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Predigt über Matthäusevangelium 3,13-17

am 12.01.2003
1. Sonntag n. Epiphanias

Ort: Sontheim/Bergenweiler(Brenz)


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Es ist vorbei - vielleicht wehmütig, vielleicht auch erleichtert! Die Christbaumkugeln sind wieder sicher eingeräumt, der Christbaum ist abgeschlagen und kleingesägt. Der Bratenduft, der die letzten Wochen die Wohnungen erfüllt hatte, hat sich verzogen. Die Weisen aus dem Morgenland sind längst wieder zurück in ihren Studierstuben, und auch die Hirten sind wieder zurückgekehrt zu ihren Herden auf den Weiden. Weihnachten ist vorbei und der Alltag hat uns wieder. Was bleibt uns von Weihnachten, was können wir hinüberretten in unseren Alltag und in dieses neue Jahr das vor uns liegt und von dem wir nicht wissen, was es uns bringen wird?

Vielleicht ist durch Weihnachten, die Gottesdienste und Predigten die wir gehört haben, oder einfach durch die besondere Stimmung die dieser Zeit immer noch anhaftet, wieder etwas von dem in uns erwacht, daß durch dieses Kind in der Krippe alles ganz anders geworden ist. Und vielleicht stellt sich uns heute die Frage, was davon in unserem Alltag bleibt? Ich denke, der heutige Predigttext will uns dazu Wegweisung geben.

- Text lesen: Matthäus 3, 13-17 -

Viele Menschen sind damals zu Johannes gekommen, fühlten sich von dem angezogen was er predigte, obwohl es ja schon harte Worte waren, die sie bei ihm zu hören bekamen. Johannes redete Tacheles, nahm kein Blatt vor den Mund: "Wer hat euch gewiesen, dem kommenden Zorn zu entfliehen. Bringt nun der Buße würdige Frucht." "Jeder Baum der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen." "Otternbrut" - wenig schmeichelhaftes bekamen die Menschen an jenem Ufer des Jordan zu hören. Und dennoch, sie kamen in Scharen.

Denn sie erkannten, daß in der Botschaft dieses Mannes und der Taufe die Möglichkeit einer Wende für ihr Leben lag. Und so kamen sie, haben durch die Taufe sich und Gott eingestanden, daß in ihrem Leben etwas falsch läuft, sie sich von Gott entfernt haben. Mit ihrem Gang zu Johannes an den Jordan, durch das Bekenntnis ihrer Sünden und die Taufe des Johannes wagten und begannen sie einen Neuanfang. Sie bekundeten damit, daß es so, wie sie bisher gelebt hatten, nicht mehr weitergehen konnte. Johannes beließ es nicht bei vordergründigen Bekundungen, alles kam zu Sprache: Lug und Trug, Mord und Ehebruch, Meineid und Bestechung. Es wurde nichts unter den Teppich gekehrt sondern bekannt und so Umkehr ermöglicht.

Bemerkenswert finde ich, daß Johannes nicht dem Ruhm seines Erfolges erliegt, keine Starallüren entwickelt sondern auf dem Teppich bleibt. Er weiß, er ist nur Vorbote eines anderen, eines Stärkeren der nach ihm kommen wird. Er weiß, nach ihm kommt einer, der mit Feuer und dem Heiligen Geist taufen, der die Worfschaufel in Händen hält und die Spreu vom Weizen trennen wird. Aber mit seiner Botschaft vom nah herbeigekommenen Himmelreich weckt er bei vielen eine Sehnsucht. Und die von ihm und seiner Botschaft hören, kommen zu ihm, reihen sich ein in lange Schlagen um von ihm einen Weg aus ihrer Ausweglosigkeit gezeigt zu bekommen, von ihm getauft zu werden. Und plötzlich steht er vor ihm, der, von dem er kündigt. Damit hatte er wohl nicht gerechnet!

Aus dem was sich bei dieser Begegnung ereignet und wie sie weitergeht, ist mir dreierlei wichtig:

  • Jesus reiht sich ein
  • Jesus erfüllt alle Gerechtigkeit
  • Der Himmel öffnet sich
  • 1. Jesus reiht sich ein!

    Wenn schon für Staatsmänner rote Teppiche zum Empfang ausgerollt werden, was muß dann wohl erst geschehen, wenn der Sohn Gottes kommt, wenn Gott zu uns kommt? Oder hätten sie erwartet, daß Gott in einem Kind in einer Futterkrippe zu uns Menschen kommt? Hätten sie der Botschaft jener Hirten Glauben geschenkt oder es nicht viel eher als spinnerte Idee abgetan? Nach Jahrhunderten des Wartens ist der Messias endlich gekommen, er ist da, daran besteht für Johannes nicht der geringste Zweifel. Aber um so überraschter ist er als er sieht, was Jesus macht.

    Der Gottessohn reiht sich ein in die Schlange der Prostituierten und Zolleintreiber, stellt sich ebenso in eine Reihe mit den Ehebrechern und Aussätzigen wie mit den Gesetzestreuen und Reichen. All derer eben, die Frieden mit Gott suchen. Und diesen Menschen ist Jesus zeitlebens nachgegangen, sie hat er gesucht, von ihnen hat er sich finden lassen, zu ihnen hat er geredet. Dabei hat Jesus nie den Kontakt mit den Ausgegrenzten gescheut, ist denen nicht aus dem Weg gegangen, die am Rand der Gesellschaft und Gemeinschaft standen. Aber er hat sich auch derer angenommen, die wohl äußerlich Macht, Wohlstand und Einfluß besaßen, aber innerlich doch einsam, arm und hilflos waren.

    Jesus kommt zu denen, die um ihre Schuld, ihre Sünde und um ihr getrennt sein von Gott wissen. Er kommt zu denen und reiht sich bei denen ein, die Frieden suchen mit Gott, die mit IHM ins Reine kommen wollen, die Vergebung suchen. Er, der von keiner Sünde wußte wird einer von ihnen. Jesus weiß um die Niedrigkeiten des Menschseins, er kennt die absoluten Tiefpunkte und die Gottverlassenheit. Er weiß um die Zwietracht in den Familien, die Gemeinheiten in den Betrieben, alle verlogenen Tricks der Politik, alle krummen Touren im Wirtschaftsleben, alle Heuchelei in den Kirchen. Nichts, gar nichts ist ihm verborgen. Hier im Jordantal, an einem der absoluten Tiefpunkte der Erdoberfläche beginnt sein Kreuzweg. Hier beginnt sein Weg für uns, für sie und für mich. Jesus will keinen extra Weg, will keine Sonderbehandlung, er geht den Weg für mich! Weil er ganz Mensch geworden ist stellt ER sich mit den Sündern gleich, wird gleichsam einer von ihnen. Mich hat das zum einen sehr an Paulus erinnert, als der den Korinthern schreibt, daß er allen alles geworden ist (vgl. 1.Kor 9,20ff). Zum anderen stimmt es mich nachdenklich, nachdenklich bezüglich meinem Umgang mit denen, die Hilfe brauchen, den Ausgegrenzten, den Fragenden und Suchenden.

    Mit jedem, den Johannes tauft kommt Jesus ein Stück näher auf ihn zu. Und nun steht er vor ihm und möchte von Johannes getauft werden. Johannes wehrt ab und sagt: "Ich habe nötig von dir getauft zu werden. Und du kommst zu mir?" In der Begegnung Jesu mit Johannes wird für mich persönlich klar: so wie Johannes sich erkennt, erkenne ich mich, wird mein Leben vor Gott offenbar und zugleich das, was ich nötig habe!

    "Laß es jetzt so sein! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen!" Mit dieser eigentümliche Antwort und Begründung antwortet Jesus auf den Einwand von Johannes. Aber das ist letztlich der Grund für sein Kommen, für das Kommen Jesu:

    2. Jesus erfüllt alle Gerechtigkeit!

    Wieso erfüllt sich in der Taufe alle Gerechtigkeit? Das entspricht nicht unserer Vorstellung von Gerechtigkeit. Gerechtigkeit entsteht doch nicht, wenn sich einer taufen läßt, Gerechtigkeit entsteht doch dann, wenn ich mich in entsprechender Weise verhalte. Dann, wenn ich bei einem Geschäftsabschluß den anderen nicht über den Tisch ziehe, oder dann, wenn jemandem zu seinem Recht verholfen wird. Dann, wenn ich den Kreislauf von "wie du mir, so ich dir" durchbreche. Gerechtigkeit vollzieht sich auch dann, wenn sich Menschen aus den reichen Ländern dafür einsetzen, daß die ärmeren Länder nicht durch unseren Handel oder unsere Industrie ausgenützt werden. Aber das hier?

    All diese Dinge sind richtig und wichtig und wir sollten sie auf keinen Fall für zu gering achten oder gar aus unserem Leben ausklammern. Aber eines sollte uns auch klar sein: die Tür zu Gott, die seit jenem Sündenfall zugestoßen und verschlossen war, öffnen wir damit nicht. Johannes hat schon recht wenn er Umkehr predigt, das tut Jesus auch. Er hat recht, wenn er echte Zeichen der Buße fordert, eben kein gutbürgerliches Judentum und ganz gewiß kein wohltemperiertes Christsein. Aber, und dies beginnt er in der Begegnung mit Jesus am Jordan zu lernen, Umkehr vollzieht sich nicht dadurch, daß ich neue moralische oder ethische Maßstäbe aufstelle und versuche, diese zu erfüllen. Die verschlossene Tür zu Gott kann ich nicht durch meine eigenen Anstrengungen wieder aufstoßen.

    Gott schenkt uns die Vergebung, die Tür, die verschloßen war, hat er wieder geöffnet. Nicht damit mir Gott vergibt, ich mir einen gnädigen Gott schaffe, halte ich seine Anweisungen, sondern weil Gott mir vergeben hat halte ich seine Gebote! In der Taufe erhalte ich die persönliche Zusage der Gotteskindschaft und bringe meinerseits zum Ausdruck, daß ich dieses Geschenk annehme. Ich möchte und kann an dieser Stelle die Spannung nicht auflösen die sich für viele dadurch ergibt, daß Taufe und persönlicher Glaube und Bekenntnis auseinanderfallen. Vielleicht an dieser Stelle ein kleiner Vergleich: Taufe ist wie der Erhalt einer Fahrkarte. Auch hier fallen Erwerb und Zugfahrt möglicherweise auseinander; entscheidend ist, daß ich die Fahrkarte einlöse, sie benutze. So ist es auch bei der Taufe: Wenn der Glaube nicht dazu kommt, der sich im Bekenntnis und Leben äußert und niederschlägt, nützt mir die Taufe nichts (vgl. Mk 16,16)!

    Jesus beginnt seinen Kreuzweg, damit sich Gottes Gerechtigkeit an uns erfüllen kann, nicht weil wir es verdient hätten, sondern weil wir es nötig haben. Jesus akzeptiert den Willen Gottes und stellt sich darunter, auch wenn er vielleicht lieber anderes tun würde, er andere Wünsche und Vorstellungen hat (vgl. z.B. mt 26,39). Meine Taufe ist Anspruch und Möglichkeit zugleich, immer wieder nach dem Willen Gottes zu fragen, zu verstehen was er will, nicht nur im allgemeinen sondern auch für mich ganz persönlich!

    Johannes tauft Jesus, er wehrt sich nicht mehr und erfüllt somit auch seine Verpflichtung. Und nun ereignet sich für mich das entscheidende, quasi die Botschaft des heutigen Sonntages:

    3. Der Himmel öffnet sich!

    Die Menschen damals erleben die öffentliche Einsetzung Jesu als Gottes Sohn, sein Regierungsantritt wird öffentlich ausgerufen und bekanntgemacht. Gott bekennt sich in eindrücklicher Weise zu seinem Sohn. Jetzt steht uns der Himmel offen! Was für eine Perspektive!

    Haben sie darüber schon einmal nachgedacht, was das bedeutet? Die Himmel sind geöffnet, wir stehen nicht mehr vor verschlossenen Türen und müssen hilfesuchend um Einlaß begehren. Jesus hat den Weg frei gemacht. Und so wie sich Gott zu seinem Sohn bekennt, so bekennt er sich auch zu uns, zu jedem der sich in die Gemeinschaft mit ihm und Jesus rufen läßt. Die Trennung ist aufgehoben.

    Gewiß, und das räume ich an dieser Stelle vorbehaltlos ein, werden wir immer wieder mit unserer Schwachheit, unserem Unvermögen und unserer Schuld konfrontiert werden. Wir werden immer wieder die Erfahrung machen, daß wir dem, was wir wollen, was ich mir vorstelle und auch dem, was sich Gott für mein Leben vorstellt, nicht gerecht werden. Aber, und das gilt es über und gegen dies alles festzuhalten, bin und bleibe ich ein Kind Gottes! Nichts und niemand kann mir das nehmen und streitig machen (vgl. Joh 10,28). Und als Kind Gottes steht mir der Himmel offen.

    Darum können auch wir uns den Herausforderungen stellen, die uns in unserem Leben begegnen werden. So wie Jesus, der nach seiner Taufe in die Wüste gegangen ist um dort versucht zu werden. Er wußte, der Vater blickt auf mich herab, ich bin in seiner Hand. So dürfen auch wir das wissen. Wir sind in Gottes Hand und nichts kann uns aus dieser Hand reißen. Gewiß wird das Leben dadurch nicht einfacher oder müheloser, frei von jeglicher Sorge, aber wir haben eine Perspektive. Wir können und dürfen uns von Gott angenommen wissen. Johannes, als der letzte alttestamentliche Prophet hat dies an jenem Tag erkannt. Er weiß nun, alles was seine Vorgänger als Propheten über das Kommen des Messias gesagt haben, hat sich erfüllt. Gott hat mit Jesus sein Reich in dieser Welt aufgerichtet und es wird für diejenigen erfahrbar, die sich darauf einlassen.

    Schluß

    Was haben sie von Weihnachten mitgenommen, was ist ihnen geblieben für die Zeit danach? Weihnachten heißt für mich: Gott kommt zu uns, kommt in diese Welt. Und für die Zeit danach? Das nehme ich aus dem heutigen Predigttext mit: der Himmel steht uns, ihnen und mir offen!

    Darauf möchte ich in den kommenden Tagen dieses Jahres in besonderer Weise achten! Gott hat sich uns, ihnen und mir zugewandt, die Tür zu ihm weit aufgestoßen. In der Gewißheit, daß ich nicht alleine bin, ER bei mir ist bis ans Ende der Tage, gehe ich mit Zuversicht in dieses neue Jahr!

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Altenheimstraße 23
    89522 Heidenheim/Brenz
    07321/910915
    eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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