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Predigt über Matthäus 3, 13-17

am 2.2.2020
Gottesdienst Plus - Tag der offenen Himmel

Ort:
Betberg-Seefelden


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Es ist vorbei – vielleicht wehmütig, vielleicht auch erleichtert! Die Christbaumkugeln sind wieder sicher eingeräumt, der Christbaum ist abgeschlagen und kleingesägt – heute an Lichtmess ist die letzte offizielle Gelegenheit dazu. Der Bratenduft, der die Wochen nach Weihnachten die Wohnungen erfüllt hatte, hat sich verzogen. Die Weisen aus dem Morgenland sind längst wieder zurück in ihren Studierstuben, und auch die Hirten sind wieder zurückgekehrt zu ihren Herden auf den Weiden. Weihnachten ist vorbei - der Alltag hat uns wieder. Es geht wieder ganz normal weiter. Wirklich? Was bleibt uns von Weihnachten, was können wir hinüberretten in unseren Alltag und in dieses neue Jahr das vor uns liegt und von dem wir in vielem nicht wissen, was es uns bringen wird?

Vielleicht ist durch Weihnachten, die Gottesdienste die wir erlebt und Predigten die wir gehört haben, oder einfach durch die besondere Stimmung die dieser Zeit immer noch anhaftet, wieder etwas von dem in uns erwacht, dass durch dieses Kind in der Krippe alles ganz anders geworden ist. Und vielleicht stellt sich uns heute die Frage, was davon in unserem Alltag erlebbar wird?

- Text lesen: Matthäus 3, 13-17 -

Viele Menschen sind damals zu Johannes gekommen, fühlten sich von dem angezogen was er predigte, obwohl es ja schon harte Worte waren, die sie bei ihm zu hören bekamen. Johannes nahm kein Blatt vor den Mund: „Wer hat euch gewiesen, dem kommenden Zorn zu entfliehen. Bringt nun der Buße würdige Frucht.“ „Jeder Baum der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.“ „Otternbrut“ (vgl. 3,7ff) – wenig schmeichelhaftes bekamen die Menschen an jenem Ufer des Jordan zu hören. Und dennoch, sie kamen in Scharen.

Denn sie erkannten, dass in der Botschaft dieses Mannes und in seiner Taufe die Möglichkeit einer Wende für ihr Leben lag. Und so kamen sie, haben durch die Taufe sich und Gott eingestanden, dass in ihrem Leben etwas falsch läuft, sie sich von Gott entfernt haben. Mit ihrem öffentlichen Gang zu Johannes an den Jordan, durch das Bekenntnis ihrer Sünden und die Taufe des Johannes wagten sie einen Neuanfang. Sie bekundeten damit, dass es so, wie sie bisher gelebt hatten, nicht mehr weitergehen konnte. Johannes beließ es nicht bei vordergründigen Bekundungen, alles kam zu Sprache: Lug und Trug, Mord und Ehebruch, Meineid und Bestechung. Nichts wurde unter den Teppich gekehrt sondern bekannt und damit Umkehr ermöglicht.

Mit seiner Botschaft vom nah herbeigekommenen Himmelreich weckt er bei vielen eine Sehnsucht. Und die von ihm und seiner Botschaft hören, kommen zu ihm, reihen sich ein in lange Schlagen um von ihm einen Weg aus ihrer Ausweglosigkeit gezeigt zu bekommen, von ihm getauft zu werden. Und plötzlich steht er vor ihm, der, von dem er kündet. Damit hatte er nicht gerechnet!

Aus der Begegnung dieser beiden Männer und was sich dabei ereignet ist mir dreierlei wichtig:

  • Jesus reiht sich ein – für mich!
  • Jesus erfüllt alle Gerechtigkeit – für mich!
  • Der Himmel öffnet sich – für mich!
  • 1. Jesus reiht sich ein – für mich!

    Wenn schon für Staatsmänner rote Teppiche zum Empfang ausgerollt werden1, was muss dann wohl erst geschehen, wenn der Sohn Gottes kommt, wenn Gott zu uns kommt? Und endlich - nach Jahrhunderten des Wartens ist der Messias gekommen, er ist da. Aber wer hätte erwartet, dass Gott in einem Kind in einer Futterkrippe zu uns Menschen kommt? Der Messias ist da, daran besteht für Johannes nicht der geringste Zweifel als das Kind aus der Krippe plötzlich vor ihm steht. Aber umso überraschter ist er als er sieht, was Jesus macht.

    Der Gottessohn reiht sich ein in die Schlange der Prostituierten und Zolleintreiber, stellt sich ebenso in eine Reihe mit den Ehebrechern und Aussätzigen wie mit den Gesetzestreuen und Wohlhabenden. Er reiht sich ein in die Schlange all derer eben, die Frieden mit Gott suchen. Diesen Menschen ist Jesus zeitlebens nachgegangen, sie hat er gesucht, von ihnen hat er sich finden lassen, zu ihnen hat er geredet. Jesus hat nie den Kontakt mit den Ausgegrenzten gescheut, ist denen nicht aus dem Weg gegangen, die am Rand der Gesellschaft und Gemeinschaft standen. Und er hat sich auch derer angenommen, die wohl äußerlich Macht, Wohlstand und Einfluss besaßen, aber innerlich doch einsam, arm, hilflos und gebrochen waren.

    Jesus kommt zu denen, die um ihre Schuld, ihre Sünde, um ihr getrennt sein von Gott wissen. Er kommt zu denen und reiht sich bei denen ein, die Frieden suchen mit Gott, die mit IHM ins Reine kommen wollen, die Vergebung suchen. Er, der von keiner Sünde wusste wird einer von ihnen. Jesus weiß um die Niedrigkeiten des Menschseins, er kennt die absoluten Tiefpunkte und die Gottverlassenheit. Er weiß um die Zwietracht in den Familien, die Gemeinheiten in den Betrieben und Schulen, alle verlogenen Tricks der Politik, alle krummen Touren im Wirtschaftsleben, alle Heuchelei in den Kirchen. Nichts, gar nichts ist ihm verborgen. Hier im Jordantal, 400 Meter unter der Meereshöhe, an einem der absoluten Tiefpunkte der Erdoberfläche beginnt sein Kreuzweg2. Hier beginnt SEIN Weg FÜR UNS, für sie und für mich. Jesus will keinen extra Weg, will keine Sonderbehandlung, er geht den Weg für mich! Weil ER ganz Mensch geworden ist stellt ER sich mit den Sündern gleich, wird gleichsam einer von ihnen.

    Mit jedem, den Johannes tauft kommt Jesus ein Stück näher auf ihn zu. Und nun steht er vor ihm und möchte von Johannes getauft werden. Johannes wehrt ab und sagt: „Ich habe nötig von dir getauft zu werden. Und du kommst zu mir?“

    „Lass es jetzt so sein! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen.“ Mit dieser eigentümlichen Antwort und Begründung antwortet Jesus auf den Einwand von Johannes. Denn das ist letztlich der Grund für SEIN Kommen:

    2. Jesus erfüllt alle Gerechtigkeit! – für mich!

    Wieso erfüllt sich in der Taufe alle Gerechtigkeit? Das entspricht nicht unserer Vorstellung von Gerechtigkeit. Gerechtigkeit entsteht doch nicht, wenn sich einer taufen lässt, Gerechtigkeit entsteht doch dann, wenn ich mich entsprechend verhalte. Dann, wenn ich bei einem Geschäftsabschluss den anderen nicht über den Tisch ziehe, oder dann, wenn jemandem zu seinem Recht verholfen wird. Dann, wenn ich den Kreislauf von „wie du mir, so ich dir“ durchbreche. Das ist angesichts des – auch des staatlich angeordneten - Terrors und der Gemeinheiten in der Welt eine besondere Herausforderung.3 Gerechtigkeit vollzieht sich dann, wenn sich Menschen aus den reichen Ländern dafür einsetzen, dass die ärmeren Länder nicht durch unseren Handel oder unsere Industrie ausgenutzt, ausgebeutet werden.

    All diese Dinge sind richtig und wichtig und wir sollten sie auf keinen Fall für zu gering achten oder gar aus unserem Leben ausklammern. Aber eines sollte uns auch klar sein: die Tür zu Gott, die seit jenem Sündenfall zugestoßen und verschlossen war, öffnen wir damit nicht. Johannes hat schon recht wenn er Umkehr predigt, das tut Jesus auch. Er hat recht, wenn er echte Zeichen der Buße fordert, eben kein gutbürgerliches Judentum und ganz gewiss kein wohltemperiertes Christsein. Gerechtigkeit jedoch, und dies beginnt er in der Begegnung mit Jesus am Jordan zu begreifen, vollzieht sich nicht dadurch, dass ich neue moralische oder ethische Maßstäbe aufstelle und versuche, diese zu erfüllen. Die verschlossene Tür zu Gott kann ich nicht durch meine eigenen Anstrengungen wieder aufstoßen. Nicht damit mir Gott vergibt, ich mir einen gnädigen Gott schaffe, halte und orientiere ich mich an seinen Weisungen, sondern weil Gott mir vergeben hat halte ich seine Gebote!

    Gott schenkt uns die Vergebung, die Tür, die verschlossen war, hat er wieder geöffnet. In der Taufe erhalte ich die persönliche Zusage der Gotteskindschaft und bringe meinerseits in Glaube und Leben zum Ausdruck, dass ich dieses Geschenk annehme. Meine Taufe ist Anspruch und Möglichkeit zugleich, immer wieder nach dem Willen Gottes zu fragen, mit IHM und Jesus in Beziehung bleiben und Beziehung leben, zu verstehen was er will, nicht nur im allgemeinen sondern auch für mich ganz persönlich.

    Jesus beginnt seinen Kreuzweg, damit sich Gottes Gerechtigkeit an uns erfüllen kann, nicht weil wir es verdient hätten, sondern weil wir es nötig haben.

    Johannes tauft Jesus, er wehrt sich nicht mehr und erfüllt somit auch seine Verpflichtung. Und nun ereignet sich für mich das entscheidende, quasi die Botschaft des heutigen Sonntages:

    3. Die Himmel öffnen sich – für dich und mich!

    Die Menschen damals erleben den öffentlichen Regierungsantritt Jesu. Von Gott selbst öffentlich ausgerufen und bekanntgemacht bekennt sich der himmlischer Vater in eindrücklicher Weise zu seinem Sohn und dessen Weg. Jetzt steht uns der Himmel offen! Was für eine Perspektive!

    Haben sie darüber schon einmal nachgedacht, was das bedeutet? Die Himmel sind geöffnet, wir stehen nicht mehr vor verschlossenen Türen und müssen hilfesuchend um Einlass begehren. Jesus hat den Weg frei gemacht. Und so wie sich Gott zu seinem Sohn bekennt, so bekennt er sich auch zu uns, zu jedem der sich in die Gemeinschaft mit ihm und Jesus rufen lässt. Die Trennung ist aufgehoben.

    Gewiss werden wir immer wieder mit unserer Schwachheit, unserem Unvermögen und unserer Schuld konfrontiert. Wir werden immer wieder die Erfahrung machen, dass wir dem, was wir wollen, was ich mir vorstelle und auch dem, was sich Gott für mein Leben vorstellt, nicht gerecht werde und scheitere. Aber, und das gilt es über und gegen dies alles festzuhalten: ich bin und bleibe ein geliebtes Kind Gottes! Genau deswegen steht Jesus in dieser Reihe der Menschen am Jordan! Nichts und niemand kann mir das nehmen und streitig machen.4 Als Kind Gottes steht mir der Himmel offen.

    Darum können auch wir uns den Herausforderungen stellen, die uns in unserem Leben und in diesem Jahr begegnen werden. So wie Jesus, der nach seiner Taufe in die Wüste gegangen ist um dort versucht zu werden. Er wusste, der Vater blickt auf mich herab, ich bin in seiner Hand. So dürfen auch wir, sie und ich wissen: Wir sind in Gottes Hand und nichts kann uns aus dieser Hand reißen, dürfen uns von Gott bedingungslos angenommen wissen. Gewiss wird das Leben dadurch nicht einfacher oder müheloser, frei von jeglicher Sorge, aber wir haben eine Perspektive. Gott hat mit Jesus sein Reich in dieser Welt aufgerichtet und es wird für diejenigen erfahrbar, die sich darauf einlassen.

    Schluss

    Was haben sie von Weihnachten mitgenommen, was ist ihnen geblieben für die Zeit danach? Weihnachten heißt für mich: Gott kommt zu uns, kommt in diese Welt, kommt zu mir. Und für die Zeit danach? Da nehme ich aus dem heutigen Predigttext mit: der Himmel steht uns, ihnen und mir offen!

    Darauf möchte ich in den kommenden Tagen dieses Jahres in besonderer Weise achten! Gott hat sich uns, ihnen und mir zugewandt, die Tür zu ihm weit aufgestoßen. In dieser Gewissheit gehe ich erneut in dieses neue Jahr!

    Amen. - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de

    1 Viele Gedankenanstöße gefunden bei: HILLE, Dr. Rolf; in: Zuversicht und Stärke. Dezember 2002 - Januar 2003. 1. Reihe - Heft 1. Seite 112 ff
    2 Der Jordan und das Tote Meer sind mit etwa 400 Metern unter Meereshöhe die tiefst gelegenen Punkte der Erdoberfläche; gefunden bei https://bistum-augsburg.de/Bistum/Domkapitel/Domdekan/Predigten-Ansprachen/Der-Jordan-als-theologischer-Ort_id_256077; aufgerufen am 4.1.2020
    3 Hier beziehe ich mich auf die von amerikanischen Präsidenten D. Trump angeordnete Ermordung eines iranischen Generals und den Kommentar eines Konfliktforschers im SWR1 Radio, der von Verrohung der Sitten sprach und den General erstmals mit „Herrn Soleimani“ benannte! Davor hies es immer nur der iranische General.
    4 vgl. Joh 10,28

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