Home
Predigten
 
 

Predigt über Matthäus 8, 5-13

am 25.01.2009
3. Sonntag nach Epiphanias

Ort:
Staufen und Münstertal


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde!

Einleitung

Der Platz war schon dicht gedrängt mit Menschen, aber noch immer strömten sie herbei. Sie wollten ihn sehen und vor allem hören. Sie wollten seine Botschaft hören, die Wirkung seiner Worte erfahren und nicht wenige von ihnen hatten eine weite und strapaziöse Reise auf sich genommen. Die Gelegenheit war einmalig und wer wollte sich diese entgehen lassen? Man hatte schon viel von ihm gehört. Die Menschen erwarteten eine klare Botschaft, Aussagen, die die Zukunft ihres Lebens betrafen und an denen sie hofften, sich orientieren zu können.

Wissen sie, von wem hier die Rede ist? Vom Präsidenten der Vereinigten Staaten, Barack Obama bei seinem Besuch am 24. Juli 2008 in Berlin. Schätzungsweise 200.000 Menschen waren gekommen um ihn zu hören. Einen Mann, der zu jenem Zeitpunkt bestenfalls Senator, jedoch noch nicht einmal offiziell von seiner Partei zum Präsidentschaftskandidaten gewählt worden war. Das geschah am 27. August 2008. Am 4. November 2008 wurde er zum 44. Präsidenten der USA gewählt und am vergangenen Dienstag vereidigt. Jetzt ist er also 5 Tage im Amt und es bleibt abzuwarten, was aus seinen Worten wird, welche Wirkung sie in der Realität dieser wirtschaftlich schwierigen Zeiten entfalten werden bzw. welche Taten ihnen folgen werden. Seinen großen, mitreißenden Worten in vielen Reden müssen jetzt Taten folgen, damit er seine Legitimation, das in ihn gesetzte Vertrauen rechtfertigen kann.

An anderer Stelle wird ebenfalls von einem Mann berichtet, der die Menschen in seinen Bann gezogen hat. Die zu ihm gekommen, ja geströmt sind um ihn zu hören, um sich der Wirkung seiner Worte auszusetzen. Vermutlich waren es keine 200.000, aber für damalige Verhältnisse war es eine große Zahl. Und am Ende waren sie alle erstaunt über seine Lehre, denn, und darüber waren sie sich alle einig: er lehrt wie einer, der Vollmacht hat. Wie einer, der etwas zu sagen hat und dem man abnimmt was er sagt.

Aber anders wie bei unserem prominenten und populären Zeitgenossen lässt dieser seinen Worten Taten, eindrückliche Taten folgen:

- Text lesen: Mt 8, 5-13 -

Auf jenem Berg in der Nähe des Sees Genezareth und der Stadt Kapernaum, da hielt Jesus seine Grundsatzrede, entfaltete seine "Programm", brachte diejenigen, die ihm zuhörten und nachfolgten auf die Spur. Was bei der Geburt Jesu schon deutlich wurde, setzt sich nun fort. Jesus bleibt nicht auf dem Berg, in abgehobenen Sphären, sondern er macht sich erneut auf den Weg hinab zu uns Menschen. Er ging hinab in das Leben derjenigen, die ihm auf dem Berg zugehört hatten, begab sich hinab in das Leben jenes Aussätzigen der am Fuße des Berges auf Jesus wartete und ihn anflehte, ihn gesund zu machen.

Und Jesus kam hinab in das Leben jenes römischen Offiziers, der ihn um die Gesundheit seines Burschen bat. Wir sind geneigt, auf das Wunder zu schauen, das Jesus vollbringt, in dem er diesen Burschen gesund macht. Aber im Fokus, im Mittelpunkt dieser Perikope steht nicht das Wunder, sondern steht dieser Hauptmann mit seinem Glauben.

Wie müssen Jesu Worte in den Ohren der Umstehenden geklungen haben: "Solchen Glauben habe ich in ganz Israel nicht gefunden!" Ja waren sie nicht alle gottesfürchtige Frauen und Männer? Waren sie nicht alle bestrebt, ihr Leben nach den Ordnungen Gottes auszurichten und forschten deswegen intensiv in den Schriften? Waren sie nicht alle treue Kirchgänger und opferten für "Brot für die Welt"? Und jetzt das! Was kann dieser Römer, dieses Mitglied der römischen Besatzungsmacht, die das Volk unterjochte, dieser Heide, schon vorweisen? Gewiss, er hatte die Synagoge gesponsert, aber muss man ihn deswegen schon so herausheben?

Was ist an diesem Glauben so herausragend? Was ist eigentlich ein großer Glaube? Wenn Jesus von großem Glauben spricht, dann geht es ihm nicht um Quantität, sondern um die Qualität des Glaubens.

Was nun ist am Glauben des Hauptmannes die besondere Qualität? Dreierlei mache ich an diesem Glauben aus:

  • Glaube bewegt
  • Glaube vertraut
  • Glaube führt in die Nachfolge
  • 1. Glaube bewegt

    "Als er aber nach Kapernaum kam" - schon dieses "aber" macht stutzig und hellhörig, was nun kommen wird: Da "trat ein Hauptmann zu ihm". Kein Blinder, kein Bettler oder Aussätziger, da trat der Militärchef von Kapernaum zu Jesus. Das müssen wir uns einmal vorstellen. Kein Jude, kein in den frommen Rieten und Gebräuchen Geübter oder Erfahrene, nein ein römischer Soldat, ein Heide. Aber auch einer der erlebt hat, dass er an seine Grenzen gestoßen ist. Zu Hause liegt sein Knecht oder Bursche, ist gelähmt und wird schrecklich gequält. Was wird dieser Hauptmann, der es gewohnt war, dass seine Anweisungen ausgeführt, seine Befehle befolgt werden, nicht alles unternommen haben, um seinem Knecht zu helfen. Was hat er nicht schon alles in Bewegung gesetzt - aber nichts hat geholfen. Was soll er nun tun? Sich in sein Schicksal ergeben? Dem Fortgang der Dinge tatenlos zusehen? Nein dieser Hauptmann will sich nicht mit seinen Grenzen abfinden.

    Er erfährt, dass Jesus in die Stadt kommt. Und das, was er von Jesus weiß, und als Garnisonschef hatte er sicherlich einige Informationen über Jesus, macht ihm klar, dass er Jesus begegnen muss. Er weiß, Informationen und Gehörtes ersetzen noch lange keine Begegnungen, und Ansichten, die er hat, sind noch lange keine Einsichten. Also macht er sich auf den Weg, er setzt sich in Bewegung und tritt Jesus in den Weg.

    Mich erstaunt die Klarheit und Schlichtheit aber auch die Entschlossenheit, mit der dies geschieht. Obwohl er sich als unwürdig ansieht hält ihn diese Erkenntnis nicht davon ab, diese Begegnung zu suchen. Er schiebt das vermeintlich Trennende nicht zwischen sich und dem Gottes Sohn. Er wartet auch nicht darauf, bis er vermeintlich würdig genug ist, dass Jesus zu ihm kommen kann. Er geht so wie er ist zu Jesus und redet sich nicht wegen seiner Unwürdigkeit heraus! Er lässt keine Ausreden gelten, auch nicht die eigenen. Vielmehr nimmt er das, was er für unwürdig erachtet, was ihn von Jesus trennt einfach mit, bringt es zu Jesus.

    Jesus lässt diese Begegnung zu, weicht ihr nicht aus, vielmehr: ER ist schon da. Jesus weiß um die Situation dieses Soldaten, seine persönliche und die seines Knechtes. Jesus erwartet ihn und weißt ihn nicht ab. In dieser Begegnung kommt Jesus unter das Dach jenes Römers. Wenn wir zu Jesus gehen, wenn wir ihn ansprechen, wenn wir unseren Standpunkt aufgeben und die Begegnung mit Jesus suchen dann kommt er auch unter unser Dach.

    2. Glaube vertraut

    Als er vor Jesus steht geschieht nichts von dem, was wir erwarten würden: kein Flehen, kein Schreien, kein auf Jesus eindrängen und es werden auch keine Dächer abgedeckt. "Sprich nur ein Wort" - mehr nicht - erstaunlich das Vertrauen dieses Mannes. Einer, der um die Macht von Worten weiß: von Worten die aufrichten und Hoffnung schenken, Worte die denunzieren und vernichten, gesteht in aller Öffentlichkeit seine Hilf- und Machtlosigkeit ein, dass er mit seinen Mitteln am Ende ist. Jetzt spielen Orden und Rangabzeichen und menschliche Hierarchien keine Rolle mehr. Ob er sich das so vorgenommen hat, das so zu sagen? Ich denke vielmehr, dass dem Hauptmann in der Begegnung mit Jesus klar geworden ist: Dem kann ich bedingungslos vertrauen. Bei dem bin ich und mein Knecht gut aufgehoben, ganz egal was jetzt passiert! Er bezeugt, was er seiner Hoffnungslosigkeit entgegensetzt: den Mann aus Nazareth. So wie Jesus es will wird es geschehen und so wird es auch gut sein.

    Ihm wird klar: Eigentlich habe ich gar nichts zu bitten, habe ich keinen Anspruch darauf, dass Jesus zu mir kommt, ich habe zu vertrauen. Und so ist das wesentliche nicht eine Bitte, der Hauptmann bittet auch gar nicht, sondern sein Vertrauen in dem er lediglich erzählt, was geschehen ist. Die Begegnung mit Jesus lässt den Hauptmann nicht verstummen, vielmehr öffnet sie ihm den Mund um das auszusprechen, was ihm auf dem Herzen liegt, das zu sagen, was ihn umtreibt.

    Ich frage mich vielfach, um was kann ich bitten? Was ist angemessen und was reiner Egoismus? Denn ich halte dafür und lehrt mich mein bisheriges Leben, dass Gott bei weitem nicht alle meine Wünsche und Bitten erfüllt. Natürlich frage ich mich wie vermutlich sie sich und viele andere auch, warum das so ist. Kann es an meinen Motiven liegen? (Jk 4,2f). Aber ich frage mich auch, wie sieht denn meine Beziehung zu Jesus aus? Eine Beziehung, in der ich immer wieder erfahre, dass Gottes Wege unergründlich sind. Vertraue ich bedingungslos und lasse ich mich auf Gottes Wege ein? Darum geht es und das ist auch keine Ausrede, sondern Wirklichkeit.

    Die Geschichte dieses Hauptmannes macht mir deutlich, dass es in der Begegnung mit Jesus möglich wird, mich auf seine Wege einzulassen, dann, wenn ich still bin und mich auf Jesus einlasse. Dann, wenn ich, wie es Sören Kiergegaard formuliert hat, beim Beten nicht mich sich selbst reden höre, sondern still werde und warte, bis ich Gott reden höre.

    3. Glaube führt in die Nachfolge

    Wenn wir in früheren Jahren darüber diskutiert haben, wie Gemeinde wachsen kann, wie Menschen zu uns kommen, dann war das Ergebnis vielfach, dass es beim Gemeindewachstum nicht um eine "Kommen-Strategie" sondern vielmehr um eine "Geh-Strategie" geht. Christen sind Gesandte in die Welt, wir sollen zu den Menschen gehen oder zumindest uns auch denen zuwenden, die schon bei uns sind, mit denen wir bereits Kontakt haben. Gemeinde wächst dann, wenn Christen gehen und nicht allein warten, bis Menschen kommen.

    Nun erhält dieser Hauptmann auch so einen "Geh-Auftrag". Und am meisten erstaunt mich, wohin Jesus diesen Hauptmann sendet. Geh dahin zurück woher du gekommen bist. Zurück in deine Garnison, zurück zu deinen Soldaten und zurück zu deiner Familie und deinem Gesinde. Nichts von wegen: klink dich aus deinem bisherigen Leben aus, geh auf eine Bibelschule oder Theologische Fakultät, werde Prediger oder Pfarrer und verkündige das Evangelium.

    Jesus sendet ihn zurück in seine "alte Welt", dort hinein, wo er von dem berichten kann, was er heute mit Jesus erlebt hat. Nichts von "ändere dein Leben", stelle deinen Speer in die Ecke und hänge dein Schwert an den Nagel. Jesus weiß: dieser Mann braucht sein Leben nicht zu ändern, denn er geht als Veränderter zurück.

    Der Hauptmann geht anders von Jesus weg als er gekommen ist. Und ein weiteres: Jesus sendet ihn in vorbereitete Verhältnisse. Er wird heimkommen und sein Knecht wird geheilt sein. Das sollten wir wissen: als von Jesus Gesandte kommen wir in vorbereitete Verhältnisse!

    Schluss

    In diesem Bericht geht es nicht um das Wunder und um Wundergläubigkeit. Denn der Glaube war vor dem Wunder, löste es sozusagen aus. Die Geschichte dieses Hauptmannes will uns vielmehr lehren, dass es geht um die Beziehung zu und den Glauben an Jesus geht - ich konkretisiere: es geht um meine und ihre Beziehung zu und meinen und ihren Glauben an Jesus.

    Ich bin begeistert von dieser Geschichte, die mir Mut macht, mich immer wieder vertrauensvoll an Jesus zu wenden. Ich möchte von diesem Hauptmann lernen, von seinem kindlichen Vertrauen und mir das zu Herzen nehmen, was seinen Glauben ausgemacht hat:

    Ein Glaube der Bewegt

    ein Glaube der vertraut und

    ein Glaube der in die Nachfolge führt.

    Amen.

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Diese Predigt wurde verfasst von:
    Karl-Heinz Rudishauser
    Obertüllingen 107
    79539 Lörrach-Tüllingen
    07621/9153229
    eMail: karl-heinz.rudishauser(a)t-online.de
    nach oben Home Predigten eMail Predigt als PDF zum herunterladen Site Meter