scheute den weiten Weg nicht um den Königin Salomon zu besuchen. Sie hatte gehört, daß das Königreich dieses Mannes nicht auf Grund von Kriegen und Gewalt gewachsen ist, sondern wegen seiner Weisheit.

Diese Frau nun, die eine unsagbar beschwerliche Reise auf sich genommen hat, stellt Jesus seinen Gegnern und Skeptikern damals und uns heute vor Augen. Sie hat keine Zeichen und Sicherheiten verlangt. Sie hat sich im stillen Vertrauen auf den Weg gemacht. Und an dieser Stelle treffen sich die Menschen von Ninive mit der Königin des Südens:

Auch sie hatte eine andere Religion, hatte mit dem biblischen Gott nichts zu tun. Auch sie hat nicht nach Zeichen und Beweisen verlangt. Sie haben denen vertraut die zu ihnen geredet hatten und haben sich auf den Weg gemacht und ihrem Leben eine neue Richtung gegeben.

Schluß

Ich schließe:

Wir feiern an diesem Sonntag den 2. Sonntag in der Fastenzeit. Das heißt, wir ge- hen auf Ostern zu, dem Ereignis, an dem sich Gott mit uns versöhnt hat! Weil dies so ist, haben wir in diesem Gottesdienst ein Kind getauft, ihm und uns ein Zeichen der Liebe Gottes gesetzt. Für Luther war dies sehr wichtig. In Situationen höchster Not, wo ihm alles zu entgleiten drohte hat er sich an seiner Taufe festgehalten und auf seinen Tisch geschrieben: Ich bin getauft!

Mit der heutigen Geschichte aus dem Matthäusevangelium und der miterlebten Taufe sind wir eingeladen denen zu vertrauen die uns von Zeichen berichten, die sie erlebt haben. Den Menschen die Jesus begegnet sind, die das leere Grab gesehen haben. Aber auch denen, die uns heute sagen, ein Leben mit Jesus lohnt sich, nicht weil dann plötzlich alles glatt läuft, sondern weil wir vom richtigen Ausgangspunkt auf das richtige Ziel zusteuern. Wagen sie es!

Amen.

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Diese Predigt wurde verfasst von:
Karl-Heinz Rudishauser
Finkenweg 5
D-86574 Petersdorf-Alsmoos
08237/951727
eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
nach oben Home Predigten eMail Site Meter