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Predigt über Matthäus 21, 1-11

am 28.3.2010
Palmsonntag

Ort:
Staufen und Münstertal


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Seid ich nicht mehr in Staufen wohne hat sich in der Gottesdienstvorbereitung ein ganz bestimmter Ablauf eingespielt. Dazu gehört, dass ich die Lieder übers Telefon mit dem jeweiligen Organisten, i.d.R. ist dies Herr Homann abstimme. Meist hat er, wenn ich anrufe, auch immer schon Stift und ein Blatt Papier griffbereit.

So rief ich auch Mitte vergangener Woche Herrn Homann an. Als ich ihm das erste Lied nannte, "Nr. 13" stutzte Herrn Homann und ich hörte ihn fragen: "Nummer 13?" Ein eingefleischter Organist weiß, was das bedeutet: Tochter Zion - im Advent, zur Weihnacht o.k. - aber an Palmsonntag? Vermutlich ging es ihnen ähnlich, als sie heute in die Kirche gekommen sind und die Liedauswahl gesehen haben, spätestens dann, als sie das erste Lied aufgeschlagen haben.

Ein Adventslied in der Karwoche? Kann das gehen? Advent, Weihnachten und Palmsonntag liegen inhaltlich ganz nah beieinander! Gott kommt in diese Welt und unser Leben - als Kind, und als der Mann auf dem Weg nach Golgatha.

Wir hören auf Verse aus dem Matthäusevangelium, die in unserer Perikopenordnung üblicherweise am ersten Advent zu hören sind:

- Text lesen: Mt 21, 1 - 11 -

Wie gesagt, über diese Verse ist nach der Perikopenreihe am ersten Advent zu predigen. Dass wir sie heute an Palmsonntag hören zeigt, wie eng Weihnachten und Ostern zusammen gehören, das eine nicht ohne das andere zu denken ist.

Drei Gedanken zu diesen Versen:

  • Jesus, der Messias kommt!
  • Aber es kommt ganz anders.
  • Kommt Jesus bei uns an?
  • 1. Der Messias kommt

    Zunächst erleben wir mit, wie Jesus sein kommen vorbereitet. Er schickt seine Jünger vor um seinen Einzug vorzubereiten. Er sagt ihnen, was sie tun und vorfinden werden und was sie den Menschen, denen sie begegnen werden, sagen sollen. In dieser Situation wird mir bewusst, dass Jünger Jesu, Christenmenschen also, in der Nachfolge Jesu in vorbereitet Verhältnisse gesandt werden. So wie Jesus selbst in vorbereitet Verhältnisse kam "... als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn ..." (Gal 4,4) so sendet er auch "seine Leute" nicht ins Niemandsland sondern in vorbereitete Verhältnisse. Fußnote: Das bedeutet nicht, dass diese Verhältnisse, dass diese Lebenssituationen immer einfach sind (Beispiel Versuchungsbericht Mt 4,1ff)! Aber gerade das ist ja das besondere, dass wir uns auch in schwierigen Lebensphasen in Gottes Hand geborgen sind.

    Und nun geht es los, Jesus macht sich auf und zieht in Jerusalem ein. Der Messias (Jesus) kommt, der Retter der Welt ist da! Wie würden sie sich das Kommen des Retters dieser Welt vorstellen? Mal ehrlich, doch vermutlich nicht so wie es in dieser Geschichte berichtet wird.

    Denn Jesus kommt eigentlich nicht wie ein König. Von einem König erwarten wir, dass er auf einem stolzen Pferd daherkommt, mit einem großen Tross im Gefolge, nicht jedoch auf einem Esel. In unseren Tagen haben Esel ein ganz bestimmtes Image und kein gutes. Esel sind stur und bockig und nur schwer zu führen. Ein Kollege von mir hält sich als Freizeitbeschäftigung Esel. Er hat ein ganz anderes Bild von Eseln. Er sagt, Esel sind weit intelligenter als Pferde. An statt gleich davon zu rennen, bleiben Esel erst stehen und "überlegen" was sie jetzt tun. Und sie machen nur das, was ihnen "sinnvoll" erscheint. Deshalb halte wir sie für stur. Ein Esel ist deshalb eher ein Lasttier, ein Tier der armen Leute, für diejenigen, die sich eben kein Pferd leisten können.

    Aber so war es nicht immer. In früheren Zeiten war der Esel das Reittier der Könige (vgl. David und Salomon) sie allen ritten auf einem Esel. Es war ihr Herrschaftssymbol. Als Jesus nun auf diesem Esel kam, da wurde allen schlagartig klar, hier kommt der König. Und die Erwartung griff ums sich, dass jetzt alles anders wird, dass Jesus die Situation ändert, die römische Besatzung beendet und das Volk zu seiner Selbstbestimmung zurückführt. Hier kommt einer, der seinen Herrschaftsanspruch kundtut.

    Über Jahrhunderte hat das Volk gewartet und manchem ist vermutlich immer wieder ein Spruch durch den Kopf gegangen: "Hoffen und warten, machen manchen zum Narren." Und dennoch haben sie sich an die göttliche Verheißung geklammert und haben den Spott ausgehalten. Und urplötzlich, aus heiterem Himmel, ist es soweit:

    Dass Jesus seinen Einzug vorbereitet, ja geradezu inszeniert, wird durch einen zweiten Umstand unterstrichen. Jesus zieht nicht von irgendwo nach Jerusalem einzieht, sondern er kommt über den Ölberg, dort, wo nach jüdischer Tradition der Messias erscheinen wird.

    Jesus kommt nicht unbemerkt in die Stadt. Vermutlich hatte es sich schon herumgesprochen, hatten es die Buschtrommeln bereits verbreitet, manch fahrender Händler die Kunde auf den Lippen: Jesus ist unterwegs nach Jerusalem. Jener Mann aus Nazareth von dem schon so viel berichtet wurde, der Kranke heilt, sich gegen die Mächtigen stellt und sogar Tote auferweckt, steht vor den Toren Jerusalems, ist nicht mehr fern. Und so bereiten sie ihm einen Empfang, der eines Königs würdig ist. Jesus lässt es zu, dass ihm die Menschen huldigen, denn es stimmt ja: hier kommt der König der Jude - so zeugt später die Inschrift am Kreuz auf Golgatha.

    2. - aber es kommt alles anders!

    Hosianna, dein König kommt so jubeln wir im Advent. Hosianna, macht die Türen auf und die Tore weit denn dein König kommt, so singen wir in unseren Adventsliedern, so jubeln wir dem Kind in der Krippe zu. So jubelten auch die Menschen in jenen Tagen, als Jesus nach Jerusalem eingezogen ist. Aber es ist alles ganz anders gekommen, dieser Jubel hielt nicht lange, dann skandieren sie eine Woche später "Kreuzige Ihn! Kreuzige!" Was rufen wir etliche Wochen nach Weihnachten?

    Jesus bleibt nicht das Kind in der Krippe, bleibt nicht das Kind mit lockigem Haar. Jesus tritt hinein in das Weltgeschehen, tritt hinein in das Leben der Menschen damals und heute, auch in unser, in ihres und mein Leben. Er geht nicht an uns vorüber, lässt uns links liegen. Jesus nimmt uns war, er bring zu Recht, heilt und er provoziert.

    Jesus ist seinem Auftrag treu geblieben, hat sich nicht unter das Joch der Massen stellen lassen sondern ist seinen Weg gemäß seiner Verheißung gegangen. Als es für ihn in Golgatha eng wird, da beordert Jesus keine himmlischen Engellegionen die ihn herausholen und marschiert nicht zum Palast. Jesus schlägt nicht zurück und zahlt nicht mit gleicher Münze heim. Das passte dann vielen doch nicht ins Konzept, das hatten sie sich doch anders vorgestellt.

    Dass es anders gekommen ist, hängt entscheidend mit den Erwartungen der Menschen damals, und letztlich auch bei uns heute zusammen. Denn wenn es nicht so kommt wie wir uns das vorstellen, wie wir das erwarten, dann kommt es eben anders und dann kommt es zu Enttäuschungen. Was geschieht, wenn wir enttäuscht werden? Das heißt doch nu, dass dann die Täuschung aufhört, der wir bisher aufgesessen sind, der Täuschung, die wir uns selbst zuschreiben müssen.

    Die Frage ist, lassen wir uns von Jesus provozieren - was heißt provozieren? Provozieren kommt vom lateinischen provocare, was soviel bedeutet wie hervorrufen, herausfordern. Wenn Jesus provoziert, dann will er uns herausfordern, sich ihm und seiner Botschaft zu stellen. Dann geht es darum, dass ich mich, mein Leben und meine Person hinterfragen lasse.

    Und dies bringt mich zu meinem dritten und letzten Gedanken, vielmehr einer Frage:

    3. Kommt Jesus bei uns an?

    Jesus ist nicht nur einfach so in die Welt gekommen so wie viele vor und nach ihm gekommen sind, gute und schlechte, Wohltäter und Tyrannen. Jesus will zu uns, will zu ihnen und mir kommen. Jesus will nicht der Weltenherrscher sein sondern unser persönlicher Heiland.

    Jesus interessiert sich für unser Leben. Aber die Frage, die ich mir dabei stelle ist: Erreicht mich, erreicht uns seine Botschaft noch? Bin ich bereit, mich mit meinen Erwartungen korrigieren zu lassen. Damals in Jerusalem konnte diese Spannung nicht gehalten werden, sahen sich die Menschen in ihren Erwartungen enttäuscht und wandten sich von Jesus ab.

    Sind wir bereit unter das Kreuz zu kommen, das Kreuz auf uns zu nehmen so wie es jener Mann am Straßenrand tat, tun musste. Und ich denke, dass ist doch auch unsere Wirklichkeit. Das Leben "zwingt" jedem von uns ein Kreuz auf und stellt uns in die Herausforderung, dahinter jenen Mann am Kreuz von Golgatha zu erkennen. Jesus, der Sohn Gottes wurde einer von uns, wurde Mensch wie wir und es blieb ihm deswegen auch nichts erspart.

    So ist Jesus seien Weg gegangen, getragen vom Vertrauen zu seinem und unserem himmlischen Vater. Aber auch in dem Wissen um seinen Auftrag, uns von unserer Sünde, von unserer Trennung von diesem himmlischen Vater zu befreien.

    Schluss

    Ich schließe und schlage einen großen Bogen.

    Wo stehen wir heute - sie und ich? Hat mich Weihnachten erreicht? Dieser Tage lief eine Mitarbeiterin die Melodie eines Weihnachtsliedes summend durch den Flur. Ist Weihnachten also doch gegenwärtig? Hat es Einzug gehalten in unseren Alltag?

    Weihnachten, die Ankunft des Gottessohnes nun einige Wochen zurück. Zurück liegt auch unsere Taufe, bei den meisten von uns bereits einige Jahre oder Jahrzehnte. Jesus ist in die Welt gekommen, in der Taufe aber auch zu jedem von uns persönlich.

    Heute, Wochen danach gedenken wir des Einzugs Jesu in Jerusalem. Und dieses Gedenken stellt uns die Frage, ist das Jesuskind aus der Krippe in jedem Stall zwischenzeitlich auch bei uns, bei ihnen und mir angekommen? Machen wir uns heute bewusst, dass wir als Getaufte in der Nachfolge jenes Kindes in der Krippe und jenes Mannes stehen, der seinen Weg in den vor uns liegenden Tagen zu Ende bringt.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de
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