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Predigt über Matthäus 6, 1-4

am 02.09.2007
13. Sonntag n. Trinitatis

Ort:
Seefelden


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.

Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Haben sie schon einmal etwas von "externen Effekten" gehört? Diesen Begriff haben die Ökonomen geprägt und unterscheiden dabei zwischen positiven und negativen externen Effekten. Ich nenne ihnen zwei Beispiele die sie alle kennen und dann wird sich das nicht mehr so kompliziert und abstrakt anhören.

Positive externe Effekte entstehen zum Beispiel bei der Holzproduktion in den Wäldern. Zunächst einmal ist es Ziel des Walbauern, Holz zu produzieren. Daneben erzeugt er aber automatisch weitere "Güter" wie zum Beispiel saubere Luft und sauberes Wasser oder auch Erholung, wenn wir in den Wald gehen und uns dort erholen. Demgegenüber entstehen negative externe Effekte in der Regel bei der industriellen Produktion. Dann nämlich, wenn auf Grund des Produktionsprozesses Wasser, Boden oder die Luft verschmutzt wird oder Lärm entsteht. Beiden gemeinsam ist, das sie sozusagen als Nebenprodukt entstehen und in die Kalkulation für die erstellten Produkte nicht einfließen. So kann der Waldbauer für sein Holz nicht mehr verlangen, weil er damit saubere Luft produziert hat. Und umgekehrt fließen in die Preiskalkulation der industriellen Produkte nicht die Kosten der verunreinigten Luft oder des Wassers. Diese Problematik ist schon lange bekannt und mit zunehmenden ökologischen Bewusstsein sucht man hier auch nach Lösungen. So viel zu externen Effekten.

Aber auch in unserem alltäglichen Leben entstehen solche Nebeneffekte quasi als Nebenwirkungen oder Nebenabsichten unseres Tuns. Oft verfolgen wir nicht nur ein Ziel sondern mehr oder weniger bewusst noch ein zweites. Die Verse unseres heutigen Predigttextes greifen dieses Thema auf. Wohl an einem Fall, der für uns heute vermutlich nicht mehr von allzu großer Bedeutung ist, aber dennoch in seiner Aussage an Aktualität nichts verloren hat.

- Text lesen: Mt 6, 1-4 -

Das Almosengeben ist in unseren Tagen sicherlich aus der Mode gekommen um nicht zu sagen überflüssig geworden. Gewiss finden wir auch heute vor allem in größeren Städten immer wieder Menschen, die am Straßenrand sitzen und betteln. Aber irgendwie löst das bei uns in der Regel eher befremden aus und nur bei wenigen einen offenen Geldbeutel. Denn wir haben unsere sozialen Sicherungssysteme und da muss doch keiner mehr auf der Straße sitzen und betteln. Diese Systeme stehen zwar immer wieder mal von unterschiedlichen Seiten in der Kritik. Von den einen die überzeugt sind, dass deren Netze zu eng sind und die sie eher mit Hängematten vergleichen. Von anderen kommt die Kritik, weil sie die Maschen dieser sozialen Netze für viel zu weit erachten und es immer wieder Fälle gibt, in denen Menschen durchfallen.

Diejenigen, die zu Zeiten des Neuen Testaments auf Almosen angewiesen waren, werden heute von staatlichen oder karitativen Stellen versorgt. Da ist vieles deutlich besser geworden, das ist die eine Seite. Auf der anderen hat diese aber auch dazu geführt, dass die Eigenverantwortlichkeit auch im Blick darauf, dass ich mich oder wir uns als Gemeinde "der Armen" annehmen, zurückgegangen ist. Trotzdem ist es so, dass sich wohl kaum jemand die vermeintlich "gute alte Zeit" wieder herbeiwünschen wird.

In diesen vier gelesenen Versen und den folgenden bis Vers 18 geht Jesus auf die drei Grundäußerungen jüdischer Frömmigkeit ein: Almosengeben, beten und fasten. Was ist ihm dabei wichtig und wo und warum haben diese vier Verse unseres Abschnittes trotz sozialer Sicherungssysteme auch heute noch ihre Bedeutung? Wo finden diese Verse für und in unserem Leben heute ihre Bedeutung? Wo treffen sie uns und wo fordern sie uns heraus? Drei Aussagen möchte ich treffen:

  • Glaube zeigt Wirkung.
  • Glaube sucht keine Bewunderung.
  • Glaube lebt vom Schenken.
  • 1. Glaube zeigt Wirkung.

    Ich habe schon darauf hingewiesen, dass diese Verse den Beginn einer Unterweisung Jesu markieren, in der er auf die drei Grundformen jüdischer Frömmigkeit eingeht, man könnte statt dessen auch sagen, es geht um die Auswirkungen des Glaubens in unserem Leben, die zu damaliger Zeit auch so praktiziert wurden. Zunächst erstaunt mich, wie frisch und frei und mit welch deutlichen Worten Jesus dazu Stellung bezieht. Er redet nicht um den heißen Brei herum sondern spricht die kritischen Punkte an, die ihm und vermutlich auch anderen, auf dem Herzen lagen.

    Wenn wir diese Aussagen bedenken so ist als erstes zu bemerken, dass sich Glauben nicht im verborgenen, als reine Privatsache leben und verwirklichen lässt. Auch wenn viele Christen als U-Boot Christen ihre Nachfolge gestalten - immer auf Tauchstation um ja nicht entdeckt zu werden - sitzen sie einem Irrtum auf. Nichts wird im Verborgenen bleiben, es kommt der Tag, da es ans Licht kommen wird. Es ist ein Trugschluss zu meinen, Christ sein sei eine reine Privatangelegenheit. Jesus hat es einmal so ausgedrückt: "Wessen das Herz voll ist, des geht der Mund über." (Mt 12,34). Wenn ich Jesus begegnet bin, dann kann ich nicht ich nicht so tun, als sei das niemals geschehen, egal welche Konsequenzen ich aus dieser Begegnung ziehe, ich kann nicht mehr dahinter zurück.

    In der Betrachtung dieser ersten Grundäußerung jüdischer Frömmigkeit, also einem Bereich in dem sich Glaube im Leben auswirkt, stellt sich für mich die Frage, was mache ich als Christ, wie gestalte ich meine Leben, wie setze ich Glaube und Nachfolge um? Im Prinzip ist dies eine der größten Herausforderungen vor die wir immer wieder gestellt werden. Und mit bedauern nehme ich war, dass diese Frage, dieses Thema vielfach in unseren Gemeinden ausgeklammert wird. Das Thema Ethik, Lebensführung ist von der Tagesordnung gestrichen. Zu persönlich, zu gesetzlich, man kann dem anderen doch nicht drein reden, schließlich ist es doch in die Beliebigkeit des einzelnen gestellt wie und was er lebt und wer sagt mir schon, ob ich Recht habe. Alles wird irgendwie gleich gültig und damit eben auch gleichgültig. Dennoch gilt: Glaube ist nie bloße Theorie, sonder nmacht uns Beine, öffnet die Hände und prägt unser denken.

    Wie gesagt, das Almosengeben spielt bei uns heute keine Rolle mehr aber es gibt andere Formen und so sehe ich dieses Thema in einem größeren Zusammenhang und frage mich: Zeigt der Glaube in meinem Leben Wirkung und was mache ich als Christ - mit meinem Leben wie gestalte ich meine Nachfolge mit dem was ich habe an Gaben und Fähigkeiten, an Zeit und auch an Geld? Was sind meine, ihre Maßstäbe und Handlungsmaximen dabei und woher nehmen wir diese? Gerade im Alltag, in Beruf und Schule, im Zusammentreffen mit anderen Menschen und anderen Meinungen. Kann ich plausibel begründen warum ich was mache? Ist es mir noch ein Anliegen, biblische Werte zu leben und umzusetzen und kann ich sie auch vermitteln? Vor einigen Jahren sagte mir einmal ein pensionierter Personalleiter eines großen Maschinenbaukonzerns, er könne sich nicht mehr vorstellen wie ein Christ als Einkäufer in einem Unternehmen tätig sein kann. Die Zwänge seien so enorm gestiegen, es sei unglaublich. Diese Aussage gibt mir bis heute zu denken und ich frage mich immer wieder, wo in unseren Gemeinden, Gottesdiensten, Gruppen und Kreisen finden wir Orientierung, Antworten auf unsere Fragen oder einfach nur die Gelegenheit, über so etwas einmal zu sprechen. Es ist wichtig sich darüber auszutauschen, was mir in meinem Alltag begegnet und mich vor Herausforderungen stellt.

    Wo sich Glaube entfaltet und Wirkung zeigt, da gilt auch ein Zweites:

    2. Glaube sucht keine Bewunderung.

    Halten wir nochmals fest: Jesus kritisiert nicht das Almosengeben als solches sondern er hinterfragt das wie. Vermutlich denken wir dabei an die Art und Weise wie etwas, in diesem Beispiel das Almosengeben, umgesetzt wird. Wenn wir unseren Versen folgen gab es da vermutlich Menschen, die es in einer Art und Weise getan haben, dass sie damit Aufsehen erregt haben. Da stand nicht mehr das Almosen und der damit verbundene Zweck im Mittelpunkt, dass einem Menschen geholfen wurde, sondern es ging darum, dass einer bei dem was er macht gesehen und für seine Tat bewundert wird - eben so etwas wie ein "externer Effekt".

    Dabei scheint dann eher das Motto gegolten zu haben, dass der Zweck die Mittel heiligt oder anders gesagt, die Tat den Beweggrund? So hat sich bei uns die Vorstellung eingeprägt, wenn wir Almosen geben oder etwas anderes "gutes" tun, dann soll dies im Verborgenen geschehen. Das ist unser Merksatz, den wir in aller Regel aus diesen Versen ziehen. Aber hinterfragt Jesus wirklich allein die äußere Form? Geht es dabei nicht eher darum, meine Beweggründe derart zu hinterfragen, mit welchem Ziel, mit welcher Absicht ich etwas mache?

    Einige Verse zuvor heißt es: "Damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater verherrlichen!" (Mt 5,16). Also scheint es nicht grundsätzlich so zu sein, dass alles was wir als Christen tun, im Verborgenen erfolgen muss, so dass es nicht wahrgenommen werden kann und wir unseren himmlischen Lohn verspielen. Denn es gibt Dinge, die bleiben einfach nicht verborgen, die kommen jetzt schon ans Licht. Beispielsweise dann, wenn ich meinen Glauben bekenne und in einer ethischen Frage nicht vor dem Druck der Welt einknicke, ich bei der Wahrheit bleibe und mich nicht den Maßstäben dieser Welt anpasse.

    Außerdem brauchen wir alle Anerkennung und eine Bestätigung, dass mein Verhalten richtig ist, das ist für die Entwicklung und das Selbstbewusstsein dringend erforderlich. Das hat uns die Entwicklungspsychologie gelehrt. Gerade in der Erziehung bei Kindern ist es wichtig, dass nicht mit Lob gespart wird, dort wo es ehrlich und angebracht ist. Also keine Lobhudelei. Ich habe gerade bei unseren Kindern immer wieder den Eindruck, dass sie sehr schnell und sensibel erspüren, wo ist Lob echt oder nur so daher gesagt. Wenn Lob kommt, sollten wir es dankbar annehmen aber es sollte nicht das Ziel sein, Lob zu erhalten und danach zu gieren.

    Hier komme ich zum dritten und letzten:

    3. Glaube lebt vom schenken.

    Bisher haben wir darüber nachgedacht, welche Wirkungen der Glaube nach außen hat. Im letzten Punkt soll es nun um die Betrachtung "der inneren Seite" gehen. Denn diese hat einen wesentlichen Einfluss auf die Gestaltung unseres Lebens.

    Bleiben wir der Einfachheit halber zunächst bei dem vorgegebenen Thema Almosen oder allgemeiner beim Thema Geld. Das ist ein heißes Eisen, im geistlichen wie säkularen Bereich. Und wenn man darüber spricht steht man immer in der Gefahr, ins moralisieren abzurutschen. Aber es ist ein wichtiges Thema. Denn ist es wohl nicht von ungefähr, dass dieses Thema gerade im Neuen Testament immer wieder in den unterschiedlichsten Formen zur Sprache kommt. Wenn die Statistik stimmt, handelt einer von 10 Versen oder jedes dritte Gleichnis im Neuen Testament von Geld und Eigentum. Dass dies in einem geistlichen Zusammenhang zu sehen und daher von großer Bedeutung ist unterstreicht Paulus, wenn er an seinen Freund und Mitarbeiter schreibt: "eine Wurzel alles Bösen ist die Geldliebe" (1Tim 6,3).

    Damit sind wir letztlich an der zentralen Aussage angekommen und es wird klar, dass es um mehr geht, ob und wie viel Geld ich spende. An was hängt mein Herz, das ist die Frage, um die es letztlich geht. Welche Beziehung habe ich zu meinen Gütern? Bin ich mir darüber im klaren, welche Bedeutung sie für mein Leben haben und welchen Einfluss haben sie auf mein Christ sein. Wer ist der Herr in meinem Leben, worauf vertraue ich und was schafft mir Sicherheit? Und bei Gütern denke ich jetzt nicht nur an Geld und ähnliches sondern auch an Zeit und Fähigkeiten, die ich habe.

    Wie sich mein Leben und Glauben gestaltet hängt aber noch von einem weiteren Aspekt ab. Lebe ich in der Vorstellung, mir Anerkennung und meinen Selbstwert und letztlich den Himmel erarbeiten zu müssen oder weiß ich mich grundsätzlich von Gott angenommen und geliebt. Geliebt so wie ich bin, mit allen meinen Macken, Ecken und Kanten und ganz gleich was ich leiste. Diese christliche Grunderfahrung gilt es täglich zu üben und sich davon prägen und mein Handeln davon bestimmen zu lassen. Ich weiß dass es Überwindung kostet darauf zu vertrauen, dass ich in meiner Zukunft nicht allein von Rentenkassen und der Höhe meines Bankkontos abhängig bin, sondern zutiefst vertraue, dass Gott mich versorgt, ganz gleich auf welchen Wegen und mit welchen Mitteln. Dies prägt meinen Umgang mit den materiellen und immateriellen Gütern. Hier sind wir aufeinander angewiesen, dass wir uns immer wieder ermutigen und erinnern und vielleicht auch mal zurechtweisen.

    Wenn mich diese Überzeugung, ganz und gar ein geliebtes Kind Gottes zu sein, zutiefst prägt und erfüllt, dann läuft mein Christ sein nicht mehr mit dem Kalkül ab, was ich von Gott für mein Christ sein erhalten werde. Dann will ich mir den Himmel nicht mehr verdienen und schiele nicht mehr nach dem Lohn. Gewiss spricht Jesus in unseren Versen den Lohn an, die Vergeltung für das Almosengeben im speziellen oder auch grundsätzlich den Lohn, der Christen erwartet. Gewiss ist uns dieser verheißen und weißt Jesus immer wieder darauf hin (Beispiele!). Aber Glaube lebt vom schenken und nicht vom verdienen. Zugespitzt führt mich dies zu der Frage: Würde ich Jesus auch nachfolgen, wenn ich am Schluss nicht in den Himmel komme? Was, wenn Gott sagen würde "Du nicht!"? Würde ich, würden sie das akzeptieren? Da zucke ich zusammen, komme ins grübeln und rechnen. Aber letztlich geht es genau darum, ist das der Knackpunkt: Bin ich bereit, mich ganz Gott anzuvertrauen, mich ganz, vorbehalt- und bedingungslos in seine Hand zu geben?

    Schluss

    Unser Leben und unser Alltag ist geprägt von mannigfachen Äußerungen. Manches davon muss ans Licht, manches kommt ans Licht und manches bleibt auch im verborgenen und wird dennoch wahrgenommen. Daran haben mich diese vier Verse aus dem Matthäusevangelium erinnert. Das gilt auch für unser Leben als Christen und unsere Nachfolge.

    Gewiss ist unsere Nachfolge heute von anderem bestimmt als zu Zeiten, in denen diese Verse geschrieben wurden. Und gewiss spielen Almosen in unserer Gesellschaft und unserem Leben keine große Bedeutung mehr. Aber eines gilt den Zuhörern Jesu damals wie uns heute gleichermaßen und ist mir deutlich geworden:

    - Glaube zeigt Wirkung. - Glaube sucht keine Bewunderung. - Glaube lebt vom Schenken.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Altenheimstraße 23
    89522 Heidenheim/Brenz
    07321/910915
    eMail: karl-heinz.rudishauser@t-online.de
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