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Predigt über Matthäus 25, 1 - 13

am 24.11.2019
Ewigkeitssonntag

Ort:
Betberg-Seefelden


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

„Wollen sie die Wahrheit hören?“ Oder anders formuliert: „Wieviel Wahrheit vertragen sie?“ Wer will die Wahrheit schön hören? Vor allem dann, wenn es sich um unbequeme Wahrheiten handelt, wenn es vielleicht darum geht, Umstände zu benennen, die nicht optimal sind, wo es um Veränderungen oder Belastungen geht, die mich betreffen. „Wieviel Wahrheit darf es denn da sein?“ Zu beobachten ist dies im Besonderen im Umfeld von Wahlen. Das prägnanteste Beispiel dafür ist für mich die Bundestagswahl nach der Wiedervereinigung 1990. Damals versprachen die einen blühende Landschaften, die anderen mahnten vor den entstehenden Kosten und sprachen auch die Belastungen an, die auf die Bürger zukommen würden. Der Wahlausgang damals war eindeutig. Wie formulierte dies einmal ein Fernsehmoderator: „Das ist die geforderte Offenheit, aber nicht das, was man allseits gerne hört.“1

Eines der Dinge, die mich immer wieder an der Bibel fasziniert ist diese Offenheit. In der Bibel werden Dinge offen angesprochen und dargestellt, so wie sie sind. Da wird nichts beschönigt aus lauter Sorge, man könnte die Leser erschrecken oder vergraulen. Da wird nicht Schönfärberei betrieben und idealisiert. Da begegne ich durchaus einem Gott, den ich nicht verstehe. Einem Gott der Dinge tut oder auch nicht tut, die ich absolut nicht nachvollziehen kann, der Dinge von mir verlangt, die ich nie und nimmer erfüllen kann. Aber gerade dadurch wird mir dieser Gott vertrauenswürdig. Begegne ich einem Gott, auf den ich mich einlassen, mit dem ich Beziehung treten möchte.

In den Versen des heutigen Predigtabschnittes werden wir mit dieser Offenheit konfrontiert:

- Text lesen: Matthäus 25, 1 - 13 -

Jesus kommt wieder – in den 260 Kapiteln des Neuen Testaments wird nahezu 300 mal von der Wiederkunft Christi gesprochen. Und wir heute? Ist das – neben Klimakatastrophe, Globalisierung und Digitalisierung und den Herausforderungen des demographischen Wandels ein Thema noch in unseren Tagen? Und wenn schon nicht in der Öffentlichkeit so doch in unseren Gemeinden und Hauskreisen?

Heute am Ewigkeitssonntag, in der Erinnerung der Verstorbenen des zurückliegenden Jahres machen wir uns bewusst, dass der Tod nicht das letzte Wort hat weil Jesus wiederkommen wird und an uns die Verheißung des ewigen Lebens erfüllen wird.

Zwei Herausforderungen mache ich aus:

  • Jesus kommt wieder – sind wir bereit?
  • Jesus kommt wieder - aber wann?
  • 1. Jesus kommt wieder – sind wir bereit?

    Die Hektik der letzten Wochen weicht einer erwartungsvollen und freudigen Anspannung. Alles ist gerichtet, alle sind vorbereitet, es fehlt nur noch der Bräutigam. Wie es üblich war, warten Mädchen bei der Braut auf die Ankunft des Bräutigams. Sie waren festlich herausgeschmückt mit feierlichen Kleidern und Haarschmuck. Und natürlich die Stocklampen und das Öl, die durften nicht fehlen. So sind sie vorbereitet, sie wissen um ihre Aufgabe und haben alles dafür dabei. Sie sind für den Moment gerüstet, da der Bräutigam das Dorf erreicht. Dann machen sie sich auf um dem Bräutigam entgegen zu gehen, so wie es damals Brauch und gute Sitte war. Zusammen mit der Braut empfangen sie ihn und geleiten ihn mit ihren Lampen, Gesängen und Tänzen zum Haus der Braut.

    Jesus nennt zehn Jungfrauen. Die Zahl zehn hat durchaus eine tiefere Bedeutung als nur die Nennung einer bestimmten Anzahl. Zehn, das ist die Zahl der Vollkommenheit2: zehn Finger haben wir an beiden Händen, zehn Personen gehören mindestens zu einer Synagogenversammlung, zehn Brote reichen aus für eine Reise.

    Alle Zehn wollen mit dabei sein, ihrer Berufung entsprechend. So geht es um diejenigen die dabei sein wollen, nicht um die, welche von vornehmeren nichts mit Gott zu tun haben wollen, die kein Interesse an der Hochzeitsfeier haben. Jesus spricht hier die Gemeinde in ihrer Gesamtheit, alle Gläubigen und somit auch uns heute Morgen hier in Seefelden an. Und indem ER uns anspricht fordert er uns heraus. Wie sieht es aus mit unserer Bereitschaft? Spielt die Wiederkunft Jesus in unserem Leben, in ihrem und meinem Christ sein überhaupt noch eine Rolle oder haben wir es uns in unseren Wartehäuschen unseres Lebens gemütlich eingerichtet?

    Wir befinden uns im Spannungsfeld zwischen Naherwartung und Verzögerung der Wiederkunft. Ein Thema, das Christen seid den ersten Tagen umtreibt (siehe Thessalonicherbrief). Und ist diese Begegnung mit Jesus für mich heute noch ein Thema? Ich frage mich und ich stelle für mich fest – und das erschreckt mich: Nicht in dem Umfang wie es sein sollte und nicht mit der Dringlichkeit mit der mir dies das Gleichnis deutlich macht. Zu sehr bin ich auf das hier uns jetzt fixiert, befasse ich mich mit dem, was mich tagtäglich im privaten wie im beruflichen herausfordert. Und zu wenig gelingt mir im Trubel meiner Tage inne zu halten um mir diese immer wieder vor Augen zu führen.

    Wie können wir mit dem Thema Wiederkunft umgehen ohne in ein Schwärmertum oder in eine Nachlässigkeit zu verfallen? Es ist unmöglich, in einer glühenden Naherwartung über Jahrzehnte, Jahrhunderte zu leben. Darum sollen wir nicht verkrampft an der Naherwartung festhalten3, sondern treu in der Beziehung mit Jesus leben und getrost daran festhalten, dass ER zu seinen Verheißungen steht und diese zu seiner Zeit erfüllen wird. Dazu gehört immer wieder zu fragen: wo stehe ich in meiner Beziehung zu Jesus? Bin ich noch auf Sicht und Hörweite, habe ich meine Lampe noch griffbereit und das Reserveöl parat?

    Im Blick auf die Wiederkunft Christi trägt und leitet mich die Gewissheit in der Gegenwart und in Beziehung mit diesem auferstandenen Christus zu leben. Das ich doch, auch ohne permanent daran zu denken, von ihm getragen und geführt bin. Und ich bin dankbar für Impulse und Anregungen die ich immer wieder auf die unterschiedlichste Art und Weise bekomme um mich mit der Frage SEINER Wiederkunft und was das für mich persönlich bedeutet auseinanderzusetzen.

    Die zweite Herausforderung:

    2. Jesus kommt wieder – aber wann?

    Der Bräutigam war angekündigt Wir feiern Hochzeiten heute in aller Regel anders. Aber Situationen in den wir warten müssen, sind uns sicherlich auch vertraut: im Supermarkt an der Kasse wenn es nicht so schnell geht wie ich mir das wünsche. Bei einem Konzert oder Theaterbesuch bis ich eingelassen werde und die Stars endlich auf die Bühne kommen und das Event endlich beginnt. Vielleicht auch hin und wieder auf eine Postzustellung – einen Brief, ein Päckchen – die wir sehnsüchtig erwarten. Vielleicht auch auf die Geburt eines Kindes nach neun Monaten Schwangerschaft.

    Und je nachdem auf welches Ereignis wir warten und wie wir darauf eingestellt sind, erleben wir das Warten ganz unterschiedlich – mal sich scheinbar ewig hinziehend und das andere mal als rasend schnell vergehend.

    Kommen wir nochmal zurück zu unseren zehn Jungfrauen. Was ist ihnen gemeinsam? Alle sind auf das Kommen des Bräutigams und ihre Aufgabe vorbereitet und dementsprechend gerüstet. Alle machen sich auf den Weg, alle wollen bei dem Hochzeitsfest dabei und - alle schlafen ein. Wo an anderen Stellen in der Bibel als Bild für das Nichtbereitsein (1Thes 5,6; Rö 13,11; Eph 5,14)4 so spielt es hier nur eine Nebenrolle, denn alle schlafen ein. Somit ist das Einschlafen, das nicht wach bleiben können nicht das Kriterium welches die Gruppe der zehn Jungfrauen in törichte und kluge unterscheidet (V.2). Aber was ist es dann? Das Kriterium ist, dass die einen vorausschauend waren während die anderen fünf leichtfertig losgegangen sind und kein Ersatzöl mitgenommen hatten. Was ist daran so besonders?

    Die Lampen, eigentlich die Lämpchen war so klein, dass es normal war, Ersatzöl mitzunehmen, da das Risiko zu groß war, dass sie ausgingen5. Und wer für eine solche Lampe kein Ersatzöl mitnahm, galt als töricht. Die klugen Jungfrauen sind vorausschauend, sie sind darauf vorbereitet, dass es zu unerwarteten Ereignissen kommen kann.6

    So waren es die einen die darauf vorbereitet waren, dass sich die Ankunft des Bräutigams verzögern könnte. Und eben die anderen, die sich darauf nicht vorbereitet hatten. Auf diesem vorbereitet sein liegt der ganz besondere Akzent dieses Gleichnisses. Es geht darum, auf die Realitäten vorbereitet zu sein, in die uns Gott stellt und in denen ER gegenwärtig ist.

    Ich bin davon überzeugt, dass Gott in unsere Geschöpflichkeit, in unser Mensch-sein Fähigkeiten und Gaben hineingelegt hat, die auch in unserer Beziehung zu Gott und in unserer Nachfolge zum Tragen kommen. Wenn wir in unserem Leben und in unseren Berufen immer wieder unseren Verstand, unsere Fähigkeit zu beurteilen und abzuwägen, dann sollte das auch in unserer Beziehung zu Gott gelten!

    Die klugen Jungfrauen waren bereit, als es darauf ankam! Auf diese Bereitschaft, auf diese Wachsamkeit hat Jesus selbst immer wieder hingewiesen. Haltet eure Augen offen und verfolgt und beurteilt kritisch und wachsam die Ereignisse um euch herum (vgl. Mt 24,23). Das ist die Herausforderung in die wir in unserer Nachfolge gestellt sind: die Bereitschaft der klugen Jungfrauen uns zu eigen zu machen und zu bewahren und darin zu leben – ganz natürlich. Denn es kommt nicht darauf an, dass wir Tag und Stunde wissen (Mt 25, 13) sondern dass wir vorbereitet sind. Wiederkunft das heißt doch, ich begegne Jesus – wann das sein wird, ist letztlich egal. Irgendwann wird jeder von uns Jesus begegnen.

    Schluss

    Der letzte Sonntag des Kirchenjahres hat zwei Blickrichtungen: als Totensonntag denken wir trauernd und in liebevoller Erinnerung an die Menschen die im Besonderen im zurückliegenden Jahr – aber auch davor - von uns gegangen sind. Als Ewigkeitssonntag wenden wir unseren Blick und denken daran, dass Jesus Wiederkommen wird und wir IHM begegnen werden – jeder von uns.

    Jesus kommt – Jesus kommt zu uns – wann auch immer – einst in der Vollendung oder schon heute in diesem Gottesdienst, dann wenn wir gemeinsam Abendmahl feiern! Abendmahl – da erlebe ich quasi im Modell dass Jesus zu mir kommt, zu mir ganz persönlich. Sind wir bereit IHM zu begegnen?

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen 107621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

    1 „heute nacht“ Moderator am 04.12.2002 zur Haushalts- und Finanzdebatte im Bundestag am 03.12.2002

    2 RIENECKER, Fritz; in: Das Evangelium des Matthäus Wuppertaler Studienbibel; R. Brockhaus, Wuppertal; Brunnen Verlag, Gießen, 1983 S. 327

    3SCHWEIZER, Eduard; in Das Evangelium nach Matthäus, Neues Testament Deutsch; Vandenhoeck&Ruprecht Göttingen und Zürich; 1986, S. 306

    4SCHWEIZER, Eduard; a.a.O. S. 305

    5WACKER Michael in: Zuversicht und Stärke. Oktober-November 2009.1. Reihe - Heft 6; Seite 105f;
    weitere wertvolle Hinweise bei
    ROCHAU Florian in: Zuversicht und Stärke. Oktober-November 2015.1. Reihe - Heft 6; Seite 89ff;
    RIENECKER, Fritz; a.a.O. S. 327

    6RIENECKER, Fritz; a.a.O. S. 326

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